Einsame Tour im Tannheimer Tal (Rauth - Leilach - Litnis - Rauth)


Publiziert von Nik Brückner , 8. August 2013 um 16:36.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 4 Juni 2011
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:15
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:20km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Nach Rauth aus dem Tannheimer Tal oder dem Lechtal
Unterkunftmöglichkeiten:Im Tannheimer Tal

Mit dieser Tour habe ich meine Gewaltmärsche begonnen. Ist gar nicht so gewaltig - aber irgendwo muss man ja anfangen. Ich habe mir die Tour damals im Netz herausgesucht, und zwar von der hervorragenden Seite Gipfelsuechtig.de. Wer sich von meiner Beschreibung hier inspiriert fühlt, sollte dort unbedingt auch nochmal nachlesen. Detaillierter kriegt man's nicht.

Für die Tour habe ich mir eine Begleiterin gesucht, die Halbmarathons läuft. Ausdauer ist hier ebenso vonnöten wie Geschwindigkeit. Und Musik für die Anfahrt. Was Spinnertes, weil's passt. SchnAAks "Wake up Colossus".



Los ging's in dem winzigen Bergdorf Rauth, das man vom Tannheimer Tal aus über einen Abzweig zwischen Nesselwängle und Gaicht erreicht. Man sollte früh losziehen, denn im Birkental gibt es kaum waagrechte Flächen und so sind die wenigen Parkmöglichkeiten in Rauth bald besetzt. Also einfach mal die Öffentlichen benutzen!

Wir liefen aus dem Örtchen hinaus, an einem kleinen Kapellchen vorbei (St. Leonhardt, wenn ich das richtig in Erinnerung habe). Hier gelangten wir auf eine Schotterstraße, der wir talwärts folgten. Bei ersten Abzweigungen hielten wir uns links (also nicht Richtung Krinnenspitze).

Nach etwa 15, 20 Minuten geht es von der Straße auf einen kleinen Steig, der mit "Leilach, Landsbergerhütte" bezeichnet ist. Hier wird's gleich abenteuerlich: Der Weg klebt hoch über einer Schlucht an steilen Hängen und windet sich bald in einen wilden Tobel hinein und auf der anderen Seite wieder hinaus. Durch steile, felsige Wände zieht sich der Weg, quert seilgesichert einen Bachlauf - und dann ist der Spuk ebenso schnell wieder vorbei wie er angefangen hat. Schwer ist das nicht, aber spaßig. Schwindelfrei sollte man sein.

Bald darauf geht es bergab in das nun gemächlichere Tal des Weißenbaches. Kurz vor der Höflishütte geht es auf einem Brückerl über den Bach und drüben hinauf zu einem weiteren Forstweg. Wir sind nun auf der Südseite des Birkentals, wo es jedes Mal, wenn ich dort bin, vollkommen einsam ist. Nicht einmal Einheimische sind mir hier je begegnet, obwohl, gut versteckt in den Hängen, die eine oder andere Hütte steht. Wer dem Trubel des Tannheimer Tales entfliehen will, der ist hier drüben richtig.

Es geht ein paar Meter die Forststraße entlang nach links, bis rechts am Hang der markierte, aber zugewachsene Aufstieg beginnt. Man merkt, dass hier kaum einer geht. Zunächst geht es sehr steil in den Hang hinauf, dann zieht sich der Weg in weitem Bogen nach links hinüber, also erst einmal talauswärts. Wenn man schon frustriert sein möchte, weil man das ja alles wieder zurücklaufen muss, schwenkt der Weg dankenswerter Weise nach rechts und wir sind endlich auf dem Weg ins Weißenbacher Notländerkar.

Langsam tritt der Wald zurück und macht Platz für die Latschen, durch man nun weiter hinaufsteigt. Es geht an den Ruinen der Hinteren Kienbichlalp vorbei und dann hinauf ins Kar. Erst dort zeugt ein Wegweiser von Zivilisation. Hierher gelangt man nämlich auch aus dem Lechtal - was noch einsamer sein muss.

Nun wendet sich der Steig nach rechts, dem Nordgrat der Leilachspitze zu. Die Rinne, durch die man zum Grat hinaufsteigt, ist schon lange zu erkennen, aber erst jetzt wird klar, dass es hier hinaufgeht. Der Anstieg ist steil, aber unproblematisch. Allenfalls stellenweise muss Hand angelegt werden.

Oben geht es nach links, nun zielstrebig dem Gipfel zu. Meist bewegt man sich etwas rechts des Grates in unschwierigem Gehgelände. Zum Gipfel führt dann eine kurze Schrofenrinne (I), die aber ohne weiteres zu erklettern ist.

Nach etwa 4 Stunden waren wir am Gipfel der Leilach (2274m) angekommen.

