Walserkamm+ oder: 13 auf einen Streich
Der Walserkamm! Oder auch: Mal sehen, womit sich die Walser kämmen!
Am Vortag konnte ich alle Grate rund ums Glatthorn begehen, nun wollte ich endlich den Walserkamm nachholen, den yuki und ich im Früa zwegenz Sperrung des Furkajochs nicht machen konnten. Zur Einstimmung lief Orchestre Celestis "The Big Carrot (and the misuse of it)".
Los ging's in (fast) aller Früh am Furkajoch (1760m). Hier ist ein kleines Gasthaus mit einem Parkplatz. Dort beginnen zahlreiche Trittspuren, die alle irgendwann zum Wanderweg Richtung Serer Falben/Löffelspitze konvergieren. Man gelangt zwischen beiden Bergen auf den Walserkamm, am Serajöchle (1836m). Wer mag, kann von hier aus gleich nach rechts, zur Löffelspitze starten, ich dagegen wollte sämtliche Gipfel am Kamm mitnehmen, und wanderte erst einmal die paar Meter zum Serer Falben (1891m) hinauf.
Furkajoch - Serer Falben: Markierter Wanderweg, T2, 20 Minuten
Ich genoss kurz die erste Gipfelaussicht des Tages, und stieg dann auf Trittspuren nach Osten hinunter in den Sattel zwischen Falbem und Pfrondhorn. Dann ging es drüben über steiles Gras, und im oberen Teil erstmals auch schon recht schmal, aufs Pfrondhorn (1949m).
Von hier aus hatte ich einen fantastischen Blick auf den Grat zwischen Glatthorn und Türtschhorn, den ich am Vortag begangen hatte. Ich blickte fantastisch, dann stieg ich auf meinem Aufstiegsweg wieder hinunter und querte aus dem Sattel direkt hinüber zum Serajöchle (1836m). Dann machte ich mich endgültig auf den Weg zum Hochgerach.
Man wandert einige Meter auf der Kante, dann passiert man ein Warnschild: "Warnung - Zur Löffelspitze keine Steiganlage". Dieses Schild ignoriert man (sonst könnt man ja nicht weitergehen) und wandert auf der guten Wegspur weiter Richtung Löffelspitze. Meist geht es auf der Kante weiter, einige Felspassagen werden (meist links) umgangen. Dann steht man vor einer steilen, schmalen Kante, die, trotz Warnung "keine Steiganlage", mit einem dünnen Seilchen gesichert ist. Es geht hinauf, und oben über die Graskante, bzw. oft links davon, hinauf auf die Löffelspitze (1962m).
Wem bis hierhin schon etwas falb um die Nas geworden ist, weil's doch recht ausgesetzt zugeht, der sollte auf der Löffelspitze besser umdrehen: In der Folge wird's nicht leichter. Der gesamte Grat wartet mit einer Unzahl T4-Stellen auf - und die Schlüsselstelle, die gleich ansteht, geht darüber noch deutlich hinaus.
Nächstes Etappenziel ist der "schöne Berg", die Mutabella. Da geht's erst einmal über zahme Wiesenhänge hin, auf halber Strecke wartet allerdings die Schlüsselstelle des gesamten Walserkamms: Ein senkrechter Felsabbruch, der je nach Betrachtung II/T4+ oder T6/II ist. Dazu am Schluss mehr.
Dort, wo der Wanderweg in einer scharfen Linkskurve hinunter zur Sentumalpe führt, bleibt man auf dem bald sehr scharfen Grat. Dann steht man plötzlich direkt vor dem Abbruch. Es geht zunächst ein etwa zwei Meter hohes Wandl hinunter (II), dann zwischen zwei der hier senkrecht stehenden Platten steile Tritte hinunter in eine Scharte. Dort muss ein Zacken überklettert werden (I), danach wird es mit jedem Schritt leichter.
Wer diese Stelle umgehen will, wandert von der Stelle aus, wo der Wanderweg in einer scharfen Linkskurve hinunter zur Sentumalpe führt, noch ein wenig bergab, und steigt dann über steiles Gras nach der Abbruchstelle wieder zum Grat hinauf.
