Zwei Himmelhunde auf dem Weg zum ... Himmelhorn!


Publiziert von Nik Brückner , 26. Juli 2016 um 22:41. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:20 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1460 m
Abstieg: 1460 m
Strecke:18km
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 4 1:25 000 Allgäuer Hochalpen Hochvogel, Krottenkopf

Das Himmelhorn. Eine Steilkrasstour der Extraklasse. Und Yuki und Quacamozza hatten mich schon am Vortag so nett in den Allgäuern willkommen geheißen. Eine wunderbare Einstimmung auf eine wunderbare Tour...

...die auf unseren Prio-Listen nicht einmal ganz oben gestanden hatte! Klar, eine schöne, Gratüberschreitung würde uns erwarten, aber die Querung zuvor sah nicht besonders attraktiv aus. Quacamozza hat's trotzdem vorgeschlagen - und es entpuppte sich als ein ganz großartiger Vorschlag: Die Tour war eine echte Überraschung!



Ab ging's nach Hinterstein, mit Universal Totem Orchestras "Mathematical Mother" im Player. Unser Weg führte uns zunächst vom Giebelhaus (1068m) ins Bärgündeletal. Nach einer guten halben Stunde erreichten wir die Pointhütte (1319m). Kurz danach wechselte Quacamozza seine Schuhe. Dann ging es mit angemessener Fußbekleidung hinauf in den Himmelecksattel (2007m), wo wir nach einer weiteren Stunde Gehzeit ankamen. Hier haben wir erstmal abgepaust, die Höfats bestaunt, und über die verschiedenen Routen an den verschiedenen Höfatsen nachgesonnen…
 
Nächster Halt: Himmelhorn.
 
Giebelhaus - Himmelecksattel: T2 , knapp 2 Std.

Die Querung zum Himmelhorn beginnt direkt hier, im Himmelecksattel. Man verlässt den Wanderweg und begibt sich auf ca. 2000m Höhe in nordwestlicher Richtung in die zunächst mäßig, später zunehmend steile Grasflanke. Dabei ist das Gras anfangs vollständig ungestuft, und ein Blick links hinunter in den gähnenden Trichter verrät, dass wir uns bereits kurz nach Verlassen des Wanderwegs im Absturzgelände befinden.  
 
Die Felskante, die vom Schneck nach Süden hinunterzieht und das Oberer Bockkar begrenzt, ist schnell ausgemacht, auch wenn der Riegel von dieser Seite eher wie eine Grasrippe aussieht. Es gilt, eine kleine Einschartung in dieser Rippe anzupeilen. Hier befindet sich die oberste von drei Schwachstellen des Felsriegels.

Sie ist jedoch nicht in direktem Übergang zu erreichen, weil bereits davor ein weiterer senkrechter Abbruch den Weg hinüber zur Einschartung versperrt. Diesen ersten Abbruch muss man untenherum umgehen, um dann zu der Einschartung aufzusteigen.

Dazu steigt man nun vor diesem ersten Abbruch einen Grastrichter etwa 30-40 Höhenmeter hinunter. Unten geht es rechts herum und dann durch eine Rinne (einzige leichte Wanderpassage bis zum Schneck!) und drüben durch üppiges Steilgras hinauf auf die vermeintliche Rippe, zu der Schwachstelle. Hat man die kleine Einschartung erreicht, sieht man in die senkrechten Wände des Felsriegels – aber auch in den Durchlass. Direkt unterhalb führt eine etwa 60° steile Grasrampe hinunter. Quacamozza machte sich sogleich an den Abstieg, ich dagegen versuchte, die Rampe gleich oben Richtung Bockkar zu queren, und hinter ihrer nördlichen Kante zu verlassen. Und tatsächlich war das die bessere Variante, denn während man oben hinter der Kante auf erdige Stufen trifft, wird die Grasrampe nach unten hin immer steiler. Quacamozza nannte die Zahl 70….

Kurz zur Variante: Weiter unten wird der Grashang schrofig, wobei der Felskontakt wegen der Brüchigkeit vermieden werden sollte. Da das Gras und die kleinen erdigen Tritte noch nicht gut abgetrocknet waren, gestaltete sich die Querung recht heikel und zeitaufwändig.

