Höfats Domino - und ein Bär


Publiziert von Nik Brückner , 30. Juli 2018 um 16:41.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:27 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:13km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Bergsteigerbus von Oberstdorf zur Bushalte Christlesee

Die Höfats - Wahrzeichen des Allgäus, Heimat des Edelweiß und Wahrzeichen des Allgäus. Es ist die Königstour hier, über ihre äußerst schmale Schneide ihre vier Gipfel zu erklimmen.

Seit jeher hat der Berg die Fantasie ebenso angeregt wie die Stilblüten. Theodor Eichheim schrieb 1886: "Höfats! Eine stolze, schlanke Felsensäule, gespalten in vier fast gleich hohe Gipfel und begrünt bis zum Scheitel, steht die Höfats zwischen dem Oy- und Dietersbach-Thale, die Aufmerksamkeit des Thal- wanderers durch die Wildheit und Steilheit ihrere Gehänge auf sich lenkend." Rassiger, gotischer war da Ernst Zettler, der 1925 schrieb: "Als vornehmster Vertreter der Allgäuer Grasberge weithin bekannt; in Laienkreisen wegen zahlreicher Abstürze berüchtigt, die aber fast durchwegs Edelweißsucher betrafen. Ein rassiger Berg mit, besonders von Osten gesehen, rein gotischen Formen." Unübertroffen bleibt allerdings Georg Frey, der 1931 schwärmte (und auch in bisschen schwurbelte): "Gegenüber steht ein Berg, unsagbar wild emporgereckt in grauenhafter Steilheit, düster, drohend und unheimlich, den Gipfel gespalten in vier gleichmäßige Spitzen - so steht vor uns gleich einer auflodernden Flamme die Höfats, der dämonische Berg, das Wahrzeichen des Allgäus."


2014 war ich schon einmal auf dem dämonischen Berg gewesen. Am Ostgipfel. Seither bin ich immer wieder um ihn herumgeschlichen. War auf dem Rauenhalsgrat unterwegs, mehrfach auf der Kleinen Höfats, aber immer, wenn ich die Überschreitung angehen wollte, die Königstour an diesem Berg, wollte entweder die Höfats nicht, oder das Wetter nicht, oder ich nicht. Poor Me! 2018 gab es dann bis zum Sommer gleich mehrere Tage, an denen eine Besteigung möglich war, und einen davon, im späten Juli, nutzte ich schließlich.

Ich parkte auf meinem kostenlosen Geheimparkplatz in Oberstdorf, und stieg in den Bergsteigerbus Richtung Spielmannsau. Am Rucksack Helm und Pickel, in der Tasche die derzeit immer noch beste Tourenbeschreibung, die vom Festivaltouristen Thom (dort sind auch viele ebenso spektakuläre wie aufschlussreiche Fotos zu sehen), im Herzen große Lust auf diesen Berg.

Am Pickel erkennt man gleich auch die anderen Höfats-Aspiranten, und ich war nicht der einzige, der an der Bushalte Grischdlesee mit dem Ziel Höfats ausstieg. Allerdings lief mir der fitte Typ im blauen Leibchen gleich davon, weil ich noch - ähem - Vorbereitungen zu treffen hatte.

Dann ging's los, I’m Walkin’, endlich, hinauf durch den Hölltobel (für den ich dieses Mal kein Auge übrig hatte) hinauf nach Gerstruben (1155m), immer dem Wanderweg entlang.

Bushalte Christlesee - (kurz vor) Gerstruben: Markierter Wanderweg, T2-T3, 20 Minuten


Kurz vor Gerstruben stößt man dann auf einen breiten Schotterweg. Diesem folgte ich, zwischen den Hütten und Häusern des malerischen Weilers hindurch, südöstlich hinein ins Tal des Dietersbachs.

I’m Walkin’...


Ich passierte die Gerstrubner Alpe (1216m) und gelangte schnell an den Inneren Höfatstobel (1278m), wo der Aufstieg zur Höfats beginnt. Man erkennt ihn an den Mountainbikes, die hier bequem herumliegen.

