Sonnenköpfle, Türtschhorn, Hahnenköpfle - die Grate rund ums Glatthorn


Publiziert von Nik Brückner , 26. Oktober 2017 um 15:47.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Bregenzerwald-Gebirge
Tour Datum:14 Oktober 2017
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:12km

Vor - wievielen? Sechs? Wochen musste ich meinen Sommerurlaub nach dem Jubiläumsgrat abbrechen. Schnee - fast den gesamten Rest des Sommers hindurch. Lediglich zum wunderbaren Ostgrat des Tannheimer Geißhorns und zu einer Gratüberschreitung am Daniel hatte es gereicht. Im Oktober aber wurde es endlich nochmal schön. Auf geht's in den Bregenzerwald!

Die Überschreitung des Grats zwischen Glatthorn und Türtschhorn, das wär doch was für den Anreisetag. Dieses Foto aus dem Bericht von boerscht hatte mich angefixt. Ein bissl aufwürzen vielleicht, schließlich hat das Glatthorn insgesamt vier Grate. Die alle zu begehen, war mein Plan.



Ich reiste also an, Robert John Godfreys "Fall of Hyperion" im Player, übers Furkajoch, durch Damüls, und hinauf nach Faschina (1482m), wo ich mein kloines Auto pork. Ich querte über die Straße und wanderte hinauf, Richtung Stafelalpe/Glatthorn. Mein erstes Gipfelziel war das Sonnenköpfle, ein praktisch nie bestiegener kleiner Gipfel oberhalb von Faschina, von dem aus ein schöner, etwa eineinhalb Kilometer langer Grat hinauf zum Glatthorn zieht.

An der Stafelalpe wechselt der Wanderweg auf eine Fahrstraße, die wanderte ich hinauf bis zur ersten scharfen Rechtskehre. Kurz danach verließ ich die Straße und stieg hinauf zum Stafelalpsee (1649m). Von dort, so mein Gedanke, müsste das Sonnenköpfle erreichbar sein.

Faschina - Stafelalpsee: Wander- und Güterwege, T1, 20 Minuten


Ich querte von nun an auf Kuhpfaden, später weglos schräg links (ostwärts) hinauf Richtung Sonnenköpfle. Der direkte Anstieg ist sausteil, besser ist es, eine Gratscharte westlich davon anzupeilen, das Fürkili (1822m). Das ist immer noch steil genug, und zudem schattseitig: Auf hartgewordenem Boden und nassem, liegendem Gras stieg ich hinauf. Dem Anstieg zum Westgrat des Zafernhorns nicht ganz unähnlich - nur brauchte ich hier keinen Pickel. Ein wenig Gewalt genügte.

Ein schöner Grat! Und ein toller Blick nach Süden. Nun kurz links auf's Sonnenköpfle, zurück in die Scharte, und los geht's Richtung Glatthorn!

Dachte ich... Die ersten Meter gehen ja, es geht eine Graskante hinauf, oben ein paar Meter eben, dann steht man vor zwei Scharten: Brüchiger Fels, Erde, in der Steine stecken, abgestorbene Latschenäste (mit denen habe ich so meine Erfahrungen). Kein tolles Gelände, und so brauchte ich für die ersten paar Meter am Grat, bis zum Sonnenköpfle (1877m) volle zehn Minuten. Na, das konnte ja heiter werden...

Wurde es auch! Denn abgesehen vom Rückweg in meine Aufstiegsscharte ist die Gratüberschreitung zum Glatthorn ein echtes Schmankerl!

Es ging zunächst zurück ins Fürkili (1822m), dann drüben hinauf und weiter über Gras und Fels. Deutlich leichter zu begehen als der kurze Abstecher zum Sonnenköpfle.

Zunächst geht man auf einer recht schmalen, teils baumbestandenen Kante. Hier ist Veggie-Day angesagt: man muss ein wenig mit der Vegetation kämpfen. Konkret heißt das, dass man ab und zu beherzt an einen Baumstamm greifen, und seinen hübschen Hintern über dem Abgrund um die Pflanze herumschwingen muss. Ich LIEBE das, seit ich diese Technik am Nordpfeiler der Üntschenspitze zum ersten Mal anwenden musste. Ist aber sicher nicht jedermanns Sache. Und für Nichtjedermann gibt es prompt eine Passage, an der man ein großes Stück Grat in der Nordflanke queren kann. Wer dagegen gern um Bäume schwingt, bleibt oben auf der Kante...

Zwei kleinere brüchige Stufen müssen abgeklettert werden, da muss man geben, nämlich Obacht. Der Rest ist prächtiges Wandern auf einer schmalen Kante.

Hat man einen markanten, scharfen Aufschwung überwunden, das Bakmädli (1950m), wird der Grat deutlich leichter. Bald steht man im Oberen Hornjoch auf der Ostgratschulter (1992), wo die Wanderwege heraufkommen. Von hier aus geht es dann steil, aber unschwierig auf den Gipfel des Glatthorns (2134m).

Stafelalpsee - Sonnenköpfle - Glatthorn: Steilgras, weglose Gratüberschreitung, II/T6- (am Sonnenköpfle) und leichter, vom Oberen Hornjoch zum Glatthorn markierter Wanderweg, T3, ca. 2h


Hier schwatzte ich ein wenig mit den Anwesenden, sämtlich Tagesausflügler aus Schwaben, mit und ohne Kinder. Ich schrieb was Nettes ins Gipfelbuch, dann verabschiedete ich mich von den anderen und machte mich auf den Weg.

