Üntschenspitze Westgrat


Publiziert von Nik Brückner , 2. Juni 2014 um 22:42. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:29 Mai 2014
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 700 m
Strecke:11km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Rheintalautobahn A 14 - Bregenzer Wald-Bundesstrasse B200 bis Schoppernau - Parkplatz bei der Materialseilbahn vom Neuhornbachhaus
Kartennummer:Kompass Nr. 3 Allgäuer Alpen / Kleinwalsertal

Ende Mai - die ersten Touren des Jahres! Wir hatten uns für ein paar schöne Grattouren entschieden, Stützpunkt Neuhornbachhaus. Aber wie den Hüttenanstieg gestalten? Direkt? Langweilig! Ich hatte über den Westgrat der Üntschenspitze gelesen, hier auf Hikr, hatte aber den Ausdruck nicht dabei. Trotzdem versuchen? Judith7 war spontan genug, es zu versuchen, und damit war die Sache klar: Hüttenaufstieg mit Überschreitung der Üntschenspitze!


Also "Heliotians" von Deluge Grander aufgelegt, und ab in die Alpen! Geparkt haben wir am Parkplatz bei der Materialseilbahn vom Neuhornbachhaus. Von hier aus geht es einen Fahrweg hinauf zum Wald. Nach ein paar Metern weist ein Schild auf den "Paradiesrundweg" hin. Diesem folgt man hinunter zum Schrecksbach, über den ein schwankender Holzsteg führt. Drüben hinauf, und man erreicht keine fünf Minuten nach dem Parkplatz die Häuser am Üntschele (947m). Noch vor dem ersten Haus links die Wiese hinauf zum Waldrand, wo man dem Rest eines breiten Waldwegs folgt. Hier an einer geeigneten Stelle rechts den Steilhang hinauf.

Die Gratkante ist schon hier unten im Wald eine steile Abbruchkante. Man hält sich im Folgenden etwa eine Stunde lang im Aufstiegssinn rechts des Abbruchs und zickzackt mehr oder weniger frei den Hang hinauf. Der Hang ist sehr steil und wir hatten Glück, dass er vom Regen der letzten Tage noch weich war. Trittspuren einer Gams halfen uns im oberen Teil.

Das Schwierigste im Wald ist das Überklettern einiger großer Baumstämme. Man kann sie natürlich auch umgehen, links oder rechts, je nachdem wie es bequemer erscheint. Im steilen Gelände ist allerdings jeder Meter ein Meter zu viel...

Die Kante linker Hand lässt man nie ganz aus den Augen. Wenn von rechts eine baumlose Rinne heraufzieht, orientiert man sich nach links, wo der Grat, immer noch im Wald, sich für ein paar Meter zu einer kleinen Mauer zusammenzieht. Dort befinden sich auch die Reste eines Heustadels.

Weil sich an dieser schmalen Stelle alle Aufstiegsmöglichkeiten treffen müssen, stößt man hier zum ersten Mal auf deutliche Trittspuren. Diesen folgt man nun weiter bis zum Gipfel.

Zunächst tritt man nach links, also quasi in die Nordflanke des Berges auf einen Absatz hinaus. Hier wächst im Sommer sicher viel Kraut, jetzt, im Mai, waren die Trittspuren noch gut zu sehen. Wer hier aufmerksam den Gratverlauf beobachtet, kann zum ersten Mal das Gipfelkreuz sehen. Es ist noch ein weiter Weg...

Es folgt nun eine Passage, die man weitgehend in der grasigen Nordflanke bewältigt. In der Südflanke wächst der Wald bis an den Grat heran, und es ist einfacher, über die hier noch mäßig steilen Grashänge anzusteigen. Nur ab und zu geht es zum Grat hinüber oder gar in dessen Südflanke hinein.

Im oberen Teil wird es nun steiler und deutlich ausgesetzter. Der Grat schnürt sich stellenweise zu einer steilen Schneide zusammen, und bald sind Kletterfertigkeiten gefragt. Über den ersten Grad geht es zwar nie hinaus, aber die Ausgesetztheit genügt, um höhere Anforderungen an die Psyche zu stellen. Mit etwas Glück erwischt man festen Fels, ansonsten greift man beherzt in die dicken Grasbüschel. Über besonders steile Passagen krabbelt man auf allen Vieren hinauf, Hände und Fußspitzen immer schön in den Hang gekrallt.

Immer am Grat entlang geht es nun hinauf. Sobald man eine deutliche Steilstufe gewonnen hat, ist das Gipfelkreuz nicht mehr weit. Hier oben haben wir eine erste, ziemlich luftige Pause eingelegt, bevor wir uns auf die letzte Etappe zum Gipfel gemacht haben. Diese ist spürbar einfacher, weil nicht mehr so steil und etwas breiter, aber immer noch ordentlich ausgesetzt. Der Grat schwingt sich nun über mehrere Stufen bis zum Gipfel hinauf. Meist etwas rechts der Schneide, aber immer wieder, an schmalen Stellen, auch direkt am Grat, führen die verlässlich deutlichen Trittspuren bis zum Kreuz (2135m).

