Überschreitung Fletschhorn (3985 m) zum Lagginhorn (4010 m)


Publiziert von Sarmiento , 27. Juli 2014 um 14:35.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:10 August 2013
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Unterkunftmöglichkeiten:Weissmieshütte

Eigentlich waren wir hier - auf der Weissmieshütte - nur gelandet, weil die 3 Tage zuvor schlechtes und schneereiches Wetter unsere geplanten Besteigungen am Dent d'Herens und am Matterhorn zunichte gemacht hatte. Hier, nur etwas weiter nordöstlich, war nicht ganz so viel runtergekommen, und die 3 Berge des Weissmieskamms (Fletschhorn, Lagginhorn, Weissmies) gelten innerhalb der 4000er als technisch einfacher.

Aufstieg Fletschhorn (3985 m)

Morgens um halb 4 war's vorbei mit der Hüttenruhe. Die Weissmieshütte hat die ungewöhnliche Eigenschaft, dass man zwischen 4 und 7 zu jeder Zeit frühstücken kann - und nicht um feste Zeiten, wie sonst eher üblich. In einem großen Lager steht daher kontinuierlich alle viertel Stunde jemand weiteres auf, richtet sich, geht raus - und der nächste übernimmt dann das Prozedere. Nun ja...

Nach ausgiebigem Frühstück ging's für uns kurz nach 5 in die stille und kalte Morgenluft. Über uns wurde es bereits ein ganz klein wenig hell, sodass wir unsre Stirnlampen keine halbe Stunde benötigten. Man geht zunächst links (NO-Richtung) auf einen Bach zu, überquert diesen und folgt ihm dann ca. 15 min aufwärts. Dann teilt sich der Weg - wenn auch nur schwach sichtbar - erneut. Rechts zweigt ein kaum ausgeprägter Weg zum Lagginhorn-Gletscher ab, links steigt unser Weg ein paar Meter auf die ehemalige Seitenmoräne des Tälligletschers an, der vom Fletschhorn herunterzieht. Man folgt der Moräne für weitere 20 min, und steigt dann links steil und über rutschiges Geröll auf die kümmerliche Gletscherzunge des Tälligletschers ab.

Der hat im Übrigen eine recht sonderbare Erscheinung - er ist sehr aufgefurcht, mit vielen Miniatur-Eisskulpturen, und hat eher eine matt-stählerne als eine weiße, braune oder rote Färbung. Am oberen Ende (also nach weiteren 15 min) haben wir dann unsere Steigeisen angelegt, um in die breite Rinne einzusteigen, die sich um P. 3263 nach unten zieht. Sie war größtenteils noch mit Schnee gefüllt, soweit von unten ersichtlich, wir sind daher nicht ab hier linkerhand Richtung Jegigrat aufgestiegen, wie unser Führer alternativ empfohlen hatte. Teils über Geröll, teils über flache und teils über steile Schneefelder arbeitet man sich in besagter Rinne stufenweise nach oben, bis man nach ca. 1 h NO oberhabl von P. 3527 die Rinnenkante erreicht und plötzlich auf den wunderschönen Grüebugletscher blickt. Auf ein paar flachen Felsen direkt an der Kante haben wir Rast gemacht, die Sonnencreme rausgeholt und uns angeseilt.

Zunächst folgt man dem Schneegrat in O-Richtung (auf P. 3914 zu) für ca. 10 min, um dann nördlich abzubiegen und den Grüebugletscher zu queren. Dadurch kann man die Spaltenzonen ober- und unterhalb recht bequem umgehen. Nach ca. 20 min Querung hält man etwas nach links, ungefähr auf das Ende des Firngrates zu, dass sich südöstlich von P. 3775 befindet. Hier sind kaum noch Spalten und man kann den vor einem liegenden Schneerücken im Zick-Zack nehmen. Auf der Gratschneide angekommen, begrüßte uns die wohlig warme Morgensonne (die uns allerdings nach 2 Minuten schon wieder ZU warm wurde) und ein wunderbarer Blick Richung Simplon-Pass und Ostschweiz. Wow!

Von nun an ist der Weg einfach: Nur noch dem teils recht ausgeprägten Firngrat nach oben folgen, der sich im oberen Teil ein wenig verläuft und schließlich an ein paar Felsen endet, die bereits den P. 3982 - und damit den östlichen Vorgipfel markieren. Vorsicht ist am Grat allerdings geboten, da er teils stark überwächtet ist! Auch, wenn es hier flacher und angenehmer zum Gehen aussieht - lieber ein paar Meter rechts in die steilere W-Flanke ausweichen! Auf dem Firngrat kamen uns 2 Seilschaften auf ihrem Weg nach unten entgegen, am P. 3982 machte die dritte Pause. Außer uns würde heute also niemand die Überschreitung aufs Lagginhorn angehen. Erstmal ein bisschen mit den andren quatschen, Essen & Trinken, Fotos machen. Und, irgendwas war doch noch, oder? Ach ja, fast hätten wir den eigentlichen Gipfel P. 3985 vergessen! Schnell noch über 2 Spalten rüberturnen und kurz genießen, dann aber weiter - wir sind schließlich noch lange nicht fertig.

Abstieg Fletschjoch (3688 m) und Aufstieg Lagginhorn (4010 m)

Über ein paar verschneite Felsen Richtung Osten, ungefähr auf P. 3927 zu, landet man nach 5 minuten auf dem Fletschhorngletscher und folgt diesem nach unten in das große und breite Fletschjoch. Man hat genügend Zeit, die gegenüberliegende Aufstiegsroute am N-Grat des Lagginhorns zu studieren - und festzustellen "Mei, da liegt ja doch noch ganz ordentlich Schnee drauf". Machen wir das wirklich? Ja, wir haben genügend Zeit, das Wetter ist gut, wir sind in der Übung, warum also nicht.

