Garmisch - Vaduz: 17 Tage, 247 Kilometer, 19580 Höhenmeter


Publiziert von Nik Brückner , 23. Januar 2016 um 12:09.

Region: Welt » Liechtenstein
Tour Datum:18 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: FL   CH-GR   A   A-V   D   Paznaun   Parzinn   Madererkamm 
Zeitbedarf: 17 Tage
Aufstieg: 19580 m
Abstieg: 19883 m
Strecke:247 Kilometer
Unterkunftmöglichkeiten:Hütten, Gasthäuser und Pensionen auf der Strecke

Nachdem ich zuvor schon von Bregenz nach Bozen gewandert war, wollte ich 2011 einen draufsetzen: Schwerer, mehr Gipfel, längere Tagesetappen, Augsburger Höhenweg. Meine Idee war, zu Fuß  von Garmisch nach Vaduz zu gehen. Liechtenstein kannte ich noch nicht - und es ist schließlich kein Land, in das man zufällig sowieso kommt. Also losziehen und hinlaufen!

In Zahlen: 17 Tage, davon 16 Wandertage, 247 Kilometer, 19580 Höhenmeter, Schwierigkeiten bis in den T4-Bereich.


Tag 1 & 2 Der klassische Zugspitzanstieg durchs Höllental.


Also ab nach Liechtenstein, das Auto dort abgestellt, und weiter nach Garmisch. Ich weiß noch: Im Auto hörten wir Trurls vollkommen unbekanntes Album "Do Not See Me Rabbit"... Erinnerungen...

Los ging's mit einer Überschreitung der Zugspitze. Dachte ich. Und weil diese Idee so reizvoll ist, dachten sich das auch mein Vater und die gute Marijke, deshalb sind sie mitgekommen. Mein Vater nur bis Ehrwald, Marijke bis Landeck. Oder so....

Also rauf in's Höllental! Dieser Anstieg ist einer der schönsten, die ich in den Alpen überhaupt kenne. Er zieht alle Register: Wanderweg im Bergwald, Klamm, Hochtal, Klammern, luftige Querung auf dünnen Stiftln, Geröll, Gletscher, Klettersteig - nur die Krönung am Gipfel des grauenhaft verbauten Fast-Dreitausenders misslingt.

Geplant war der übliche Anstieg zur Höllentalangerhütte und am darauffolgenden Tag eine Überschreitung zur Wiener-Neustädter Hütte. Leider hat uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht: Kurz unter dem Gipfel hat es zugezogen, kurz darauf hat uns ein Monstergewitter zwei, drei Stunden lang in den grauenhaften Eingeweiden der Gipfelaufbauten festgenagelt. Als die Türen nach viel zu langer Zeit endlich wieder aufgingen, war der Berg pitschnass und wir mussten den Zug nehmen. Spitze....


Tag 3: Von Ehrwald auf die Wolfratshauser Hütte

Nachdem wir am Vorabend ein Riesenschnitzel brav aufgegessen hatten, wurde das Wetter wieder besser. Aber wir mussten ja auch nur den kurzen Aufstieg von Ehrwald über Biberwiehr zur Wolfratshauser Hütte hinter uns bringen. Da wir oben noch Zeit hatten, war aber zusätzlich noch ein Ausflug ins Sommerbergjöchle drin. Abends kam dann die unvergessliche Ansage der Hüttenwirtin: "Was wollt Ihr essen? Ich mach Kasspatzen!"


Tag 4:  Von der Wolfratshauser Hütte über den Grat der Gartner Wand und das Kreuzjoch zur Loreahütte

Die östlichen Lechtaler Alpen sind ein Geheimtipp: Kein namhafter Gipfel, kein berühmter Höhenweg, dafür wunderschön und einsam!