Gerstruben - Innerer Höfatstobel: markierter, breiter Fahrweg, T1, 25 Minuten


Erstmal einbroten. Ich stieg von Weg hinauf ins Gras, suchte mir ein gemütliches Plätzchen, und begann zuzubeißen - da kam der fitte Typ im blauen Leibchen heran. Er war ein paar Schritte zu weit gegangen. Er sprach mich an, wir klärten schnell, dass wir die gleiche Tour vorhatten, und beschlossen, zusammen zu gehen.

Be My Guest.

Thomas kommt vom Klettern, und hatte bis dato nur wenig Steilgraserfahrung. Es stellte sich aber schnell heraus, dass ihm die Überschreitung eher Freude als irgendwelche Probleme bereiten sollte. Wir verbrachten den ganzen Tag zusammen, hatten viel Spaß auf der Königin der Allgäuer Alpen - und sollten auf dem Rückweg noch eine bärige Überraschung erleben. Aber dazu später.

Zunächst geht es rechts des Inneren Höfatstobels hinauf, über einen Wiesenhang, der, als wir hinaufstiegen, schon gut abgefuttert war. Man folgt einfach dem Weidezaun, oder hält sich etwas rechts davon, wenn direkt am Zaun Büsche stehen. Am höchsten Punkt des Zauns übersteigt man diesen, und wandert durch Kraut und Gestrüpp auf einer darunter kaum sichtbaren Wegspur noch etwas weiter nach oben.

Feucht war's noch, hier unten! Gut, unterm Kraut hält sich die Nässe lang. Es hatte, wart, dreieinhalb Tage zuvor geregnet, seither nicht mehr. Dass die Route aber bis zum Ostgipfel immer wieder mal leicht feuchte Tritte aufwies, hätten wir nicht gedacht. Also ernstnehmen, wenn es heißt, die Höfats muss drei, besser vier Tage lang abtrocknen, bevor man sie angeht. Das gilt auch, obwohl man sich bei der klassischen Überschreitung in der Südflanke bewegt - für die Nordseite umso mehr.

Ein paar Höhenmeter weiter wechselt die Wegspur auf die linke Seite des Innneren Höfatstobels. Je nach Jahreszeit liegen noch Lawinenreste im Tobel, und man quert den Altschnee am Besten weit oben, um ein Einbrechen zu vermeiden. Man will ja nicht zum Einbrecher werden.

Drüben führt die nun besser sichtbare Spur durch den linken Begrenzungshang des Tobels hinauf. Sie schwenkt danach erst einmal weit nach Nordwesten aus, um eine Felsstufe weiter oben zu umgehen.

Hier muss man aufpassen, im Wald nicht zu weit aufzusteigen (dazu können einen z. B. über den Weg gestürzte Bäume oder Spuren von früheren Verhauern verleiten). Merke: Wer im Aufstieg in allzu steiles Waldgelände oder gar in den Fels darüber gerät, ist falsch, und sollte schleunigst an eine Stelle zurückkehren, an der er/sie sicher war, auf dem richtigen Weg zu sein.

Die Wegspur wendet sich also zunächst nach Nordwesten (und kehrt dann erst gute 200 Höhenmeter weiter oben in einem Rechtsbogen wieder zum Inneren Höfatstobel zurück). Dabei überquert sie zunächst in nordwestlicher Richtung einen Wiesenhang (in dem von rechts oben einige Trittspuren dazukommen, das sind Spuren von Leuten, die, wie wir auch, davor im Wald zu hoch hinauf geraten waren), darüber dann mehrere kurze Schrofenpassagen, die in leichter Kletterei (I, I+) überwunden werden.

Kurz darüber sahen wir in einer Rinne den Kadaver einer Gams. Nicht mein erster dieses Jahr... An diesem Berg stürzen also sogar Gämsen ab? Sauber...

In einem waldigen Abschnitt zieht die Route an einer Rippe mehr oder weniger direkt nach oben, um sich dann, nur mehr leicht ansteigend, östlich Richtung Inneren Höfatstobel zu wenden. Dabei werden wieder Wiesenhänge und kurze Waldstücke passiert.

