Fletschhorn-/Lagginhorn-Überschreitung


Publiziert von roger_h , 11. November 2019 um 20:54. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:26 August 2019
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 

An einem Samstag dem 23. Oktober 2010 fand auf der Bannalp im Kanton Nidwalden eine für zwei Personen schicksalshafte Begegnung statt. Der eine hatte über 8 Stunden Anfahrtsweg hinter sich, der andere keine halbe Stunde. Der eine hatte bereits einen dicht gepackten Erfahrungsrucksack in Sachen Bergsteigen gepackt, der andere hatte gerade erst zaghaft damit begonnen, sich eigenständig ins Hochgebirge zu wagen. Der eine kleidet sich gerne in roten Klamotten mit Schweizer Kreuz und der andere...ist Schweizer. Der eine sprach eine dem anderen seltsam vorkommende Sprache und der andere.....ebenfalls! (HÄ? Da hat nur einer eine seltsame Sprache gesprochen... nämlich Du..:-)))

Was kann zwei Männer, die auf den ersten Blick ziemlich unterschiedlich wirken, einander näher bringen? Klar, die zwei grossen B's, Berge und...Bier! Und so zauberte der norddeutsche, in Schweizfarben Gewandete bei jener Alphütte auf der Bannalp ein Weizenbier in einer Petflasche (!) aus seinem Rucksack und reichte dieses dem skeptisch dreinschauenden (wegen der Petflasche) Zentralschweizer zum Wohle. Das Eis war innert dem Bruchteil einer Sekunde gebrochen, auch weil das Petflaschen-Weizen deutlich besser schmeckte, als es der Schweizer Teil der Geschichte zunächst vermutete. (DAS war der ultimative Test, ob DU auch Humor besitzt. Denn wer Weizenbier aus Petflaschen trinkt, DER MUSS HUMOR haben!!!)… (und wer mit dem Schweizhutträger auf Tour geht, DER braucht ne Menge Humor!!)

Der Rest ist zumindest für die beiden Protagonisten mittlerweile Geschichte und kann auszugsweise in den folgenden Berichten nachgelesen werden:

Im Jahr 2019 hatte WoPo1961 dann sein grosses Sabbatical geplant und klar, dass ich versuchte, ein Zeitfenster für ein paar gemeinsame Touren freizuschaufeln. Das Zeitfenster war dann nicht ganz so gross wie erhofft, aber immerhin zwei Wochen konnten wir gemeinsam verplanen. Und nach einem erfolglosen Versuch *2017, den Nadelgrat zu überschreiten, stand dieses Projekt noch dick und fett in unserer Agenda.

Als Eingehtour hatten wir uns für die Überschreitung von Fletschhorn und Lagginhorn entschieden. Erstens war das für uns beide die einzige Route aufs Lagginhorn, die uns noch fehlte und zweitens gingen wir mit dem Fletschhorn erneut das Ziel unserer ersten gemeinsamen Tour an. Als Fortsetzung hatten wir den Nordgrat des Weissmies auserkoren. (als Folgetour am darauffolgenden Tag wohlgemerkt! Sonst hätte es mindestens ein Biwak gegeben!! MINDESTENS) 

So stiegen wir am Sonntag den 25. August 2019 zur Weissmieshütte hoch, während die kräftigen, schweren Männer im Sägemehl im Kanton Zug um den Titel eines Schwingerkönigs kämpften. Bloss, an den Wallisern geht der seit einiger Zeit bestehende "Hype" ums Schwingen in etwa so vorbei, wie an WoPo. (ich rätsel bis zum heutigen Tag, wo genau der Sinn liegt, sich im Sägemehl herum zu wälzen???? Oder ist das ein Schnitzel-Contest??)  Am TV in der Weissmieshütte lief zwar die Liveübertragung und bald darauf auch der Schlussgang, aber ausser der Urner Hüttenhilfe und mir interessierten sich genau null Leute für diesen Event.

Am Montagmorgen den 26. August 2019 suchten wir uns unter all den vielen Pfaden auf der Seitenmoräne den optimalen Weg runter zum Tälligletscher, obwohl wir denselben Weg schon 2012 gegangen sind, in der Dunkelheit kein allzu leichtes Unterfangen. Wir hielten uns zu wenig nördlich des Tälligletschers und stiegen in übelstem Schutt in Richtung des Früstücksplatzes. Man hält sich mit Vorteil an den Pfad westlich von Punkt 3262. WoPo quittierte zum ersten, aber nicht letzten Mal während der zwei Wochen, den Schutt mit seinen norddeutschen Flüchen (vom CO-Autor anzumerken wäre noch, das sich die aktuellen Verhältnisse doch ziemlich heftig unterschieden im Vergleich zum Aufstieg 2012. Solch ein Schutt und Schotter Gestampfe gab`s damals noch nicht!!), aber auch ich hatte keine grosse Freude am Gelände. Zumindest schien der Aufstieg 2012 in der Erinnerung ungleich angenehmer.

