Gratspaziergang zum Laufbacher Eck


Publiziert von Nik Brückner , 4. November 2013 um 13:42.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 2 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:18km
Unterkunftmöglichkeiten:In Oberstdorf und Umgebung

Was tun an einem Anreisetag? Hüttenaufstieg, klar, aber was, wenn keiner ansteht? Ne Wanderung im Tal? Kann schön sein, kann aber auch fad sein. Also rauf, am besten zeitsparend mit einer Aufstiegshilfe, und was cooles machen! Das geht oft schon zehn Minuten abseits einer Bergstation, einer Aussichtsplattform, eines familientauglichen Wanderwegs.

Zum Beispiel in Oberstdorf: Während der Normalwanderer das beworbene, und beileibe nicht unschöne Bergerlebnis an Zeigersattel, Seealpseealpsee und Laufbacher Eck genießt, steuern ich und der Exträjmjürgen die gleichen Ecken an, allerdings immer etwa 50 Meter weiter links - und weiter oben. Denn man kann den Laufbacher-Eck-Weg deutlich verschärfen, wenn man seine Tour auf den parallel verlaufenden Grat verlegt.



Früh losgefahren, Leprous' "Coal" im Auto, um 13 Uhr in Obrrschdorrf angekommen, haben der Exträjmjürgen und ich die Ausrüstung zusammengepackt, und ab ging's in die Seilbahn. Unten war das Wetter unschön, aber es bestand die Aussicht auf blauen Himmel oben. Und genauso kam's: Bei 14, 1500 riß es auf und wir schwebten in den Sonnenschein. Der Blick wurde frei (wenn auch nicht ganz, weil man zwischen gefühlt einhundert Sachsen hindurchzielen musste) auf den Schattenberggrat, den ich einige Wochen zuvor überkraxlt hatte. Bald waren wir am Höfatsblick angekommen, wo wir der dort versammelten Rosa-Jacken-Fraktion so schnell wie möglich entflohen.

Von hier aus steigen wir nun hinauf zu Punkt 2023 direkt hinter der Seilbahnstation. Dorthin führt ein markierter Wanderweg durch eine Senke. Oben wendet sich der Weg noch vor dem Grat nach rechts. Wenn der Weg sich dann linkswärts, in Richtung der Wengen-Alpen bergab davonmacht, bleiben wir am Grat, den wir die nächsten drei Stunden so gut wie nicht mehr verlassen.

Es geht zunächst an ein paar Felsen rechts vorbei und wieder hinauf auf den Grat, der hier noch breit und gemütlich ist. Wir nähern uns einem schmalen Zacken (Pt. 2001), der schon etwas ausgesetzter ist. Rechts unten sitzen die Sachsen mittlerweile bei Kaffee und Kuchen. Sei's Ihnen von Herzen gegönnt, das Wetter ist auch wirklich herrlich! Geradeaus sind die vier Gipfel der Höfats zu sehen, links drüben, noch in einiger Entfernung, unser heutiges Ziel, die dunkle Pyramide des Laufbacher Ecks.

Der Zacken und der nun folgende Übergang zum Zeiger (1994m) sind zwar ein wenig ausgesetzt, aber warten mit nichts auf, was den geübten Wanderer überfordern könnte. Auch vom Zeiger geht es unschwierig, wenn auch steil über einen erdig-schotterigen Abhang hinab. Wer dennoch bis hierher schon Schwierigkeiten hatte, sollte den Grat an dieser Stelle besser verlassen, es wird nicht einfacher. Im Gegenteil: Schon beim Übergang über die Seeköpfe zum Schochen ziehen Schwierigkeit und Ausgesetztheit deutlich an.

Drüben wird der Grat spürbar schmaler: Es geht, häufig etwas rechts der Schneide, länglich hinauf zum Großen Seekopf, der mit seinen 2084m bekanntlich niedriger ist als der Kleine Seekopf. Der Grat ist unten schmal, aber im dicken Gras immer noch gut begehbar. Nach oben hin verbreitert sich die rechte Flanke und man zickzackt einfach frei im Gelände auf die gemütliche Gipfelkuppe hinauf.