Kurz vor dem Tobel ist die Wegspur auf der anderen Seite im Gras gut auszumachen. Man wandert vorsichtig in den Tobel hinter und drüben wieder hinaus. Dann steht man auf einer Grasrippe. Weiter oben steht genau auf dieser Rippe die Bergwachthütte. Um zu dieser zu gelangen, wandert man nun in zahllosen Serpentinen knapp 200 Höhenmeter auf der Rippe hinauf.

I’m Walkin’...

Wenn ein steiler Schrofenaufschwung den Weiterweg versperrt, weicht man diesem nach rechts aus, und steigt entweder in der Bachrunse oder, besser, auf deren rechter Begrenzungsrippe weiter. Um dorthin zu gelangen, verlässt man die Bachrunse nach einigen Metern, und steigt auf schlechter Spur rechts hinaus zu einigen niedrigen Erlenbüschen. Hat man diese durchquert, ist der Rest des Anstiegs zum Bergwachthüttl "Georg-Frey-Stützpunkt" (2030m), auf der nun wieder guten Wegspur, kein Problem mehr.

Aufstieg vom Weg zum Bergwachthüttl: T4/I, 1:50h


An der Biwak-Schachtel gönnten Thomas und ich uns eine ausgiebige Vesperpause. Ich war beim Anstieg ganz schön ins Schnaufen gekommen, und schob das auf die 40° tags und 25° nachts, die dort herrschen, wo ich wohnen muss, wenn ich mal nicht in den Alpen unterwegs bin. Das schlaucht.

Ach so: Wenn jemand bis hierher schon Schwierigkeiten hatte, sollte er/sie jetzt umdrehen. Die Besichtigung der Gufel ist noch drin, das Gelände darüber ist allerdings tabu. Es wird steiler, ausgesetzter und schwieriger.

Allerdings ist auch alles kleiner, als man es erwartet, wenn man zuvor so viele Fotos vom Gipfelbereich der Höfats gesehen hat, wie ich. Westgipfel, Zweiter Gipfel, Mittelgipfel, Ostgipfel, das liegt alles schon sehr nah beieinander. Hätte ich nicht gedacht.


Wir querten direkt an der Biwakschachtel den Tobel, der sich im Aufstiegssinn links davon befindet. Dann ging's dessen linke Begrenzungsrippe hinauf. Weiter oben quert man dann noch einmal nach links, in eine schon vom Hüttl aus sichtbare rote Runse. Der weitere Anstieg erfolgt entweder in dieser, ober rechts davon, wo sich im mittlerweile spärlichen Gras Trittspuren finden. Die Route ist hier nicht mehr so eindeutig wie unterhalb des Bergwachthüttls, weil's hier oben weitaus weniger Gras hat, als man (ich) erwartet hätte (das Gelände ist überraschend felsig) und weil die einen sich im Fels wohler fühlen, die anderen im Gras, und deshalb die Spuren weniger ausgeprägt sind. Dies gilt für die gesamten letzten 200 Höhenmeter, bis hinauf in den Gipfelbereich.

Thomas, Kletterer, blieb in der roten Runse, ich dagegen fühlte mich auf den Trittspuren rechts davon wohler. So stiegen wir hinauf, bis sich links eine kleine, aber markante Rinne auftut, die in Richtung Westgipfel leitet. Offenbar steigen manche hier hinauf, als wir ankamen, war die Rinne jedoch ziemlich zugekrautet, so dass wir rechts davon über Trittspuren im steilen Gras weiter hinaufkletterten. Erst knapp unterhalb der Scharte zwischen Zweitem Gipfel und Nordwestgipfel, wo die Grasschrofen bis zu 55° steil werden (und nicht 70° - 80°, wie die frühe Führerliteratur in ihrem Feuereifer gern berichtete, und man noch heute ab und zu liest), querten wir die hier nicht mehr sehr ausgeprägte Rinne nach links, und stiegen schließlich auf den hier wieder gut sichtbaren Steigspuren in der Gipfelflanke hinauf zum bekreuzten Westgipfel (2257m).

Bergwachthüttl "Georg-Frey-Stützpunkt" - Höfats-Westgipfel: Trittspuren in Steilgras und Schrofen, unmarkiert, T6/I, 1h


My Blue Heaven!

