Hohe Gänge, Hindelanger Klettersteig - Überschreitung mit Biwak am Gr. Daumen


Publiziert von boerscht , 11. Juni 2020 um 12:53.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:31 Mai 2020
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2+ (WS+)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2441 m
Abstieg: 2225 m
Strecke:31,5 km

Pfingstwochenende und schönes Wetter, also ab in die Berge. Da die Grenzen jedoch immer noch zu sind, wohl gezwungernermaßen wiedermal ins Allgäu. Naja auch nicht schlecht. Schlecht ist nur, dass hier sicherlich wie auch schon an den letzten Wochenenden wiedermal das Touri-Chaos ausbricht. Die Nebelhornbahn ist bis 2021 aufgrund von Umbau ausser Betrieb, so könnte vielleicht ja am Hindelanger Klettersteig trotzdem weniger los sein, so zumindest meine Idee. Wohl auch aufgrund des E-Bike Booms leider weit gefehlt.

Tag 1:

Hinterstein - Untere Älpe-Alpe - Breitenberg T3+; 2,5 h:


Als wir gegen 9 Uhr in Hinterstein eintreffen sind bereits alle Parkplätze komplett dicht und die Wanderer schwärmen nur so aus dem Dorf heraus. Na ganz toll. Ein netter Einheimischer winkt uns vor seinem Haus auf seinen Parkplatz, pro Tag 5€. Super. Mit ihm unterhalten wir uns noch kurz über die derzeitige Situation im Allgäu und er beklagt die Menschenmassen die teilweise ohne jegliche Rücksicht alles zuparken und die Berge zumüllen. Dieses Pfingstwochenende soll laut ihm die Alpinpolizei verstärkt unterwegs sein und gerade die Zelt Hotspots wie Schrecksee und Sealpsee kontrollieren. Richtig so.
Aus Hinterstein gehts raus über die Brücke der Ostrach und dann über doch recht steil und gleichmäßig ansteigenden Wanderweg hinauf zur Älpe Alpe. Wie aus dem Bilderbuch hier mit vielen Blumen und weidendem Esel vor der Hütte. Über Weidegelände weiter hinauf zur Wankhütte. Hier gönnen wir uns eine erste Pause und aus Gründen der Gewichtsreduzierung muss auch das erste Dosenbier schon dran glauben. Oh man und das schon vor 12 Uhr...
Der Weg quert nun die Flanke unterm Breitenberg und führt über zwei kurze, seilversicherte Stellen im Wald hinauf zum Gipfel mit Kreuz.
Auf dem Weg zum Breitenberg und auch am Gipfel sehr viele Leute unterwegs.

Breitenberg - Hohe Gänge - Heubatspitze T4, WS-, I: 1 h:

Wir halten uns nicht lange am Breitenberg auf und machen uns direkt auf den Weg über die Hohen Gänge zur Heubatspitze. Sehr unterschiedliches Wanderpublikum ist hier heute untwergs. Trailrunner, Anfänger mit KS Set, und normale Wanderer. Das führt gerade an den Leitern zu Stau.
Die Hohen Gänge sind ein schöner Gratweg über einige Auf-, und Abschwünge. Die schwierigen Stellen sind Klettersteigartig versichert und es findet sich eine schöne, lange Leiter vor der Heubatspitze. Ein KS-Set brauchts hierfür meiner Meinung nach nicht, für Anfänger kann dies natürlich etwas Sicherhheit bieten. Helm kann wenn viel los ist nicht schaden, muss aber auch nicht unbeding sein. Wir lassen unseren am Rucksack.

Heubatspitze - Rotspitze - Heubatspitze T3+; 25 min:

Der schwere Rucksack mit Biwak und Kochzeug drückt doch ordentlich auf die Schultern. Alex und Ramona wollen an der Heubatspitze lieber pausieren, ich will jedoch unbedingt noch den Abstecher auf die Rotspitze machen. Am Wegweiser ist eine halbe Stunde angegeben. Na das geht sicher schneller. Ohne Gepäck renne ich in 15 min schnell zur Rotspitze. Der Weg ist unschwierig. Auch hier am Gipfel viel los, also nur schnell ein Gipfelfoto und direkt wieder zurück zur Heubatspitze.
Der Abstecher hat hin und zurück 25 min gedauert, wobei ich hier echt Gas gegeben habe um die andern beiden nicht ewig warten lassen zu müssen.