Drüben leicht hinunter in einen Sattel. Der Aufstieg zum Kleinen Seekopf (2095m) ist dann schon bedeutend schwieriger. Der schrofige Grat ist deutlich ausgeprägter, es geht stellenweise an beiden Seiten gefühlt senkrecht hinunter, dazu ist leichte Kletterei im ersten Grad gefordert. Wer hier auspsycht, sollte schleunigst zum Laufbacher-Eck-Weg absteigen. Zum Glück gibt es entlang des Grats dazu genügend Möglichkeiten. Wer oben bleibt, klettert über 4, 5 Felsstufen den Grat entlang hinauf, balanciert über eine Gratmauer und krallt sich in glücklicherweise dick wuchernde Grasbüschel. Bald steht man am Gipfel und genießt die Aussicht, sowie die auf einen vergleichsweise einfachen Übergang zum Schochen: Über den grasigen Hang gemütlich hinab zum Wanderweg, ein paar Meter auf diesem und dann wahlfrei in der Westflanke über den Vorgipfel hinauf zum Schochenkreuz (2100m). In der Flanke findet man sicher schnell die Trittspuren, die einem gute Tritte in komfortablen Serpentinen bieten.

Zeit vom Höfatsblick bis zum Schochen: 1:20


Am Schochen wendet sich der Grat abrupt nach Osten und es geht zügig auf das nun schon deutlich näher gerückte Laufbacher Eck zu. Ebenso deutlich ist aber auch, dass es nun zur Sache geht: Denn die Überschreitung des Lachenkopfes vom Schochen aus ist eine ernstzunehmende Felsfahrt, die ausgesetzte Kletterei im II. Grad erfordert. Zum Glück ist die Route im Abstieg vom Schochen gut einzusehen, so dass jede(r) einschätzen kann, ob er/sie sich das zutraut. Wer schon bei Anblick des Grates auspsycht, sollte lieber die Finger davon lassen und die Abstiegsmöglichkeit bei Pt. 2030 (der Sattel hinter dem Schochen) nutzen.

Eine wild gezackte Gratmauer wird südseitig umgangen. Dazu steigt man ziemlich weit runter, bis unter die Felsen (Hier die letzte Abstiegsmöglichkeit vor dem Ansteig zum L'Eck!). Es geht über Erde und Gras weiter. Dann steigt man, nicht zu früh, wieder hinauf zum Grat. Hier wird nun eine Stufe überklettert (I), danach steht man vor dem Kopf 2079m, der ebenfalls in leichter Kletterei (I) genommen wird. Drüben geht es ein paar Meter hinunter und dann folgt ein waagrechtes Stück, das die psychische Schlüsselstelle des Töürls sein dürfte: Der Grat ist hier wild gezackt und die beste Möglichkeit, voranzukommen, ist es, jeweils einen der Zacken zärtlich, aber bestimmt zu umarmen, und die stellenweise äußerst mickrigen Gras- und Felstritte links und rechts davon dazu zu benutzen, sie zu umrunden. Besonders spaßig ist das an einer Stelle, an der man, einen Zacken fest im Arm, auf erdigen Trittchen in die dunkle, senkrechte Nordseite hineinsteigt.

Hat man dieses Highlight überwunden, wird es wieder einfacher. Über Fels (Stellen I) und Gras geht es hinauf zum Lachenkopf, mit 2112 Metern der Berg für Rush-Fans, wenn auch kein leichter. Hier öffnet sich der Blick auf die letzten Schwierigkeiten: Zwei ausgesetzte Grasschrofenköpfe wollen noch überschritten werden. Der erste ist der einfachere, der zweite schon deutlich schneidiger. Hier dürfte eine IIer-Stelle in auffallend bräunlich gefärbtem Fels die klettertechnische Schlüsselstelle des Töürls bilden. Sie ist zwar kurz, aber noch einmal recht ausgesetzt. Jetzt nicht auspsychen: Gleich ist das Schlimmste überstanden. Oder das Schönste! Danach geht nur noch hinunter zum Laufbacher-Eck-Weg - allerdings über äußerst steiles Gras: Dies dürfte die Gras-Schlüsselstelle des Töürls sein. Dann hat man es geschafft!

Ich bin dann noch zum L'Eck hinaufgestiegen. Hier kann man sich entscheiden, ob man über den vergleichweise unspannenden Grashang ansteigt (eine steile Stelle in der Mitte ist leichter als sie aussieht) oder vernünftigerweise den Wanderweg benutzt. Auslassen sollte man den Gipfel (2178m) nicht, zum einen ist er besonders schön, zum anderen bietet er nochmal eine tolle Aussicht auf das absolvierte Töürl. Von hier aus sieht man auch erst wirklich, wie steil und ausgesetzt die Überschreitung der letzten beiden Köpfe wirklich war.

