Über die wilde Seite des Daniels: Ostgrat und Südostgrat


Publiziert von Nik Brückner , 23. Oktober 2017 um 08:27. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:22 September 2017
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m
Strecke:13km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Vom westlichen Ortsausgang Ehrwald (Bahnunterführung) etwa 1,3 Kilometer Richtung Garmisch. Hier ist ein kleiner Parkplatz, direkt vor einer Brücke

Meine Tour über den Ostgrat des Geißhorns im Tannheimer Tal hatte trotz einiger Schneeflecken geklappt, und so schien mir auch die Überschreitung des Daniels über Ost- und Südostgrat möglich. Ich war 2014 zum ersten Mal auf diesem Gipfel gestanden, am Ende meiner Überschreitung des Danielgrats, da waren mir diese beiden Grate bereits aufgefallen. Kardirk hat dann später den Ostgrat beschrieben.

Diesmal hatte auch Yuki Zeit, und so machten wir uns in aller Früh auf nach Ehrwald. Im Player: "Awakening Call" von Tree of Life.



Der Startpunkt der Tour ist leicht zu finden: Vom westlichen Ortsausgang Ehrwalds (Bahnunterführung) fährt man etwa 1,3 Kilometer Richtung Garmisch. Hier ist links ein kleiner Parkplatz (970m), direkt vor einer Brücke. Über die geht es hinauf zum Daniel.

Yuki und ich stiegen aus - und sofort wieder ein. Minus siemerzwanzg Grad - mindestens. Wir durchstöberten Auto und Rucksäcke nach Klamotten, ich fand zum Glück eine lange Hose auf dem Rücksitz, und wir zogen alles an, was wir hatten.

Besser. Dann ging es endlich los. Vom Parkplatz aus überquerten wir die Brücke und folgten drüben dem geteerten Fahrweg Richtung Meirtljoch/Daniel. Hier verläuft der Wanderweg zunächst für etwa 1,2 Kilometer auf einer Teerstraße, bevor er, nach einer Linkskehre, in eine Schotterstraße übergeht.

Die Route ist in diesem Bereich (und sonst eigentlich auch) nicht gut markiert. Eine Lichtung mit ein paar Hüttlen lässt man rechts liegen, erst 200 Meter weiter, kurz vor dem Häselgehrbach, wendet sich die Fahrstraße dann nach rechts. Dieser folgt man noch etwa einen Kilometer weit, dann verlässt der Wanderweg die Schotterstraße (Hinweisschild), und es geht durch lichten Bergwald hinauf.

Man steigt nun mäßig steil ca. 600 Hm hinauf ins Meirtl, ein Kar zwischen Daniel und Hochwanner. Zunächst geht es weiterhin durch den Wald, dann folgt die Latschenzone.

Wenn die Latschen lichter werden, befindet sich links des Weges ein kleines, welliges Plateau, von dem aus man einen ersten aufschlussreichen Blick hinüber zum Daniel-Ostgrat werfen kann. Es gibt im Grunde nur eine logische, weil halbwegs bequeme Durchstiegsmöglichkeit: eine Grasrampe ziemlich weit unten, fast genau gegenüber.

Um dorthin zu gelangen, wandert man noch etwa 500 Meter weiter auf dem Wanderweg, und verlässt ihn erst ganz am Ende der Latschenzone.

Parkplatz - Meirtl: Fahrwege, T1, dann Wanderweg, T2, ca. 2 Stunden


Von hier aus ist gut zu erkennen, wie man zu der erwähnten Grasrampe gelangt: Es geht über den Häselgehrbach, dort sind im feinen Schutt Trittspuren zu erkennen, danach durch die Latschenzone, wo weiter unten eine Gasse zu erkennen ist.

Nun also vom Weg ab, über den Bach, und gleich auf dessen anderer Seite parallel dazu abwärts. Die zunächst noch gut erkennbaren Trittspuren werden bald schwächer, bis sie sich im Bereich einer recht breiten Latschengasse verlieren. Hier nach unten, und an ihrem unteren Ende wieder rechts. Das ist der Beginn der von weiter oben bereits erspähten Latschengasse, die hinüber zur Grasrampe führt. Man überquert noch eine Schotterrinne, dann steht man auf der Rampe. Diese geht es nun auf schwachen Wegspuren in steilen Serpentinen hinauf. Am oberen Ende muss man sich zwischen zwei Latschen hindurchzwängen, dann steht man unmittelbar vor einer Jagdhütte (1750m).

Vom Wanderweg zur Jagdhütte: Weglos, Latschengassen, steile Schrofen, T4 und leichter, 20 Minuten


Man passiert die Jagdhütte und wendet sich dann gleich nach rechts, eine breite Latschengasse hinauf. Diese wird nach oben hin schmaler, ein Latschenkrieg ist jedoch nicht zu befürchten: Es gibt einen bequemen Durchlass, durch den man auf eine etwas breitere Latschengasse gelangt. Auch an deren Ende ist ein Durchlass, und schließlich flaniert man über eine breite Latschenchaussee hinauf.

