Zackig! Gehrenspitze Ostgrat


Publiziert von Nik Brückner , 1. Oktober 2014 um 12:45.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 3 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:10km

Die Gehrenspitze!

Ein Gêr ist ein Wurfspieß, es wird also spitz... Schon der Normalweg zum Gipfel der Gehrenspitze ist nicht ohne, interessanter und viel einsamer aber ist der Ostgrat, aus dem Lechtal hinauf über so gut wie alle Zacken an dem wilden Grat.



Syzygys "Cosmos & Chaos" brachte mich auf den Weg. Geparkt habe ich in Wängle, nicht am Café Fredy (keine Ahnung, wo das ist), in Wängle halt. Dann musste ich mir meinen Weg trotz Hilfsmitteln selbst suchen. Zunächst gilt es nämlich, die Kostarieskapelle zu finden. Ausgeschildert ist zwar ein Kostariesweg (oder so ähnlich), die Kapelle selbst aber nicht. Die neue DAV-Karte ist keine große Hilfe, weil da offenbar einfach eine 1:50000-Karte großkopiert wurde, und darauf kaum etwas vernünftig zu erkennen ist (teilweise verlaufen die Wege deutlich anders, unterhalb der Köllenspitze ist ein gepunkteter Weg in einen gepunkteten Geröllhang eingezeichnet, und so weiter. Kartographische Meisterleitung...). So habe ich mir meinen Weg über Wiesen und Waldwege halt irgendwie selbst gesucht. Geht schon. Man hält sich wohl am Besten auf einem breiten Fahrweg, besagtem Kostariesweg, und kurz unterhalb der Kapelle ist diese dann eben doch noch ausgeschildert.

Wängle - Kostarieskapelle (1155m): T1/T3, 30 Min


Hinter der Kapelle (1155m) geht es dann überraschend bequem weiter. Ich hatte wegloses Gelände erwartet, stattdessen führt hier ein deutlicher Pfad im Wald hinauf. Er startet rechts von der Kapelle und führt in guten fünf Minuten bis zu einer Bank. Und weil's ein Weg ist, ist's nicht schwerer als T2/T3.

Kostarieskapelle - erste Bank: T2/T3, 5 Min


Von der Bank aus zieht's dann zu den Feuerköpfen/dem Feuerkopf (1494m) deutlich an. Der Weg verwandelt sich in Trittspuren und bei einigen Steilstufen, die man mit Hilfe von Wurzeln und erdigen Tritten überwindet, geht es nah ran an T5. In 20 Minuten gelangt man dann in knapp 1500 Metern Höhe an eine zweite Bank (1494m), von wo aus man die Steilwand hinunter einen tollen Blick ins Lechtal hat.

Erste Bank - Feuerköpfe (1494m): T5, 20 Min


Wem das bis hierher schon gruselig war, der hat hier die Möglichkeit, nordwärts zu einem breiten Waldweg abzusteigen, der sich ohnehin schon die ganze Zeit rechts neben der Route den Erzberg hearufschlängelt. (Auch dieser Weg ist nicht brauchbar in der AV-Karte eingezeichnet) Es ist der letzte einfache Notausstieg.

Wen das nicht schreckt, der steigt weiter hinauf in Richtung Turejöchle, das man schon von der Bank aus gut erkennen kann. Anfangs geht das auf Steigspuren im lichter werdenden Wald recht gut (bis T4), allenfalls ein paar unterschiedlich tiefe Risse parallel zur Abbruchkante wirken ein bisschen gruselig. Dann weicht der Wald zurück, man geht ein Stückl frei auf dem Grat, bis es dann in die Latschen unter dem Turejöchle geht. Hier wird's dann ungemütlich. Vielleicht ist es rechts herum einfacher, ich habe versucht, mich in einem der Risse unter den Latschen hindurchzumogeln. Das klappte mal, mal aber nicht.

Quacamozza, der die Tour nach mir gegangen ist, hat offenbar eine bessere Route gefunden. Er schreibt: "Man quert halb schon in den Latschen nach rechts in die Flanke und verfolgt nicht den anscheinend guten Weg direkt auf dem Grat. So werden die Latschen elegant umgangen. Und das gerade mal im knappen T 4-Gelände."

