Freschluakopf Ostgrat und Gratüberschreitung zum Zaluandakopf


Publiziert von Nik Brückner , 14. Dezember 2021 um 13:15.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Rätikon
Tour Datum:11 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:12 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wanderbus von Vandans ins Rellstal

Im August 2020 hatte ich versucht, über die Rossberg-Gipfel auf den Zaluandakopf zu kommen, und war bei dem Versuch gescheitert. Nun, elf Monate später, wollte ich es noch einmal versuchen, diesmal von der anderen Seite her, über den Freschluakopf. Dieser Gipfel ist ziemlich sexy, ich hatte dieses Bild auf dieser Website entdeckt, und der Grat hat mich sofort angeturnt. Es ist der Ostgrat des Freschluakopfs.

Keine Info, natürlich. Und so musste ich selbst hin und nachsehen. Hoffentlich würde die Tour schöner werden also die gestrige - auf dem langen Grat vom Alpilakopf zum Tuklar hatte ich vor lauter Bruch nicht allzuviel Spaß.


Start war morgens um 8:15 Uhr im Rellstal, wohin ich mit dem ersten Wanderbus gekommen war. Von hier aus ist der Ostgrat des Freschluakopfs bereits zu sehen, er dominiert sogar das hintere Tal, durch das der Zaluandabach fließt.
 
Ich wanderte in 20 Minuten hinter zur Unteren Zaluandaalpe. Dabei passiert man den untersten Ostgrat, wobei schnell klar wird, dass dieser kaum zu begehen ist. Hinter der Unteren Zaluandaalpe führt der breite Weg über einen Bach, und dann auf der anderen Talseite weiter hinauf zu einer hübschen, bei einer scharfe Linkskurve gelegenen Hütte. Etwa hundert Meter weiter führt ein kaum noch ausgeprägter Weg in spitzem Winkel nach Nordwesten.

Rellstal – Abzweig vom Weg: breiter Fahrweg, T1, 50 Minuten


Auf diesem Weg gelangt man zu einer Rippe am Waldrand. Hier steht ein Jagdunterstand. Und ab hier wird der Weg kurz breiter, bevor er sich im Wiesengelände an einem Bach (Pt. 1860) wieder verliert. Oberhalb ist ein Unterstand im Hang des Freschluakopfs zu sehen, zu dem ich nun hinaufstieg. Der Zugangsweg sieht von unten aus besser aus, als er ist, und so stolpert man eher voran, bis man auf einem kleinen künstlichen Plateau vor dem Unterstand angekommen ist.

Alter Weg – Unterstand: Wegspuren, unmarkiert, T2, 20 Minuten

 
Ich stieg dann rechts am Hüttl hinauf zu Grat. Das wird oben steiler als man denkt, und im pitschnassen Gras war das nicht so richtig angenehm. Bald hatte ich nicht nur nasse Stiefel, vor allem die Handschuhe waren schnell durchnässt.

Aufstieg zum Grat: wegloser Steilgrasanstieg, T4, 20 Minuten

 
Am Grat angekommen, geht es nun zunächst eine Graskante hinauf. Begehungsspuren am Grat stammen von Tieren, von Menschen wird dieser Grat sichtlich kaum begangen. Die Schneide ist im unteren Bereich sehr schmal, und man muss jeden Tritt vorsichtig setzen, insbesondere bei Nässe. Bald gelangt man an eine Stelle, an der der linke Hang aus plattigem Fels besteht. Das ist aber problemlos auf der Kante bzw. rechts davon zu begehen. Danach geht's im Gras weiter hinauf. Der Grat schwingt sich von Stufe zu Stufe, und obwohl man immer konzentriert gehen muss, ist's nicht immer super steil.
 
Dann wird ein erster Felszacken auf guten Tierspuren links umgangen. Kurz danach kommt links plattiger Fels herauf. Hier könnte man knapp rechts der Kante hinaufkraxeln, ich habe mich links gehalten, und die großen, grasbewachsenen Risse zwischen den Platten genutzt, um hinaufzusteigen. Das ist ausgesetzt, geht aber sehr gut, weil der Fels schön fest ist.
 
Danach lehnt sich der Grat ein wenig zurück, und das Gehen wird weniger anstrengend. Man passiert einige Köpfl, die sämtlich unproblematisch sind. Kurz vor dem höchsten Punkt geriet ich dann in eine Wolke, und wurde glatt verführt, auf ein Vorgipfelchen zu steigen, das man besser links umgeht. Zwischen diesem und dem Hauptgipfel steht noch ein schöner, schlanker Zacken, erst danach steigt man wieder hinauf auf den Grat und geht die letzten Meter zum Gipfel des Freschluakopfs (2314m).

Auf dem Grat zum Gipfel: weglos, T5 (oft leichter)/I, 1:20h


Herrlich! Der Grat hatte gehalten, was das Foto versprochen hatte: Ein wunderbarer Grasgrat, abwechslungsreich, und nicht übermäßig schwierig. Nur die Aussicht hatte ein wenig zu wünschen übriggelassen. Na, das sollte sich ja vielleicht noch ändern.
 
Bis hierher war der Grat maximal T5, weitgehend sogar nur T4. Der Abstieg vom Freschluakopf ist da eine ganz andere Kategorie.


Man bleibt zunächst auf der Kante, und wandert weiter nach Südwesten.

Der Gipfelgrat bildet hier eine Schneide, die nach rechts senkrecht abbricht, nach links führt eine äußerst steile Graswand hinunter. 

Schnell steht man an einem senkrechten Abbruch. Auf dem Grat ist hier kein Weiterkommen.