Zeit vom Schochen bis zum Laufbacher Eck: 1:30


Aber erstmal die Rundsicht genießen! Das Laufbacher Eck ist schließlich nicht umsonst so ein beliebter Wandergipfel. Den Norden dominieren Großer und Kleiner Daumen, davor die schöne Laufbichlkirche. Im Nordosten sind Geißhorn, Rauhhorn und Kugelhorn zu sehen, davor der herrliche Giebelgrat. Dann erheben sich am Horizont die Tannheimer Berge: Große Schlicke, Gimpel, Köllenspitze, Gehrenspitze. Es folgt die Leilachspitze, dann verstellen nähergelegene Gipfel den Blick nach Osten: Glasfelderkopf, Kesselspitz, Fuchskarspitze und natürlich der Hochvogel.
 
Den Südosten dominieren gleich zwei Bergketten: der nahe Wildengrat und dahinter die Hornbachkette.
 
Den Süden beherrscht der eigenwillige
Schneck, davor die scharfe Kante der Rotköpfe. Dann folgen weitere Wolkenkratzer: die Marchspitze, der Krottenkopf, Öfnerspitze und die Krottenspitzen. Davor sind das Rauheck und das Kreuzeck zu erkennen. Weiter Richtung Südwesten folgen Mädelegabel, Hohes Licht und Trettachspitze, davor staffeln sich der Fürschießer, die Höfats, die Kleine Höfats und der giftige Seilhenker.
 
Der Grat der Höfats setzt sich Richtung Westen mit der Gieseler Wand und dem Hüttenkopf fort. Dahinter erstreckt sich der Himmelschrofenzug. Am Horizont sind die Mohnenfluh, die Braunarlspitze, der Elfer, der Widderstein, die Hochkünzelspitze und der Zitterklapfen zu sehen. Davor: die Güntlespitze und die Üntschenspitze. Es folgen der Ifen und, genau im Westen, die Winterstaude. Davor erstreckt sich der lange Grat zum Laufbacher Eck, mit dem Lachenkopf, dem Schochen und den beiden Seeköpfen. In dieser Richtung ist auch der Schattenberggrat zu erkennen.
 
Im Nordwesten sieht man schließlich die lange Nagelfluhkette, dann folgen das Nebelhorn und seine Nachbargipfel, bis sich die Reihe am
Großen Daumen wieder schließt.

Mich hat's dann noch gereizt, zum ersten Rotkopf hinaufzusteigen. Das dauert nur ein paar Minuten, und ist nochmal ein herrlicher Schlusspunkt auf einem Töürl, das in Sachen Grasgrat keine Wünsche offen lässt. Der Rückweg über Laufbacher-Eck-Weg ist für den Exträjmjürgen und mich schließlich eine schöne Genusswanderung hoch über dem Nebelmeer gewesen, die noch für ein paar spektakuläre Bilder gesorgt hat.

Rückweg zum Höfatsblick: 1:30, Abstieg ins Tal: steil, unangenehm, aber nur 1:30


Fazit

Die Tour ist hervorragend für Leute geeignet, die sich an T6 mal versuchen wollen, und zwar aus drei Gründen: erstens wird sie nach hinten raus immer schwieriger, zweitens sind, wenn man sie so herum geht, die schwierigen Stellen im Aufstieg zu bewältigen, und drittens gibt es durch den parallel verlaufenden Laufbacher-Eck-Weg immer wieder Ausstiegsmöglichkeiten.


Schwierigkeiten

Bis zum Großen Seekopf unproblematisch, T3, mal T4-. Zum Kleinen Seekopf bis T5 und I. Überschreitung des Lachenkopfes T6 und Stellen II. Aufstieg zum Rotkopf nochmal T6 und II. Alles andere ist wegloses Gras, mal steiler, mal weniger steil.


Ausrüstung

Stöcke reichen. Eisen und Pickel haben wir umsonst mitgeschleppt.

Tourengänger: Verzasca, Nik Brückner


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Kommentare (2)


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Andy84 hat gesagt: Tolle Tour...
Gesendet am 4. November 2013 um 18:18
und schöne Bilder.
Muss ich mir für nächstes Jahr merken.
Dieses Jahr wird es leider nicht mehr ganz hinhauen.

LG Andy

Nik Brückner hat gesagt: RE:Tolle Tour...
Gesendet am 5. November 2013 um 09:46
Ist wirklich wunderschön - und so leicht zu erreichen! Kann es nur empfehlen!

Gruß,

Nik


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