Von der Wolfratshauser Hütte ging es hinauf auf den Grubigstein (2233m) und dann weiter über den nicht ganz einfachen Grat zur Gartner Wand (2377m) Hier begann der schwierigste Teil der Tour: über steile Risse in plattigem, ziemlich ausgesetztem Fels in der Südflanke über den Westgipfel. Danach über einen felsigen Gupf und steiles, rutschiges Geröll hinunter zum Bichlbächler Jöchle (1943m).

Von hier aus ging es einfacher weiter: Zuerst hinab ins weite Kar unter dem Roten Stein, der Steinmanndl- und der Galtbergspitze, an der Galtberghütte (1790m) vorbei und danach steil über Serpentinen hinauf zur Gipfelrampe des Östlichen Kreuzjochs (2232m). Es folgte der schöne Grat der Kreuzjöcher und der Tiefblick hinunter ins Tal entschädigte für die Mühen des Anstieges. Vom Grat aus waren wir dann in gut eineinhalb Stunden an der Loreahütte (2018m), einer wundervollen, urigen, unbewirtschafteten Alpenvereinshütte.


Tag 5: Von der Loreahütte zur Anhalter Hütte

Wir sind am nächsten Tag zur Anhalter Hütte weitergegangen. Den Plan, links an der Heiterwand vorbeizugehen, gaben wir wegen einer Gewitterankündigung ebenso auf wie den Abstecher zum Loreakopf, stattdessen entscheiden wir uns für die kürzere Nordroute. Und so ging es von der Loreahütte (2018m) erst einmal hinauf in die Loreascharte (2315m), und von dort aus gen Süden hinunter ins Tal. Dabei begegneten uns ein paar positiv Verrückte: Ein Paar, dessen Hobby es ist, Bikes auf Berge zu tragen, und vom Gipfel herunterzubrettern. Dort geht es auf einem langweiligen breiten Weg weiter übers nicht weiter nennenswerte Schweinsteinjoch (1569m), aber immerhin durch ein schönes Tal.

Wir bogen dann nach Südwesten ab und stiegen den langen Weg zum Hinterbergjöchle (2203m) hinauf. Der Übergang zum Kromsattel (2137m) ist dann ein bissl abenteuerlich, und prompt zog an dieser Stelle das Gewitter auf. Wir kamen aber gerade rechtzeitig noch in der Anhalter Hütte (2038m) an.


Tag 6: Regentag: Speedhike von der Anhalter Hütte zur Hanauer Hütte

Kein besonders erinnerungswürdeiger Tag! Den Plan, eine lange, schwere Tour südlich über den Muttekopf zu gehen, gaben wir angesichts des angekündigten (und dann auch eintreffenden) Dauerregens auf. Stattdessen beschlossen wir, übers Steinjöchl (2198m) zum Hahntennjoch (1882m) abzusteigen, und von dort über Pfafflar (1618m) und Boden (1356m) auf der schnelleren und weitaus leichteren Talroute zur Hanauer Hütte (1922m) zu gehen. Aber immerhin hielten wir durch! Andere Weitwanderer gaben an diesem Tag auf, und ließen sich von ihren Lieben abholen. Wir gingen weiter und wurden dafür in Boden von einer sehr hilfsbereiten Tirolerin mit Rat, Tat und Wetterbericht unterstützt: Es sollte besser werden! Ein wenig...


Tag 7: In wildem Wetter über wilde Jöcher: Von der Hanauer Hütte zum Württemberger Haus

Durchwachsenes Wetter war angesagt. Und durchwachsen wurde es.... Wir hatten: Sonnenschein, Regen, Hagel, Schneefall und Schneesturm. Früh ging's noch, an der Hanauer Hütte (1922m) war es bloß neblig. Und so konnten wir uns am Gufelsee (2286m) jenseits des Gufelseejöchls (2373m) ein bissl aufhalten. Aber bis zum Gufelgrasjoch (2382m) wurde der Nebel dichter, und wir konnten uns allenfalls mit Mittelerde-Assoziationen bei Laune halten. Auf der anderen Seite, Richtung Roßkarscharte (2400m) kam dann sogar kurz die Sonne heraus, dann kamen aber sofort Hagel und Schnee. Kein besonders guter Tag zum Wandern... zudem mussten wir "die Tschechen" überholen, eine Gruppe von 40 (überaus netten) Leuten, die unangemeldet durch die Lechtaler wanderten, und eine Herausforderung für das Organisationstalent der Hüttenwirte (und Begeher von Roßkarscharte und Gebäudjoch) waren.

