Hindelanger Klettersteig: vom Nebelhorn zum Großen Daumen


Publiziert von Nik Brückner , 21. März 2024 um 17:31. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 7 August 2004
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3 (ZS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 550 m
Abstieg: 850 m
Strecke:9 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der Nebelhornbahn von Oberstdorf aufs Nebelhorn
Unterkunftmöglichkeiten:Edmund-Probst Haus

"Äy! Kannst du mir mal die Wanderkarte hindelang?"

Der Hindelanger Klettersteig! Ein echter Klassiker. Und nicht umsonst. Es kostet schließlich Geld, mit der Seilbahn hinaufzufahren.

Nein, Spaß beiseite. Ein vier Kilometer langer Klettersteig, abwechslungsreich wie kaum ein anderer in der Gegend: steile, lange Leitern, luftige Gratpassagen, herrliche Ausblicke, von der Zugspitze bis zum Bodensee - diese Grattour hat alles. Und damit folglich auch uns mal auf sich drauf gehabt, meinen Vater, 
H. Brückner und mich.

Magmas "K.A" (Köhntarkösz Anteria) ist 2004 erschienen. mittlerweile auch ein Klassiker. Wï wï wowosëhndö, wï wï wowosëhndö!



Effizient ließen wir uns von der Nebelhornbahn zum Nebelhorn hinaufziehen. Ein kurzer Abstecher zum Gipfel des Nebelhorns (2224 m), dann ging's zurück zur Bergstation der Nebelhornbahn (2210 m). Hier legten wir unsere Klettersteigsets an. Dann folgten wir dem Grat in östlicher Richtung, bis wir über die ersten Türme klettern mussten. Das ist noch recht einfach, Schrofenkraxelei, kaum I. Erste Versicherungen (A) helfen. Es folgt Gehgelände bis zur ersten von - ich glaube - elf Leitern (B).

Auf diese erste Leiter folgt ein luftiger Grat (erst A, dann eine kurze Leiter hinunter und weiter durch Einsergelände (und A/B). Dann steigt man in eine Scharte hinunter (A/I). Von hier aus geht's nun auf den ersten getauften Gipfel, den Westlichen Wengenkopf (2235 m) rauf (A/I). Ist man von diesem wieder abgestiegen (Seilversicherungen, A), steht man in der nächsten Scharte, wo ein erster Notabstieg angeschrieben ist.

Für alle, die einfach nur mal schnuppern möchten, ist das Vergnügen hier, nach ca. einer Dreiviertelstunde, vorbei. Der Klettersteig zieht nun deutlich an.

Aus der Scharte nach dem Westlichen Wengenkopf geht's nun kurz steil (B) aufwärts, und in der Folge über einen langen, teils recht ausgesetzten Grat. Bald hilft eine dritte Leiter (bis B) eine Stufe hinauf (B), dann geht's leichter weiter (A) in einen Spalt. Aus dem Spalt hinaus (B) und wieder leichter zu Leiter Nummer vier (B) am Ende dieses Gratabschnitts.

Die Leiter hilft hinunter in eine Scharte.

...wo ein zweiter Notabstieg angeschrieben ist (ca. 1 Stunde vom ersten Notabstieg).

Die lange Leiter Nummer fünf (B) hilft eine Steilstufe hinauf (B/C), dann steht man wieder auf dem Grat. Dieser zieht sich nun einfacher (A) hinüber zum Östlichen Wengenkopf (2207 m).

Nun geht's wieder abwärts. Mehrere Stufen (erst A, dann A/B) führen zur sechsten Leiter, mit deren Hilfe man in die nächste Scharte hinuntersteigt.

Auch hier wäre ein Notabstieg möglich.