Selbst bei guten Verhältnissen belaufen sich die Schwierigkeiten mindestens auf T 6 und II.
Möglicherweise ist der zweite etwas tiefer auf der Rippe gelegene Durchlass technisch etwas einfacher.  
 

Ich querte die 60° steile Rampe also zu deren nördlicher Kante und konnte sogleich einige Gras/Erde-Stufen ausmachen, die hinunter ins Bockkar führten. Dort wird es allerdings nicht leichter: Unten erwartet einen ein beinharter Untergrund aus schotterigen Schrofen und dürftigem Gras, immer noch an die 55°, 60° steil, der in einer leicht fallenden Linie überwunden werden muss. Gruselig! Definitiv die Schlüsselstelle der Tour. Man muss äußerst vorsichtig gehen und kommt nur sehr langsam voran.
 
Irgendwo in diesem Hang kamen unsere beiden Routen dann wieder zusammen. Wir querten weiter ins Kar hinein, immer leicht absteigend, denn es wird nach unten hin ein wenig flacher. Eine Rinne wird überquert. Am unteren Ende einer deutlich erkennbaren Grasrippe hat man dann die Wahl: Entweder über die Rippe geradewegs hinauf zum Verbindungsgrat zwischen Himmelhorn und Schneck, schräg links über schotterige Platten direkt hinauf zum Gipfel, oder weiter queren zum oberen Teil des Rädlergrates. Wir hatten genug vom Queren und stiegen die Grasrippe hinauf.
 
Unten ist das Gras dick, gut und einigermaßen gestuft, weiter oben wird es aber wieder unangenehmer, härter, schrofiger, das Gras dürftiger. Dennoch ist der Grat bald erreicht und man wendet sich nach links Richtung Himmelhorn. Ein atemberaubender Weg! Rechts bricht die Wand senkrecht, bisweilen sogar überhängend ab. Es wartet eine kurze, schmale Schneide und eine kurze I+-Stufe, die abgeklettert werden muss. Dann steht man endlich auf dem Himmelhorn (2111m).

Hier haben wir erstmal eine Pause eingelegt. Immerhin ist der Gipfel des Himmelhorns (aufgrund der Schartenhöhe von 25 Höhenmetern kein eigentlicher Gipfel; Oft werden allerdings als Rechtfertigung 31 Meter angegeben) eine der wenigen Stelle auf dieser Tour, wo man sich mal nebeneinander hinsetzen kann...

Querung zum Himmelhorn: T6/II+, je nach Verhältnissen 1-1,5 Std.


Nun ging es wieder zurück zu der Stelle, an der die Grasrippe heraufkommt. Ein paar Meter weiter auf dem Grat, dann knickt dieser in einer 60° steilen, ausgesetzten Kante nach rechts hinauf. Dort muss man hoch…
 
Klingt nach der nächsten Schlüsselstelle. Wer aber bis hierher gekommen ist, muss sich keine Sorgen vorm Auspsychen machen. Auch der Zeitbedarf hält sich ab jetzt in Grenzen, ein deutliches Zeichen, dass das Gelände erheblich einfacher bzw. angenehmer zu begehen ist als der "Normalweg",der im alten AV-Führer mit II bewertet ist, während für den Verbindungsgrat eine III vergeben wurde.

Im neuen AV-Führer wird der Normalweg sogar "sehr erfahrenen Bergwanderern" nahegelegt. Von dieser Empfehlung müssen wir uns ausdrücklich distanzieren. Die Querung vom Himmelecksattel ist wirklich NUR für im brüchigen Fels und Steilgras erfahrene Bergsteiger geeignet.

Meist geht man etwas links der steilen Kante. Das Gras ist super gestuft, jedenfalls im unteren Teil. Es folgt eine kurze Felspassage mit großen Griffen und Tritten (allerdings sollten die auf ihre Zuverlässigkeit geprüft werden; Ein ganzes Fels-Erde-Paket, auf das wir stiegen, war nicht mehr ganz fest...NB: das hat der Nik gut ausgedrückt, es wackelte wie Götterspeise). Weiter geht es über Gras, immer noch genauso steil, vielleicht sogar noch ein wenig steiler als in der unteren Hälfte, zudem weniger gut gestuft. Trotzdem sollte man sich bei Gelegenheit einmal umdrehen und den atemberaubenden Tiefblick auf sich wirken lassen.

