Tanz auf dem Rasiermesser: Der Nordostgrat der Kleinen Höfats
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Kleine Höfats? Schon wieder? War ich doch erst vor einem halben Jahr! Am 7. November 2015! Jaja, aber der Nordostgrat... Mal gesehen? So geil... So scharf...
Am dritten Tag meines ersten Oberstdorf-Trips 2016 brauchte ich etwas kurzes, weil abends Freunde von mir kommen würden und ich noch einkaufen musste, und es sollte krass sein, weil die Überschreitung der Kanisfluh und die von Zwölfer, Elfer, Liechelkopf und Angererkopf, so schön sie waren, nicht ganz das Maß an Grusel geliefert hatten, das ich mir erhofft hatte. Meine Idee: Die Überschreitung der Kleinen Höfats über Nordost- und Ostgrat.
Mit "Opacities" von SikTh wachte ich auf, um 8:45 Uhr startete ich an der Käseralpe. Hierher war ich von Oberstdorf gebiket, weil Du irgendwann selbst das allerschönste aller Oytäler dieser Welt nicht mehr rauf- und/oder runterlaufen willst...
Es geht den Weg hinauf Richtung Älpelesattel, den man man dann den Wiesenhang hinauf zur Oberen Gutenalpe (1625m) verlässt. Von hier aus führt ein Wegerl hinter ins Oberloch, ein steiles Kar nordöstlich unter der Kleinen Höfats, das von deren Nordost- und Ostgrat gewissermaßen umarmt wird.
Den nördlichsten Gipfel dieser Umrahmung bildet der Seilhenker. Aus dem Oberloch gelangt man noch recht einfach, aber steil (sammerma T4) in eine Scharte südlich dieses Gipfels, von wo aus es in fünf Minuten auf ausgesetzter Graskante hinaufgeht.
Käseralpe - Seilhenker: 1:15, erst Wege, dann weglos und T4, am Gipfelgrat T5.
Der Seilhenker (1794m) ist nett, schmal, aber kein bedeutender Gipfel. Lange habe ich mich dort nicht aufgehalten, dann bin ich zur Scharte zurückgekehrt. Von dort aus machte ich mich auf den Weg zur Stiege. Dabei geht man auf schmalen Grasmäuerchen hinauf und quert steile Grashänge.
Seilhenker - Stiege : 10 Minuten, T5
Die Stiege (1792m) ist ein Einschnitt im Nordostgrat der Kleinen Höfats, den man auch von der anderen, der Rauhenhalsseite aus erreichen kann (dann kurz III). Hier startet der Aufstieg zur Kleinen Höfats über den Nordostgrat. Ein beeindruckender Anblick! Optisch sicher der schärfste Grat der Gegend.
Der Beginn ist gleich ein Reitgrat, und der ist derart schmal, dass ich erstmal ausgepsycht bin. Ich hatte mental keinen guten Tag erwischt, und dann ist ein 10cm breiter Grat kein guter Ort, um sich aufzuhalten. Also umkehren.
Umkehren? Auf einem 10cm breiten Reitgrat?
Wenn's sein muss! Geht schon. Also zurück zur Stiege, und erstmal durchgeschnauft. Ruhe einkehren lassen. Ich meine, schaut Euch die Bilder an, da kann man schon ins Zweifeln geraten.
Beim zweiten Anlauf lief es dann problemlos, von der Stiege durch bis zum Gipfel. Manchmal braucht die Psyche eben einen Moment. Der Grat ist nicht ohne, und man sollte ihn nicht auf die leichte Schulter nehmen. Also erst durchatmen, und dann los.
Der Reitgrat unten ist tatsächlich auch gleich die Schlüsselstelle des Anstiegs. Nicht weil der so schmal ist, dass man darauf reiten muss, sondern weil er steil in einen Einschnitt abbricht.
Die Stelle ist mit III zu bewerten - und der Fels ist nicht der zuverlässigste. Man kann diese Passage wohl links über steiles Plattengelände links umgehen. Ich hab's mal fotografiert. (In diesen Einschnitt kann man auch vom Oberloch aus direkt hinaufklettern, dann hat man die Schlüsselstelle komplett vermieden.)
Nun geht es 300 Höhenmeter eine irrsinnig schmale Kante hinauf, mal über Fels (vorwiegend im unteren Teil), mal über Gras (das überwiegt dann weiter oben). Die Kletterei ist im Folgenden leichter als unten an der Schlüsselstelle, II und leichter. Aber die extreme Ausgesetztheit verlangt absolut sicheres Gehen.