Vom P. 3688 ab zieht ein sehr steiler, kurzer Firngrat nördlich hoch zu den ersten Felsen des Grates. Im Fels angekommen, folgt man fast immer direkt der Gratschneide, hin und wieder wechselt man auch für ein paar Meter auf die O-Seite, seltener auch auf die W-Seite. Zunächst ist der Grat einfach, wenn auch immer noch recht dick eingeschneit. Wir lassen daher die Steigeisen an, und sichern uns gegenseitig am kurzen Seil. Nach ca. 20 min Kletterei wird der Grat zunehmend schwieriger - und just, bevor wir eine erste, turmartige Stufe erreichen, kommt von oben ein Bergfüher mit seinem Klienten herunter. Kurzer Austausch, wie's da oben so ist und wie der Weg weitergeht, und wir sind beruhigt - v.a. da man anhand ihrer Spuren jetzt gut den wohl besten Weg ausmachen kann. Kurz dannach wird's das erste mal äußerst luftig unterm Hintern - ob ich da noch ohne Wegweisende Spur weiter wäre - ich bin mir nicht ganz sicher. Zudem erscheint mir die angegebene Schwierigkeit von I - II hier etwas untertrieben, ich gehe eher von einer III aus. Es wechseln sich nun immer wieder leichte und schwerere Kletterpassagen ab, zuweilen auch mit viel Tiefblicken. An diesen Stellen klettern wir immer nur einer nach dem andren und sichern uns gegenseitig, sodass es etwas länger dauert.

Schließlich kommt man um einen kleinen Felsturm linkerhand herum - und staunt: Huch, das ist ja doch schon das Gipfelfirnfeld. Das muss dann nochmals mit höchster Konzentration genommen werden, da es ziemlich steil und ausgesetzt da liegt. Nach 5 min steht man dann vor den letzten paar Felsen, das kleine Gipfelkreuz ist bereits zu sehen. Unten, am WSW-Grat, haben wir grade noch eine Gruppe verschwinden sehen, sodass wir den Gipfel ganz für uns alleine haben. Irgendwie komisch, bisher ging mir das noch bei jedem 4000er so. Bin ich zu langsam? Oder haben wir einfach nur ein gutes Timing? Wie auch immer. Die Gipfelrast fällt etwas länger aus, wir machen viele Fotos und legen auch mal 10 min einfach nur die Füße hoch.

Der Abstieg erfolgt dann über den WSW-Grat. Zunächst über steilere Schneefelder, immer wieder von Fels unterbrochen. Einem wirklichen Grat folgt man hier kaum, es ist eher ein breiter Rücken, der in WSW-Richtung vom Gipfel herabzieht. Durch den vielen Schnee und sicherlich einige Gruppen heute auf dem Gipfel ist die Abstiegsspur perfekt zu erkennen und wir verlieren schnell an Höhe. Ungefähr bei P. 3539 endet der verschneite Grat und der ausschließlich felsig, blockige Grat beginnt. Irgendwo hier sollen wir uns an einem großen, roten Punkt nach links (also in SO-Richtung) halten. Aha. Wo ist der nun? Auf dem Weg entlang des Grats sind viele solcher Punkte zu sehen - immer wieder schauen wir daher in die SO-Flanke, ob da was wegartiges ist. Nichts zu sehen. Irgendwann finden wir dann doch noch den richtigen Abzweig vom Grat und landen in einer langen Linkskehre (mittlerweile wieder O-Richtung) auf dem kleinen Gletscherkessel südliche unterhalb von P. 3539. Hier gehts dann nur noch gemütlich und wenig steil über den Lagginhorn-Gletscher runter bis zu den Gletscherzunge. Linkerhand führt - wieder nach etwas suchen - ein Weg aus der Schutthalde unterhalb des Gletschers und schließlich zu der Stelle, an der sich die Bäche aus Lagginhorn-Gletscher und Hohlaubgletscher vereinigen. Ab hier gehts dann wieder über altbekannte Wege zurück zur Hütte. Als wir ankommen (gegen 17 Uhr) sind bereits alle Sonnenplätze vergriffen und wir treffen die nette Seilschaft vom Fletschhorn bei ihrem Nachmittagskaffee wieder.

Fazit

Tolle, lohnende Tour! Alles, was das Hochtourenherz begeht: viel Gletscher, eine Schneerinne, ein schöner Grat und 2 tolle Gipfel. Das Fletschhorn ist meiner Ansicht nach sogar der schönere der beiden, dass aber wohl wegen der paar fehlenden Meter zur 4000-er Marke wenig frequentiert ist. Vielleicht ist das aber auch nicht schlecht so - jeder, der sich hier hoch "traut", wird dafür mit genialen Blicken und wenig Tohuwabohu belohnt.

Der N-Grat des Lagginhorns ist m.M. nach schwerer als allgemein mit I - II angegeben. Vielleicht lag's bei uns auch nur an der Schneeauflage und den Steigeisen, aber 2 bis 3 Stellen waren dabei, die sicher über den II-ten Grad hinausgehen. Außerdem sollte man sich darüber im klaren sein, dass es hier stellenweise extrem luftig zugeht.

Tourengänger: Sarmiento


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