Der Rest des Anstiegs ist dann deutlich leichter, und bald steht (oder sitzt, in meinem Fall) man auf der Mutabella (1935m).
Auch im Abstieg von diesem Gipfel warten einige T4-Stellen, der Grat ist teils schmal, und immer wieder muss man steile, felsdurchsetzte Stufen hinunter. Dann steht man im Schäfisjoch (gelegentlich auch Kühjoch, 1800m), wo von rechts (Norden) ein markierter Wanderweg heraufkommt.
Serer Falben - Pfrondhorn - Löffelspitze - Mutabella - Schäfisjoch: Gratüberschreitung auf guten, unmarkierten Wegspuren, bei Umgehung der Schlüsselstelle T4 (zahlreiche Stellen) und leichter, 2h
Auf diesem wandert man nun hinauf Richtung Gehrenspitze. Kurz vor dem Gipfel zweigt links ein Weg ab, es geht hinunter zur Schäfisalp oder hinüber in den Sattel zwischen Schäfiskopf und Kreuzspitz, zwei Gipfel, mit denen die Gehrenspitze eine Dreiergruppe bildet. Ich wollte alle Gipfel mitnehmen, deshalb stieg ich schnell hinauf zur Gehrenspitze (1871m) und überschritt sie hinüber zum Schäfiskopf (1901m).
Schäfisjoch - Gehrenspitze - Schäfiskopf: Gratüberschreitung auf markiertem Wanderweg, T2, 20 Minuten
Von dessen Gipfel stieg ich dann nach Süden ab, und aus dem Sattel drüben gleich wieder hinauf zum Kreuzspitz (1947m). Dieser Anstieg weist angeblich eine Einserstelle auf, die ich allerdings nicht identifizieren konnte. T4 ist er allerdings.
Wieder zurück im Sattel zwischen Schäfiskopf und Kreuzspitz querte ich nun links hinüber zum Bärenjoch (gelegentlich auch Niederjöchle, 1765m) zwischen Schäfiskopf und Melkspitze, von wo aus ich die Gratüberschreitung wieder aufnahm.
Schäfiskopf - Kreuzspitz - Bärenjoch: Wiesenhänge, T2, am Kreuzspitz Gratüberschreitung auf guten, unmarkierten Wegspuren, T4, 40 Minuten
Die waldige Kante hinauf zur Melkspitze hat es nochmal richtig in sich. Es geht auf schmaler Kante über mehrere Felsstufen hinauf, ober wartet dann ein ziemlich scharfer Grat. Doch bevor man zu diesem hinaufsteigt, muss man vor einer brüchigen Stufe auf einem schmalen Bandl nach links in die Flanke queren. Danach gleich wieder zum Grat hinauf, und auf diesem schmal zum höchsten Punkt der Melkspitze (1935m).
Der Grat senkt sich zwischen Melkspitze und dem nächsten Gipfel, dem Tälispitz, nur wenig, etwa 60 Meter ab. Im Grunde geht man das alles schön auf der Kante, auch hier spart der Walserkamm nicht mit T4-Stellen.
Der Tälispitz (2001m) kann von Süden auf zwei markierten Wanderwegen erreicht werden, und ist daher ein beliebtes Gipfelziel.
Bärenjoch - Melkspitze - Tälispitz: Gratüberschreitung auf guten, unmarkierten Wegspuren, T4, 1:15h
Der höchste Punkt dieser Tour! Der Blick fällt zunächst auf den weiteren Gratverlauf, zur Kuhspitze und zum Hüttenkopf. Dahinter, am Horizont, erheben sich mit Bifertenstock und Tödi gleich ein paar Promis. Weiter rechts fällt der Blick hinüber nach Liechtenstein, mit Kuhgrat, Garsellakopf und den Drei Schwestern. Hier dominiert der Glärnisch den Horizont dahinter. Dazwischen: die Alviergruppe, mit Gauschla, Alvier, Fulfirst und Gamsberg. Dann schließen sich die Churfirsten an. Weiter Richtung Westen folgt der Speer, bevor sich genau im Westen der Alpstein erhebt, von Wildhuser Schafberg, Moor und Girenspitz über Altmann und Säntis, Hüenerberg, Fälenschafberg, Altenalptürm, bis hin zum Hohen Kasten.
