Das Rätsel der Hochschere


Publiziert von Nik Brückner , 9. August 2020 um 16:42.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechquellengebirge
Tour Datum:30 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:12,5km
Unterkunftmöglichkeiten:In Faschina, und zahlreiche in der Gegend

Ich hatte ja schon mehrfach in die Scharte zwischen Blasenka und Zitterklapfen hinuntergeschaut, die den Namen "Hochschere" trägt: Einmal von der Blasenka aus, einmal vom Hochschereweg aus, der den Grat ein wenig östlich, oberhalb der eigentlichen Scharte passiert. Und ich hatte mich gefragt, ob man den Abschnitt zwischen Blasenka und Hochschereweg begehen kann. Ein freundlicher Mithikr gab mir dann den Tipp, dass es dort Wegspuren und sogar alte Seilversicherungen gebe - und das schien mir Anlass genug, mir das mal genauer anzusehen.


Und so fuhr ich eines heißen Tages nach Faschina (1482 m) hinauf, begleitet von Boud Deuns Album "Astronomy Made Easy". Es gibt dort einen großen Parkplatz, von dem aus meine Ziele sämtlich gut zu erreichen sind. Dort startete ich meine Tour.

Meine ursprüngliche Idee war gewesen, den wunderbaren, scharfen Westgrat des Zafernhorns zu wiederholen, den ich vor Jahren mal mit Erfolg erkundet hatte. Da ich keine Lust hatte, mich durch die Lawinenverbauungen im Westen zu schlängeln, spekulierte ich auf meinen damaligen Anstieg kurz vor der Bartolomäusalpe, oder auf eine erlenbestandene Grasrippe dahinter. Aber auf der Bartolomäusalpe (1640 m) war ordentlich was los, und ich hatte da schon einmal für Aufregung gesorgt, also wanderte...

...ich auf dem Wanderweg zum Gumpener Grätle. Der Weg erreicht den Grat in einer Höhe von 1820m. Von hier bis zum Gipfel des Zafernhorns sind es knapp 300 Höhenmeter.

Faschina - Gumpener Grätle: markierter Wanderweg, T1, dann T2, 50 Minuten



Nun wanderte ich auf dem Grätle ran an den Berg. Der Grat ist zwar bewaldet, aber doch begehbar, weil hier im Sommer ein Weidezaun aufgestellt wird. Diesem, bzw. den dazugehörigen Wegspuren, die genau auf der Kante verlaufen, folgte ich.

Nach einigen Ringkämpfen mit Bäumen, schmalen Passagen und zwei felsigen Steilstufen kam ich bald an den Berg heran.

Am Übergang des Gumpener Grätles in die Nordrippe könnte man tatsächlich nochmal nach rechts zum oberen Westgrat hinüberqueren. Aber ich hatte keine Lust auf eine mühsame Querung, und die verlockende Nordrippe direkt vor der Nase, also entschloss ich mich kurzerhand, dort hinaufzusteigen.

Von hier aus bis zum Gipfel sind es etwa 230, 240 Höhenmeter. Die geht es nun erbarmungslos hinauf, durchwegs im T6-Gelände, mit nur einer Handvoll Möglichkeiten zwischendurch, bequem zu stehen. Gleich hier unten muss der Pickel in die Hand, denn das Gras wächst hier in der Nordseite nur spärlich, und man packt öfter in Moospakete, als in starke, lange Grashalme.

Und dann pickelt man sich hinauf, immer der Direttissima folgend.

Viel zu sagen ist über die Rippe nicht. Sie ist steil, unterschiedlich gut gestuft, weiter links tendenziell besser als weiter rechts. Unten überwiegen Gras und Moos, im mittleren Teil wird es felsig (Vorsicht! Nicht alles ist fest!), im Ausstieg erwartet einen dann endlich langes Gras. Das Ganze ist durchwegs T6, sehr ausgesetzt und schwierig.

Ca. 15, 20 Meter westlich des Kreuzes kam ich auf den Gipfel des Zafernhorns (2107 m). Ich habe etwa eine Dreiviertelstunde vom Ansatz der Rippe bis hinauf gebraucht.

Zafernhorn Nordrippe: Wegloser Steilgrasanstieg, T6/I, 45 Minuten


Nachdem ich in der letzten Dreiviertelstunde eine Graswand vor mir gehabt hatte, genoss ich hier zunächst mal die tolle Rundumsicht, zum Feuerstein, zum Glatthorn, zum Hochblanken und zur Mittagsspitze, zu Gungern und Klipperen, zur Kanisfluh, zu Diedamskopf und Üntschenspitze, zum Annalper Stecken, und zum Zitterklapfen.

Dann machte ich mich auf den etwa zwanzigminütigen Abstieg über den Normalweg zur Zaferafurka (1875m). Hier steht die kleine, von Hubert Stark 1995 errichtete Hubertuskapelle, der ich noch einen Besuch abstattete.

Zafernhorn - Zaferafurka: markierter Wanderweg, T2, 20 Minuten


Dann wandte ich mich vom Weg ab, und begab mich auf den Verbindungsgrat, der vom Zafernhorn zur Blasenka hinüberzieht, den Kühgrat.