Am Württemberger Haus (2220m) angekommen, genossen wir dann aber einen langen, gemütlichen und gesanglichen Hüttenabend.


Tag 8: Vom Württemberger Haus zur Augsburger Hütte - Abbruch im Schneesturm

Eigentlich wollten wir an diesem Tag vom Württembergerhaus (2220m) zur Augsburger Hütte. Als Königsetappe der Route war anschließend der Augsburger Höhenweg geplant. Doch schon auf der eigentlich ja recht sympathischen Großbergspitze (2635m) fing es an zu stürmen und zu schneien. Kurz peitsche es uns die Flocken ins Gesicht, dann war es ebenso schnell vorbei wie es angefangen hatte - und es kam sogar die Sonne heraus. Der Abstieg über den Grat ins Großbergjoch (2492m) war fantastisch, eine fröhliche Kraxelei. Auch über die Seescharte (2540m) und die Wegscharte (2585m) ging es dann noch gut, abgesehen von ein bisschen Steinschlag, den Steinböcke auslösten. In der Wegscharte hat uns dann ein heftiger Duscher erwischt. Nicht gut, denn bei Nässe ist die Wegscharte nicht ohne. T4, steil, kraxelig, und teils ausgesetzt. Gut, dass sie mit stabilen, dicken Stahlseilen gesichert ist.

Dann wurde es kälter, und die gelben Felsen der Parseierscharte (2505m) waren von einer spiegelglatten Eisschicht überzogen. Ich kam mit meiner Begleiterin RIjke zwar noch rüber, aber die Wand hinauf zu Partolscharte schien uns bei diesen Bedingungen zu gefährlich zu sein. Schließlich kannten wir sie damals noch nicht, und so ließen wir lieber die Finger davon. Richtig so: Es zog sich zu, Wind kam auf, und es begann wieder zu schneien.

Also Umkehr, zurück zur Wegscharte, und Abstieg zur Memminger Hütte (2242m). Unseren Plan, den Augsburger Höhenweg zu gehen, musste ich schon zum zweiten Mal wegen Wintereinbruchs aufgeben.

Der Besuch einiger Steinböcke am Seekogel war aber noch drin!


Tag 9: Wintereinbruch und "Notabstieg" von der Memminger Hütte nach Zams

Am nächsten Tag wachten wir im Winter auf: alles war wunderschön zugeschneit. An eine Fortsetzung Richtung Augsburger Hütte und Augsburger Höhenweg war allerdings nicht zu denken. Und so hab ich die auf später verschoben, und wir sind erst einmal ins Tal abgestiegen - auf einer der schönsten Routen, die ich überhaupt kenne.

Der berühmte Abstieg von der Memminger Hütte (2242m) führt in 5 Stunden fast 2000 Meter hinunter nach Zams. Der Morgen war wunderschön, Steinböcke zogen die ersten Spuren im Schnee, und bald kam auch die Sonne heraus. Zunächst ging es etwa eine Stunde hinauf zur Seescharte (2540m). Von hier aus ging es dann in etwa 4 Stunden durch alle möglichen Vegetationszonen vom Winter in den Frühling und weiter in den Sommer. Insgesamt waren es 30° Temperaturunterschied von der Seescharte bis nach Zams.

An der oberen Lochalpe (1800m) hatten wir einen herrlichen Blick hinter zur verschneiten Parseierspitze. Danach ging es hoch über der Schlucht des Lochbachs nach Zams und weiter ins vollkommen überlaufene Landeck.