Die Gipfellandschaft der Höfats ist atemberaubend. "Äußerst steiles Gras" schreibt der Alpenvereinsführer schon zu 45°-Flanken, demnach dürften die Flanken hier "lächerlich/krank steiles Gras" sein. Dazu die verwinkelte Schneide, die die vier Gipfel verbindet, zu denen es, wie zum Hohn, immer nur ein paar Meter Luftlinie sind. Eine großartige, wenn auch schmale Landschaft.

I’m in Love Again!


Auch der Rundblick ist fantastisch. Im Westen sticht der Ifen heraus, man sieht den Schattenberggrat, dahinter das Rubihorn, das Nebelhorn und den Großen Daumen, das Laufbacher Eck, die Rotköpfe und den Schneck, davor das Himmelhorn, den Hochvogel, die Wilden, Jochspitze mit  Grünem Kopf und Muttekopf, Fürschießer und davor die Kegelköpfe, den Himmelschrofenzug und und und. Tief unten schaut man dem Rauenhalsgrat auf die Kante.

Wir pausten nur kurz auf dem Westgipfel, warfen dabei weite Blicke in die Runde, zu den vielen anderen schönen Allgäuer Bergen, und machten uns dann ans Überklettern der restlichen drei Höfatsgipfel, die nun wie Dominosteine aneinandergereiht auf dem Grat stehen. Also los! I’m Walkin’!

In stets ausgesetztem, teils absurd schmalem Gelände geht es in der Folge über den Zweiten Gipfel, den Mittelgipfel und den Ostgipfel, und durch die Scharten zwischen ihnen, immer auf der Kante, und immer mit viel Luft unter den Sohlen.


Allerdings waren wir das erste Mal hier. Wir beschlossen daher, nach dem Abstieg in die ca. 25 Meter tief eingeschnittene Scharte, den direkten Grat zum Zweiten Gipfel mit seiner Reitstelle und dem berüchtigten Spreizschritt zu einem kleinen Trittl fürs Erste auszulassen, und diese Passage zu umgehen. Ist auch nicht weniger haarig, man umgeht die Gratzacken aus der Scharte auf äußerst dürftigen Trittspuren in steilstem Gras (T6). Diese Variante ist die offenbar die übliche, und gilt allgemein als etwas einfacher als die direkte Überkletterung dieser Zacken - aber da hat jeder so seine eigenen Vorlieben. Sie ist zunächst äußerst ausgesetzt, wird nach einer wenig ausgeprägten Kante allerdings einfacher. Die kurze Querung endet etwas oberhalb der Höfats-Scharte, das ist die Scharte zwischen dem Zweiten Gipfel und dem Mittelgipfel.

Von hier aus kann man den Zweiten Gipfel unschwierig auf guten Trittspuren auf nicht besonders scharf ausgeprägter Gratkante erreichen. Es ist der vergleichsweise einfachste Abschnitt der Überschreitung (T4).

Und so standen wir zwanzig Minuten nach dem Verlassen des Westgipfels auf dem nächsten Dominostein, dem Zweiten Gipfel (2259m). Und wir bestaunten hier vor allem den Tiefblick hinunter ins Rote Loch und zur Kleinen Höfats, die von hier aus aussieht, wie eine grüne Trutzburg, mit festen Mauern und hohen Türmen. Und natürlich sahen wir hinüber zum Westgipfel.

"Gleich einem gotischen Dom steht über dem Wolkenmeer im Gegenlicht die Höfats." schrieb Rita Magg 1961, und ein bissl gotisch schaut er von hier aus schon aus, der Westgipfel.

Weiter! I’m Walkin’!

Es folgte der Abstieg vom Zweiten Gipfel auf unserer Aufstiegsroute, nun ganz hinunter in die ca. 60 Meter tief eingeschnittene Höfats-Scharte vor den Mittelgipfel (der vom Zweiten Gipfel aus tatsächlich ein wenig wie ein Dominostein aussieht). Wie gesagt, vergleichsweise einfach, das Gelände ist dennoch steil, Vorsicht und Konzentration sind auch hier geboten.