Wo diese endet, endet auch die Latschenzone insgesamt. Man steht hier auf einer schmalen Gratschulter, von der aus man den restlichen Teil des Anstiegs gut einsehen kann: Auf einem nicht allzu schmalen Grasgrat geht es heran an den Fels, und dort über mehrere Stufen hinauf. Die oberste ist besonders hoch, sie führt zu einer Schulter, von der aus es auf dem dort deutlich flacheren Grat einfach zum Gipfel gehen musste.

Uns machte aber vor allem der Schnee Sorgen. Zwar war klar, dass wir kaum in die rechte Flanke würden ausweichen wollen, weil wir es dort recht brüchig erwarteteten, aber da dort der meiste Schnee lag, war es eben auch unmöglich. Die linke Flanke sah besser aus - wenig Schnee -, stellte sich dann aber im Verlauf der Tour als wenig einladend heraus. Der Grat selbst sah begehbar aus, ganz schneefrei war er allerdings nicht. Wir hielten die Sache aber für machbar, bei entsprechender Vorsicht, und wagten uns an den Fels heran.

Zunächst ist es mäßig steil, Gehgelände mit Einserstellen, eine kurze Passage ist vielleicht I+, das sind die unteren Stufen des Ostgrats. Die schwierigste Passage ist die hohe oberste Stufe. Yuki nahm sie direkt an der Kante und kam dabei mit Schnee in Kontakt, ich dagegen versuchte es ein wenig weiter links, wo ich meinte, eine Rinne zu erkennen. Tatsächlich gab es eine, aber bereits deutlich vor der Stelle, die ich anvisiert hatte: Ein Trichter, unten kurz eine Verschneidung, oben breiter, und hier nun ganz eindeutig ein IIer. Oberhalb des Trichters blieb ich ein wenig in der linken Flanke, und rief nach Yuki, die am Grat auch prompt zum Vorschein kam. Dann ging es steil hinauf zu einer Felswand, schon recht weit oben unter der Schulter, von der aus es flacher zum Gipfel gehen musste. Diese Felswand stellte uns vor das größte Problem des Aufstiegs.

Yuki identifizierte einen Riss, der schräg links hinaufführte, als gangbare Möglichkeit. Ich stieg voraus, das ging ganz gut, gelangte aber schnell in brüchigstes Gelände, in dem ich am liebsten gar nichts angefasst hätte. Dann, wieder in Gehgelände, trat ich, noch ein wenig nach links, an ein senkrechtes, trittarmes, mannshohes Wandl heran. In erreichbarer Höhe ein kleiner Tritt, den nahm ich, aber alles, was ich oben zu fassen bekam, waren locker aufliegende Felsbrocken. Ich stemmte mich mit einiger Mühe hinauf (III) und rief Yuki nach. Ich dirigierte sie dann von oben an eine Stelle, die sich im Aufstiegssinn links von meinem IIIer-Wandl befindet: Eine Rippe jenseits einer steilen Schotterrinne. Hier war der Aufstieg leichter (II), allerdings bewegt man sich auch hier nicht in festem Fels.

Wir standen nun wie vermutet auf einer Schulter, von der aus es nun in einfachem Gehgelände zum Gipfel geht. Oder besser: Hätte gehen können, denn der Grat war hier unter tiefem Schnee versteckt. Die letzten Meter mühten wir uns also durch die steile Gras-Schrofenflanke (nochmal T5/I), bis es uns dann kurz vor dem Gipfelkreuz möglich erschien, endgültig zum Grat aufzusteigen. Dann hatten wir es endlich geschafft: Der Gipfel des Daniels (2340m) war erreicht.

Jagdhütte - Daniel: weglos, steiles Gras (bis T4), dann Grattkletterei über mehrere Stufen in brüchigem Fels, bei kluger Routenwahl nicht schwerer als T5+/II, 2:15h


Was für ein Rundblick! Die Mieminger Kette mit der Hohen Munde und der Sonnenspitze, der Hochwannig, die Gartner Wand, dahinter Roter Stein und Thaneller, der Danielgrat, klar, der Grat zwischen Friederspitz und Schellschlicht, der Waxensteinkamm und als Hauptattra natürlich die Zugspitze. Da kann man schon ins Schwärmen geraten!

Yuki reichte es mit dem Bruch, blieb aber selbst im Fluchen ganz Dame. Dennoch entschied sie sich, auf dem Normalweg über den Ups Richtung Tuftlalm abzusteigen. Ich hatte das zunächst auch vor, überredete mich dann aber selbst mit dem Jetztbinichschonmalhier-Argument, und entschied mich, den Südostgrat wenigstens zu probieren, auch wenn hier mehr Schnee lag, viel mehr, als ich erwartet hatte. Aber die Erfahrung vom Ostgrat und die Tatsache, dass der Südostgrat weniger steil ist, ließen es mir machbar erscheinen.

Ich stieg also vom Gipfel Richtung Südosten ab - und stand schon nach wenigen Metern an der Schlüsselstelle: Einer kurzen IIer-Stufe. Zum Glück schneefrei, machbar. Weiter ging es nun auf einem flachen Gratabschnitt.