Was folgt, ist Deutschland. Flachland, Bodensee, Flachland. Irgendwo erhebt sich ein Gipfel namens Schöner Mann (1532 m), die richtigen Berge beginnen dann erst wieder im Norden, mit dem Freschen und dem Grat hinüber zur Hangspitze. Näher erheben sich die Sünserspitze, die Damülser Mittagspitze im Nordosten und die Klipperen. Der Klipperen? Irgendwo dazwischen lugt auch die Holenke hervor. Ein bissl prominenter sind der Diedamskopf, der Ifen, das Glatthorn, das Zafernhorn und das Türtschhorn. Dahinter erheben sich mit dem Nebelhorn, dem Hochvogel, dem Großen Wilden, der Mädelegabel und dem Hohen Licht einige Gipfel der Allgäuer Alpen. Davor schieben sich die Gräshörner, der Zitterklapfen und die Blasenka ins Blickfeld.
Im Osten ist der Hochberg zu erkennen, daneben der Feuerstein. Dahinter bilden die Kette von der Braunarlspitze zur Hochlichtspitze und die Gipfel bis hinüber zur Roten Wand den Horizont.
Der nächste Promi: der Patteriol. Dann folgen im Südosten die Madererspitze und das Fluchthorn, ein Stück weiter der Piz Buin und das Silvrettahorn, der Gross Litzner und der Piz Linard. Richtung Süden folgt dann das Rätikon, mit Sulzfluh, den Drei Türmen, der Zimba und der Schesaplana. Es folgen Tuklar und Fundelkopf, und dann schließt sich der Kreis mit den höchsten Liechtensteiner Gipfeln, den beiden Grauspitzen.
Hier ist viel los, das lässt aber gleich nach, wenn man, weiterhin unmarkiert, dem Grat weiter folgt.
Der Übergang zur Kuhspitze ist nicht mehr ganz so schwierig, es geht hinunter ins Tschöppner Niederjöchli (1900m), drüben wieder hinauf, und bald steht man auf der Kuhspitze (1964m). Nun ist es nicht mehr weit! Es geht als nächstes hinunter ins Alpilner Niederjöchli (1862m) und wieder hinauf zum lawinenschutz-bewehrten Gipfel des Hüttenkopfs. Dabei muss man unten, kurz vor dem tiefsten Punkt, ein paar Meter über einen schmalen Felsgrat und kurz darauf einem schmalen Mäuerchen folgen. Auf dem Hüttenkopf (1976m) angekommen, geht die Schiffschaukel weiter: 70 Meter hinunter, 80 Meter hinauf, und man steht - endlich - auf dem Hochgerach (1985m), dem letzten hohen Gipfel der Tour. Auch der ist nochmal ein beliebter Wanderberg, deshalb ist hier wieder viel los. Ich hielt mich nicht lange auf, und wanderte weiter zum Laternser Kreuz (1975m).
Tälispitz - Kuhspitze - Hüttenkopf - Hochgerach: Gratüberschreitung auf guten, meist unmarkierten Wegspuren, T3, 1:20h
Im Abstieg folgte ich kurz dem Weg, blieb dann aber am Grat, den ich direkt überschritt, bis hinauf zum Rappenköpfle (1864m). Das ist ein nur über Trittspuren erreichbares, dennoch verhältnismäßig gut besuchtes Gipfelchen, das sich mir am Grat in den Weg stellte, und das ich deshalb nicht auslassen wollte. Der Übergang vom Hochgerach am Grat wartet nochmal mit schmalen Passagen und T4-Stellen auf, gleiches gilt für den weglosen Abstieg vom Rappenköpfle, den ich wählte. Über steiles Gras stieg ich hinunter zum Wanderweg.