Unterhalb des Frühstückplatzes war der Gletscher komplett ausgeapert und wir umgingen die steilsten Blankeisstellen, indem wir auf ca. 3530m über ein wenig ausgeprägtes Felsband und Schutt über den nordöstlichsten Ausläufer des Jegigrats auf den Firngrat stiegen und so den Frühstücksplatz erreichten.

Vom Frühstücksplatz suchten wir uns in nord-/nordöstlicher Richtung den optimalen Weg über den Grüebugletscher zum Nord-/Nordwestgrat des Fletchhorns. Die genaue Route ist durch die grossen Spaltenzonen bzw. die aktuelle Spaltensituation gegeben. Im Gegensatz zu 2012 ist der Gletscher eher komplizierter geworden, hatte es doch einige grosse, verdeckte, aber nur schlecht eingeschneite Spalten zu queren und eine unangenehme Randspalte kurz vor dem Gratausstieg. (Jau, der Schweizkappentäger erinnert sich an eine unelegante Überquerung besagter Spalte. Womöglich ein kleiner Schritt für die Menschheit, für mich in DEM Augenblick ein fast unmögliches Unterfangen. Vor allen Dingen, wieso ist der Kerl vor mir dort so locker rüber gekommen??? Mann, was hab ich über den Randspaltengott geschimpft!) Über den Firngrat war es dann nur noch ein kurzer, einfacher Gang zum ersten Gipfel des Tages.

Zum zweiten Mal nach 2012 durften wir uns zum Fletschhorngipfel gratulieren, dieses Mal im Gegensatz zu 2012 sogar auf Anhieb auf dem richtigen Gipfel, auf dem es mittlerweile ein Gipfelkreuz hat und der somit nicht mehr mit dem Nebengipfel verwechselt werden kann. (und alleine auf solch einen Gipfel stehen zu dürfen, ist immer etwas Besonderes!!)

Der Abstieg zum Fletschjoch ist ein gemütlicher Gang und ebenso der Einstieg in den Nord-/Nordostgrat des Lagginhorns. (Naja, das letzte Stückchen zum Felsgrat besitzt schon einen Hauch von Steilheit!) Der Grat ist stellenweise recht steil (sag ich doch :-), aber gut gestuft und einfach, aus meiner Sicht bei den staubtrockenen Verhältnissen fast durchgängig eine II mit vielleicht einer oder zwei IIIer-Stellen, die wir jedoch nicht bewusst wahrgenommen haben. Wir konnten jedenfalls alles am laufenden, halblangen Seil gehen und sahen uns an keiner Stelle genötigt, fixen Stand einzurichten. (und ich dachte, ich wäre die ganze Zeit gesichert und safe wie in Mama´s Armen gewesen). Die Wegfindung am Grat ist nicht kompliziert, falls man nicht direkt auf dem Grat hochsteigt, befindet man sich etwas links/östlich des Grats.

Trotz der Sommerhitze war am Ausstieg des Grats zum Lagginhorngipfel noch ein Firnfeld vorhanden und wir haben dort nochmals kurz sicherheitshalber die Steigeisen angezogen. Auch zum Laggonhorngipfel konnten wir uns nach dem Südgrat 2014 zum zweiten Mal gratulieren, im Gegensatz zu 2014 liess das Wetter und die Temperatur sogar einen etwas längeren Gipfelaufenthalt zu. Auch das Lagginhorn hatte seit 2014 ein neues, hübscheres Gipfelkreuz erhalten.

Der Normalweg zum Lagginhorn, den wir im Abstieg begangen haben, ist seit einiger Zeit in warmen Sommern eine reine Geröllwanderung, auf der die Hauptschwierigkeit darin besteht, keine Steine talwärts zu befördern. (oder Steinbockmamas mit Nachwuchs zu umgehen, die zunäxt keine Anstalten zum Platzwechsel machten) Allenfalls ist es noch der Rest des Laggingletschers, der an eine kombinierte Hochtour erinnert, man kann diesen aber auch umgehen, wenn man dem West-Südwestgrat bis zum Ende folgt (Steinmänner).

Mit dem Weissbier auf der Hüttenterasse schliesst sich wiederum ein Kreis für WoPo und für mich, auch das gehört mittlerweile zu einer gemeinsamen Tour ganz einfach dazu. (wie heißt es doch sooo schön: Traditionen sollten gepflegt werden. Und was gibt`s Schöneres als nach einer erfolgreichen, weil gesunden Rückkehr darauf anzustossen?!!)Auf der Hütte einigten wir uns darauf, dass der Nordgrat des Weissmies nicht die richtige Tour für den Formaufbau zum Nadelgrat ist und nahmen uns als nächstes das Gspaltenhorn vor. (gute Entscheidung!! Und Einvernehmliche. Und überhaupt, wir brauchen doch noch Ziele... :-))
Ziemlich toller Start in unsere Woger/RoPo-Wochen. Spaßfrei geht definitiv gaaanz anders. Ein fettes Danke schön an unvergessliche Stunden!!

