Großer Daumen Nordwestgrat


Publiziert von Nik Brückner , 27. Juni 2018 um 17:17. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:23 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m
Strecke:20km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Hindelang aus Richtung hinterstein bis zum Parkplatz zwischen Bruck und Hinterstein
Unterkunftmöglichkeiten:Zahlreiche im Tal

Das Wetter ist mal wieder unvorhersehbar - deshalb sattelte ich von der Schweiz auf die Allgäuer um. Yuki antelefoniert, magste mit auf den Nordwestgrat vom Großen Daumen, na klar, auf geht's. Mit Piniols "Bran Coucou" im Player.


Wir parkten auf dem Parkplatz (logisch, irgendwie) zwischen Bruck und Hinterstein (835m) und wanderten hinein ins wunderschöne Retterschwanger Tal, ganz ohne "schwanger"-Witze. Vorbei am Mitterhaus (1084m) linksten wir zwischen zwei Kühen ab, und stiegen auf neuem, unangenehmem Weg hinauf zur Mittleren Haseneck-Alpe (1593m). Hier endet der befahrbare Teil des Aufstiegs. Auf schmalem, selten begangenem Weglein geht's weiter zur einsamen Oberen Haseneck-Alpe (1692m), wo wir erst einmal gemütlich abpausten. Gemüüüütlich, denn hier ist es wunderschön, und super einsam. Hier stört keine Menschenseele des Menschen Seele.

Wanderparkplatz - Obere Haseneck-Alpe: Fahr- und Wanderwege, T1 und T2, 2,5h



Von hier ab geht's nun weglos bis hinauf auf den Daumengipfel. Bzw. den Gipfel des Großen Daumens. Yep, das -s darf man ihm ruhig gönnen. Dieser weglose Aufstieg hat vier Abschnitte:

1. Auf einem Weglein hinauf zum (Auf dem) Falken
2. Auf schmaler Felskante ohne große Wahlmöglichkeit über alles rüber
3. Auf nun breiterem Grat hinauf, entweder genau auf dem Grat ober etwas rechts davon
4. Durch die Gipfelwand


Los geht's also auf einem kleinen Steiglein, das sich auf den (Auf dem) Falken (1911m) hinaufzieht.

Obere Haseneck-Alpe - Auf dem Falken: Wegspuren, T1, oben im Gras bis T3, 30 Minuten


Ist der (Auf dem) Falke ( n)  erwandert, geht der Spaß los: Auf der Felskante klettert man nun knapp 400 Meter hinauf auf den Großen Daumen.

Über Schrofen ran an die ersten Felsen und die ersten Meter noch in leichtem Gelände hinauf. Im Gras sind Trittspuren zu erkennen, die Tour wird also ab und an gemacht. Bald zieht sich der Grat zusammen, wird richtig schmal, und lässt einem keine andere Möglichkeit, als die folgenden Zacken und Türmchen zu überklettern. Keine Angst, man kommt gut über alles rüber. Alles im Zweierbereich. Aufpassen muss man halt, denn es ist echt schmal hier. Bald kann man dann einen Zacken mal links umgehen - ist aber auch nicht leichter als oben rüber.

Dann geht es eine steile Passage hinauf, an deren oberem Ende man schon von weitem eine rissige Platte erkennen kann. Hier ist man im zweiten Gratabschnitt, von hier an hat man immer mehrere Möglichkeiten, weiter hinauf zu gelangen. Schwierig ist dabei ein Turm, den man überklettern oder rechts umgehen kann. Yuki überkletterte ihn, ich umging ihn auf einem gut begehbaren Band. In einem Riss gleich hinter dem Turm kamen unsere Routen wieder zusammen: Sie kam den Riss herunter, ich spreizte hinein. Dann gelangt man an eine Stelle, an der man aus einem Spalt ein etwa zwei Meter hohes Wandl hinauf muss. Das ist ein bisschen verzwickt, hat man die Lösung dann gefunden, geht's aber ganz einfach. Für mich die Schlüsselstelle in diesem Bereich (II+).

Die rissige Platte weiter oben umgeht man rechts, darüber gelangt man dann auf einen grasigen Kopf, auf dem man ein bisschen abpausen kann. Danach geht's weiter, über den Grat oder rechts davon (diesenfalls über schräge Platten) weiter hinauf, bis man wieder im Gehgelände landet. Hier standen einige Steinmänner herum, in dieser Höhe soll auch irgendwo ein Gratbuch sein, dass wir aber nicht fanden.

Über Blockwerk und vorbei an dolomitenhaften Türmen tritt man dann, teils auf schönen breiten Bändern, an die Gipfelwand heran. Die kann man frontal, in einem breiten Riss nehmen, wie yuki das gemacht hat. Das ist im Riss eine leichte III, wenn's dann senkrecht wird, kann man den Spalt linker Hand über Felsstufen verlassen, auf die Kante hinaustreten, und von dort aus über ein breites Band nach rechts in einfacheres Gelände hinauf gelangen. Oder man macht es wie ich, umgeht den Riss rechts und steigt gleich durch das einfachere Gelände zu dem Band hinauf (I-II, je nach Routenwahl). Nun entweder auf dem Band nach rechts, bis es ausläuft, und von dort durch steiles Gehgelände nach links hinauf zum grasigen Gipfeldach, oder kurz nach dem Riss eine steilere Rinne hinauf (II).

Das war's! Herrliche Kletterei, und nur unterhalb der Gipfelwand kurz brüchig. Abgesehen davon ist man in meist überraschend gutem Fels unterwegs. Wir wanderten nun das Gipfeldach hinauf zum höchsten Punkt des Großen Daumens (2280m), wo wir ein bisschen herumpausten.