Hier verabschiedete ich mich von Marijke und setzte sie in den Zug. Doch die Gute hat's g'riss'n! Und sie stieg in Innsbruck wieder aus, rief mich in Landeck an, ob das Bett in meiner Pension breit genug sei, und kehrte nach positiver Auskunft wieder um - das können nur die Berge!


Tag 10: 31 Kilometer und 2050 Höhenmeter: Von Landeck auf die Grafhütte

Am nächsten Morgen ging es von Landeck Perfuchs (800m) über die Sann hinüber nach Stanz (1038m), wo wir auf den Jakobsweg stießen. Das Wetter war fantastisch, und wir konnten nur ahnen, was wir gerade 2000 weiter oben auf dem Augsburger Höhenweg verpassten. Aber nun waren wir hier, und es ließ sich nicht mehr ändern. Und wie schön es war! Es ging weiter durch's schöne Grins (1006m), über eine uralte Spitzbogenbrücke und vorbei an wundervollen Grabkreuzen und einem nur gigantisch zu nennenden Kaugummiautomaten.

Bald hinter Quadratsch biegt der Jakobsweg ins Rosannatal hinein. Und dann stand uns in Flirsch (1154m) auch der endgültige Abschied bevor: Marijke stieg in den Zug nach Hause, und ich ging weiter über Schnann (1186m) und Pettneu (1222) hinauf zur Edmund-Graf-Hütte (2408m) am Hohen Riffler: 31,5 Kilometer und 2050 Höhenmeter in etwas über acht Stunden. Halb so schwer, wenn einen ein so schöner Sonnentag motiviert!


Tag 11: Von der Edmund-Graf-Hütte über die Niederelbehütte zur Darmstädter Hütte

Für den nächsten Tag war eine lange Etappe vorhergesagt. Damals hab ich sowas noch geglaubt... Und so ging ich doch tatsächlich um halb sechs in der Früh an der Edmund-Graf-Hütte (2408m) los. Naja, es war für den Nachmittag wieder ein Gewitter angesagt.

Aber ich war schnell: Eine Dreiviertelstunde zur Schmalzgrubenscharte (2697m), das war ganz gut. Kurz danach ließ ich ein Buch frei, dem ich Wochen zuvor im Nordschwarzwald beim Wandern begegnet war, und das ich seit Garmisch mit mir herumschleppte. Es hat auch jemand gefunden - und mit ins Ruhrgebiet genommen...

Es geht dann über Skihänge weiter, trotzdem eigentlich eine schöne Gegend. hier habe ich Rehe gesehen - so weit oben ziemlich ungewöhnlich, scheint mir. Wahrscheinlich war es ihnen im Tal einfach zu heiß.

An der Niederelbe Hütte (2310m) war noch nicht viel los, und ich hielt mich dort nur kurz auf. Dann ging es über Blockwerk weiter ins Seßladjoch (2749m) und über Blockwerk wieder hinunter, bis zum Kartellsee. Vom See aus war ich dann in einer Stunde an der sympathischen Darmstädter Hütte (2384m). Um 12 Uhr mittags! Da hätte ich wohl noch ein paar Gipfel einbauen können...


Tag 12: Im Herzen des Verwalls: Von der Darmstädter Hütte zur Heilbronner Hütte

Früh um sechs zogen wilde Wolken um die Darmstädter Hütte (2384m)! Und so konnte ich im Aufstieg zum Kuchenjöchl (2730m) ein paar tolle Fotos schießen. Oben eröffnete sich dann der Blick auf den Patteriol - nicht, dafür kam mir ein kapitaler Steinbock entgegen. Wir nickten einander höflich zu.