Ü! Wo geht der denn hin?

Tja, der Grat zum Türtschhorn ist der einzige, auf dem kein Weg verläuft. Wer in dieser Richtung absteigt, sorgt für Überraschung, und wird eine ganze Weile noch beobachtet.


Der Übergang vom Glatthorn zum Türtschhorn besteht aus zwei Abschnitten: Zunächst geht es über sanfte Grashänge hinunter ins Fürkili (1970m, nicht zu verwechseln!). Der obere T3-Bereich wird dabei nicht überschritten. Unten dann zieht sich der Grat schmal zusammen, und man wandert auf der Kante hinüber zu den ersten Zacken. Hier ist dann auch eine deutliche Wegspur zu erkennen - im Gegensatz zum Übergang von Sonnenköpfle zum Glatthorn wird dieser Grat offenbar recht häufig begangen.

Es geht über einige kleinere Zacken, auch mal zwischen Bäumen hindurch, alles gut begehbar. Eine erste größere Stufe recht ins T4 hinein, hier geht es zunächst auf der Kante, dann in der Flanke auf schmalen Tritten weiter. Dann wandert man auf der Graskante entlang zu einem weiteren Grataufschwung, der rechts über grobes Geröll umgangen wird. Gleich wieder zum Grat hinauf, und auf ihm hin zum letzten Anstieg in einem nochmal steilen, aber gemächlichen Grashang. Oben angekommen, sind es auf dem Gipfelgrat nur noch wenige Meter bis zum Kreuz des Türtschhorns (2096m).

Hier genoss ich den Rundblick, man sieht ins Rätikon, in den Alpstein, hinüber zum Walserkamm natürlich, im Norden das Glatthorn, und weiter drüben Zafernhorn und die Berge rund um den Zitterklapfen, mit dem markanten Annalper Stecken, dahinter Rothorn und Hochberg, Feuerstein, und das Rätikon mit Schesaplana, den Drei Türmen und der Zimba.

Dann machte ich mich auf den Rückweg zum Glatthorn (2134m).

Glatthorn - Türtschhorn - Glatthorn: Gratüberschreitung auf guten Wegspuren, T4/I, hin und zurück 1:20h


Kurz vor drei! Ich hatte noch Zeit. Ich entschied, nach Norden abzusteigen, und das Hahnenköpfle noch mitzunehmen. Dabei fiel mir im Abstieg das Damülser Horn ins Auge, zu dem ebenfalls ein schöner Grat hinüberzieht. Auch der sollte doch eigentlich machbar sein.... Ausprobieren! Und so verließ ich an der Stelle, an der er den Nordwestgrat des Glatthorns verlässt, den Wanderweg, und blieb am Grat.

Abstieg vom Glatthorn-Gipfel: Wanderweg, T3, paminuttn


Wild! Wild und rauh geht es hier zu. Bäume gibt es zunächst keine, aber steile, brüchige Felsstufen, die ich teils nordseitig hinunterstieg, wo es nass war und Schneereste lagen. Aber so überraschend schwierig der Grat war, so überraschend gut ging es doch. Ich stieg langsam hinunter, Schritt für Schritt, und unten angelangt, wanderte ich gemütlich auf dem Grasgrat hinüber zum Damülser Horn. Sollte bald nur noch eine Frage von - hoppla! Was ist das denn! Ein senkrechter Abbruch war aber nicht eingeplant! Na, senkrecht ist er nicht, aber sehr steil, defi T6, und haarig, weil klitschnass. Weiter unten sah ich schon den markierten Normalweg zum Damülser Horn, weit wär's nicht mehr gewesen - aber hoch. Und so gab ich das Horn auf, drehte um, wanderte auf dem Grasgrat zurück, und zweigte kurz vor den ersten Felsaufschwüngen weglos links hinüber zum Schluchtensattel (1960m).

Auf dem Nordwestgrat des Glatthorns: Weglose Gratüberschreitung, T5/II, hin und zurück 45 Minuten


Ich beschloss, dass es mir nun reichte, und wanderte auf dem markierten Weg übers Zwölferköpfle (1978m) auf dem Länggrat hinunter zum Hahnenköpfle (1772m) mit der Mittelstation der Seilbahn Faschina Stafelalpe (1780m). Dabei stach mir der messerscharfe Westgrat des Zafernhorns gehörig ins Auge.... Den wollte ich unbedingt machen!

Vom Hahnenköpfle aus gelangte ich in wenigen Minuten zurück nach Faschina (1482m).

Schluchtensattel - Faschina: Markierter Wanderweg, T3 und leichter, 45 Minuten


...wo es doch tatsächlich noch ein Eis gab! In einer Eisdiele dielte mir ein Eisdieler ein Eis! Nicht zu fassen, in einer Gegend, in der im Oktober kein einziges Gasthaus mehr geöffnet ist, und man zum Essen zehn, fünzehn Kilomter weit fahren muss. Sieh mal einer an!


Der Westgrat des Zafernhorns war an diesem Tag auf meine Wunschliste gerückt. Doch am nächsten Tag wollte ich nun endlich den Walserkamm nachholen, den yuki und ich im Früa zwegenz Sperrung des Furkajochs nicht machen konnten.

Tourengänger: Nik Brückner


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