Heubatspitze - Kleiner Daumen - Großer Daumen T4, WS, I; 2,5 h:

Von der Heubatspitze aus geht es nun einsamer weiter in Richtung Kleiner Daumen. Die Felswand sieht von der Heubatspitze aus gesehen ziemlich wild aus. Der gut angelegte Weg mit im oberen Teil vielen Versicherungen führt hier geschickt hindurch.
Zunächst über den Grasgrat an den Wandfuß, dann an der Kante entlang hinauf in felsigeres Gelände. Markeirungen sind durchwegs vorhanden und an den schwierigeren Stellen befinden sich Stahlseile und Eisentritte. Zum Gipfel hin wirds doch ordentlich steil und man muss wahlweise kräftig am Fels oder Seil zupacken. Geht aber auch noch alles easy ohne Klettersteigset hier. Ausgesetzt ist es nicht sonderlich stark. Der versicherte Steig kommt etwas westlich des Gipfels vom Kleinen Daumen aus der Wand heraus. Der Abstecher zum Kreuz muss natürlich noch sein. Von hier ist nun der Weiterweg zum Großen Daumen über den Grat und die Ostflanke gut einzusehen. Ist doch noch ein Stück, wir sind aber gut in der Zeit und sollten vor Sonnenuntergang noch ordentlich zeit zum Essen kochen und chillen haben.
Der Grat zum Großen Daumen ist nur wenig versichert und auf guter Wegspur einfach zu begehen. Ausgesetzt ist es auch hier kaum. Über das flache Plateu gehts letztendlich zum Gipfel.
Heir treffen wir auf 2 Berggänger die gerade erst aus dem Klettersteig kommen und völlig fertig sind, jedoch noch einen Bus am Gibelhaus erwischen wollen. Naja das wird nix, der letzte fährt um 18:10 Uhr. Die Armen müssen wohl noch bis nach Hinterstein absteigen.
Wir suchen uns vor dem gedenkkreuz am Gipfel eine ebene und etwas windgeschützte Stelle für drei Isomatten. Zum Abendessen gibts unser klassischen Gaskocher Reismantsch mit allem möglichen drin, Bier und Schoki. Schnee um Wasser zu schmelzen gibts zum Glück noch genug in greifbarer Nähe.
Der Sonnenuntergang ist genial und die Aussicht vom Großen Daumen auf die Allgäuer Berge gigantisch.
Nach vielen Fotos gehts müde in den warmen Schlafsack hinein. Wobei der Sternenhimmel hier noch für ordentlich Ablenkung sorgt.

Tag 2:

Großer Daumen - Hindelanger Klettersteig - Nebelhorn T4, WS+, I; 4,5 h:


Der Sonnenaufgang am nächsten Morgen wird glorreich verschlafen und wir liegen bis 8 Uhr in den mit einer dünnen Eisschicht überzogenen Schlafsäcken. Eigentlich war geplant früher los zu gehen, aber naja manchmal siegt eben die Faulheit. Nach Porridge zum Frühstück und trocknen der Isomatten und Schlafsäcke in der Sonne, legen wir schonmal das KS-Set an.
Da wir den Klettersteig nicht unbedingt mit schweren Rucksäcken gehen wollen und eh über den Engeratsgundsee zum Gibelhaus absteigen werden, deponieren wir das Biwakzeug und die warmen Klamotten in einen Biwaksack gehüllt in der Scharte zwischen Großem Daumen und Gratkopf. Auf dem Rückweg müssen wir dann halt nochmals 150-200 Hm aufsteigen um den Kram zu holen, wird schon passen so.
Über den Hindelanger Klettersteig gibts nicht so arg viel zu erzählen. Das Topo gibt es hier. Der Steig führt über viele Leitern, teilwese versicherte, einfache Klettersteigstellen, aber auch viel Gehgelände und unversicherte Kraxelei im I. Grad. Der sichere Berggänger braucht hier nicht unbedingt ein KS-Set meiner Meinung nach. Helm sollte dabei sein, da hier immer viel los ist. So ist auch heute trotz der geschlossenen Nebelhornbahn ordentlich was los am Klettersteig. Wirklich Stau gibts zum Glück keinen. Viele sind wohl mit dem E-Bike zum Edmund-Probst Haus hochgefahren. Über den Gratkopf, und östlichen sowie westlichen Wengenkopf gehts zum Nebelhorn. Zu beachten ist noch, genügend Wasser mitzunehmen. Am Grat kann man nirgends auffüllen und durch die Länge und immerhin 600 Hm die hier überwunden werden ists doch recht anstrengend. Schnee war am Grat keiner mehr anzutreffen.