Ich hab' mir sowas ja schon gedacht, als ich da geradewegs hinaufbin... Und so wurde das zu einem kurzen, aber unangenehmen T5-Gewühle, bis ich aus dem steilen Gelände auf die weitgehend freie Kuppe des Turejöchles (1746m) hinaustrat.

Feuerköpfe - Turejöchle (1746m): anfangs T4, dann T5, 40 Min.


Nach dem Turejöchle kann man noch eine Weile am Grat bleiben, dann wendet man sich, noch im Wald, südseitig in die Flanke, um eine Steilstufe zu umgehen. Danach kann man zwar nochmal zum Grat aufsteigen und auf ihm bis zu dem ersten markanten Felsturm gehen, das bringt aber nicht viel. Denn dieser Turm (und zwei folgende) müssen ohnehin umgangen werden. Die drei Türme werden also am Besten links (südseitig) umgangen, indem man nach der Steilstufe einfach im Hang bleibt und weiter quert, bis man in freies Gelände gelangt.

Ich habe eine nordseitige Umgehung ausgecheckt, die schien mir auch möglich zu sein, das Gelände dort ist aber noch wesentlich ausgesetzter und schwieriger als in der Südseite (T6 in Absturzgelände), auch wenn gut gangbare Gamswechsel auf einem breiten Grassims verführerisch zu einer gut erkennbaren Schulter hinüberführen: Danach geht es gach abwärts und auf erdigen Tritten in eine steile Flanke. Hier bin ich dann umgekehrt.

Also die drei Türme südseitig umgehen. Es geht aus dem Wald hinaus und auf einem steilen Grashang über einige Ripperl hinüber (bzw. unterhalb hinweg) hinauf zu einer deutlichen Einschartung vor der Blachenspitze (hier könnte man südseitig über sehr steiles Gras auch nochmal absteigen). Die Scharte ist nicht zu verfehlen, kann man doch das Gipfelkreuz der Blachenspitze schon aus der Querung heraus gut erkennen.

In der Scharte angekommen, quert man nun im Gipfelaufbau nach rechts hinüber, bis man sich dann an den Schlussanstieg macht. Der hat es dann in sich. Ich habe aber vermutlich nicht die Ideallinie gefunden, jedenfalls wurde das Gras unterm Gipfel unangenehm kurz, so dass ich nicht mehr gut zupacken konnte. Stellenweise hatte ich nur ein paar Gewürzlein zwischen den Fingern. Gleichzeitig wurde das Gelände immer steiler... Also vielleicht noch weiter nach rechts ausholen? Blachenspitze (1965m).

Turejöchle - Blachenspitze (1965m): T6, 60 Min (mit Auschecken einer Umgehung rechts)


Nun geht es auf dem Grat weiter, teils sehr ausgesetzt. Wobei ich das gar nicht so genau sagen kann. Denn es begann, sich zuzuziehen. Aus dem Tal stiegen Wolken auf und innerhalb von Minuten stand ich im Nebel. Sicht: 20, auch mal 30 Meter. Auf den Fotos sieht das gar nicht so schlimm aus, weil ich die relativsten ausgewählt habe, und manchmal sogar gewartet habe, bis es kurz aufgerissen hat, um auf den Auslöser zu drücken. Alles nur für Euch!

Also ausgesetzt auf dem Grat weiter, dann geht es ein paar Meter südseitig hinunter in ein Schartl und über die Nordseite wieder hinauf auf den Grat. Abgesehen davon immer oben rüber. Dann wird ein Block nordseitig im fast senkrechten Gras extrem ausgesetzt gequert. Insgesamt wird in dieser Passage zwei Mal ein IIer abgeklettert, das sind aber immer nur kurze Stufen.

Weitere Grattürme werden nun direkt überklettert, allenfalls mal etwas über rechts, wenn das weniger steil ist. Dann steht man vor dem Aufstieg zur Kleinen Gehrenspitze (wenn man das sehen kann, ich konnte es nicht...): Ähnlich wie bei der Blachenspitze geht es nach rechts in den Hang, und dann in einer Rinne bzw. auf der Rippe rechts davon hinauf. Das ist auch diesmal steil, aber gut gestuft und gefühlt leichter als bei der Blachenspitze. Kleine Gehrenspitze (2105m).

Blachenspitze - Kleine Gehrenspitze (2105m): T6, 50 Min.