Ein wenig weiter links unten führt ein Felsband, auf das man ein kurzen Stück hinuntersteigen muss, nach rechts hinüber auf den Grat. Dieser sieht allerdings für 60, 80 Meter so aus, als hätte irgendjemand die Steine einer Gratmauer zum Einsturz gebracht. Es schaut begehbar aus, aber wer weiß, was da alles wackelt.
 
Die Alternative ist der Abstieg links hinunter über den 60° steilen Grashang und der Wiederaufstieg auf den Grat jenseits einer Bruchhalde, die von der zusammengestürzten Gratmauer ins Tal hinunterzieht. Ich überlegte kurz, und entschied mich dann für den Steilgrasabstieg. Hier brauchte es – zumindest für mich, im nassen Gras – einen Pickel, ohne den dürfte dieser Abstieg ein risikoreiches Unterfangen sein. Bei Nässe allemal, und so stieg ich langsam und vorsichtig hinunter, bis ich die Schutthalde überqueren konnte. Etwa eine halbe Stunde brauchte ich für den Ab- und den (viel leichteren) Wiederaufstieg.
 
Abstieg und Wiederaufstieg: Steilgras, weglos,T6 – T3, 30 Minuten


Zurück auf dem Grat ist es nun ein schönes, einfaches und genussreiches Gratwandern, bis knapp unter den Gipfel des Zaluandakopfs, für fast einen Kilometer, so weit stehen die beiden Gipfel auseinander. Den Zaluandakopf konnte ich dann recht schnell besteigen, weil ich den Rucksack vor dem Gipfelaufschwung deponiert habe. Über Gras geht es weit hinauf zu den Gipfelfelsen. Die ersten Schrofen überwindet man schräg links aufsteigend, das darauf folgende Felsband ist niedrig, und schnell erstiegen. Dann geht es kurz über Gras an eine Spalte, die mit einigen Spreizschritten schnell erkraxelt ist. Links hinaus, und auf einen Felskopf, der nur noch durch ein kleines, brüchiges Schartl vom Gipfel des Zaluandakopfs (2437m) getrennt ist.

Auf dem Grat zum Zaluandakopf: weglos, T2, am Gipfel T4/I, 40 Minuten

 
...wo ich prompt das ungewöhnlichste Tier überraschte, das ich je auf einem 2400er angetroffen habe: Einen Fuchs! Keine Ahnung, wie der hier heraufgekommen war. Er verschwand auch sofort, als er mich sah, und ward danach nicht wieder gesehen. Respekt, Meister Reineke! Keine schlechte Leistung.
 
Und hier hatte ich dann doch noch meine Aussicht: Vor mir, im Westen, dominiert - natürlich - die Schesaplana. Im Nordwesten dann die beiden Schafgafalle, daneben gleich die Zimba, die Königin hier. Ganz hinten sind Annalper Stecken, Diedamskopf und Zitterklapfen zu sehen, danaben die Hohe Künzel, die Rote Wand, ganz hinten der Hochvogel. Weiter vorn dann Hohes Licht und Krottenkopf. Richtung Osten folgen dann Roggspitze und Valluga, Freispitze und Parseierspitze. Im Verwall erheben sich der Hohe Riffler, die Kuchenspitze und der Patteriol. Dann folgte der Hauptkamm, mit Wildspitze, Weißseespitze und Weißkugel. Im Südosten unübersehbahr: die Drusenfluh, im Süden: die Kirchlispitzen. Im Südwesten geht der Blick in die Schweiz und nach Italien: Pizzo Tambo, Ringelspitz, Tödi.

Zurück zum Rucksackdepot ging's dann auf der Aufstiegsroute.

Abstieg vom Gipfel: weglos, T4/I und leichter, 10 Minuten


Ich hielt mich auf gar nicht länger auf dem Grat auf, sondern stieg von hier aus zu den schönen Matten der Alpa Vera hinunter. Dort orientierte ich mich an einem faszinierenden Felsentor, das ich schon am Morgen von Pt. 1860 am Bach aus erspäht hatte: dem Gufelstein (1960m).

Vom Grat zum Gufelstein: weglos, T2, 30 Minuten


Der Gufelstein ist ein fantastisches landschaftliches Highlight, das man unbedingt gesehen haben sollte, wenn man in der Gegend ist. Eingezeichnet ist es allerdings nur in der Kompasskarte – dafür an der falschen Stelle. Kompass eben. Der Hikr-Wegpunkt ist aber verlässlich.

Der Gufelstein ist ein fast barock anmutendes Felsgewölbe mit einigen Okuli in der Kuppel. Das größte wird "Auge Gottes". Der Gufelstein ist eine geologische Besonderheit, und ist als Naturdenkmal eingestuft.

Ich wanderte staunend durch das Felsentor und stieg dann hinunter zum Bach an Pt. 1860, von wo auch ich es zuerst gesehen hatte. Dann ging's über die Aufstiegsroute zurück zum Alpengasthof Rellstal (1465m).
 
Vom Gufelstein zum Weg: weglos, T2, 30 Minuten, ins Rellstal auf breitem Fahrweg: T1, 30 Minuten


Fazit:


Überraschend grandiose Runde in einer wenig besuchten Ecke des Rätikons. Highlights sind der Ostgrat des Freschluakopfs und der Gufelstein. Und so freute mich auf meine dritte und letzte Tour im Rätikon: Sie sollte mich auf das Glegghorn führen.


Ausrüstung:

C-Schuhe, Helm, Stecken, Pickel

Tourengänger: Nik Brückner


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»