Nordwestgrat des Großen Daumens: unmarkierte Felskletterei bis II+ (optional bis III und höher), Gehgelände bis T5 (je nach Routenwahl), 2,5h


Am Gipfel stand der große Lochvergleich an: Wer hat das größere Loch? Yuki oder Nik? Und natürlich hat der Nik gewonnen: Als schlechterer Kletterer hab ich mir ein ordentliches Loch in den Ärmel gerissen. Da konnte Yukis Löchlein nicht mithalten. Was für passende Souvernirs von einer so wilden Tour!

Dann stellten wir fest, dass es schon vier war, und ein Abstieg über die Laufbichlkirche oder den Hengst leider nicht mehr in Frage kam. Wir hätten den letzten Bus am Giebelhaus nicht mehr erreicht. Schade! Na, dann genossen wir eben erst einmal die Rundsicht:


Herrlich! Kleiner Daumen, Rotspitze, Breitenberg, dahinter der Grünten mit dem hübschen Burgberger Hörnle, der Sorgschrofen und Iseler, B'schiesser und Ponten, Geißhorn, Rauhhorn und Kugelhorn. Dahinter erheben sich Aggenstein, Brentenjoch, SebenspitzeLumberger Grat, Schartschrofen und Rote Flüh, Gimpel, Kellenspitze und Gehrenspitze. In den Ammergauern sind die Geierköpfe, Kreuzspitze und Kreuzspitzl und der Danielkamm zu sehen.

Im Osten geht's weiter mit ein paar Allgäuer Gipfeln, Rote Spitze,
Lachenspitze, Leilachspitze, Kastenkopf. Dahinter zeigt sich der Thaneller, der die Kette der Lechtaler Alpen eröffnet, sowie das Wettersteingebirge mit der Zugspitze und die Mieminger Kette.

Viel näher sind die Gipfel direkt gegenüber: Lahnerkopf, Schänzlespitz und Schänzlekopf, Sattelkopf und Glasfelderkopf. Dann dominiert der Hochvogel den Horizont im Südosten. Davor erstrecken sich der Wildengrat und der Giebelgrat, und darunter zeigt sich die schlanke Laufbichlkirche.

Der Giebelgrat endet am
Laufbacher Eck, von dem sich die Kante über die Rotköpfe weiter zum Schneck hinaufschwingt. Dahinter sieht man den Großen und den Kleinen Wilden, dahinter wiederum die Hornbachkette, Parseierspitze und Freispitze. Den Süden markieren Marchspitze und Holzgauer Wetterspitze.

Weiter geht's mit dem schönen Grat, der vom Laufbacher Eck zum Zeiger hinüberzieht. Dahinter ist dann die Allgäuer Prominenz versammelt: Rauheck, Kreuzeck, naja, aber dann folgen der
Krottenkopf, die Kleine und die große Höfats, Mädelegabel, Trettachspitze und das Hohe Licht. Irgendwo dazwischen klemmen sich der Fürschießer, der Rauhenhalsgrat, die Kegelköpfe und der Himmelschrofenzug.

Im Südwesten setzt sich der Grat vom Großen Daumen weg fort, über die Wengenköpfe und das Nebelhorn bis hinunter zum Rubihorn. Dahinter ein Gewimmel zahlloser Gipfel: Rotgundspitze und Linkerskopf, Hochrappenkopf und Biberkopf, Spullerschafberg, Griesgundkopf, die Hammerspitzen, dahinter Liechelkopf und Elfer, Braunarlspitze und Widderstein. Irgendwo im Südwesten ist die Schesaplana zu sehen.

Näher sind da schon der Bärenkopf, der Heiterberg, die Güntlespitze, das Walmendinger Horn und der Heuberg, dahinter ragen die Hochkünzelspitze, die Niedere Künzel und der Zitterklapfen auf. Weiter geht's mit dem Grünhorn und dem Ifen. Am Horzont zeigt sich der Alpstein mit Moor, Altmann und Säntis. Im Nordwesten schließlich beenden die Hörner und die Nagelfluhkette den Rundblick.


Tja, und dann stiegen wir auf dem Wanderweg aus der Daumenscharte (2141m) über Fels und Schotter hinunter zur Oberen Haseneck-Alpe (1692m), wo wir Stunden zuvor den Weg verlassen hatten, und wanderten wie auf dem Hinweg über die Mittlere Haseneck-Alpe (1593m) ins Retterschwanger Tal hinunter, ganz ohne "schwanger"-Witze. Vorbei am Mitterhaus (1084m) ging es dann zurück zum Parkplatz zwischen Bruck und Hinterstein (835m).

Großer Daumen - Wanderparkplatz: Wanderwege, unten Fahrwege, T3 und leichter, 3h


Fazit:

Schöne, streckenweise ausgesetzte Gratkletterei in meist gutem Fels, die bassd und Spaß macht. Wer einen schweren IIer (eine Stelle aus einem Spalt ein Wandl hinauf ist II+) sicher klettern kann, kann die Tour machen. IIIer-Stellen gibt es, sind aber alle optional und umgehbar. Daniel, musste unbedingt mal machen!

Wir wären gern noch der Laufbichlkirche auf's Dach oder über den Hengst abgestiegen und mit dem Bus vom Giebelhaus rausgefahren, aber die Zeit hat nicht mehr gereicht. Nächstes Mal dann. Oder Ihr macht das bei Eurer Begehung. Wir hatten stattdessen gemütliche Pausen an wunderbaren Stellen, das ist auch viel wert.



Ausrüstung:

- ein Helm ist unverzichtbar


Und am nächsten Tag? Unsere Tour am nächsten Tag wurde klein und richtig böse....

Tourengänger: Nik Brückner, yuki


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