Es gibt zwei Felskanten, die von einem flacheren Stück unterbrochen werden. Darüber folgt eine Graskante, die zum Gipfel hin immer steiler wird.
Noch im Bereich der unteren Felskante wartet eine besonders schmale Stelle, diese wird von links in Angriff genommen. Überhaupt geht man, wenn nicht durchgehend am Grat, links davon.
Bald geht es kurz etwas leichter zum zweiten felsigen Aufschwung, an dessen Ende es nur scheinbar einfacher wird. Es geht weiter über Gras hinauf bis man sich ein paar Meter durch Erlen zwängen muss. Nach den Erlen empfindet man dann die 60° steile Graskante, die weiterhin keinen Fehltritt erlaubt, als geradezu einfach...
Kurz unter dem Gipfel wird es nochmal felsiger, dann ist der höchste Punkt erreicht: Die Kleine Höfats (2073m).
Seilhenker - Kleine Höfats: 1,5 Stunden, T6/III
Ein beeindruckendes Panorama! Hinter einem die Höfats, gegenüber der Schneck mit seinem Rädlergrat, und darunter der atemberaubende Nordostgrat der Kleinen Höfats. Mein Blick fiel zunächst auf den benachbarten Schattenberggrat und auf das Rubihorn, das Nebelhorn und den Großen Daumen direkt dahinter. Daran schließt sich der schöne Grat an, der vom Zeiger zum Laufbacher Eck hinüberzieht und von dort über die Rotköpfe weiter zum Schneck zieht, bevor er übers Himmelhorn und den Rädlergrat in die Tiefe stürzt. Dort hinten sind auch die mächtigen Wilden und die Höllhörner zu sehen.
Jenseits, im Westen, zeigt sich der Rauhenhalsgrat, dann schließt sich der Reigen mit den Hörnern und der Nagelfluhkette.
Ich sah mir vor allem den Gipfelbereich der Höfats genau an. Schließlich wollte ich die Überschreitung mal machen.
Mein Abstieg erfolgte über gleiche Route wie bei meiner ersten Begehung: über den Ostgrat. Das ist der Normalweg. Auch dieser Grat ist herrlich! Nicht ganz so schmal wie der Nordostgrat, aber schmal genug.... Dabei aber überraschend gut begehbar. Bis auf eine einzige, kurze Stufe gibt es keine Kletterstelle. Und so war ich schnell an der Stelle, wo ich auch im November schon in den Nordhang hinübergewechselt habe. Der ist zwar steil, aber super gestuft. Hier ist der Abstieg leichter - für T5/Steilgrasverhältnisse. Nur im unteren Teil, über einer Felsstufe, muss man ein wenig suchen, um einen Durchlass hinunter ins Oberloch zu finden. Es gibt aber mehrere, da besteht die Qual eher in der Wahl.
Nun stieg ich hinunter auf den kleinen Weg, der aus dem Oberloch bis zur Oberen Gutenalpe (1625m) führt. Von dort ging es auf der Aufstiegsroute in wenigen Minuten zur Käseralpe zurück.
Kleine Höfats - Käseralpe: T5 und leichter, 1,5 Stunden
Fazit:
Wilde, weitgehend weglose Tour über steile, extrem schmale und sehr elegante Grate in ausgesetztem, niemals leichten Gelände. Es braucht Kletterfertigkeit im Fels, Erfahrung im Steilgras, Balance auf schmalen Graten. Ein Pickel ist kein Fehler, ich bin mit Stöcken zurechtgekommen. Schuhe mit beinharter Sohle sind eine Selbstverständlichkeit, ebenso wie eine beinharte Psyche - siehe meinen mentalen Wackler. Man sollte es nicht erzwingen. Wenn man das alles beisammen hat, ist es eine grandiose Kurztour! Ein aufschlussreiches Video von Spikune gibt's hier.
Bemerkung zu den Zahlen und Daten:
Ich hab' nur die Gehzeit und die gegangene Strecke bzw. die gegangenen Höhenmeter angegeben. Die Radelstrecke von Oberstdorf zur Käseralpe (ca. 10,5km und 580Hm) und zurück ist nicht mit eingerechnet.
Am dritten Tag meines ersten Oberstdorf-Trips 2016 brauchte ich etwas kurzes, weil abends Freunde von mir kommen würden und ich noch einkaufen musste, und es sollte krass sein, weil die Überschreitung der Kanisfluh und die von Zwölfer, Elfer, Liechelkopf und Angererkopf, so schön sie waren, nicht ganz das Maß an Grusel geliefert hatten, das ich mir erhofft hatte. Meine Idee: Die Überschreitung der Kleinen Höfats über Nordost- und Ostgrat.
