Roggspitze - die Schönste weit und breit!


Publiziert von Nik Brückner , 2. Oktober 2014 um 11:30.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum: 8 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   Arlberg 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:14km
Unterkunftmöglichkeiten:Stuttgarter Hütte, oder in Zürs, vorausgesetzt dort leben Menschen...

Rogg'n'Roll!

Die Roggspitze! Ein Olistholith!

Vielleicht...

Die Roggspitze! Ich hab sie 2010 von der Leutkircher Hütte aus zum ersten Mal gesehen, in wildem Orange, und seither hat mich das Horn fasziniert. In einer der wenigen Schönwetterlücken im September 2014 wagte ich einen Schnellschuss auf den Gipfel - und erstieg ihn mit Erfolg!



Ab nach Zürs, "The Imperial Hotel" von dem Samurai of Prog (oder England?) im Player. Früh um Viertel nach neun ging es los. Vorher war ich noch eben aus Heiterwang aufgebrochen, nach Warth gefahren, hatte mir dort eine Unterkunft gesichert, und war weiter nach Zürs gewechselt.

Zürs (1717m). Ist das ein Ort? Also ich meine, im Sinne von: wohnen? Lebt dort jemand? Kam mir vor wie ne Geisterstadt...

Also Viertel nach neun ab. Jürg Jürgensen (in aller Welt besser bekannt unter seinem Namen Exträjmjürgen) höchstpersönlich wünschte mir viel Erfolg für dieser Tour! Andere dagegen haben sich in etwa in diesem Sinne geäußert: An dieser Tour wirst du wenig Vergnügen haben! Na, ich war auf jeden Fall gespannt.

An der "Tal"station der Stuttgarter Materialseilbahn ging das Abenteuer los. Ein wilder Kerl in grün stürmte auf mich zu. Lilli sei verschwunden! Ob ich nach ihr Ausschau halten könnte. Ja na klar! Nur: Wer ist Lilli gleich nochmal? Ah! Der Hund von der Stuttgarter Hütte! Also gut, ich halte die Augen offen. Kurz: fünf Murmelis habe ich gesehen - aber keine Lilli.

Nach einer Stunde fünfzehn war ich an der Stuttgarter Hütte (2305m, bis hierher allenfalls T3). Gleich rein und zur Wirtin, denn die machten sich dort oben echt Sorgen. Das Hüttenteam war in alle Windrichtungen ausgeschwärmt, um Lilli zu suchen! Da ich über die westliche Erlispitze gehen wollte, kam nun noch eine Windrichtung dazu - obwohl ich nicht glaubte, dass Lilli dort hinaufgegangen sein konnte.

Zürs - Stuttgarter Hütte: 75 Minuten, Fahrweg, dann T3


Der Weg zur Erlispitze ist leicht zu finden. Man folgt dem Boschweg (das ist Robert Bosch) bis zu einem Steinmann am Beginn des Nordwestgrates, dann geht es immer den Grat entlang hinauf. Abweisende Felsen kann man links umgehen, rechts war ich glaubich nie - aber bei guter Sicht ist die Routenfindung eh kein Problem. Die Augen sollte man sowieso offenhalten, denn es geht an einigen sehr interessanten, weil bunten Platten vorbei, die man sich unbedingt ansehen sollte. Man sieht die auch schon von der Stuttgarter Hütte aus - aber zur Geologie später mehr.

Der Grat ist anfangs einfach, dann zieht er sich zusammen und wird hinaufwärts felsiger. Von einer Schulter aus geht es dann auf spärlichen Trittspuren einen Schotterhang hinauf, bevor man in den zerklüfteten Gipfelgrat einsteigt. Hier zieht die Kletterschwierigkeit ein bisschen an, aber das geht schon alles, I oder so, je nach Routenführung, bis zum Gipfel (2631m)

Von der Stuttgarter Hütte zur Westlichen Erlispitze: 1 Stunde, T5/I


Kurz vor dem zerborstenen Gipfel geht es dann rechts hinunter, wo man schon den schmalen Verbindungsgrat zwischen Erli- und Roggspitze sehen kann. Auf dem Grat selbst ist gut laufen, dort hinunterzusteigen ist allerdings nicht ohne. Vor einem Steilabbruch (II) fragt man sich kurz, wie man da hinunter kommen soll. Ich habe drei Möglichkeiten - nun ja - für Euch ausprobiert: Links umgehen geht nicht, weil einen ein felsiges Band unversehens wieder hinaufführt. Rechts umgehen geht auch nicht, weils doof ist. Also ab durch die Mitte, nicht ganz leicht, aber am Ende kein Problem für den Meister der Vorwärtsabkletterns von IIerstellen (Roggscharte: 2550m).

Die Roggspitze! Ein Olistholith!

Vielleicht...