Dann ging es hinunter. Fasultal und Schönverwalltal gehören zu den schönsten Tälern im Verwall - wie der Name schon sagt! Wieder kam Mittelerdefeeling auf: Felsbrocken, knorrige, alte Bäume, plätschernde Bäche. Eine Mittagspause an der Konstanzer Hütte (1688m), dann musste ich schnell weiter. Denn ich hatte auf der Heilbronner Hütte seit Tagen niemanden erreichen können (die hatten ihre Nummer geändert und es niemandem gesagt, nichtmal den Nachbarhütten) und ich wusste nicht, ob ich dort eine Unterkunft kriegen würde. Und die brauchte ich, denn ich hatte zuvor herausgefunden, dass niemand wusste, wie lange man von dort über den Wormser Höhenweg und die Wormser Hütte nach  Sankt Gallenkirch braucht. Und das war die Etappe, die ich für den nächsten Tag eingeplant hatte. Also bin ich durchmarschiert, ohne mich um Wannenjoch und Patteriol zu kümmern (schweren Herzens!). Als ich dann, wieder viel früher als geplant (um 11!), an der Heilbronner Hütte (2308m) ankam, konnte ich von Glück sagen: Es war nur noch ein einziges Lager frei...


Tag 13: Auf dem herrlichen Wormser Höhenweg von der Heilbronner Hütte nach St. Gallenkirch

Wie gesagt: Niemand wusste, wie lange man von der Heilbronner Hütte über den Wormser Höhenweg und die Wormser Hütte nach Sankt Gallenkirch braucht. Nun, es sind acht Stunden. Geht schon.

Ich bin früh an der Heilbronner Hütte (2308m) los. Das hatte den Vorteil, dass ich tolle Sonnenaufgangsfotos schießen konnte! Und dass ich eventuell vor dem angekündigten Gewitter in Sankt Gallenkirch sein würde. Der Plan war, so lange am Wormser Höhenweg zu bleiben, wie das Wetter es zuließ, und beim ersten Anzeichen des Gewitters abzusteigen. Tatsächlich blieb es lange genug schön, dass ich bis zu meinem Idealziel, dem Furkla, gelangte.
 
Der Wormser Höhenweg ist ein Traum! Von der Heilbronner Hütte geht es an Scheidsee (2270m) und Valschavielsee (2300m) vorbei ins Valschavieljöchle (2439m) und von dort zur Roßberghütte, einer Notunterkunft auf 2201 Metern Höhe. Von hier ab ist der Wormser Höhenweg eine Traumroute! Immer auf halber Höhe über dem Tal geht es am Hang entlang, mit großartigen Ausblicken nach Süden. Nächste Wegmarke ist das Madererjöchle (2251m), von wo aus man auf den Valschavieler Maderer steigen könnte. Wegen der Wettervorhersage musst ich das canceln, und verließ das Joch nordwärts. Hoch über der Netzaalpe passiert man die Luterseen, dann geht es ins Roßbergjoch, hoch über dem Oberen Alpguessee. Es folgt ein schotteriger Abstieg und ein weiterer Panoramaabschnitt hinauf und hinüber übers Wormser Törl, wo ich den einzigen Menschen an diesem Tag traf.

Da mich die Skiindustrie am Furkla (Grasjoch, 1975m) abschreckte, beschloss ich, hier nach Sankt Gallenkirch (882m) abzusteigen, wo ich nach einigen Schwierigkeiten doch noch eine Unterkunft fand.


Tag 14: Im Regen von St. Gallenkirch übers einsame Gweiljoch zur Lindauer Hütte

Geschüttet hat's, als ich morgens um halb sieben in Sankt Gallenkirch (882m) wach wurde! Und ich beschloss, abzuwarten, um zu sehen, ob das Wetter besser werden würde. Meine Pensionsvermieter waren zum Glück so nett, damit zu leben, dass ich sagte: Wenn's bis 10 nicht besser wird, bleibe ich noch eine Nacht.