Wer sich bis hier her getraut hat, den Weiterweg zum Mittelgipfel aber nicht antreten will, könnte hier noch zum Bergwachthüttl absteigen. Andererseits dürfte der/diejenige, der/die hier hinuntersteigen kann, auch mit dem Rest der Überschreitung keine Probleme haben. Es gibt nur bis zum Ostgipfel keine Rückzugsmöglichkeit mehr.

Der Anstieg hinauf zum Mittelgipfel der Höfats ist vermutlich der objektiv gefährlichste Teil der Tour. Man steigt ausgesetzt direkt an der Kante hinauf, über stets brüchigen Fels. Zugbelastung ist hier tabu. Das Pfaderl führt im unteren Teil durchs Gras an den Fels heran, dann steigt man durch einen ersten brüchigen Felsriegel (I+). Danach wird's kurz leichter, wirkliches Gehgelände ist das aber nicht. Auch hier heißt es vorsichtig sein. Weiter oben folgt dann nach einer kurzen Grasschrofenpassage ein Wandl mit etwas besserem Fels (II). Der Ausstieg erfolgt nach links, dabei geht man einige Schritte in der extrem ausgesetzten Nordflanke, bis die Steigspuren hinauf auf die Gratschneide führen. Dann steht man auf dem äußerst schmalen Mittelgipfel (2257m). Hier kamen wir etwa zwanzig Minuten nach dem Verlassen des Zweiten Gipfels an.

Am Mittelgipfel scheint der letzte Dominostein, der Ostgipfel, zum Greifen nah zu sein. Ist er auch: Man kann sich wunderbar mit den Leuten unterhalten, die dort drüben Rast machen. Allerdings steht einem noch der Grataufschwung zum Ostgipfel bevor, eine Passage, vor der ich mich im Vorfeld besonders gegruselt hatte. Es gibt ein Video, das Kletterer an diesem Grat zeigt, vom Hubschrauber aus gefilmt. Dabei wird einem die extreme Ausgesetztheit an dieser Stelle so richtig bewusst. Ist man mal drin, ist es dann aber halb so wild.

When I'm Walking, let Me Walk!


Zunächst muss man aber in die letzte, ca. 30 Meter tief eingeschnittene Scharte hinunter. Bester Allgäuer Gras-Schrofen-Mix, brüchig, schotterig, geht schon (T5/I). Aus der Scharte geht es dann ausgesetzt auf der Kante hinauf, dann unterhalb eines Türmls kurz in die rechte Flanke. Einen schmalen Grateinschnitt direkt hinter dem Türml nutzt man, um auf die andere Seite des Grats zu gelangen, wo man nun auf guten erdigen Tritten und in festem Fels zum Gipfel hinaussteigt.

Ausgesetzt, ja, aber guter, fester Fels, und perfekte Tritte. Wesentlich leichter als befürchtet (II). Etwa 15 Minuten nach Verlassen des Mittelgipfels standen wir auf dem Ostgipfel (2259m).

Höfats-Überschreitung Westgipfel - Ostgipfel: Gratüberschreitung, teils auf Trittspuren, unmarkiert, T6/Stellen I und II, 1h


Stop the Clock! Was für ein Moment: Geschafft! Die Höfats-Überschreitung vom Westgipfel zum Ostgipfel war uns gelungen - und das ohne Schwierigkeiten. Kein Dominostein - überhaupt kein Stein war gepurzelt.

I’m Walkin’...

Nach einer weiteren Pause machten wir uns schließlich an den Abstieg. Die letzte Schlüsselstelle erreicht man gleich ein paar Meter nach dem Gipfelkreuz: Hier wird der Grat so schmal, dass er sich zu einer dünnen Felsscheibe zusammenzieht, die die auf der Westseite lotrecht, auf der Ostseite fast lotrecht in die gähnenden Tiefen abfällt. Am besten greift man beherzt mit beiden Händen um die Kante und setzt die Stiefel auf die kleinen, abgetretenen, aber festen Tritte in der Ostseite der Scheibe. Sind nur zwei Meter, aber die haben's in sich. An der messerscharfen Felsschneide kannst deine Semmel aufschneiden.

