Eine lange Gratwanderung über die beiden Widdersteine


Publiziert von McGrozy , 11. September 2020 um 10:15. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 9 September 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1850 m
Strecke:P Baad - Bärenkopf - Kleiner Widderstein - Widdersteingrat - Großer Widderstein - Seekopf - Baad (15km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Anfahrt über B19 nach Oberstdorf. Im Kreisverkehr vor Oberstdorf erste Ausfahrt ins Kleinwalsertal. Im Walsertal bis Mittelberg und dort links nach Baad abbiegen
Unterkunftmöglichkeiten:Innere & Äußere Widdersteinalpe Bärguntalpe Widdersteinhütte

Servus Bergfreunde

An diesem wunderschönen kühlen Septembermorgen haben wir uns um 8 Uhr in Baad verabredet. Ulf hat die geplante Tour vor ein paar Jahren schon einmal begangen allerdings um welche Tour es sich im Genauen handelt, erfahrt ihr in dem folgenden Bericht - Viel Spaß.

Die Bergtour beginnt um 8.30 Uhr am Parkplatz in Baad (1.220m). Von dort geht es erst einmal auf dem Talweg der Bärgundalpe hinauf. An der ersten Kreuzung dann links auf den Panoramaweg. An der Äußeren Widdersteinalpe (1.289m)  und der Inneren Widdersteinalpe (1.334m) vorbei bis zum Einstieg des Pfads Richtung Bärenkopf. Dieser führt zuerst abwechselnd immer wieder durch freie Weideflächen und Waldstückchen, an einer ersten Hütte (ca. 1480m) vorbei, hinauf zur Jagdhütte (1.685m). An der Jagdhütte vorbei immer dem teils doch zwischendurch etwas schlecht erkennbaren Pfad hinterher und durch das letzte Waldstück gelangen wir auf die Freifläche unterhalb des Bärenkopf. Auf diesem Stück ist der Weg deutlich zu sehen und nicht mehr zu verlieren. Immer den Hang hinauf gelangt man dann schließlich mit einigen Richtungswechseln auf den Gipfel des Bärenkopfs (2.083m). Dort oben machen wir eine längere Pause und genießen die Aussicht auf den bevorstehenden Grat und die gesamte Tour.

Vom Bärenkopf geht es weiter in südlicher Richtung auf dem schönen Grasgrat bis in die Scharte unterhalb des Kleinen Widdersteins. Dort ziehen wir unsere Helme auf und packen die Stöcke weg. Los geht´s in die ersten Klettermeter von Vielen an diesem Tag. Wir steigen in direkter Linie des Grates über die großen Platten ein und umgehen den normalen Einstieg welcher leicht nass aussah und etwas unterhalb der Scharte beginnt. Die Kraxelei (II) führt uns auf den ersten kleinen Aufschwung. Dort immer der logischen Route hinterher. Der Fels ist typisch für das Allgäu - brüchig! Wir schlängeln uns durch die ersten Felsaufschwünge bis auf das kleine Grüne Band. Auf jenem Band verläuft ein schöner Pfad. Dieser führt uns einige Meter bergauf und zur nächsten Kraxelei. Hier auf eine gestufte Rampe nach links auf den Grat, ein Stück am Grat und dann auf die andere Seite. Dort erwartet uns eine weitere Kletterei durch eine kleine Rinne (II). Alternativ kann man vom Grat aus rechts über ein kleines Wandl klettern (III-). Wieder gemeinsam eine bröselige Halde hinauf zum Gipfelaufbau. Kurz unterhalb queren wir den Hang, bis wir südlich vom Gipfel sind und klettern dann die letzte Rinne hinauf zum Nordgipfel des Kleinen Widdersteins (2.236m)

