Über'n Kleinen Widderstein


Publiziert von Nik Brückner , 26. Juli 2016 um 22:41.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:19 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m

Ou Män!

An diesem Tag ging's mir nicht gut. Virus, leichter Sonnenstich, was weiß ich. Am Vortag musste ich jedenfalls eine Tour im Alpstein abbrechen (wenigstens hatte eine geklappt, eine andere konnte ich später nachholen), und wechselte ins Allgäu, The Enids "Dust" im Player, wo ich mich besser auskenne, und leichter solche spontanen Gegebenenfallstouren machen kann.



Und so brach ich gegen 10 am Parkplatz in Baad im Kleinwalsertal (1222 m) zum Widderstein auf. Zum kleinen - schließlich sollte es ja nur eine kleine Tour werden. Ein Töürl.

An der Äußeren Widdersteinalpe (1289m) vorbei war ich genau eine Viertelstunde später an der schönen, und von Schönen bewirtschafteten Inneren Widdersteinalpe (1334m). Kurz danach, in einer Rechtskurve noch vor einem Bachlauf, geht es links die Wiese hinauf an den Waldrand (im Moment Traktorspuren auf der Wiese), dort dann rechts aufwärts haltend, bis man oben am Bachlauf auf eine Wegspur gelangt. Diese führt weiter den Wald hinauf und blad wieder hinaus auf eine Wiese. Oberhalb steht eine kleine Almhütte.

Hier ist nun der Orientierungssinn gefragt: Nach links wie nach rechts führen kleine Wege in den Wald, diesen folgt man jedoch nicht. Stattdessen geht es den von Kuhfüßen durchfurchten Wiesenspitz direkt hinter der Hütte hinauf, an dessen Ende sich die vielen Spuren erneut zu einem Weglein verdichten.

Dieses führt zunächst durch den Wald weiter hinauf, dann wieder hinaus auf einen Wiesenhang, wo sich die Spuren im kuhdurchfurchten Gelände wieder verlieren. Diesen Hang nun hinauf und weiter oben einlinksen, dann gelangt man zu einer schön gelegenen Jagdhütte (1685m). Hier kam ich so etwa 50 Minuten nach meinem Losgang in Baad an.

Parkplatz Baad - Jagdhütte: Wege, 50 Minuten, T1, dann T2


Hinter der Jagdhütte befindet sich ein Brunnen. Von dort aus führen Pfadspuren nach links weiter hinauf, nach rechts in den Hang, sowie halbrechts aufwärts. Dieser letztere ist der richtige Weg zum Bärenkopf. Er führt nun bis hinauf an den Grat, man muss also an keiner Stelle weglos gehen.

Zunächst also schräg rechts hinauf, leicht ansteigend in den Wiesenhang. Linker Hand sind zwei Hochsitze, hier zickzackt der Weg hinauf. Man muss etwas aufpassen, denn hier im Gras verliert man die Spur leicht. Das gilt für den ganzen restlichen Anstieg, doch mit etwas Spürsinn ist die Route immer schnell wiedergefunden.

Gelangt man in flacheres Gelände, immer noch ein ordentliches Stück unter den Grat, geht es rechts eine Rippe hinauf und rechts oberhalb der flacheren Passage dann wieder links den steileren Hang hinauf. Weiter oben, der Gipfel des Bärenkopfs ist bereits zu sehen, quert der Weg dann weit nach links, davon nicht abschrecken lassen, er schwenkt auch wieder nach rechts zurück. Nur zum Bärenkopf selbst führt er nicht, der Weg endet vielmehr kurz vor der Scharte zwischen Bärenkopf und Kleinem Widderstein. Zum Gratrücken muss man an geeigneter Stelle frei über den Wiesenhang aufsteigen, aber das ist leicht und es sind auch nur ein paar Meter.

Zwei Stunden nach den Start stand ich auf dem Bärenkopf (2083m).

Nicht sehr lange...

Denn Milliarden Fliegen können sich eben doch irren: Meine Wenigkeit ist kein geeigneter Rastplatz für Fliegen...


Jagdhütte - Bärenkopf: unmarkierte Wegreste, 1:10, T3


Also schnell weiter, nachdem ich fix einige Fotos vom Heiterberg, der Kanisfluh, dem Ifen und der Elferwand geschossen hatte, auf dem Gratrücken Richtung Kleiner Widderstein. Meine Pause habe ich in die Scharte verlegt, dort ist das Gras dürftiger und entsprechend weniger los.

