Auf dem langen Grat vom Alpilakopf zum Tuklar


Publiziert von Nik Brückner , 14. Dezember 2021 um 13:15.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Rätikon
Tour Datum:10 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:10,5 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der Dorfbahn und der Panoramabahn von Brand auf den Burtschasattel
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit der Dorfbahn hinunter nach Brand
Unterkunftmöglichkeiten:Im Brandertal

Nyn, MatthiasG, dieser Tourenbericht ist für Euch!

Von einer Tour über den Rossberg aus hatte ich diesen Grat erspäht: vom Alpilakopf zum Tuklar. Sieht von fern durchaus nach einer schönen Tour aus, ohne größere Stufen oder wilde Zacken. Aber wie so oft kommt's dann anders, als man denkt. In diesem Fall ist man über Stunden im Bruch unterwegs.



Los ging's in Brand. Mit der Brander Dorfbahn und der Panoramabahn fuhr ich hinauf zur Bergstation auf ca. 1661 Metern Höhe. Von dort aus wanderte ich auf dem breiten Weg nach Westen hinüber in den Parpfienzsattel (1675m), und von dort aus weiter, bis etwa auf die Höhe der Vorderen Parpfienzalpe. Dort bog ich rechts vom Weg ab.
 
Bergstation - Ab vom Weg: T1, 20 Minuten
 

Im lichten Bergwald wanderte ich in westlicher Richtung auf den Alpilakopf zu. Im Wald stößt man bald auf Wegspuren, die in das Kar nordöstlich des Gipfels führen. Vermutlich ein alter Alpweg. Im Kar verlieren sich die Spuren aber bald wieder. Ich hielt auf den niedrigsten Punkt des Grats zu, und wanderte weiter hinten im Kessel zwischen einem Geröllfeld (links) und Latschen (rechts) hindurch. Dahinter hielt ich mich wieder eher links, zur Mitte des Kessels hin. Hier stieg ich zwischen plattigen Felsen eine grasige Rampe hinauf (die steiler ist, als sie aussieht). Oben ging's dann schräg rechts hinauf zu einem Grassims. Hier kann man entweder steil direkt hinauf in ein schrofiges Schartl steigen (kaum I), oder auf Pfadspuren weiter nach rechts zum niedrigsten Punkt des Grats queren, und dann von dort aus auf dem felsigen Grat nach links zum schrofigen Schartl zurückkehren. Ich stieg direkt hinauf.
 
Hinauf zum Grat: T4, 55 Minuten
 

Ich folgte nun einigen Steinmännern bzw. einfach dem Gratverlauf links hinauf, wo das Gras bald spärlicher wird. Eine Felsrippe wird nach rechts überstiegen, zuletzt geht es über einen Grashang von Westen zum Alpilakopf (2156m).
 
Am Grat zum Alpilakopf: T3, 15 Minuten
 

Hier pausierte ich ein Weilchen, besah mir den bevorstehenden Grat, und nahm mir Zeit für ein Brot (=Brotzeit).

Dann ging's weiter über den zunächst einfachen, flachen, breiten Grasgrat. Dort, wo dieser steil zum Einschnitt der Salamirinne abbricht, stößt man auf rote Markierungen, dann Wegspuren, denen man abwärts folgen kann. Ein Stück weiter führt sogar ein richtiger Weg aus der breiten Scharte wieder hinauf auf den Grat. Doch meine Hoffnung, die Überschreitung zum Tuklar auf Wegspuren bewältigen zu köknnen, verpuffte dort. Denn der Weg verliert sich bald im bröseligen Felsgelände – und ist auch später nicht wiederzufinden.

Erst einige Stunden später, im Lorenzatäli, würde ich wieder den Luxus eines richtigen Wegs genießen können...
 
Man ist in der Folge auf einer etwa 300 Meter langen, brüchigen Felsschneide unterwegs. Zu Anfang kann Vieles noch auf der Kante genommen werden, dann muss man auch immer wieder in die Flanken ausweichen, mal rechts, mal links.