Die Leilachspitze ist ein wunderbarer Aussichtsberg, der aufgrund seiner Lage im Tannheimer Abseits wenig, und dann meist von der Landsberger Hütte aus begangen wird. Wenn man früh genug losgeht, ist man hier oben allein, und diese Ruhe sollte man sich gönnen. Wir haben uns eine ganze Weile am Gipfel aufgehalten und die Aussicht genossen:

Der Blick fällt zunächst auf den schönen Hochvogel im Südwesten. Von ihm aus zieht sich eine Kette hinüber zum Schrecksee, mit Gipfeln wie der Fuchskarspitze und dem Kesselspitz. Dahinter ragen der
Schneck, das Laufbacher Eck und der Giebelgrat hervor. Prominenter sind dahinter Widderstein, Ifen, Nebelhorn und Großer Daumen. Direkt davor: Lachenspitze und Rote Spitze. Im Westen dominieren Rauhhorn und Geißhorn. Näher sind Schochenspitz und Sulzspitze, dahinter die Tannheimer Berge mit Einstein, Aggenstein, Gimpel, Kellenspitze und Gehrenspitze. Dann schließen sich die Ammergauer Alpen an, mit Säuling, Geierköpfen und Danielgrat. Den Osten dominiert die Zugspitze. Direkt davor erhebt sich der Thaneller. Dahinter sind die Mieminger Berge zu sehen, von der Hohen Munde über die Sonnenspitze bis zum Grünstein.

Vom Osten bis in den Südwesten erstreckt sich dann das Gipfelmeer der Lechtaler Alpen, angefangen bei der Bleispitze, der Gartnerwand und dem Roten Stein, weiter über die Heiterwand zur Namloser Wetterspitze, die Elmer Kreuzspitze und die Pfeilspitze, dem Imster Muttekopf, der Großen Schlenkerspitze bis zur Parseierspitze, der Freispitze und der Vorderseespitze. Der Reigen endet im Südwesten mit
Valluga und Roggspitze. Dahinter ragen prominente Gipfel wie der Hohe Riffler und der Olperer in den Zillertalern empor, die Wildspitze, die Weißkugel oder der Glockturm. Und davor ist es im Süden und Südwesten die Hornbachkette.

Der Abstieg ist der unangenehmste Teil der Tour: Vom Gipfel geht es zunächst über guten Fels (I) hinunter in eine Rinne, in der dann äußerst steil und bröselig abgestigen werden muss. Einen Weg gibt es hier nicht, man bröselt einfach irgendwie runter. Sehr unschön, aber nicht zu vermeiden.

Aus der Rinne hat man einen guten Blick auf die Luchsköpfe, die man in der Folge ersteigen könnte. Wir haben das aber ausgelassen und uns stattdessen eine Pause in den schönen Grashängen unterhalb gegönnt. Zu diesem Zeitpunkt kamen dann auch die ersten Leilachaspiranten von der Landsberger Hütte hoch.

Nach einer Pause ging's dann weiter. An den Luchsköpfen vorbei geht es bald über die Lechtaler Scharte (1955m) hinüber zur Lachenspitze.

Auch die Lachenspitze könnte man mitnehmen. Wer noch nicht droben war, sollte das jetzt unbedingt nachholen, denn nur hier gibt es diesen berühmten Dreiseenblick, der Lache, Traualpsee und Vilsalpsee einschließt. Einmalig!

Im Lachenjoch gelangt man an einen Wegweiser, wo ein Pfeil ins Birkental hinunterweist. An dieser Stelle könnte man die Tour abkürzen, unschwierig in das wunderschöne Tal absteigen, und nach Rauth zurücklaufen. Immerhin hat man hier gerade mal die Hälfte der Tour hinter sich! Wir hatten uns das als Option aufgehoben, weil für den Nachmittag Gewitter angesagt waren. Noch sah es aber gut aus, und so haben wir die Tour wie geplant fortgesetzt.

Spätestens ab dem Lachenjoch ist man von Touristen in rosa Jacken umgeben. Laut ist es hier! Und so beschleunigt man unwillkürlich seinen Schritt, weiß man doch, dass man nach der Strindenscharte wieder für sich sein kann. Es geht also nun auf einem breiten Wanderweg über die Gappenfeldscharte zur Strindenscharte. Wer mag, und den Andrang nicht scheut, kann noch den Schochen mitnehmen, das bedeutet 100 zusätzliche Höhenmeter, aber angesichts des Andrangs wird man davon wohl eher Abstand nehmen. Wir haben's gelassen. Umso besser, als es doch selbst hier, in einfachstem Gelände, Leute schaffen, Steine auf jenen breiten Wanderweg loszutreten, auf dem sich die Massen vom Neunerköpfle zur Landsberger Hütte wälzen. Nichts wie weg!

An der Strindenscharte beginnt der lange Südwestrücken des Litnisschrofens, der sich von der Scharte nach rechts hinüberzieht. Ein Überklettern des Grates wäre sicher reizvoll, wir sind aber der Beschreibung auf Gipfelsuechtig.de gefolgt.