In die Scharte gelangt man, indem man schon deutlich vorher nach links in den Hang einschwenkt und dann eine großzügige Rechtsschleife zurück zum Grat dreht. Über einen Fels- und einen Graskopf mäßig ausgesetzt hinüber, dann steht man am tiefsten Punkt (Abstieg T4-). Hier ging dann nach einer kurzen Pause die Kraxelei los.

Durch Risse (II) zunächst von rechts nach links, dann wieder nach rechts und hinaus auf eine Rampe, wo schon vom Bärenkopfgrat aus Wegspuren zu sehen sind. Diesen folgt man nun eine mäßig steile Schrofenrampe links hinauf, bis man an zu einigen Rinnen gelangt. Die ausgeprägteste Rinne in leichter Kletterei (I) hinauf und oben wieder über Gras und Schrofen weiter in der rechten Flanke hinauf. Am Grat tritt man dann an die Felsen heran. Über eine Stufe und eine Rinne hinauf (maximal II). Eine markante, von einem Riss durchzogene Wand wird rechts umgangen, dahinter schwenkt man auf deutlicher Spur gleich wieder nach links zum Grat zurück. Nun in der linken Flanke zunehmend schwierig (bis II) und ausgesetzt steil hinauf und weiter oben möglichst halblinks aufwärts halten. (Wer vor einem jähen Abbruch steht, ist falsch, klettert ein paar Meter ab und versucht es weiter links). Dass man richtig ist, merkt man daran, dass man bald wieder auf Spuren trifft, die zum finalen Gipfelaufbau hinüberführen. Diesen umgeht man rechts auf einem ansteigenden, kurzen Band, von der darauffolgenden Schulter (von der aus man schon den Weiterweg der Überschreitung einsehen kann) geht es dann links in einer Rinne oder rechts davon (lustiger, aber leichter) hinauf zum Gipfel des Kleinen Widdersteins (2236m).

Bärenkopf - Kleiner Widderstein: weglose Gratüberschreitung, Wegspuren, Kletterei, 1:15, T5+/II


Nächste Pause. Keine Fliegen. Rundblick.

Nach Norden schaut man raus nach Deutschland. Da zeigt sich zum Beispiel der Grünten, dann folgen Entschenkopf, Rubihorn und die Kette vom Nebelhorn zum Großen Daumen. Geißhorn und Rauhhorn schließen sich an. Weiter Richtung Osten schieben sich Zwölfer, Elfer und Liechelkopf ins Bild, dann gibt die Liechelkopfscharte den Blick frei auf den Krottenkopf, die Trettachspitze, die Mädelegabel und die Hochfrottspitze, ziemlich genau im Osten.

Davor erhebt sich das nahe Geißhorn, dann öffnet sich der Blick nach Südosten, wo der Biberkopf, und in den Lechtalern die Saxerspitze, die Tajaspitze, die Freispitze, die Parseierspitze, die Wetterspitze, die Feuerspitze, Vorderseespitze und die Fallesinspitze zu sehen sind. Lauter spitze Spitzen.


Im Südosten dominiert dann der Hohe Riffler den Horizont, bevor sich der große Widderstein vor die Aussicht stellt und den gesamten Süden beherrscht.

Rechts dahinter sind im Westen Hohe Künzel, Niedere Künzel, Zitterklapfen, und die Gräshörner zu erkennen, davor der Heiterberg. Ziemlich genau im Westen dann der Alpstein mit dem Säntis. Der Blick schweift weiter zur Damülser Mittagsspitze, Gungern, Klippern und Kanisfluh. Davor zeigen sich die Walsertaler Gipfel: Güntlepitze, Hochstarzel, Unspitze und vor dem Diedamskopf das Grünhorn. Weiter Richtung Norden schließt sich das Walmendinger Horn an, dahinter erhebt sich
der Hohe Ifen, ganz am Horizont zeigt sich schließlich die Nagelfluhkette.


Aber ich wollte ja noch weiter. Also vom Gipfel die oberste Stufe wieder hinunter und dort, wo von rechts das ansteigende Band heraufkommt, links über Bröselschrofen hinunter zu einem ersten Grasschrofenkopf und drüben hinunter. Der nächste, schärfere Zacken wird dann links umgangen. Bald steht man dann über der tiefsten Scharte dieses Grates. In die geht es steil hinunter.