Angesichts der zahllosen Zacken und Türmchen und der vielen Möglichkeiten, sie zu überwinden, macht eine genaue Beschreibung keinen großen Sinn - sie wäre wohl auch kaum möglich. Daher soll hier nur der allgemeine Charakter der Passage kurz skizziert werden: Der Fels ist äußerst brüchig, manchmal wackeln ganze Zacken. Jeder Tritt, jeder Griff möchte erst genau unter die Lupe genommen werden, ehe man ihn belastet - und man sollte auch immer gut darauf achten, wie Tritte und Griffe belastet werden wollen. Am Besten packt man großflächig an große Köpfe - aber auch das ist keine Garantie: Mir sind mehrfach kopfgroße Steine ausgebrochen. In solch einem Gelände gilt es, konzentriert und sicher zu gehen, und stets die Dreipunktregel zu beachten. Erfahrung sowohl in brüchigem Gelände als auch in der Routenfindung sind in diesem Abschnitt unerlässlich.
 
Hat man diese 300 Meter nach einer knappen Dreiviertelstunde endlich hinter sich, geht es zum Glück leichter voran. Nach links zieht nun ein mäßig geneigter Grashang hinunter, der all jenen die Querung mancher Graterhebung ermöglicht, die nicht zwanghaft alles genau auf der Kante gehen möchten. Die nächsten 700 Meter lassen sich daher in nicht einmal 20 Minuten zurücklegen.
 
Dann geht es über mehrere Aufschwünge an den fesligen Gipfelaufbau des Tuklars heran. Die ersten Felsbastionen werden linksseitig im steilen Gras umgangen. Zurück am Grat wird es nun felsig, Gras bekommt man nun für lange Zeit keines mehr unter die Vibrams. Ich bin in diesem Abschnitt mehr oder weniger dem Grat gefolgt, und über Schrofen zu den nächsten Felsstufen aufgestiegen. Hier stellt sich dann die Frage: Umgehen? Links, rechts? Stattdessen bin ich geradewegs hinauf, in überraschend gutem Fels, mit großen Griffen, die die Passage über eine II nicht hinausgehen lassen. So kletterte ich hinauf, bis ich an der nächsten Linksumgehung einen guten Blick zum Gipfelkreuz hatte. Es war schon noch ein Stück.

Ich stieg in die nächste Scharte hinunter, und umging auch die nächste Stufe linksseitig. Über Schrofen ging es dann wieder hinauf auf den Gratrücken. Bald ist, wieder links, ein deutliches Grasband zu sehen, auf dem es nun längere Zeit erneut durch die linke Flanke geht. Die darauffolgende Stufe wird wieder rechts umgangen, dann geht es vor einem Klotz mit Walmdach durch eine Scharte wieder auf die linke Seite. Schrofen führen rechts hinauf in die letzte Scharte vor dem Gipfel, der schließlich von rechts über plattigen Fels erstiegen wird. Dann ist der Tuklar (2318m) endlich erreicht.
 
Alpilakopf - Tuklar: T6/II, 2:20
 

Eine herrliche Aussicht bietet sich hier. Im Süden, ganz nah und prominent, ragt die Schesaplana auf, daneben der Panüeler Kopf. Davor die Pyramide des Windeggerspitz. Im Südwesten die Liechtensteiner Gipfel: Naafkopf, die Grauspitzen, und der Falknis. Davor und unmittelbar dem Tuklar benachbart, der Fundelkopf. Im Westen ist der mächtige Glärnisch zu sehen, dann der Alvier mit seiner Gruppe, rechts davon ein paar Churfirsten und die Alpsteingipfel mit Säntis und Altmann, Hängeten und Altenalptürmen und natürlich dem Hohen Kasten. Im Norden kann man am Bodensee den Pfänder ausmachen, den Hohen Freschen und die Gipfel des Walserkamms. Auch die Damülser Mittagspitze zeigt sich. Im Nordosten sind Glatthorn und Türtschhorn zu sehen, Diedamskopf, Zafernhorn und Zitterklapfen. Weiter rechts Hochkünzelspitze, Widderstein und Rote Wand. Im Osten ragt der Hohe Riffler auf. Ganz prominent ist natürlich auch die Zimba, im Südosten sieht man Sulzfluh, die Drei Türme und die Drusenfluh. Und da ist auch der Rossberg, von dem aus ich den Grat zwischen Alpilakopf und Tuklar zum ersten Mal gesehen hatte.