Vom ersten Gipfel des Kleinen Widdersteins geht es zuerst dieselbe Rinne hinab wie im Aufstieg und dann in südlicher Richtung weiter. Der Weg ist anfangs sehr gut gestuft und auch gut zu erkennen. Diesem Weg folgen wir bis zur niedrigsten Scharte im Kleinen Widderstein-"Massiv". In der Scharte angekommen kann sich entschieden werden, ob man den Zackengrat umgeht oder übersteigt. Wir entscheiden uns, das ganz klettertechnisch zu lösen, machten es uns allerdings schwieriger als nötig - erkannten wir als wir oben angelangten. Vom ersten Zacken klettern wir wieder runter. Den ersten richtigen Aufschwung kann man frontal (III+) oder von der Seite durch einen steilen Riss (III) bezwingen. Danach steigen wir links des Grates über steile Schrofen (II) hinunter zum nächsten Aufschwung. Weiter geht es meist in Gratnähe über leichte und auch mal schwierigere Kraxeleien. Wir gelangen an eine Stelle an der man einen kleinen Kamin hinauf steigen muss. Diese Stelle ist schwerer als gedacht - bewerten wir drei mit einer IV-. Diese Stelle kann denke ich auch durch eine Querung umgangen werden. Diesen Kamin überwunden geht erst mal etwas leichter weiter und schließlich gelangen wir in eine kleine Gratscharte. Dort kann man entweder östlich die Kletterei umgehen oder eben weiterkraxeln. Wir kraxeln weiter, allerdings ist der Einstieg auf den Felsklotz etwas interessanter und anspruchsvoller als im Vorhinein angenommen. Mit etwas Schwung oder auch der Faustklemmtechnik gelangt man auf den Klotz und geht weiter auf dem anfangs recht plattigen Grat. Wenn dieses kurze Stück überwunden ist, weiter dem Grat folgen zu einem senkrechten Turm. Kurz nach rechts und steil, aber mit guten Griffen auf den Turm (III), womit der höchste Punkt des Verbindungsgrates erreicht ist. Wir entscheiden uns die letzten beiden Zacken unterhalb im Geröll zu queren und traversieren dann hinüber auf den Südgipfel des Kleinen Widdersteins (2.189m).

Vom Südgipfel geht es dann auf gut gestufter Flanke hinab zum Karlstor. Wir halten uns immer möglichst am Grat, müssen noch ein zwei leichte Kraxeleien überqueren und stehen dann schließlich im Karlstor (2.100m). Vom Karlstor geht es auf dem Grashang wieder hinauf in südlicher Richtung, bis man an der "Felswand" steht. Dort entscheiden wir uns wieder mal für die schwere Variante anstatt einfach über Ier Gelände auf die grüne Terrasse aufzusteigen. Auf der grünen Fläche gehen wir weit nach Osten und steigen dort den anspruchsvollsten Teil (III) hinauf. Dieser Part ist recht fest vom Gestein. Diesen überwunden bleiben wir möglichst an der Kante des Nordpfeilers. Dort finden wir einige alte Haken. Die Kraxelei nun meist I-II Grad. Die Wegfindung stellt im Mittelteil kein großes Problem dar solange man an der Kante bleibt. Im oberen Bereich (ca 2250m) sind wir leicht in westlicher Richtung unterwegs da wir den Weg des geringsten Widerstands gewählt haben. Kurz vor dem Ausstieg gelangen wir dann nochmal an ein zwei anspruchsvollere Klettereien bevor wir schließlich wieder in die warme Herbstsonne am Widdersteingrat (2.368m) ankommen. Dort oben kurz pausiert.

Von der Pausenposition geht es weiter den Grat entlang zum Widderstein. Der Grat ist anfangs sehr viel Gehgelände (max I.). Bis in die niedrigste Scharte kommen keine anspruchsvolleren Klettereien. Von dieser Scharte gehen wir erstmal gerade hinauf und weichen dann nach Süden aus und gehen über die gut erkennbaren Pfadspuren weiter den Berg hinauf. Das Gelände ist steil und schrofig. Dann gelangt man an den nächsten Felsaufschwung. Dieser liegt im III Grad. Nach dessen Überwindung klettert man im leichteren Gelände weiter bis zur Abseilstelle. Die Abseilstelle wurde sehr gut neu eingerichtet (wohl dieses oder letztes  Jahr). Dort machte Ulf das Seil bereit und wir seilten uns nacheinander die 11m hinab. Am Ende der Abseilstelle musste noch recht komisch der tiefe Spalt auf die gegenüberliegende Wand überquert werden, allerdings mit Seil ging das recht gut. Die Querung im Anschluss (II) ist dann sehr gut zu machen. Nachdem das Seil wieder aufgeräumt war, geht es möglichst direkt am Grat weiter. Nach einer letzten kurzen, aber ausgesetzten III Stelle am Grat wird es deutlich einfacher. Wir kraxeln die letzten Höhenmeter bis zum Gipfel hinauf. Am Großen Widderstein (2.533m) waren wir komplett allein was auch keine Selbstverständlichkeit ist. Dort machten wir eine ausgiebige Pause und genossen die Aussicht.