Am Kreuz haben wir die nächste Pause eingelegt und die Aussicht genossen:

Der Blick fällt zunächst nach Osten, wo der Widderstein den Horizon dominiert. Rechts dahinter sind die Feuerspitze und die Vorderseespitze zu sehen, im Südosten folgt der Hohe Riffler. Davor: der Heiterberg. Es folgen die Valluga, und mit der Mohnenfluh die Berge des Lechquellengebirges: Braunarlspitze, Hochlichtspitze und Rote Wand. Im Südwesten erheben sich die Hochkünzelspitze und direkt davor die Niedere Künzelspitze. Weiter rechts: der Zitterklapfen und die Gräshörner mit dem Annalper Stecken. Am Horizont ist der Glärnisch zu erkennen, den Westen dominiert dann der Alpstein den Horizont, mit Altmann, Säntis und dem Hohen Kasten. Viel näher sind das Zafernhorn, das Glatthorn, die Damülser Mittagspitze, Klippern und die Kanisfluh. Unten im Tal liegen Au und Schoppernau.

Im Nordwesten fällt der Blick auf den Diedamskopf und auf den Falzerkopf davor, auf die unsere nächste Tour führen sollte. Im Norden sind die Gipfel der Nagelfluhkette zu sehen, dann folgt mit dem Ifen Allgäuer Prominenz. Man sieht die Kette bis zum Walmendinger Horn, davor den Grat mit dem Hochstarzel, und irgendwo dort lugt auch die schöne Unspitze hervor. Dahinter erheben sich weitere bekannte Gipfel: Entschenkopf, Rubihorn, Großer Daumen, Nebelhorn, Laufbacher Eck, Schneck, Höfats, Großer Wilder und Hochvogel. Dann folgt der Allgäuer Hauptkamm, mit dem Krottenkopf, der Trettachspitze, der Mädelegabel, der Hochfrottspitze, dem Hohen Licht und dem Biberkopf. Davor die Kette mit Elfer und den Liechelkopf, und davor der Bärenkopf und der Kleine Widderstein. Mit seinem großen Nachbarn schließt sich die Runde.


Lange blieben wir nicht dort oben, denn die Tour war ja eigentlich der Hüttenaufstieg zum Neuhornbachhaus. Wir stiegen also die immer noch leicht ausgesetzten 150 Meter ins Häfnerjoch (1979m) ab. Dort diskutierten wir die Varianten: Entweder über den Grat von Güntlespitze und Hochstarzel, oder hier hinunter ins Tal und über einen unmarkierten Almweg hinauf zur Althornbachalpe. Wir haben uns dann für die zweite Variante entschieden. Also auf den ziemlich aufgeweichten Altschneefeldern hinunter zur Hütte der Häfneralpe, nasse Füße und Gewühle durch hüfthohen Frühjahrsschnee inbegriffen, und von dort aus auf einem guten, aber steilen und unangenehmen Weg hinunter ins Tal.

Hier habe ich einen sehr eindringlichen Blick auf den Nordpfeiler der Üntschenspitze geworfen. Ein steiler, hoher, und sehr eleganter Grat! Da müsste doch was gehen?!?

Dort, wo eine deutliche Wegspur rechts (eigentlich geradeaus) den Hang hinaufführt, sind wir aufgestiegen. Der Weg verliert sich zwar schnell, aber die Serpentinen durch die Erlensträucher sind schnell gefunden. Oben stießen wir bald auf den Weg, der vom Starzeljoch herunterkommt. Diesem folgend, waren wir in nicht ganz einer halben Stunde am Neuhornbachhaus (1700m).


...und am nächsten Tag sind wir dann über den langen Grat vom Diedamskopf zum Grünhorn gekraxelt!

Tourengänger: Nik Brückner, Judith7


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Kommentare (4)


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paul_sch hat gesagt: Zur Info
Gesendet am 15. Juni 2014 um 15:54
Hallo Nik, habe jetzt meine durch Dich inspirierte Tour durchgeführt. Bei Interesse siehe hier: http://www.hikr.org/tour/post81590.html -- Übrigens, müsste es nicht heissen: "Noch vor dem ersten Haus LINKS die Wiese hinauf zum Waldrand..." ? Ich wollte die Wiese schon fast direkt hochlaufen, jedoch konnte ich dann links doch schon den alten Weg erahnen.

Nik Brückner hat gesagt: RE:Zur Info
Gesendet am 16. Juni 2014 um 09:48
Hi Paul!

Eine fantastische Tour hast du da gemacht - aber meine Gratu hast du ja schon ;o}

Für die Korrektur vielen Dank - schätze, ich werde langsam alt... Andererseits: Wären wir wirklich rechts gegangen, wären wir wohl auf der Hochkünzelspitze rausgekommen - auch kein schlechter Berg!

Herzlichen Gruß,

Nik

Jackthepot hat gesagt: Glückwunsch
Gesendet am 27. August 2014 um 10:47
Hi Nik,
Glückwunsch zum Ü-Westgrat und zum gelungenen Bericht samt Fotostrecke. Ich war vor 3 Jahren hier auch mal unterwegs und kenn' die ' grasigen Problemchen' entlang des Weges. Irgendwann werde ich mir den Grat mal wieder antun...

LG (von einem Exil-Bayern[Franken]) Harald

Nik Brückner hat gesagt: RE:Glückwunsch
Gesendet am 31. August 2014 um 08:16
Hi Harald!
Ja, ist wirklich ne sehr schöne Tour. Wünsche dir viel Spaß, wenn du sie mal wieder gehst. Aber du musst auch unbedingt mal den nordpfeiler probieren, der ist noch einen Tick geiler!

Gruß Nik


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