Eine ansteigende Gratpassage (abwechselnd A und B) führt nun zu Leiter Nummer sieben (A/B), die hinauf zum nächsten Gratstück ("Zwiebelstränge") (B u. A/B) führt. Leiter Nummer acht ermöglicht den Abstieg (A/B). Es folgt die anspruchsvollste Passage: Nach einem kleinen Zacken (A) klettert man steil hinunter (C) und gelangt in leichterem Gelände (A/B) zur neunten Leiter (A/B), mit deren Hilfe es in die nächste Scharte hinuntergeht. 

Auch hier wäre ein letzter Notabstieg möglich.

...aber weit ist es jetzt nicht mehr. Der letzte Grataufschwung, noch einmal steiler (B), ist mit den letzten beiden Leitern (B) entschärft. An deren Ende steigt man über die letzten Felsen (A/B) zum Wiesengrat und zum Sattel über dem Laufbichlsee.

Vom zweiten Notabstieg bis hierher: ca. 1:45.

Hindelanger Klettersteig: C (eine Passage, sonst leichter), I, 3h


Wer es eilig hat, und keinen (weiteren) Gipfel braucht, kann hier absteigen und zur Mittelstation der Nebelhornbahn zurückwandern. Die meisten wandern aber noch hinauf...

...auf den Großen Daumen (2280 m), der vom letzten Sattel in etwa 20 Minuten erreicht ist. 

Wir haben das natürlich auch gemacht. Und dort erst einmal ausgiebig die fanstastische Rundsicht genossenKleiner Daumen, Rotspitze und Breitenberg, dahinter der Grünten mit dem hübschen Burgberger Hörnle, der Sorgschrofen und Iseler, B'schiesser und Ponten, GeißhornRauhhorn und Kugelhorn. Dahinter erheben sich Aggenstein, Brentenjoch, Sebenspitze Lumberger GratSchartschrofen und Rote Flüh, Gimpel, Kellenspitze und Gehrenspitze. In den Ammergauern sind die GeierköpfeKreuzspitze und Kreuzspitzl und der Danielkamm zu sehen.

Im Osten geht's weiter mit ein paar Allgäuer Gipfeln, Rote Spitze
LachenspitzeLeilachspitze, Kastenkopf. Dahinter zeigt sich der Thaneller, der die Kette der Lechtaler Alpen eröffnet, sowie das Wettersteingebirge mit der Zugspitze und die Mieminger Kette.

Viel näher sind die Gipfel direkt gegenüber: Lahnerkopf, Schänzlespitz und Schänzlekopf, Sattelkopf und Glasfelderkopf. Dann dominiert der Hochvogel den Horizont im Südosten. Davor erstrecken sich der Wildengrat und der Giebelgrat, und darunter zeigt sich die schlanke Laufbichlkirche.

Der Giebelgrat endet am 
Laufbacher Eck, von dem sich die Kante über die Rotköpfe weiter zum Schneck hinaufschwingt. Dahinter sieht man den Großen und den Kleinen Wilden, dahinter wiederum die Hornbachkette, Parseierspitze und Freispitze. Den Süden markieren Marchspitze und Holzgauer Wetterspitze.

Weiter geht's mit dem schönen Grat, der vom Laufbacher Eck zum Zeiger hinüberzieht. Dahinter ist dann die Allgäuer Prominenz versammelt: RauheckKreuzeck, naja, aber dann folgen der 
Krottenkopf, die Kleine und die große HöfatsMädelegabel, Trettachspitze und das Hohe Licht. Irgendwo dazwischen klemmen sich der Fürschießer, der Rauhenhalsgrat, die Kegelköpfe und der Himmelschrofenzug.

Im Südwesten setzt sich der Grat vom Großen Daumen weg fort, über die Wengenköpfe und das Nebelhorn bis hinunter zum Rubihorn. Dahinter ein Gewimmel zahlloser Gipfel: Rotgundspitze und LinkerskopfHochrappenkopf und Biberkopf, Spullerschafberg, Griesgundkopf, die Hammerspitzen, dahinter Liechelkopf und Elfer, Braunarlspitze und Widderstein. Irgendwo im Südwesten ist die Schesaplana zu sehen.