Hochgerach - Überschreitung Rappenköpfle: Gratüberschreitung auf guten, meist unmarkierten Wegspuren, T4, 25 Minuten
Auf dem Wanderweg gelangte ich nun halbwegs gemütlich zum Hinterjoch (1614m) hinunter. Hier ist dann endlich Innerlaterns angeschrieben! Den Markierungen folgend wanderte ich nun, vorbei an der Oberen Hensleralpe (1485m), hinunter nach Innerlaterns.
Wobei ... hinunter ist so ein Wort... Ganz am Ende muss man nämlich nochmal gut 120 Höhenmeter hinauf, bis man im Ort ist. Am Ende einer so langen Tour hopst man da nicht mehr fröhlich hinauf... Dann aber hat man's geschafft: An der Kirche von Innerlaterns (1051m) ist die Tour zu Ende.
Rappenköpfle - Innerlaterns: Markierte Wanderwege, T3 und leichter, 1:45h
Zur Bewertung:
Für mich ist die Tour, wenn man sie konsequent auf der Kante geht, eigentlich keine T4-Tour, und zwar wegen meiner Interpretation der Schlüsselstelle zwischen Löffelspitze und Mutabella. Diese würde ich persönlich so bewerten: Im obersten Teil 2m Kletterei (II), dann bis hinunter T6, am darauffolgenden Zacken I/T4+ (meinetwegen auch T5-) und nachfolgend Schritt für Schritt leichter. Damit komme ich auf T6/II.
Wer aber meine T6-Passage der IIer-Stelle zuschlägt und die Ier-Stelle dem T4+, der landet bei II/T4+. Ist glaubich eine Frage der Interpretation. Wer die Schlüsselstelle komplett umgeht, was recht einfach möglich ist, der hat jedenfalls mit dem Walserkamm eine Tour vor sich, die über T4 nicht hinausgeht. So hab' ich's dann auch bewertet.
Fazit:
Grandiose, lange Gratüberschreitung, eine der schönsten, die ich je gemacht habe. Da die Schwierigkeiten, abgesehen von der Schlüsselstelle, T4 nie überschreiten, und es auf der ganzen Strecke eine gute Wegspur gibt, ist sie auch im Herbst, wenn das Gras schon trocken und spröde ist noch prima machbar. Die Aussicht ins Rätikon, zum Alpstein, auf den Bodensee und in den Bregenzerwald, aber auch auf den Zick-Zack-Grat selbst ist bei den sich über den Tag wandelnden Lichtverhältnissen großartig, und bis auf den Abstieg vom Hinterjoch wartet die Tour mit einer praktisch nie endenden Kette von Highlights auf. Eine echte fünf-Sterne Tour.
Hinweis:
So viele Buslinien es in Vorarlberg auch gibt, keine einzige davon führt übers Furkajoch. Da der Rückweg zum bzw. vom Joch lang und ermüdend ist, empfehle ich, sich rechtzeitig um einen Rücktransport zu kümmern. Ein Fahrrad ist ebenfalls eine prima Idee, ansonsten bleibt nur: Daumen raus! Aber auch das dürfte kein Problem sein: Die Walser sind nett.
Am Abend geschah dann etwas kurioses: In meiner Unterkunft in Damüls traf ich zufällig gleichzeitig mit einem Weitwanderer ein, der um ein Bett nachsuchte. Als er mich sah, runzelte er die Stirn: Kenn' ich Dich nicht irgendwoher? Bist Du im Internet? Stellte sich heraus, dass Stefan, so hieß der Weitwanderer, ein fleißiger Nutzer unserer Seiten ist. Natürlich gingen wir zusammen Abendessen, und redeten uns bis zehn Uhr abends die Köpfe heiß: Hast Du das schon gemacht? Warst Du dort schon oben? Eine sehr nette Begegnung!
Am nächsten Morgen verabschiedetet wir uns dann - oder auch nicht, denn auf dem Gipfel der Hochkünzelspitze, deren Ostgrat ich erkunden wollte, trafen wir uns wieder - nur anders.