Vom Gipfel machten wir uns nun in den Abstieg auf der Normalroute (I). Da diese bereits häufig beschrieben ist und auch gut markiert ist werde ich auf diese nicht weiter eingehen. Unten am Fuß des Widdersteins gelangen wir auf den Weg zum Seekopf, dem wir folgten. Auf dem Seekopf (2.039m) noch eine letzte Pause und ein abschließendes Gruppenbild und weiter in den Abstieg. Dieser führt über den Hochalppass (1.938m) auf dem Wanderweg zur Bärgundalpe (1.408m) und weiter bis nach Baad auf dem Talweg. In Baad  (1.220m) angekommen war die Sonne bereits untergangen (ca. 19.45 Uhr)

Fazit

Die Überschreitung der Widdersteine mit dem Bärenkopf ist eine lange und lohnenswerte Tour. Die Tour war einfach ein kleiner Traum und war schon länger auf meiner Bucket Liste gestanden. Der Fels ist größtenteils brüchig und es liegt viel Geröll herum. Die Tourengeher an diesem Tag waren neu zusammen gemischt und hat auf Anhieb sehr gut funktioniert und harmoniert. Also alles in allem eine klasse Tour in bester Gesellschaft.

Tourendetails

  Start Ziel Anforderung Aufstieg Abstieg KM Zeit in min
1 Baad Bärenkopf T4 870 0 3,9 85
2 Bärenkopf Nordgipfel Kleiner Widderstein T5 II 270 110 1,3 50
3 Nordgipfel Kleiner Widderstein Südgipfel Kleiner Widderstein T5 III (IV) 150 200 0,3 35
4 Südgipfel Kleiner Widderstein Karlstor T5 I 0 100 0,2 15
5 Karlstor Großer Widderstein T6 III 520 80 1,2 100
6 Großer Widderstein Seekopf T4 I 20 540 1,7 70
7 Seekopf Baad T4 /1.480m T2 10 820 6,6 90
      T6 III 1850 1850 15,2 445

Kleiner Anhang zum Zeitmanagement. Wir waren von 8.30 Uhr bis ca 19.45 Uhr unterwegs. Von den 11h sind ungefähr 7,5h reine Laufzeit. Natürlich geht die Tour in schnellerer Zeit allerdings warum unnötige Gefahr eingehen sich zu versteigen oder ähnliches. Die restliche Zeit (ca. 3,5h) sind Pausenzeiten, Standzeiten wegen Routenfindung und Ausrüstung herrichten/aufräumen. Daher darf meiner Meinung nach diese Tour sowohl vom Anspruch als auch vom zeitlichen Aufwand nicht unterschätzt werden!

Ausrüstung:

Festes Schuhwerk
Steinschlaghelm
30m Halbseil oder anderes Seil

Tourengänger: quacamozza, McGrozy, Mono


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Kommentare (4)


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Tuppie hat gesagt:
Gesendet am 13. September 2020 um 09:57
Tolle Tour und schöne Bilder, gratuliere!
Der Bärenkopf reizt mich auch, daher meine Frage zum gpx-Track: ist der bereinigt, oder kann man den so nehmen, um sich beim Aufstieg zum Bärenkopf zu orientieren?
Gruß
Thomas

McGrozy hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. September 2020 um 20:08
Danke dir.
Der Bärenkopf ist echt schön und recht simpel zu erreichen tatsächlich, Der erste gpx kann als Orientierung genommen werden, obwohl wir am Anfang einen kleinen Umweg gelaufen sind.

Gruß Stefan

Malte_89 hat gesagt:
Gesendet am 17. August 2024 um 19:41
Hi! Ich plane die Tour für irgendwann in den kommenden Wochen. Gabz lieben Dank für die top Beschreibung! Das hilft enorm bei der Vorbereitung:) Eine Frage zur Einordnung der Schwierigkeit: Wie würdest du die Tour im Vergleich z.B. der Trettach oder dem Krottenkopf Nordgrat einschätzen? Das würde mir eine gute Referenz geben. Grüßle

McGrozy hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. August 2024 um 22:53
Hey
erstmal danke und das freut mich das der Bericht dir weiterhilft. Die Tour finde ich persönlich anspruchsvoller als die Trettach da die Tour deutlich länger ist vor allem ab dem Einstieg zum kleinen Widderstein ist das Gelände fast durchweg ziemlich anspruchsvoll bis zu Kletterei UIAA 3 bei optimaler Routenwahl. Davon abgesehen ist die Wegfindung im Nordpfeiler durchaus nicht ganz so simpel und man steht unter Umständen schnell mal in einer sehr ausgesetzten Kletterei im vierten oder höheren Grat.


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