Interessant: Vor der Roggspitze ziehen weiße, knubbelige Felsen rechts hinunter. Danach ist das Ding ein einziger rotbrauner Klotz aus Aptychenkalk. Hinüber führt eine stellenweise schmale Gratschneide. Dann geht es rechts hinein in die steile Gipfelrampe, die umso machbarer aussieht, je näher man ihr kommt. Noch auf der Erlispitze denkt man: Wie soll das bloß gehen?!? - direkt drunter sieht man dann aber kaum noch Probleme. Tatsächlich ist der untere Teil Gehgelände, steil, schotterig, aber aufgrund des scharfzackigen Gesteins super gestuft. Nur im oberen Teil, etwa 20 Hm unter dem Gipfel, sind Kletterfertigkeiten gefragt.

Übergang auf dem Grat: 10 Min, T5


Zunächst quert man, geführt von kleinen Steinmännern, vom Grat aus nach rechts, hinein in ein Rinnensystem ("schwarze Rinne"). Hier unten sind noch Wegspuren, auf denen es sich prima gehen lässt. Da man das Gipfelkreuz eigentlich immer gut sehen kann, kann man sich daran orientieren, und nutzt am Besten eine der Rinnen zum Aufstieg. Der kantige Aptychenkalk bietet auch im steilen Gelände bequeme Tritte und in der Wand einer solchen Rinne gute Griffe, so dass man sich passagenweise wie auf einer Treppe mit Handlauf fühlt. Macht Spaß!

Weiter oben sieht man dann rote Punkte, die aber relativ weit nach links hinausführen, und vielleicht eher Kletterern beim seilgesicherten Abstieg helfen. Ich bin in den Rinnen geblieben, bis der oberste Teil des Gipfels in festerem Fels leichte Kletterei unvermeidlich macht. Doch in dem rauen Gestein ist das gar kein Problem, und die 20, 25 Meter Kletterei sind in nullkommanichts geschafft. In nicht mal einer halben Stunde war ich vom Grat auf dem Gipfel (2747m).

Roggspitze: T5 im unteren Bereich, oben II in gutem, festem, rauem Fels. Aufstieg: 25 Min, Abstieg ebenfalls 25 Min.


Der Gipfel der Roggspitze ist atemberaubend! An drei Seiten senkrecht bietet er eine fantastische Aussicht und ein wohlig gruseliges Gefühl beim Tiefblick. Aber vor allem den Blick zur verbauten Valluga sollte man genießen und sich freuen, dass man auf dem schöneren der beiden Zacken steht! ;-) Rechts dahinter zeigen sich Kuchenspitze, Patteriol und Kaltenberg, alle drei im Verwall. Weiter hinten, im Rätikon, zeigen sich Sulzfluh, Drei Türme und Drusenfluh, dann die Schesaplana.
 
Im Westen erheben sich die Gipfel des Lechquellengebirges, mit der Wildgrubenspitze, der Roten Wand, dazwischen lugen Speer und Girenspitz aus der Schweiz herüber. Das Lechquellengebirge sowie der angrenzende Bregenzerwald setzen sich fort mit Hochlichtspitze, Braunarlspitze, Hochkünzelspitze und Mohnenfluh.
 
Weiter Richtung Norden beginnt dann die Reihe der Allgäuer Gipfel mit dem Widderstein und dem
Ifen, das Walmendinger Horn ist zu sehen, auch der Liechelkopf. Ziemlich genau im Norden erhebt sich dann der Biberkopf. Rechts davon die Berge um den Rappensee: Hochrappenkopf, Rappenseekopf, Hochgundpitze und Rotgundspitze.
 
Am Allgäuer Hauptkamm geht's weiter mit dem Hohen Licht, der Hochfrottspitze, dem Krottenkopf und der Hornbachkette. Thaneller und Daniel sind eher zu vermuten als zu sehen, dann geht's weiter mit den Lechtalern: Griestalerspitze, Elmer Kreuzspitze, Namloser Wetterspitze – dahinter die unvermeidliche Zugspitze. Weiter geht's mit der Holzgauer Wetterspitze und der Feuerspitze, der Freispitze und der Vorderseespitze und natürlich der
Parseierspitze, dem höchsten Berg der Lechtaler, ziemlich genau im Osten.
 
Wieder näher ist der
Hohe Riffler, dann sind im Südosten einige prominente Gipfel am Horizont zu sehen: Wildspitze, Hochvernagtspitze, Glockturm, Weißseespitze, Weißkugel. An der Valluga endet die Runde schließlich.

Hier oben habe ich dann Kletterer aus der Sektion Schwaben getroffen, richtige DAV-Prominenz, mit denen zusammen ich dann abgestiegen bin. Die haben vielleicht geflucht! Ich mag so Gelände, ja, aber diese beiden Jungs ziehen trotz ihrer großen Bergerfahrung ("zusammen sind wir über 150") eine senkrechte Wand vor... Na, mir macht so Gelände nichts, und so war ich ebenso schnell wieder unten in der Roggscharte (2550m), wie ich zuvor hinaufgekraxelt bin.