Am Vortag konnte ich alle Grate rund ums Glatthorn begehen, nun wollte ich endlich den Walserkamm nachholen, den yuki und ich im Früa zwegenz Sperrung des Furkajochs nicht machen konnten. Zur Einstimmung lief Orchestre Celestis "The Big Carrot (and the misuse of it)".
Los ging's in (fast) aller Früh am Furkajoch (1760m). Hier ist ein kleines Gasthaus mit einem Parkplatz. Dort beginnen zahlreiche Trittspuren, die alle irgendwann zum Wanderweg Richtung Serer Falben/Löffelspitze konvergieren. Man gelangt zwischen beiden Bergen auf den Walserkamm, am Serajöchle (1836m). Wer mag, kann von hier aus gleich nach rechts, zur Löffelspitze starten, ich dagegen wollte sämtliche Gipfel am Kamm mitnehmen, und wanderte erst einmal die paar Meter zum Serer Falben (1891m) hinauf.
Furkajoch - Serer Falben: Markierter Wanderweg, T2, 20 Minuten
Ich genoss kurz die erste Gipfelaussicht des Tages, und stieg dann auf Trittspuren nach Osten hinunter in den Sattel zwischen Falbem und Pfrondhorn. Dann ging es drüben über steiles Gras, und im oberen Teil erstmals auch schon recht schmal, aufs Pfrondhorn (1949m).
Von hier aus hatte ich einen fantastischen Blick auf den Grat zwischen Glatthorn und Türtschhorn, den ich am Vortag begangen hatte. Ich blickte fantastisch, dann stieg ich auf meinem Aufstiegsweg wieder hinunter und querte aus dem Sattel direkt hinüber zum Serajöchle (1836m). Dann machte ich mich endgültig auf den Weg zum Hochgerach.
Man wandert einige Meter auf der Kante, dann passiert man ein Warnschild: "Warnung - Zur Löffelspitze keine Steiganlage". Dieses Schild ignoriert man (sonst könnt man ja nicht weitergehen) und wandert auf der guten Wegspur weiter Richtung Löffelspitze. Meist geht es auf der Kante weiter, einige Felspassagen werden (meist links) umgangen. Dann steht man vor einer steilen, schmalen Kante, die, trotz Warnung "keine Steiganlage", mit einem dünnen Seilchen gesichert ist. Es geht hinauf, und oben über die Graskante, bzw. oft links davon, hinauf auf die Löffelspitze (1962m).
Wem bis hierhin schon etwas falb um die Nas geworden ist, weil's doch recht ausgesetzt zugeht, der sollte auf der Löffelspitze besser umdrehen: In der Folge wird's nicht leichter. Der gesamte Grat wartet mit einer Unzahl T4-Stellen auf - und die Schlüsselstelle, die gleich ansteht, geht darüber noch deutlich hinaus.
Nächstes Etappenziel ist der "schöne Berg", die Mutabella. Da geht's erst einmal über zahme Wiesenhänge hin, auf halber Strecke wartet allerdings die Schlüsselstelle des gesamten Walserkamms: Ein senkrechter Felsabbruch, der je nach Betrachtung II/T4+ oder T6/II ist. Dazu am Schluss mehr.
Dort, wo der Wanderweg in einer scharfen Linkskurve hinunter zur Sentumalpe führt, bleibt man auf dem bald sehr scharfen Grat. Dann steht man plötzlich direkt vor dem Abbruch. Es geht zunächst ein etwa zwei Meter hohes Wandl hinunter (II), dann zwischen zwei der hier senkrecht stehenden Platten steile Tritte hinunter in eine Scharte. Dort muss ein Zacken überklettert werden (I), danach wird es mit jedem Schritt leichter.
Wer diese Stelle umgehen will, wandert von der Stelle aus, wo der Wanderweg in einer scharfen Linkskurve hinunter zur Sentumalpe führt, noch ein wenig bergab, und steigt dann über steiles Gras nach der Abbruchstelle wieder zum Grat hinauf.