Auf der Kleinen Gehrenspitze stand ich zwar noch immer im Nebel, aber es riss hin und wieder auf, so dass ich das nahe Gipfelkreuz der Großen Gehrenspitze zumindest zeitweise erkennen konnte. Nun ist es zwar nicht mehr weit, die gefühlte Schlüsselstelle kommt aber noch: Von der Kleinen Gehrenspitze erst auf dem rechts ausschwingenden Grat ein paar Meter entlang, dann geht es links über gruselig steile Grastritte gach hinunter zu einem schmalen Grasband, auf dem man zum Grat zurückquert. Auspsychen lohnt sich nicht! Das ist Gruselgelände, aber am Ende gut zu gehen. Als ich dort hinuntergestiegen bin, war's sogar noch ein bissl feucht, und es ging trotzdem.

Unten angekommen, geht es nun am Grat leichter über einige grasige und andere felsige Aufschwünge hinauf Richtung Gipfel. Am Ende wieder über Gras, dann steht man auf der Großen Gehrenspitze (2163m).

Bis Gehrenspitze (2163m): 20 Min. Gruseliger Abstieg T6, Rest leichter


Auf der Gehrenspitze war ich dann an der Wolkenobergrenze angekommen. Immer wieder fetzte es Nebel vom Tal herauf, dennoch eröffneten sich herrliche Blicke zur Zugspitze und zu anderen hohen Gipfeln in der Nähe: Kohlbergspitze, Thaneller, Heiterwand, Knittelkarspitze, Leilachspitze, Hochvogel, Rauhhorn und Geißhorn, Köllenspitz und Gimpel. Und außer mir war kein Mensch hier oben - eine fantastische Atmosphäre! Der Tag hatte die Kurve gekriegt und ich war froh, die Tour versucht zu haben. Und durch die schwierigen Passagen war ich jetzt ja durch...

Zu früh gefreut! Der Abstieg, obwohl markiert, hat es nochmal in sich und ist zunächst kaum leichter als der Aufstieg. Auf dem Gipfelgrat geht es weiter, dann über Fels hinein in eine steile Flanke. Erst beim Einstieg in eine schmale Rinne, die man nun hinuntersteigt, wird es einfacher. Das sind schon Ierstellen hier oben. Am unteren Ende der Rinne ist es dann aber endgültig vorbei, und ein schmaler Wanderweg geleitet mich gemütlich ins Gehrenjoch (1858m).

Abstieg von der Spitze ins Gehrenjoch (1858m): 35 Min, T5, weiter unten T4 und leichter


Tja, und da das Wetter immer noch instabil war, habe ich mir die Überschreitung der Schneidspitze direkt auf der Schneid für einen anderen Tag aufgehoben und bin direkt ins Tal abgestiegen.

Vom Gehrenjoch zum Auto: 1:10, T3


Fazit:

Fantastische Grattour über wilde Zacken und steiles Gras. Trittsicherheit in steilem Gelände, Steilgraserfahrung und ein wenig Kletterfertigkeit in teils ausgesetztem Gelände unabdingbar.


Ausrüstung:

Schuhe mit beinharter Sohle (im steilen Gras muss sicher gekantet werden), Stöcke. Für den Abstieg von der Gehrenspitze ist ein Helm empfehlenswert.

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (4)


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Kauk0r hat gesagt: Ein Traumgrat...
Gesendet am 13. Oktober 2014 um 17:49
...des echten Bergsteigens, aber trotzdem in Österreich gelegen ;).

Nik Brückner hat gesagt: RE:Ein Traumgrat...
Gesendet am 13. Oktober 2014 um 19:11
Hoppla! Ja richtig! So viel zur Automatisierung!

Dankeschön!

F3ttmull hat gesagt: Feuerköpfle
Gesendet am 21. September 2020 um 11:04
Normal erreicht man das Feuerköpfle östlich über die Costarieskapelle. Laut komoot gibt es auch einen direkten Weg von Süden her, gibt es da Berichte über diesen Zustieg?

Nik Brückner hat gesagt: RE:Feuerköpfle
Gesendet am 28. September 2020 um 10:34
Hi F3ttmull,

tut mir leid, darüber weiß ich leider nichts. Da kann ich Dir nicht helfen.

Gruß, Nik


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