Danach wird der Abstieg auf dem hier wieder gut ausgeprägten Weglein mit jedem Schritt einfacher, und weniger ausgesetzt. Schnell ist man aus dem felsig-schotterigen Gelände heraus, und wandert nun auf, und meist rechts der hier noch einmal recht scharf ausgeprägten Grasschneide auf einem guten, wenn auch schmalen Weglein hinunter, über den Vorgipfel (2004m) und den Falkenberg (1954m) zum Älpelesattel (1780m), wo man meist Leute trifft, mit denen man dann natürlich gleich über die Höfats ins Gespräch kommt. Sind nicht alle so spannend wie die hier.

Höfats Ostgipfel - Älpelesattel: Schlüsselstelle T6/II, drunter T5, unten T3, zunächst auf Wegspuren, dann auf schmalem, gutem Weg, unmarkiert, 50 Min.


Unten am Älpelesattel angekommen, haben wir uns mit gebührendem Respekt von der Legende verabschiedet und sind zügig, aber ohne zu hetzen, zur Dietersbachalpe (1325m) abgestiegen.

Älpelesattel - Dietersbachalpe: markierter Wanderweg, T2, 20 Minuten


Dort haben wir eine letzte Pause eingelegt. Und sind prompt mit zwei Burschen ins Gespräch gekommen, die kurz hinter uns über die Höfats spaziert waren. Stellte sich heraus, dass die beiden eifrige Hikr-Nutzer sind. Jungs, wenn ihr das hier lest, einen Gruß an Euch, und nochmal herzliche Grat-Tour-Lation zu diesem fantastischen Berg!

Goin’ Home...

Thomas und mich zog es dann zurück, und wir wanderten auf dem breiten Weg vorbei an der Gerstrubner Alpe (1216m) nach Gerstruben (1155m). Und da sahen wir ihn! Rechts von uns, oben in der Wiese. Den Bären....

Dietersbachalpe - Gerstruben: markierter, breiter Fahrweg, T1, 30 Minuten


I’m Walkin’...

Von dort aus ging's dann nochmal durch den Hölltobel, hinunter zur Bushalte Christlessee.

Gerstruben - Bushalte Christlesee: Markierter Wanderweg, T2-T3, 20 Minuten


Hier stiegen wir in den Bus, noch ganz begeistert von dem eben Erlebten, und fuhren zurück Richtung Oberstdorf. Thomas verabschiedete sich am Renksteg von mir und stieg aus. Thomas, hat einen Riesenspaß gemacht mir Dir! Wenn du mal Lust auf eine gemeinsame Tour hast, melde Dich!


Fazit:

Endlich - das ist wohl das Schlüsselwort. Eine wirklich großartige Tour durch eine (auch in den Allgäuer Alpen) einzigartige Gipfellandschaft, nur leider mit einer Stunde am Grat viel zu kurz. Überrascht hat mich, dass diese Königstour weniger schwierig ist, als ich erwartet hatte. T6, definitiv - aber ich habe schon schwierigere Sachen gemacht. Umso größer war der Genuss!


Ausrüstung:

C-Schuhe, Helm, Stecken. Ein Pickel ist sinnvoll, Thomas hat ihn eingesetzt, ich dagegen nicht.

Nur bei absoluter Trockenheit angehen. Die Höfats muss drei, besser vier Tage lang abtrocknen, bevor man sie in Angriff nimmt.



Und:

Ein kurzer Film von der gleichen Tour ist hier zu finden. Er stammt von Chris Koala. Dokumente zur Erschließungsgeschichte der Höfats, darunter auch Karten und Bilder, finden sich hier. Eine tolle Sammlung, aus der ich auch meine Zitate habe. Die Songtitel, bevor ich's vergesse, sind alle von....

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (6)


Kommentar hinzufügen

rascr hat gesagt:
Gesendet am 30. Juli 2018 um 20:16
Gratuliere!