Plötzlich klingelte mein Handy.

"Nik, von hier aus sieht es so aus, als stündest Du vor einem senkrechten Abbruch!"
"Jaja, so ist es auch, aber ich steige links davon in T4-Gelände ab."
"Na, dann ist's ja gut."

Yuki hatte richtig gesehen: Tatsächlich endet der Grat an den Steilstufen scheinbar immer mit senkrechten Abbrüchen, er setzt sich aber im Abstiegssinn links davon immer wieder fort. Insgesamt sind am Südostgrat vier Stufen abzusteigen, die anderen sind alle leichter als die erste: Meist geht es im Abstiegssinn links der Kante hinunter zum nächsten Absatz. Richtig klettern muss man eigentlich nicht mehr, allenfalls mal kurz I, im Grunde sind das T4-, T4+-Passagen in steilem Schrofengelände.

Und ich hatte Glück: Während auf den flachen, aber nie ganz schmalen Passagen Schnee lag, waren die schwierigen Steilstufen weitgehend schneefrei, zumindest konnte man die Schneeflecken gut umgehen. Und so ging es weiter, bis zum tiefsten Punkt zwischen Daniel und Gräntjoch. Man könnte hier an mehreren Stellen schon nach rechts in das zwischen Gräntjoch, Daniel und Ups eingelagerte Kärle absteigen, aber ich wollte (Jetztbinichschonmalhier) noch das Gräntjoch besteigen. Ein Türmchen wird rechts umgangen, dann geht es auf dem Grat weiter. Eine kurze Felsstufe schien mir wenig vertrauenswürdig, die Schneeflanke links daneben ebenso, allerdings ein bissl sicherer, und so entschied ich mich, dort hinaufzusteigen. Vorsichtig, denn unter mir wurde die Flanke steiler, nicht flacher. Oben ging's dann wenige Meter noch am Grat entlang zum Gräntjoch (2125m).

Kein Gipfelkreuz, kein Gipfelbuch - na, 's ist ja auch kein Gipfel. Ich ging zurück in das Joch zwischen Daniel und Gräntjoch und stieg nun hinunter ins Kärle. Mit ein wenig Hilfe von Yuki, die von weiter oben einen Durchlass durch ein Latschenfeld und eine Felsstufe erspähte, und mich telefonisch hindurchdirigierte, gelangte ich tiefer, auf ein Geröllfeld. In diesem umrundete ich nun das Kar oberhalb der Latschenzone, und stieg dann auf Trittspuren hinauf zum Wanderweg, wer vom Ups hinunter zur Tuftlalm führt.

Perfektes Timing: Just in diesem Moment kam Yuki vom Ups herunter. Besser kann's gar nicht gehen!

Von hier aus konnten wir dann erkennen, dass unterhalb vom Gräntjoch eine steile Latschengasse den Durchstieg zu zwei Jägerständen weiter unten im Kar ermöglicht. Hätte ich den von oben gesehen, wäre das sicher die elegantere Abstiegsvariante gewesen. Macht nichts, ich hatte dafür hochalpines Feeling hinten im Kar. Aber wer zum Gräntjoch und über den Südostgrat zum Daniel gehen will, für den ist dieser Jägerpfad die bessere Variante. Sie erspart einem den mühseligen Anstieg über ein Geröllfeld.

Daniel - Gräntjoch und durch's Kärle zum Wanderweg: weglose Gratüberschreitung, eine Stelle II, sonst I und wegloses Gehgelände (viel Schotter) bis T4, 1:15h (vom Daniel zum Gräntjoch: 40 Minuten)


Yuki und ich wanderten dann bergab zur Tuftlalm (1496m) und von dort auf dem direkten Weg hinunter zur B187 am westlichen Ortsausgang von Ehrwald (970m). Immer im Blick: Die wunderschöne Sonnenspitze. Unten wandten wir uns nach links, und standen nach den letzten eineinhalb Kilometern wieder an unserem Ausgangspunkt.

Wanderweg - Tuftlalm - Parkplatz an der Loisach: Wege, T2 und leichter, 1,5h


Fazit:

Großartige Tour über zwei Grate, die bei den frühwinterlichen Bedingungen, die wir hatten, einen hochalpineren Eindruck hinterließ, als es bei einem Gipfel von 2340 Metern erwartbar wäre. Der Ostgrat ist ausgerechnet an den entscheidenden Stellen äußerst brüchig, wer das nicht mag, sollte lieber den Südostgrat vorziehen. Der ist insgesamt leichter und nach meinem Empfinden auch deutlich schöner.


Ausrüstung:

Helm, Stecken.


Leider wurde das Wetter danach wieder schlecht: Regen, Schnee - Bergsommer 2017 eben. Und so beschloss ich widerwillig, mich von yuki zu verabschieden, meine Zelte in den Bergen abzubrechen, und nach Würzburg zu dübeln. Dort findet eins der der exponiertesten Festivals für schräge Rockmusik in ganz Europa statt: Die Freakshow. Sehr seltsame Musik dort...

Tourengänger: Nik Brückner, yuki


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