Nebelhorn - Laufbichlsee - Engeratsgundsee - Giebelhaus T3; 3,5 h:

Irgendwie haben wir im Klettersteig mit vielen Fotos und Pausen sowie gemütlichem Tempo ganz schön getrödelt, fällt uns am Nebelhorn auf. Um 18:10 Uhr fährt der letzte Bus am Gibelhaus, welchen wir erwischen müssen. Ach Mist, unser deponiertes Zeug muss ja auch noch abgeholt werden. Die andern beiden sind vom Klettersteig schon ziemlich geschafft, also entscheide ich mich schonmal übers Koblat vor zu rennen und das Biwakzeug irgendwie runter zum Laufbichlsee zu tragen. Der Weg übers Koblat zum Laufbichlsee ist durchwegs einfach, zieht sich jedoch ganz schön in die Länge. Unterwegs sind hier noch einige ausgedehnte Schneefelder zu queren, welche allerdings gut gespurt und nicht sonderlich steil sind.
kurz vor dem Laufbichlsee zweigt der Weg hinauf zum Großen Daumen ab, an dem oben unser orangener Biwaksack aufleuchtet. Schnell gehts hier teilweise noch über Schnee hinauf. Jetzt ist nur die Frage wie ich alleine das ganze Zeug rutner bekomme. Schlafsäcke hänge ich alle drei an meinen Rucksack, das andere Zeug bleibt im Biwaksack und der wird halt über die Schulter geworfen. Verdammt schwer, ich trag ja im Prizip gerade den Rucksackinhalt aller drei von uns.Zum Glück kann ein Teil auf dem Schneefeld abgerutscht werden, wobei ich hier aufpassen muss aufgrund des Gewichts nicht zu schnell zu werden. Wieder am Laufbichlsee angekommen treffen gerade auch Ramona und Alex ein. Beim Packen der Rucksäcke fältl auf, dass ich unterwegs wohl einen Stock verloren habe. Mist. Also nochmals den halben Weg hoch rennen. Zum glück finde ich den Stock aber recht zügig. Jetzt wirds noch enger mit dem Bus.
Im Vollgas soweit das noch drin sit vorbei am Engeratsgundsee und hinab über die Engeratsgundalpe zur Käseralpe und dem Engeratsgundhof im Tal. 17:40 Uhr, jawoll der Bus ist uns sicher. Ganz schöner Stress, den ich so eigentlich nicht erwartet hätte. Über die Fahrstraße dann noch einfach hinab zum Giebelhaus und mit dem letzten Bus nach Hinterstein.


Tourengänger: boerscht


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Kommentare (3)


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sven86 hat gesagt:
Gesendet am 11. Juni 2020 um 15:20
Tolle Tour und natürlich auch schöne Eindrücke, gerade mit dem Sonnenuntergang. Mit den Zuständen in Hinterstein konnte glaube ich mittlerweile die halbe Community Bekanntschaft machen - ich konnte mir zum Glück einen Werktag raussuchen, dann ging es eigentlich.

Aber sag mal, könnte es sein dass bei deiner Kamera vielleicht ein Regler oder so verrutscht ist? Ich bin ja überhaupt kein Fotoexperte, habe an meine eigenen Bilder keinen besonderen Ansprüche und bearbeite nichts. Aber irgendwie scheint mir hier der Kontrast / die Farbsättigung zu fehlen - jedenfalls wirkt es ziemlich farblos und blass, dadurch auch unnatürlich. Nur mit dem Handy - ältere Modelle spucken das ja manchmal so aus - scheint es ja nicht gemacht? Oder ist das eine bewusste Einstellung, weil es Dir vom Stil her so besser gefällt? Das soll keine Kritik sein, soll jeder machen wie er will und wir sind auch primär kein Fotoforum. Nur als kleiner Hinweis aus meiner Laien-Sicht weil man selber ja manchmal solche Dinge gar nicht bemerkt - auch ich hatte zB früher öfter einen etwas schiefen Horizont drin und es erst dank Hinweisen bemerkt und jetzt achte ich mehr darauf, und zumindest ich persönlich (was natürlich in keiner Weise massgebend sein soll) finde es eben etwas schade, wenn die eigentlich doch schönen Aufnahmen durch diese Einstellung so blass rüberkommen.
VG Sven

boerscht hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Juni 2020 um 17:20
Hi Sven,

Danke dir! Hmm also ein Regler an der Kamera ist da nicht verrutscht soviel ist sicher.
Sind eigentlich die selben Einstellungen bei der Bearbeitung wie immer für hikr.Die blau und grüntöne entsättige ich absichtlich immer etwas. Blass finde ich die Bilder dadurch jetzt nicht unbedingt und Kontrast sollte eigentlich auch genug da sein.
Vielleicht hängt das auch an den Bildschirmeinstellungen des Betrachters etwas ab. Wenn ich mir die Bilder hier auf hikr auf dem Handy oder auf meinem Laptop ansehe, kommen sie etwas anders rüber als am PC.
Sonst ist’s wie bei vielen halt einfach Geschmackssache.

Viele Grüße
Adrian

sven86 hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. Juni 2020 um 12:18
Hi Adrian,
Danke für die Erläuterung. Am wichtigsten ist js eh dass es einem selber gefällt.
VG Sven


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