Näher sind da schon der Bärenkopf, der Heiterberg, die Güntlespitze, das Walmendinger Horn und der Heuberg, dahinter ragen die Hochkünzelspitze, die Niedere Künzel und der Zitterklapfen auf. Weiter geht's mit dem Grünhorn und dem Ifen. Am Horzont zeigt sich der Alpstein mit Moor, Altmann und Säntis. Im Nordwesten schließlich beenden die Hörner und die Nagelfluhkette den Rundblick.



Vom Gipfel des Großen Daumens wanderten wir dann wieder zurück zum Sattel und hinunter zum Laufbichlsee (2012 m). Von diesem ging's dann auf dem markierten Wanderweg über's Koblat (das immer wieder gern fälschlich "Kobalt" genannt wird), vorbei am kobaltfarbenen Koblatsee (1966 m) zurück zur Mittelstation der Nebelhornbahn.

...während das Nebelhorn seinem Namen alle Ehre machte. Anfangs hatten wir noch über die zahllosen Wegmarkierungen gewitzelt, dann fing es an, sich zuzuziehen. Und wir witzelten über Nebel am Nebelhorn. Und irgendwann witzelten wir dann gar nicht mehr. Denn der Nebel wurde so dicht, dass wir kaum noch die Hand vor Augen sahen - geschweige denn die Wegmarkierungen. Für jeden Tropfen Farbe waren wir dankbar. Und dann sah ich plötzlich einen düsteren, dräuenden, dunklen Schatten vor mir, der sich über uns auftürmte. Ich blickte nach oben...

...und flog über die erste Treppenstufe des Edmund-Probst Hauses (1930 m). Von zwei. Der Nebel war inzwischen so dicht geworden, dass ich das Gebäude buchstäblich dann erst erkannte, als ich drüberflog.

Nebelhorn. Der Name ist ernst zu nehmen. 

Von der Station Höfatsblick (1927 m) der Nebelhornbahn baumelten wir schließlich durch den Nebel hindurch und aus dem Nebel heraus. So eine Seilbahn kann sich zum Glück ja nicht verfahren.

Großer Daumen - Höfatsblick: markierte Wanderwege, T2, 2h


Fazit:

Der Hindelanger Klettersteig! Nicht umsonst ein Klassiker. Es kostet schließlich Geld - ach nee, den hatten wir ja schon. Also, ein vier Kilometer langer Klettersteig, abwechslungsreich wie kaum ein anderer in der Gegend: steile, lange Leitern, luftige Gratpassagen, herrliche Ausblicke, von der Zugspitze bis zum Bodensee - diese Tour hat alles. Sogar eine kurze Schnupperrunde, für, nun ja, Schnupperer. Abrr Vorsicht!  Auch die Schnupperrunde ist teilweise sehr ausgesetzt und nicht ganz ungefährlich.

Man braucht also ein Klettersteigset und einen Helm.

Ganz gegangen, ist der Hindelanger Klettersteig eine ausnehmend lange und daher anstrengende 
Klettersteigtour von unterer bis mittlerer Schwierigkeit, eher was für geübte Klettersteiggeher. Nicht alles ist versichert. Dafür gibt es mehrere Notabstiegsmöglichkeiten, jeweils aus Scharten. Oh, und: Auf keinen Fall sollte man auf die Nordseite absteigen. Ein Topo gibt es hier. Und Marlene war natürlich auch schon da.


Nachtrag:

Es gibt eine Fortsetzung dieses Klettersteigs! Vom Großen Daumen über den Kleinen Daumen und weiter über die Hohen Gänge zum Breitenberg. Auch da warten noch ein paar Klettersteigpassagen. Mein Vater und ich wollten das einige Jahre später auch noch erkunden, und sind gemeinsam durch die Hohen Gänge gestiegen. Und noch etwas später habe ich dann allein die Lücke geschlossen, die in meiner Karte im Kopf bis dato noch klaffte.

Tourengänger: Nik Brückner, H. Brückner


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