Es wurde besser, und so bin ich um 9 Uhr losgezogen. Dann regnete es wieder, und ich zog Regenjacke und Regenhose wieder an... Zudem war es sausteil hinauf zum Gweiler Maisäss (1458m), so dass meine Regenklamotten nicht nur von außen nass wurden. Aber als ich auf der Innergweilalpe (1743m) ankam, hörte es endlich auf zu regnen, und auch der Anstieg war weniger steil.

Dafür zog es sich jetzt zu, die Sicht wurde schlechter, keine gute Idee auf dem schlecht markierten Weg hinauf zum Gweiljoch (2209m). Die Route wird offenbar sehr selten begangen. Immerhin stand auf dem Schild im Joch, dass es zur Tilisunahütte nur noch 75 Minuten seien. Ich war motiviert und brauchte nur eine Dreiviertelstunde, aber der Abstieg zur Tilisuna-Alpe war auf dem schlechten Weg in dem steilen Gelände im Grunde eine Nassgrastour. Unten angekommen, war der Rest des Weges zur Tilisunahütte (2208m) dann aber deutlich besser. Auch über die Schwarze Scharte (2339m) ging es trotz Nässe gut, und der Abstieg über die schönen Serpentinen hinunter zur Lindauer Hütte (1744m) ließ dann sogar Spaß aufkommen! Im Ganzen ein guter Tag, ich war froh, doch losgezogen zu sein. Und die Führung im Alpengarten war super!


Tag 15: Von der Lindauer Hütte über die Schesaplana zur Mannheimer Hütte

Bisher war jeden Tag war das Wetter ein Thema gewesen. Nun nicht mehr. Ich hatte von der Lindauer Hütte bis nach Vaduz durchgängig Kaiserwetter! Und das nutzte ich voll aus: Ich plante zwei lange Etappen, mit Gipfeln, einem Gletscher und einem Grasgrat.

Los ging's in aller Früh an der Lindauer Hütte (1744m). Schnell war ich an der Oberen Sporaalpe (1739m) vorbei im Öfapass (2291m). Hier sah ich zum ersten Mal den höchsten Punkt des Tages: Die Schesaplana. Noch richtig weit weg...

Dann ging's hinunter zum eindrucksvollen Schweizertor, und an der Zollhütte Vandans (2152m) vorbei hinauf ins Verajoch (2330m). Von dort ein schönes Tal hinaus zum Lünersee (1976m) und drüben wieder hinauf. Der Anstieg zur Totalp Hütte (2381m) war hart, aber ich war schneller als gedacht, und so konnte ich eine Mittagspause einlegen. Ich hört einiges über den Aufstieg zur Schesaplana, es fielen Worte wie "Klettersteig" und "Schlüsselstelle", aber tatsächlich ist die Route unproblematisch, stattdessen eher beonders eindrucksvoll. Besonders der schotterige, von Rippen durchzogene Kessel unterhalb des Gipfels hatte es mir angetan.

Auf dem Gipfel der Schesaplana (2964m) angekommen, genoss ich erst einmal den Ausblick: Die Kette der Rätikons, an der ich entlanggegangen war, der Hohe Riffler im Verwall, die Parseierspitze in den Lechtalern, und ganz hinten die Zugspitze, mit der meine Tour begonnen hatte. Und im Westen die Liechtensteiner Berge, die ich am nächsten Tag betreten würde. Aber nun erstmal wieder runter vom Gipfel und über den arg abgeschmolzenen Brandner Gletscher (2650m) hinüber zur Mannheimer Hütte (2679m), wo ich die Nacht verbrachte.


Tag 16 & 17: Dreitausend Meter Abstieg von der Mannheimer Hütte hinunter ins Rheintal

Ein langer letzter Tag führte mich von der Mannheimer Hütte hinein nach Liechtenstein und hinunter nach Vaduz: In achteinhalb Stunden ging es über 30 Kilometer weit, 900 Höhenmeter hinauf und 3100 Höhenmeter hinunter. Und was für ein grandioser Tag es war!