Ich tät grad runterktzn... die Bilder geben die tatsächlichen Verhältnisse nicht annähernd wieder.
Aber es es sind die eindrücklichsten Bilder der Gipfellandschaft die ich bisher gesehen habe. Noch geiler wär's die Hochformate würden auch so angezeigt dass man nicht den Monitor drehen muss :-)

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. Juli 2018 um 20:30
Danke dir. Aber das mit den Hochformaten checke ich nicht. Bei mir werden sie alle völlig korrekt dargestellt, auf mehreren Geräten.

Gruß

Nik

Kommunist hat gesagt:
Gesendet am 30. Juli 2018 um 23:09
HAHA, wie ist das mit dem kostenlosen Geheimparkplatz ;-)
Sehr gut geschrieben, super Bericht!!!

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 31. Juli 2018 um 09:19
Hi Kommunist!

Danke Dir! Das freut mich.

Jaja, den Parkplatz gibt's wirklich, ist sogar legal. Es gibt noch solche Ecken, selbst im durchtouristisierten Obrrschdorrf.

Gruß,

Nik

HannesR hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2018 um 09:55
Da ich dich und deine Berichte seit einiger Zeit auf Notification habe, sah ich heute morgen nach dem Aufstehen, dass wieder ein neuer Tourenbericht erschienen ist. Diese lese ich unglaublich gerne, da der Mix aus konkreter Wegbeschreibung, Anekdoten und Fotos einfach top sind. Umso mehr war ich gespannt, als ich sah, dass es mal wieder auf die Königin der Grasberge ging.
Zweimal stand ich dieses Jahr bereits auf dem Ostgipfel, einmal über den Normalweg, einmal über den Gufel-Anstieg. Ich taste mich sozusagen Stück für Stück heran an die Krönung namens Traverse.
Wie du habe ich bereits wohl sämtliche im Netz verfügbare Berichte darüber gelesen, u.a. auch die von dir erwähnte Beschreibung aus dem Festivaltour-Forum.
Die Übersteigung der Gratzacken vor dem Zweiten scheint wohl wirklich die Schlüsselstelle dieser Variante zu sein, wenn selbst ein wilder Hund :-) wie du diese umgehst. Die beiden Ost-Anstiege sind im Vergleich dazu wohl ein Walk-in-the-Park.

Schade, dass wir uns nicht über den Weg gelaufen sind, als ich vor 2 Wochen die Gufel-Variante hoch bin. Hätte ich einen Mitstreiter an meiner Seite gewusst, wäre die Traverse wahrscheinlich bereits da fällig gewesen.
Falls dich nochmal die Sehnsucht packt und du vielleicht die Spreizschritt-Variante abhaken möchtest gib Bescheid, meine Route führt sowieso über Monnem nach Oberstdorf :p

Kraxel-Grüße
Hannes

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 31. Juli 2018 um 10:47
Servus Hannes!

Wow, danke, das ist ja ein tolles Feedback. Freue mich sehr über deine Worte! Und danke für den "Wilden Hund". So hat mich vor Jahren mal ein Osttiroler Bergführer genannt, ich scheine also immer noch so alt zu sein, wie ich mich fühle. ;o}

Die Gratzacken am Zweiten Gipfel stehen beim nächsten Mal defi auf der Liste. Diesmal dachten wir uns: Muss beim ersten Mal nicht sein. Zumal kurz vor uns zwei Kletterer den Versuch, die Zacken zu überklettern, abbrachen und sich lieber für die (immer noch recht heikle) Umgehung entschieden.

Der Normalweg auf den Ostgipfel ist natürlich einfacher, da hast Du schon recht. Aber auf den obersten 50, 80 Höhenmetern kriegst Du schon einen guten Eindruck davon, wie sich die Überschreitung anfühlt. Und wenn Du dich von der Gufel schon auf den Ostgipfel getraut hast, dann kannst Du eh ernsthaft drüber nachdenken, der soll ja nicht ohne sein.

Was deinen Vorschlag angeht: Gern! Ich bin so oft wie möglich unten. Ob's die Höfats gleich dieses Jahr nochmal wird, muss man sehen. Wenn das Wetter übers Wochenende hält, verschlägt's mich jetzt wohl erstmal nach Ehrwald, oder sogar nach Osttirol. Schaumermal.

Grüßle,

Nik



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