Der Abstieg vom Grat auf einem schiefrig/erdigen Trampelpfad mit engen Steilkurven ist fies, steil, aber im Grunde nicht schwierig. Wenn es nass ist, könnte der allerdings leicht zur Rutschpartie werden. Tipp: Wer den Übergang von der Erlispitze auslassen will, kann bequemer hier hinauf.

Abstieg aus der Scharte zum Boschweg: T4, 10 Minuten


Unten stößt man dann wieder auf den Boschweg, auf dem man in 20 Minuten zur Stuttgarter Hütte (2305m) zurückwandert.

Wanderweg zur Stuttgarter Hütte: T3, 20 Minuten


Nur Lilli hatte ich nicht gesehen - und die beiden Kletterer auch nicht... Machte aber nichts! Denn sie war von selbst zurückgekommen! Sie hatte einen Wanderer zur Ulmer Hütte begleitet, und war dann von dort aus wieder selbstständig zurückgekehrt. Hüttenhund eben.

Vor der Stuttgarter Hütte lungerten so langhaarige Metal-Typen mit Fantasy-T-Shirts rum... Geologen also. Und ich dachte an meinen alten Traum von der idealen Seilschaft: mit mir, einem Botaniker, einem Zoologen und einem Geologen. Höps! Mit einer Botanikerin, einer Zoologin und einer Geologin natürlich. Jedenfalls quatschte ich sie an: "Hey! Ihr seid Geologen, richtig?" - "Ja, woher weißte denn das?!?"

...

Die Studenten erzählten mir, dass sie mit ihren Profs auf Exkursion seien, und ich dachte, denen schließe ich mich ganz bescheiden mal an! Und tatsächlich kamen die auch gleich um die Ecke, und meine Frechheit mit höflichem Interesse tarnend, schloss ich mich der Gruppe an, als sie nach Zürs abstieg. So was Interessantes! Wir haben für den Abstieg drei mal so lang gebraucht wie ich für den Aufstieg, aber ich habe viel gelernt. Muscheln im Muschelkalk zu erkennen, zum Beispiel. Oder das Wort "Olistholith" - wobei ich dazu sagen muss, dass nicht ganz gesichert ist, ob die Roggspitze wirklich einer ist. Das ist halt die aktuelle These.

Also an dieser Stelle nochmal ganz herzlichen Dank an die Geologen, es war toll, Euch kennenzulernen, und ich hab mich sehr gefreut, dass Ihr mir das eine oder andere erklärt habt. Auch wenn ich nicht alles verstanden habe.


Wie lange der Abstieg gedauert hat? Keine Ahnung. Aber er war wieder T3, wie der Aufstieg, bloß halt andersrum.


Und mein Vergnügen? Sehr hoch! Die Roggspitze ist ein Hammer. Und die schönste weit und breit!


Ausrüstung:

Stöcke, Helm.

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (4)


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hebel hat gesagt: Roggspitze
Gesendet am 3. November 2014 um 16:38
Hallo Nik,ich schon wieder...ob du es glaubst oder nicht auch die Roggspitze ist ein Ziel von Katrin meiner wenigkeit.....und ich nerve schon wieder.Ist die Roggspitze sehr ausgesetzt?
Vielleicht kannst du wieder einen Routenführung einzeichnen....,,,,????
Gruß auch von Katrin...... Herbert

Nik Brückner hat gesagt: RE:Roggspitze
Gesendet am 3. November 2014 um 17:39
Hi Herbert, hi Katrin!

Ich glaub's! Die Roggspitze ist schließlich die Schönste weit und breit! Du nervst also nicht - im Gegenteil. Ich freu' mich, wenn ich helfen kann.

Ausgesetzt? Nö, hab ich gar nicht so empfunden. Du gehst ja immer in Rinnen, da kommt trotz Steilheit kein Gefühl der Ausgesetztheit auf. Die Routenführung ist damit auch klar: Immer in den Rinnen und da, wo's am Bequemsten ist! ;o} Nur direkt unterm Gipfel kannst du das Klettern nicht vermeiden. Aber da ist's fester Fels mit guten Griffen, also kein Problem. Hab mich nicht mal sichern müssen. Einen Helm braucht Ihr halt!

Ein Bild hab ich Euch gemalt!

Grüßle,

Nik

hebel hat gesagt: RE:Roggspitze
Gesendet am 3. November 2014 um 18:12
Danke Nik und weiterhin viel Spaß in den Bergen.
Falls wir die Touren machen melden wir uns ....
Leider wird es wohl nächstes Jahr...
Herbert

Nik Brückner hat gesagt: RE:Roggspitze
Gesendet am 3. November 2014 um 18:22
Ich wünsch Euch viel Spaß, Ihr beiden! Und berichtet mal!

Bis dann,

Nik


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