Doch bald tritt man oben auf eine flachere Passage hinaus (P.2163), und die Höchstschwierigkeiten sind überwunden. Der Weiterweg hinauf zum Südgipfel des Schnecks führt dann über breitere, gemütliche Grasbuckel. Wobei - auch das ist natürlich relativ...
 
Am Südgipfel des Schnecks (2259m) angekommen pausierten wir nochmal kurz, dann beschlossen wir, noch ne Runde zu reiten.
 
Übergang zum Schneck Südgipfel: T6-/I-II, 30 min

 
Es geht ein paar Meter nordwärts hinunter, dann über eine Grasschneide hin zu einer ersten Felsstufe. Einfach (I+), aber ausgesetzt hinauf und oben dem Grat folgend nach rechts. Kurz bevor der Grat wieder nach links knickt, muss man ein, zwei Meter reiten, weil die Schneide (zumindest für Nichtartisten) zu schmal wird. Bis zum Gipfel ist es dann leichter, Gehgelände im Grunde, auch wenn man erst noch ein bisschen balancieren muss.

Wieder mal auf dem Schneck (2268m)! Wir blätterten in dem reichlich breiigen Gipfelbuch, um unsere alten Einträge und die von Freunden zu finden. Ein langer Blick hinunter zu den Rotköpfen, dann ging es wieder zurück.

Übergang zum Schneck Hauptgipfel: T5+/I+, hin und zurück 15 min 


Vom Südgipfel zum Himmelecksattel führt ein einfacher, unmarkierter Weg hinunter. Vom Sattel zum Giebelhaus sind wir dann auf unserer Aufstiegsroute abgestiegen. Bissl schneller halt als rauf.

Schneck Südgipfel-Himmelecksattel-Giebelhaus: T 2-3, 1 Std 40 min




Fazit:

Schwere, passagenweise heikle Tour, die mit einem exklusiven Gipfel belohnt. Stecken, Pickel und Helm sollte man mitnehmen - und benutzen!

Tourengänger: quacamozza, Nik Brückner


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Kommentare (6)


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Tuppie hat gesagt: Sehr schöner Bericht...
Gesendet am 27. Juli 2016 um 08:44
... mit vielen tollen Bildern. Danke für diese virtuelle Tour auf einen Gipfel, den ich nie erreichen werde. Zum Glück gibts im Allgäu genug Alternativauswahl.

LG
Thomas

Nik Brückner hat gesagt: RE:Sehr schöner Bericht...
Gesendet am 27. Juli 2016 um 09:19
Das ist wahr! Schöne Berge gibt es viele!

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 27. Juli 2016 um 10:37
schöne Tour und schöne aussagekräftige Fotos.
Hät mir schon au sehr gut gefallen, wenn halt die doofe Arbeit net wär ;-)

Runner hat gesagt:
Gesendet am 30. April 2017 um 15:38
wirklich gruslige Tour :-D, Hut ab!! Und dann noch in dieser kurzen Zeit... Lese momentan grad den Allgäukrimi "Himmelhorn" und kann mir die Szenerie dank euren Bildern nun super vorstellen! Weiterhin gute Touren!!!

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Mai 2017 um 18:07
Hi Runner!

Ja, das Buch liegt hier auch noch irgendwo herum... Das muss ich wohl auch noch lesen. Aber anders als im Buch ging's bei uns sehr friedlich zu, wir haben super zusammen funktioniert und die Tour so richtig genießen können. Umso mehr, als sie sich (jedenfalls für mich) als ausgewachsene Überraschung entpuppte, ich hätte nicht gedacht, dass sie so schön ist.

Grüßle,

Nik

Runner hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. Mai 2017 um 17:21
So soll es ja auch sein :-). Aufgrund meines "Vertigo" werde ich selber diesen Gipfel nie 'hautnah' erleben können ;-)


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