Der Rest des Anstiegs ist dann deutlich leichter, und bald steht (oder sitzt, in meinem Fall) man auf der Mutabella (1935m).
Auch im Abstieg von diesem Gipfel warten einige T4-Stellen, der Grat ist teils schmal, und immer wieder muss man steile, felsdurchsetzte Stufen hinunter. Dann steht man im Schäfisjoch (gelegentlich auch Kühjoch, 1800m), wo von rechts (Norden) ein markierter Wanderweg heraufkommt.
Serer Falben - Pfrondhorn - Löffelspitze - Mutabella - Schäfisjoch: Gratüberschreitung auf guten, unmarkierten Wegspuren, bei Umgehung der Schlüsselstelle T4 (zahlreiche Stellen) und leichter, 2h
Auf diesem wandert man nun hinauf Richtung Gehrenspitze. Kurz vor dem Gipfel zweigt links ein Weg ab, es geht hinunter zur Schäfisalp oder hinüber in den Sattel zwischen Schäfiskopf und Kreuzspitz, zwei Gipfel, mit denen die Gehrenspitze eine Dreiergruppe bildet. Ich wollte alle Gipfel mitnehmen, deshalb stieg ich schnell hinauf zur Gehrenspitze (1871m) und überschritt sie hinüber zum Schäfiskopf (1901m).
Schäfisjoch - Gehrenspitze - Schäfiskopf: Gratüberschreitung auf markiertem Wanderweg, T2, 20 Minuten
Von dessen Gipfel stieg ich dann nach Süden ab, und aus dem Sattel drüben gleich wieder hinauf zum Kreuzspitz (1947m). Dieser Anstieg weist angeblich eine Einserstelle auf, die ich allerdings nicht identifizieren konnte. T4 ist er allerdings.
Wieder zurück im Sattel zwischen Schäfiskopf und Kreuzspitz querte ich nun links hinüber zum Bärenjoch (gelegentlich auch Niederjöchle, 1765m) zwischen Schäfiskopf und Melkspitze, von wo aus ich die Gratüberschreitung wieder aufnahm.
Schäfiskopf - Kreuzspitz - Bärenjoch: Wiesenhänge, T2, am Kreuzspitz Gratüberschreitung auf guten, unmarkierten Wegspuren, T4, 40 Minuten
Die waldige Kante hinauf zur Melkspitze hat es nochmal richtig in sich. Es geht auf schmaler Kante über mehrere Felsstufen hinauf, ober wartet dann ein ziemlich scharfer Grat. Doch bevor man zu diesem hinaufsteigt, muss man vor einer brüchigen Stufe auf einem schmalen Bandl nach links in die Flanke queren. Danach gleich wieder zum Grat hinauf, und auf diesem schmal zum höchsten Punkt der Melkspitze (1935m).
Der Grat senkt sich zwischen Melkspitze und dem nächsten Gipfel, dem Tälispitz, nur wenig, etwa 60 Meter ab. Im Grunde geht man das alles schön auf der Kante, auch hier spart der Walserkamm nicht mit T4-Stellen.
Der Tälispitz (2001m) kann von Süden auf zwei markierten Wanderwegen erreicht werden, und ist daher ein beliebtes Gipfelziel.
Bärenjoch - Melkspitze - Tälispitz: Gratüberschreitung auf guten, unmarkierten Wegspuren, T4, 1:15h
Der höchste Punkt dieser Tour! Der Blick fällt zunächst auf den weiteren Gratverlauf, zur Kuhspitze und zum Hüttenkopf. Dahinter, am Horizont, erheben sich mit Bifertenstock und Tödi gleich ein paar Promis. Weiter rechts fällt der Blick hinüber nach Liechtenstein, mit Kuhgrat, Garsellakopf und den Drei Schwestern. Hier dominiert der Glärnisch den Horizont dahinter. Dazwischen: die Alviergruppe, mit Gauschla, Alvier, Fulfirst und Gamsberg. Dann schließen sich die Churfirsten an. Weiter Richtung Westen folgt der Speer, bevor sich genau im Westen der Alpstein erhebt, von Wildhuser Schafberg, Moor und Girenspitz über Altmann und Säntis, Hüenerberg, Fälenschafberg, Altenalptürm, bis hin zum Hohen Kasten.