Vom Gipfel steigt man nun nicht direkt auf dem SSW-Grat ab, weil dieser in einer senkrechten Stufe abbricht. Stattdessen nimmt man zunächst eine Rinne nach Westen hinunter, bis zu einer Einsattelung unterhalb des Gipfels. Von hier aus quert man dann durch schotteriges Gelände nach links zu einer Rippe, und von dort aus noch einmal weiter, hinunter zum SSW-Grat.

Diesen erreicht man direkt an einem markanten Zacken, der nun links umgangen wird. Dahinter verlässt man den Grat wieder, und steigt rechts einen Schotterhang ein gutes Stück ab. Dann quert man nach links, ein wenig heikel, in eine deutliche Schotterrinne, die vom SSW-Grat hinunterzieht. In dieser wühlt man sich wieder hinauf zum Grat. In einer Scharte angekommen, schaut man schon in die große Rinne auf der anderen Seite, in der gleich abgestiegen wird.

An dieser Stelle kommt man allerdings nicht in die große Rinne hinunter. Man überkraxelt vielmehr einen Zacken nach rechts, und gelangt so an eine Stelle mit markant gelbem Fels. Aus diesem gelben Schartl kurvt man am Besten in einer Linkskurve in die große Rinne hinunter. Das ist direkt unterhalb des Grats noch einmal ein heikel, wird dann aber gleich besser.

Die große Rinne selbst scheint dann zunächst einmal eine Erholung zu sein, weil man endlich nicht mehr im Bruch in Absturzgelände unterwegs ist, sie entpuppt sich dann aber als deutlich länger als sie aussieht - und als deutlich nerviger. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis die Rinne mal ein bisschen weniger steil wird, und einstweilen ist man über jeden Flecken Gras und jedes Altschneefeld froh.
 
Ganz unten hielt ich dann auf einen Jägerstand zu meiner Rechten zu, in der Hoffnung, ein Zugangswegerl nutzen zu können, um zum Wanderweg im Lorenzatäli zu gelangen. Ein kurzer Latschenkampf war's dennoch, bis ich endlich wieder einen Weg unter meinen Füßen hatte.
 
Vom Tuklar zum Weg: T6/I, 1:15h
 

Von der Stelle aus, an der ich auf den Wanderweg stieß, war's dann noch eine Dreiviertelstunde, bis ich an der Inneren Parpfienz-Alpe (1528m) vorbei an der Bergstation der Dorfbahn Brand (1400m) angekommen war. Fast sechs Stunden war ich unterwegs gewesen, davon nicht mal eine auf Wegen. Was für ein Gewühle...


Auf dem Weg zurück zur Bergstation: T1, 45 Minuten
 

Fazit:

Eine robuste Tour in brüchigem Schotter, und damit ein Schmankerl für alle, die gern robuste Touren in brüchigem Schotter gehen. Meins ist das nicht. Zu oft entscheidet das Glück, ob ein Griff oder ein Tritt hält, und das ist nicht mein Ding. Muss man nicht machen. Die Tour am Tag darauf gefiel mir dafür viel besser: Über den Ostgrat auf den Freschluakopf und weiter über den Grat zum Zaluandakopf.


Ausrüstung:

C-Schuhe, Stecken, Helm

Tourengänger: Nik Brückner


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