Naja, fast.... Dort steht nämlich der Satz "Es scheint verlockend, den Abstieg zu dieser auf Wildwechselspuren im Geröllfeld zu vermeiden, aber mehrere, tiefe Erosionsrinnen auf dem Weg dorthin lassen einen schnell von diesem Vorhaben abbringen." Das ist tatsächlich so verlockend, dass wir uns davon haben verlocken lassen. Allerdings sind die erdigen Erosionsrinnen so unangenehm, dass man das besser lässt. Die paar Meter Höhenverlust, die man hat, wenn man sie umgeht, machen das Kraut nicht fett.

Man folgt also am besten der breiten Schotterstraße bergab bis zur zweiten, scharfen Linkskehre. Von hier aus kann man gut einige Serpentinen im grasigen, oben mit Latschen bewachsenen Hang sehen, die deutlich vor dem Gipfel des Litnisschrofens zum Grat hinaufführen. Diese gilt es zu erreichen. Man quert weglos den Grashang, bis man auf Wegspuren und einige Steinmänner stößt. Hier geht es hinauf. Der Pfad wird nach oben hin immer deutlicher, so dass der Ausstieg am Grat kaum zu verfehlen ist.

Am Grat selbst überrascht ein guter Weg, der nun nach links zum Gipfel des Litnisschrofen hinüberführt. Der Grat ist mal schmal und schrofig, mal gemütlich breit und eignet sich an solchen Stellen für ausgedehnte Pausen. Das schwierigste hat man nun hinter sich. Uns jagte allerdings ein Gewitter, deshalb haben wir hier ziemlich Tempo gemacht. Der felsige Gipfel des Litnisschrofens wird südseitig umgangen. Bald trifft man auf den Wanderweg, der von der Gräner Ödenalpe heraufführt. Hier kann man unschwierig den felsigen Gipfel ersteigen, wobei eine Kette durch eine unangenehme Rinne hilft.

Der Abstieg zur Gräner Ödenalpe ist einfach. Über Gras geht es hinunter in den Sattel.

Hier überraschte uns ein lautes, unregelmäßiges Knallen. Während wir noch rätselten, was dessen Ursache sein könnte, bogen wir um eine Ecke und sahen zwei Schafe, die aufeinander losgingen. Das Knallen entstand dabei so, dass der eine Bock einen Fels erstieg und kopfüber auf den anderen heruntersprang, wobei die Schädel der Tiere aufeinanderdonnerten. Da wir keine Ahnung hatten, wie die Tiere wohl auf uns reagieren würden, haben wir das Spektakel zunächst aus sicherer Entfernung beobachtet, dann haben wir uns aber doch vorbeigetraut.

Von der Ödenalpe geht es nun noch ein paar Meter bergan, hinauf zu einer Schulter der Krinnenspitze. Das ist nochmal unangenehm, weil man ja eigentlich runterwill - besonders wenn einem ein Gewitter auf den Fersen ist (ansonsten hätten wir die Krinnenspitze noch mitgenommen). Aber das Gelände ist einfach, es geht über Wiesen hinauf und drüben dann endlich hinunter. Nach einer Dreiviertelstunde ist man über den schönen Enziansteig über Wiesen und durch Bergwald abgestiegen. Man kommt ganz in der Nähe der kleinen Parkmöglichkeit aus dem Wald.


Fazit

Für die gesamte Tour haben wir damals genau 11 Stunden und 11 Minuten gebraucht. Naja, eigentlich waren wir deutlich schneller, aber wir sind noch dreimal ums Auto herumgelaufen, damit es passt. Ja, die Tour ist lang, aber sie ist auch einsam, wunderschön, und ein absoluter Geheimtipp fürs Tannheimer Tal. Immer noch.


Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (4)


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F3ttmull hat gesagt:
Gesendet am 5. September 2021 um 17:40
https://www.deine-berge.de/Touren/Wandern/28541/Bergstation-Vogelhornbahn-Gundhuette-Neunerkoepfle-Usseralpe-Lochgehrenkopf-Lochgehrenspitze-Sulzspitze-Strindenscharte-Strindschartenkopf-Litnisschrofen-Graener-Oedenalpe-Krinnenspitze-Bushaltestelle-Nesselwaengle-West.html
Man müsste mal den Übergang vom Strindenschartenkopf Richtung Litnisschrofen ausprobieren, anscheinend an einer Stelle steil und bröslig.

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. September 2021 um 16:24
Ich glaub, das ist gar nicht so schlecht. Würde mich wundern, wenn das nicht eine(r) der vielen Hikr mal gemacht hätte.

Gruß,

Nik

F3ttmull hat gesagt:
Gesendet am 9. September 2021 um 18:00
Deine angegebenen 2.000 Höhenmeter Anstieg und Abstieg müssten gut passen, meine Garmin Instinct hat mal wieder maßlos übertrieben. Ich hatte am Ende 2.700 hm bei 25,3 km und 7:58h Bruttozeit. Also Distanz und Zeit dürften stimmen :D

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. September 2021 um 12:42
Prima! 2.700 wär auch ein bissl arg.


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