Tourengänger: roger_h, WoPo1961


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Kommentare (7)


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jfk hat gesagt: Coole Sache!
Gesendet am 12. November 2019 um 23:25
Schöne Tour, die ihr zwei da unternommen habt. Ich stand ja dann knapp einen Monat später ebenfalls auf den beiden Gipfeln.

LG Jonas

WoPo1961 hat gesagt: RE:Coole Sache!
Gesendet am 13. November 2019 um 09:15
Ursprünglich hatte ich genau eure Tour auf dem Zettel stehen. Natürlich MIT einer Biwakübernachtung. Denn soooo hurtig wie ihr Beiden da hochgestiefelt seid, kriegt der Schweizkappenträger leider nicht hin.
Natürlich könnte ich jetzt etwas von einem engen Zeitfenster schönschwatzen, und DESHALB haben wir auf diese Variante verzichtet. Die Wahrheit liegt natürlich in der bequemen Übernachtung auf der anderen Seite, ohne Biwakzeug hinaufschleppen zu müssen. Dafür mit gekühlten Getränken vor Ort. Von daher, die viel coolere Tour habt ihr gemacht!! Aber DAS hatte ich dir ja schon beim Hikr Treff gesagt.
Merci vielmal für deinen Kommentar.

Grüße aus dem "hohen" Norden
WoPo

Schubi hat gesagt:
Gesendet am 13. November 2019 um 18:57
Das schaut nach einer fantastischen Tour aus, Glückwunsch euch Beiden.
Beim Flaschenweizen musst ich doppelt staunen: ich find's ja eh schon schwierig, schäumfreudiges Weizen nicht aus einem Glas, sondern DIREKT aus der Flasche zu trinken ... habt ihr Kompressions-Lungen? Und dann auch noch PET-Flaschen! Die machen beim Anstossen doch gar kein gemütliches Anstoss-Geräusch?
Egal: Hauptsach, es hat euch gemundet. Und das hat es bei so einer beeindruckenden Tour sicherlich.
Fernprost!
Frank

WoPo1961 hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. November 2019 um 08:05
Moin Frank,
Natürlich sind auch wir Freunde des gepflegten Weizenbiergenusses! Aber wenn Gläser fehlen, werden , entsprechende Flaschen trotzdem geöffnet und eben glaslos getrunken. Das geht! Erst Recht nach langen Touren. Kleiner Tip: die ersten Schlucke nicht ganz so hastig "inhalieren", dann dann schlagen die Lungen auch nicht mit ihren Flügeln:-)

Im aktuellen Fall gab es jedoch zum Bier auch das passende Gläschen dazu. DAS benutzten wir dann auch!
Ein fettes Danke schön fürs kommentieren. Bis auf das nächtliche Herumstochern im Geröllschutt macht diese Tour tatsächlich Spaß und wenn das Wetter passt, gibt es zur Belohnung auch noch phantastische Blicke... und Bilder.
Aus Flachlandhausen grüßt der
WoPo

Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 24. November 2019 um 10:00
nach dem Rimpfisch-Solo-Bericht gleich noch ein weiteres Schmankerl; das lasse ich mir am heutigen Sonntag gefallen!
Jedenfalls herzlichen Glückwunsch zu dieser Tour; wäre ich auch gerne dabei gewesen ... (ups; hatte ich ja bereits am Hikr-Treff erwähnt ...).
Und merci für die tollen Fotos!

Momentan habe ich allerdings einen ganz anderen Bezug zu den 4000ern: in den letzten 3 Wochen waren die Hütten auf 4400m oder höher gelegen (bis 5150m) - und zu den Bergen schauten wir nochmals 3000 - 4000m hinauf ...

Beste Grüsse,
Richard

WoPo1961 hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. November 2019 um 19:21
Ja,ja, kaum schnuppert der Richard mal richtige Höhenluft, schon sind die heimatlichen 4000er Berge ihm schon fast zu klein. ;-) Dafür bist du jetzt tiptop akklimatisiert und würdest die ganze Zeit pfeifend zu den Gipfel steigen... wären sie noch schneefrei.
Sicher werden wir mal eine gemeinsame Tour machen, denke mal der werte Kollege Roger pflichtet mir da sicherlich bei. Vorausgesetzt du bist Nicht mehr so gut akklimatisiert wie aktuell. .. Sonst pfeifen wir nämlich beim Aufstieg.... Aus dem letzten Loch!!!
Dank dir für deinen Kommentar
WoPo

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. November 2019 um 19:34
so ein Mist auch, dass bei uns jetzt nicht gerade Hochtouren-Saison ist! Momentan würde ich wohl tatsächlich pfeifend auf den einen oder anderen Gipfel huschen ... ;-))
Aber bis wir allenfalls auf gemeinsame Tour gehen werden, werde ich ebenfalls wieder aus dem letzten Loch pfeifen ...


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