Von der Mannheimer Hütte (2679m) ging es über den Brandner Gletscher hinüber zum Schaflochsattel (2713m) und auf dem abenteuerlichen und abwechslungsreichenLiechtensteiner Höhenweg ausgesetzt und seilversichert hinunter ins Salarueljoch (Chlei Furgga, 2246m). Von hier aus dann deutlich leichter hinüber ins Hochjoch (Gross Furgga, 2359m). Der Weiterweg zur Pfälzerhütte im Bettlerjoch (2108m) ist dann ein Panaramaweg: Eine traumhafte Wanderung mit grandiosen Ausblicken.

Im Naaftal (1863m) entschied ich mich dannn um. Ursprünglich hatte ich die Route Alpelti - Sücka geplant, aber das Wetter war herrlich, der Tag noch lang und ich war gut drauf. Und so beschloss ich spontan, über Gapfahl (1868m) zum Rappasattel (2071m) aufzusteigen, und oben über den Grat, über Goldlochspitz (2110m), Kolme (1993m) und Heubüal (1936m) zum Gasthof Sücka zu gehen. Eine goldrichtige Entscheidung! Die Route über den Grat, 1500 Meter über dem Rheintal, ist grandios! Eine herrliche Grasschneide, Ausblick nach recht und links, vor allem nach links, drüben der Alpstein und über mir nur Sonne und blauer Himmel! Es war fantastisch!

Am Gasthof Sücka (1409m) angekommen, hatte ich immer noch nicht genug. Ich ließ meine Sachen dort (Marijke hatte netterweise ein Zimmer für mich reserviert) und stieg noch ins Rheintal ab. Der Tag war viel zu schön, um ihn einen zu nennen!

Und so endete mein Tag in Triesen (468m), wo ich mein Auto stehen hatte. Damit fuhr ich erst einmal einkaufen, Liechtensteiner Spezialitäten natürlich, und dann wieder hinauf zum Gasthof, so ich mir ein ausführliches Abendessen und danach ein dickes Buch gönnte.

Den nächsten und letzten Tag verbrachte ich dann mit Besichtigungen in und um Vaduz. Liechtenstein ist ein herrliches Land!


Und so endete meine zweite Weitwanderung durch die Alpen mit einem richtigen Highlight! Und eigentlich dachte ich, dass dies meine letzte Weitwanderung sein würde. Ich hatte Lust auf andere Dinge, schwere Eintager, hinauf bis T6.

Ich hatte ja keine Ahnung, worauf ich mich einließ, als ich zwei Jahre später auf dem Älpelesattel diese overdresste Frau kennenlernte...