Von nun an lässt man besser die Finger von dem zerborstenen Grat. Dort oben stehen Zacken und Türme im Bereich IV und mehr, die man allenfalls mit ordentlich Ausrüstung und einer großen Portion Tollkühnheit überklettern kann. Stattdessen folgt man ein paar guten Felsstufen in die rechte (westliche) Flanke, die man nun zu dem stets gut sichtbaren Südgipfel quert. Dabei gilt es einerseits, nicht zu weit hinaufzusteigen (oben ist die Flanke steiler), andererseits im teils brüchigen Fels eine gute, sichere Route zu finden, Griffe und Tritte auf ihre Festigkeit zu prüfen, und dem allzeit präsenten Schotter so weit als möglich auszuweichen. Mit gutem Spürsinn findet man eine sichere Route, die den II. Schwierigkeitsgrad nicht übersteigt. Einen Besuch am Grat kann man sich sparen, ich hab's probiert, bringt nichts. Man steigt wirklich erst ganz am Schluss zum Südgipfel hinauf.

Vom Südgipfel geht es ein paar Meter über Gras hinunter, dann schwenkt man nach rechts in eine felsige Rinne, die man weiter unten linkswärts zum Grat wieder verlässt. Beim nächsten Felszacken zwischen dessen höchstem Punkt und einem Türml hindurch, beim übernächsten dann rechts herum und über eine Felskante hinunter aufs Gras. Das Karlstor (2100m) ist erreicht (Abstieg nochmal T5).

Kleiner Widderstein - Karlstor: 45 Minuten, weglos, unmarkiert, T5/T6/II, je nach Routenwahl

Hier im Karlstor habe ich nochmal eine Pause eingelegt, dann ging es auf den schon von weiter oben gut sichtbaren Spuren das riesige Geröllfeld hinunter. Bald verlieren sich die Spuren, und man hält einfach auf ein gut sichtbares Weglein zu, das direkt zu der kleinen Almhütte mit dem Wiesenspitz führt. Über den Bach, auf den Weg und weiter zur Almhütte. Von dort dann in wenigen Minuten hinunter zur Inneren Widdersteinalpe (1334m).

Nach einer gemütlichen Pause dort war ich in wenigen Minuten zurück auf dem Baader Parkplatz (1222m).

Karlstor - Parkplatz Baad: weglos, Wegspuren, dann gute Wege, 1:15, T4 und leichter, im Tal dann T1


Fazit: Der Kleine ist für mich defi der schönere der beiden Widdersteine. Die Aussicht zu zwei der wilderen Touren im Kleinwalsertal ist großartig und instruktiv. Landschaftlich ist die Tour ebenfalls ganz wunderbar - vorausgesetzt man steht auf Bruch. Wenn nicht, ist die schotterige Querung vom Gipfel zum Karlstor eine recht nervige Angelegenheit. Mein's war's nicht. Man kann zwar das Wort "Überschreitung" in sein Tourentagebuch schreiben, wenn ich aber sagen sollte, ob ich das schön und lohnend fand, würde ich das verneinen. Nächstes Mal: Abstieg auf dem Aufstiegsweg.

So! Und am nächsten Tag wartete Quacamozza mit der nächsten fantastischen Tour auf mich!

Tourengänger: Nik Brückner


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

Frank1972 hat gesagt:
Gesendet am 4. Oktober 2023 um 10:54
Die Topo zum Gipfel und die Fotos haben mir bei der Routenfindung sehr geholfen, danke!

Nur beim Zustieg vom Bärenkopf bin ich zu weit nach links ausgeschwenkt und erst einmal etwas abgetrieben. M.E. geht es erst zum Schluss vom Grasrücken nur kurz nach links etwas runter und dann gleich wieder rechts rum, nur ein kleiner Bogen. Der Zustieg zur Scharte sieht auch erst mal etwas wild aus, ist dann aber ganz harmlos.

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Oktober 2023 um 14:07
Servus Frank!

Freut mich, dass mein Bericht dir von Nutzen war. Erst ganz zum Schluss vom Grasrücken runter kann auch passen, auf meinen Fotos sieht auch das gut aus. Unsere Nachfolger werden sich über den Tipp sicher freuen.

Herzlichen Gruß,

Nik


Kommentar hinzufügen»