Der Kühgrat ist vergleichsweise einfach, aber sehr schön. Es geht auf der Kante, (zu) oft aber auch links oder rechts daneben hinüber, auf einem kleinen Wegerl, und man fragt sich lange, warum das T4 sein soll. Einige kurze Abstiege in kleine Sättelchen, und ein Aufstieg über eine brüchige Stufe können diese Bewertung dann allerdings durchaus rechtfertigen. Kurios sind Fundamente am Grat, die auf das Jahr 1900 datiert sind, vermutlich gehörten sie einst zu einer Materialseilbahn.

Die Schlüsselstellen befinden sich im zweiten, östlichen Teil des Grats, dazu gehören die angesprochene brüchige Stufe, und ein Abstieg über brüchige Platten. Danach hat man's dann geschafft, und man kann nun wahlweise auf dem markierten Weg über den Südwestgipfel oder weglos über den Grashang direkt zur Blasenka aufsteigen. Ich habe mich dieses Mal angesichts der Hitze für den Weg entschieden und wanderte gemütlich zunächst Richtung Südwestgipfel, und dann weiter zum breiten Hauptgipfel der Blasenka (2109m) hinauf, der auch die Namen Hochlicht und einfach Mutta trägt.

Zaferafurka - Blasenka: Gratüberschreitung auf schmalen Weglein dann markierter Wanderweg, einige wenige Stellen T4, sonst leichter, 1:15h


Von hier aus hat man eine tolle Sicht auf den Westgrat des Zitterklapfens , der von hier aus ebenso faszinierend wie abweisend aussieht. Ich hatte den damals von der Hochschere aus gemacht, und war nun neugierig darauf, ob man vor hier aus zum Hochschereweg würde gelangen können.

Eigentlich sieht es machbar aus. Die Passagen, die man von oben einsehen kann, scheinen begehbar. Und der Abstieg von der Blasenka ist zwar steil, langt aber erst einmal noch nicht so richtig hin. Allerdings geht es ziemlich ausgesetzt abwärts: Links pfeift es senkrecht hinunter, rechts ist ein steiler Grashang, der weiter unten in einen wilden Tobel abbricht. Es geht hinunter zu einem kurzen grasigen Absatz mit einem kleinen Felsmäuerchen. Dieser ist schnell erreicht, und nun geht es auf der Kante weiter, bis man links hinuntersteigen kann.

Und dort wartete dann die Enttäuschung auf mich: Ein steiler, schotterübersähter Gratabschnitt führt zu einem Schartl hinunter, wo der Grat jäh senkrecht abbricht. Kein Durchkommen, jedenfalls nicht für mich.

Anders als ich es erzählt bekommen hatte, gibt es hier keine Wegspuren, und schon gar keine alten Seile. Projekt Übergang zum Hochschereweg gescheitert. Schade! Denn es wäre nicht mehr weit gewesen: Ein kurzer Gegenanstieg im Fels, ein kurzer Grasgrat, ein steiler Aufschwung, und eine elegante Graskante - dann wäre ich drüben gewesen. Was soll's! Auch diese Erkenntnis ist eine Erkenntnis: Der Übergang ist (für mich) nicht zu machen.

Ich stieg also wieder hinauf auf die Blasenka, genervt eher von der Hitze und davon, dass ich auch dieses Mal den nordseitigen Abschnitt des Hochscherewegs nicht würde kennenlernen können.

Herumprobieren in der Hochschere: wegloser, brüchiger Grat, T6, 45 Minuten


Auf dem Wanderweg stieg ich von der Blasenka wieder ab, und entschied mich noch im Abstieg, den Kühgrat erneut zu begehen. Der ist nämlich wirklich schön!

Ich wanderte also auf dem Kühgrat zurück zur Hubertuskapelle. Und ich muss sagen, ich fand den Kühgrat in der Ost-West-Richtung merklich anspruchsvoller. Einige hohe Stufen am Grat sind in dieser Richtung schwieriger. Na, ich hatte aber auch in dieser Richtung wieder viel Spaß.

Blasenka - Zaferafurka: markierter Wanderweg, dann Gratüberschreitung auf schmalen Weglein, einige wenige Stellen T4, sonst leichter, 1:00h


An der Hubertuskapelle (1875 m) quatschte ich mit ein paar netten Schwaben dann ging's zurück nach Faschina. Ich umrundete das Zafernhorn nordseitig, passierte wieder die Bartolomäusalpe (1640 m), und langte bald am Parkplatz in Faschina (1482 m)  wieder an.

Zaferafurka - Faschina: markierter Wanderweg, T2 und leichter 1:15h


Fazit:

Nix war's! Und von Wegspuren oder gar Seilen keine Spur. Schade! Aber ich hatte zumindest an der Zafernhorn-Nordrippe und auf dem Kühgrat viel Spaß gehabt. Die Hochschere dagegen bleibt ein ziemlich abgelegenes Ziel.


Ausrüstung:

- C-Schuhe (im Gras muss sicher gekantet werden)
- Stecken
- Helm
- Pickel


Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (4)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 9. August 2020 um 17:44
Trotz des Rückzugs Gratulation von mir.
Hast du dir diese Passage schon mal von der anderen Seite her ansehen können? Vielleicht ist das im Aufstieg machbar?

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. August 2020 um 18:33
Habe ich, aber nicht gut genug, um Details zu erinnern. Damals ging's mir um den Zitterklapfen.

Nyn hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. August 2020 um 18:34
Dann müssmer da nomal hin :D

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. August 2020 um 18:37
Nochmal! Oh je.... Ich hatte gehofft, dass ich das nicht mehr muss! ;o}


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