Was folgt, ist Deutschland. Flachland, Bodensee, Flachland. Irgendwo erhebt sich ein Gipfel namens Schöner Mann (1532 m), die richtigen Berge beginnen dann erst wieder im Norden, mit dem Freschen und dem Grat hinüber zur Hangspitze. Näher erheben sich die Sünserspitze, die Damülser Mittagspitze im Nordosten und die Klipperen. Der Klipperen? Irgendwo dazwischen lugt auch die Holenke hervor. Ein bissl prominenter sind der Diedamskopf, der Ifen, das Glatthorn, das Zafernhorn und das Türtschhorn. Dahinter erheben sich mit dem Nebelhorn, dem Hochvogel, dem Großen Wilden, der Mädelegabel und dem Hohen Licht einige Gipfel der Allgäuer Alpen. Davor schieben sich die Gräshörner, der Zitterklapfen und die Blasenka ins Blickfeld.
Im Osten ist der Hochberg zu erkennen, daneben der Feuerstein. Dahinter bilden die Kette von der Braunarlspitze zur Hochlichtspitze und die Gipfel bis hinüber zur Roten Wand den Horizont.
Der nächste Promi: der Patteriol. Dann folgen im Südosten die Madererspitze und das Fluchthorn, ein Stück weiter der Piz Buin und das Silvrettahorn, der Gross Litzner und der Piz Linard. Richtung Süden folgt dann das Rätikon, mit Sulzfluh, den Drei Türmen, der Zimba und der Schesaplana. Es folgen Tuklar und Fundelkopf, und dann schließt sich der Kreis mit den höchsten Liechtensteiner Gipfeln, den beiden Grauspitzen.
Hier ist viel los, das lässt aber gleich nach, wenn man, weiterhin unmarkiert, dem Grat weiter folgt.
Der Übergang zur Kuhspitze ist nicht mehr ganz so schwierig, es geht hinunter ins Tschöppner Niederjöchli (1900m), drüben wieder hinauf, und bald steht man auf der Kuhspitze (1964m). Nun ist es nicht mehr weit! Es geht als nächstes hinunter ins Alpilner Niederjöchli (1862m) und wieder hinauf zum lawinenschutz-bewehrten Gipfel des Hüttenkopfs. Dabei muss man unten, kurz vor dem tiefsten Punkt, ein paar Meter über einen schmalen Felsgrat und kurz darauf einem schmalen Mäuerchen folgen. Auf dem Hüttenkopf (1976m) angekommen, geht die Schiffschaukel weiter: 70 Meter hinunter, 80 Meter hinauf, und man steht - endlich - auf dem Hochgerach (1985m), dem letzten hohen Gipfel der Tour. Auch der ist nochmal ein beliebter Wanderberg, deshalb ist hier wieder viel los. Ich hielt mich nicht lange auf, und wanderte weiter zum Laternser Kreuz (1975m).
Tälispitz - Kuhspitze - Hüttenkopf - Hochgerach: Gratüberschreitung auf guten, meist unmarkierten Wegspuren, T3, 1:20h
Im Abstieg folgte ich kurz dem Weg, blieb dann aber am Grat, den ich direkt überschritt, bis hinauf zum Rappenköpfle (1864m). Das ist ein nur über Trittspuren erreichbares, dennoch verhältnismäßig gut besuchtes Gipfelchen, das sich mir am Grat in den Weg stellte, und das ich deshalb nicht auslassen wollte. Der Übergang vom Hochgerach am Grat wartet nochmal mit schmalen Passagen und T4-Stellen auf, gleiches gilt für den weglosen Abstieg vom Rappenköpfle, den ich wählte. Über steiles Gras stieg ich hinunter zum Wanderweg.