Tag Datum Etappe Strecke Höhenmeter Zeit
(einschl. Pausen)
Beschreibung
1 2.8.2011 Garmisch - Höllentalangerhütte 5,7km +780Hm
-134Hm
2h Anreise und Aufstieg zur Höllentalangerhütte durch eine wilde Schlucht
2 3.8.2011 Höllentalangerhütte - Zugspitze 4,5km +1600Hm
-50Hm
6h Aufstieg zur Zugspitze und Abbruch der Überschreitung wegen Gewitters
3 4.8.2011 Ehrwald - Wolfratshauser Hütte 8,5km +800Hm
-30Hm
3h Aufstieg zur Wolfratshauser Hütte
4 5.8.2011 Wolfratshauser Hütte - Gartnerwand - Loreahütte 12,5km +1200Hm
-1000Hm
8:15h Über einen fantastischen Grat zur schönen und einsamen Selbstversorgerhütte
5 6.8.2011 Loreahütte - Anhalter Hütte 15Km +1200Hm
-1200Hm
8,5h Wetterbedingte Talwanderung zur Anhalter Hütte
6 7.8.2011 Anhalter Hütte - Boden - Hanauer Hütte 12,5km +800Hm
-900Hm
4,5h Wetterbedingte Talwanderung zur Hanauer Hütte
7 8.8.2011 Hanauer Hütte - Württemberger Haus 10km +1150Hm
-850Hm
8h Wildes Wetter in den zentralen Lechtalern: Sonne, Nebel, Regen, Hagel, Schnee!
8 9.8.2011 Württemberger Haus - Parseierjoch (Abbruch) - Memminger Hütte 13km +1600Hm
-1650Hm
7h Abbruch des Versuchs, zum Augsburger Höhenweg zu gelangen. Umkehr am Parseierjoch
9 10.8.2011 Memminger Hütte - Landeck 17,5km +650Hm
-2000
6h Legendärer Abstieg - im Schnee!
10 11.8.2011 Landeck - Edmund-Graf-Hütte 31,5km +2050Hm
-550Hm
8,5h Langer Aufstieg durch wunderschöne Täler ins Verwall
11 12.8.2011 Edmund-Graf-Hütte - Niederelbehütte - Darmstädter Hütte 16km +1300Hm
-1300Hm
6,5h Klassischer Hüttenübergang über zwei Jöcher
12 13.8.2011 Darmstädter Hütte - Konstanzer Hütte - Heilbronner Hütte 15,5km +1000Hm
-1100Hm
5h Noch ein klassischer Hüttenübergang, durchs wunderschöne Schönverwall
13 14.8.2011 Heilbronner Hütte - Wormser Höhenweg - Furkla - St. Gallenkirch 23km +750Hm
-2050Hm
8h Der prächtige Wormser Höhenweg
14 15.8.2011 St. Gallenkirch - Gweiljoch - Lindauer Hütte 15,5km +1900Hm
-1100Hm
6h Bei Regen von St. Gallenkirch über einsame Wege zur Lindauer Hütte
15 16.8.2011 Lindauer Hütte - Schesaplana - Mannheimer Hütte 16km +1900Hm
-1000
6,5h Lange Überschreitung der Schesaplan
16 17.8.2011 Mannheimer Hütte - Triesen 30km +900Hm
-3100Hm
8,5h Langer Abstieg aus der Gletscherregion der Schesaplana ins sommerliche Rheintal
17 18.8.2011 Triesen - Vaduz       Besichtigungen in einem der schönsten Alpenländer

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (6)


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berglerFL hat gesagt:
Gesendet am 23. Januar 2016 um 13:16
Gratuliere zu dieser super Tour!

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Januar 2016 um 13:43
Danke Dir! Waren wirklich wilde, schöne Tage!

MunggaLoch hat gesagt: Ferien...
Gesendet am 25. Januar 2016 um 06:16
Das tönt nach richtig gemütlichen Ferien... ;-)
Gratulation zu so einer langen und abwechlungsreichen Tour!
Gruass, Martin

Nik Brückner hat gesagt: RE:Ferien...
Gesendet am 25. Januar 2016 um 09:20
Hi Martin!

Danke Dir! War wirklich wunderbar.

Gruß,

Nik

MANAL hat gesagt:
Gesendet am 26. Januar 2016 um 00:14
Großartige Tour! Beeindruckend dass Du trotz des teilweise widrigen Wetters durchgehalten hast!!!

Danke für diese Einblicke außerhalb meiner mir bekannten Bergwelt in die Du gewandert bist. Bis in die Lechtaler kenne ich es noch. Aber auch dahinter scheint es wunderschöne Flecken zu geben die ich mir auch mal näher anschauen muss.

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Januar 2016 um 09:26
Ja, musst Du unbedingt! Dahinter ist nämlich auch das Wetter besser! ;o}

Ach, das mit dem schlechten Wetter ging schon. Du weißt ja, dass es irgendwann wieder besser wird, und der Gedanke bringt Dich schon auch mal durch eine Schlechtwetterperiode. Außerdem macht man bei schlechtem Wetter die schöneren Fotos!

Lieben Gruß,

Nik


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