Hochgerach - Überschreitung Rappenköpfle: Gratüberschreitung auf guten, meist unmarkierten Wegspuren, T4, 25 Minuten
Auf dem Wanderweg gelangte ich nun halbwegs gemütlich zum Hinterjoch (1614m) hinunter. Hier ist dann endlich Innerlaterns angeschrieben! Den Markierungen folgend wanderte ich nun, vorbei an der Oberen Hensleralpe (1485m), hinunter nach Innerlaterns.
Wobei ... hinunter ist so ein Wort... Ganz am Ende muss man nämlich nochmal gut 120 Höhenmeter hinauf, bis man im Ort ist. Am Ende einer so langen Tour hopst man da nicht mehr fröhlich hinauf... Dann aber hat man's geschafft: An der Kirche von Innerlaterns (1051m) ist die Tour zu Ende.
Rappenköpfle - Innerlaterns: Markierte Wanderwege, T3 und leichter, 1:45h
Zur Bewertung:
Für mich ist die Tour, wenn man sie konsequent auf der Kante geht, eigentlich keine T4-Tour, und zwar wegen meiner Interpretation der Schlüsselstelle zwischen Löffelspitze und Mutabella. Diese würde ich persönlich so bewerten: Im obersten Teil 2m Kletterei (II), dann bis hinunter T6, am darauffolgenden Zacken I/T4+ (meinetwegen auch T5-) und nachfolgend Schritt für Schritt leichter. Damit komme ich auf T6/II.
Wer aber meine T6-Passage der IIer-Stelle zuschlägt und die Ier-Stelle dem T4+, der landet bei II/T4+. Ist glaubich eine Frage der Interpretation. Wer die Schlüsselstelle komplett umgeht, was recht einfach möglich ist, der hat jedenfalls mit dem Walserkamm eine Tour vor sich, die über T4 nicht hinausgeht. So hab' ich's dann auch bewertet.
Fazit:
Grandiose, lange Gratüberschreitung, eine der schönsten, die ich je gemacht habe. Da die Schwierigkeiten, abgesehen von der Schlüsselstelle, T4 nie überschreiten, und es auf der ganzen Strecke eine gute Wegspur gibt, ist sie auch im Herbst, wenn das Gras schon trocken und spröde ist noch prima machbar. Die Aussicht ins Rätikon, zum Alpstein, auf den Bodensee und in den Bregenzerwald, aber auch auf den Zick-Zack-Grat selbst ist bei den sich über den Tag wandelnden Lichtverhältnissen großartig, und bis auf den Abstieg vom Hinterjoch wartet die Tour mit einer praktisch nie endenden Kette von Highlights auf. Eine echte fünf-Sterne Tour.
Hinweis:
So viele Buslinien es in Vorarlberg auch gibt, keine einzige davon führt übers Furkajoch. Da der Rückweg zum bzw. vom Joch lang und ermüdend ist, empfehle ich, sich rechtzeitig um einen Rücktransport zu kümmern. Ein Fahrrad ist ebenfalls eine prima Idee, ansonsten bleibt nur: Daumen raus! Aber auch das dürfte kein Problem sein: Die Walser sind nett.
Am Abend geschah dann etwas kurioses: In meiner Unterkunft in Damüls traf ich zufällig gleichzeitig mit einem Weitwanderer ein, der um ein Bett nachsuchte. Als er mich sah, runzelte er die Stirn: Kenn' ich Dich nicht irgendwoher? Bist Du im Internet? Stellte sich heraus, dass Stefan, so hieß der Weitwanderer, ein fleißiger Nutzer unserer Seiten ist. Natürlich gingen wir zusammen Abendessen, und redeten uns bis zehn Uhr abends die Köpfe heiß: Hast Du das schon gemacht? Warst Du dort schon oben? Eine sehr nette Begegnung!
Am nächsten Morgen verabschiedetet wir uns dann - oder auch nicht, denn auf dem Gipfel der Hochkünzelspitze, deren Ostgrat ich erkunden wollte, trafen wir uns wieder - nur anders.
Tourengänger:
Nik Brückner

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