Mit "Opacities" von SikTh wachte ich auf, um 8:45 Uhr startete ich an der Käseralpe. Hierher war ich von Oberstdorf gebiket, weil Du irgendwann selbst das allerschönste aller Oytäler dieser Welt nicht mehr rauf- und/oder runterlaufen willst...
Es geht den Weg hinauf Richtung Älpelesattel, den man man dann den Wiesenhang hinauf zur Oberen Gutenalpe (1625m) verlässt. Von hier aus führt ein Wegerl hinter ins Oberloch, ein steiles Kar nordöstlich unter der Kleinen Höfats, das von deren Nordost- und Ostgrat gewissermaßen umarmt wird.
Den nördlichsten Gipfel dieser Umrahmung bildet der Seilhenker. Aus dem Oberloch gelangt man noch recht einfach, aber steil (sammerma T4) in eine Scharte südlich dieses Gipfels, von wo aus es in fünf Minuten auf ausgesetzter Graskante hinaufgeht.
Käseralpe - Seilhenker: 1:15, erst Wege, dann weglos und T4, am Gipfelgrat T5.
Der Seilhenker (1794m) ist nett, schmal, aber kein bedeutender Gipfel. Lange habe ich mich dort nicht aufgehalten, dann bin ich zur Scharte zurückgekehrt. Von dort aus machte ich mich auf den Weg zur Stiege. Dabei geht man auf schmalen Grasmäuerchen hinauf und quert steile Grashänge.
Seilhenker - Stiege : 10 Minuten, T5
Die Stiege (1792m) ist ein Einschnitt im Nordostgrat der Kleinen Höfats, den man auch von der anderen, der Rauhenhalsseite aus erreichen kann (dann kurz III). Hier startet der Aufstieg zur Kleinen Höfats über den Nordostgrat. Ein beeindruckender Anblick! Optisch sicher der schärfste Grat der Gegend.
Der Beginn ist gleich ein Reitgrat, und der ist derart schmal, dass ich erstmal ausgepsycht bin. Ich hatte mental keinen guten Tag erwischt, und dann ist ein 10cm breiter Grat kein guter Ort, um sich aufzuhalten. Also umkehren.
Umkehren? Auf einem 10cm breiten Reitgrat?
Wenn's sein muss! Geht schon. Also zurück zur Stiege, und erstmal durchgeschnauft. Ruhe einkehren lassen. Ich meine, schaut Euch die Bilder an, da kann man schon ins Zweifeln geraten.
Beim zweiten Anlauf lief es dann problemlos, von der Stiege durch bis zum Gipfel. Manchmal braucht die Psyche eben einen Moment. Der Grat ist nicht ohne, und man sollte ihn nicht auf die leichte Schulter nehmen. Also erst durchatmen, und dann los.
Der Reitgrat unten ist tatsächlich auch gleich die Schlüsselstelle des Anstiegs. Nicht weil der so schmal ist, dass man darauf reiten muss, sondern weil er steil in einen Einschnitt abbricht.
Die Stelle ist mit III zu bewerten - und der Fels ist nicht der zuverlässigste. Man kann diese Passage wohl links über steiles Plattengelände links umgehen. Ich hab's mal fotografiert. (In diesen Einschnitt kann man auch vom Oberloch aus direkt hinaufklettern, dann hat man die Schlüsselstelle komplett vermieden.)
Nun geht es 300 Höhenmeter eine irrsinnig schmale Kante hinauf, mal über Fels (vorwiegend im unteren Teil), mal über Gras (das überwiegt dann weiter oben). Die Kletterei ist im Folgenden leichter als unten an der Schlüsselstelle, II und leichter. Aber die extreme Ausgesetztheit verlangt absolut sicheres Gehen.
Es gibt zwei Felskanten, die von einem flacheren Stück unterbrochen werden. Darüber folgt eine Graskante, die zum Gipfel hin immer steiler wird.
Noch im Bereich der unteren Felskante wartet eine besonders schmale Stelle, diese wird von links in Angriff genommen. Überhaupt geht man, wenn nicht durchgehend am Grat, links davon.
Bald geht es kurz etwas leichter zum zweiten felsigen Aufschwung, an dessen Ende es nur scheinbar einfacher wird. Es geht weiter über Gras hinauf bis man sich ein paar Meter durch Erlen zwängen muss. Nach den Erlen empfindet man dann die 60° steile Graskante, die weiterhin keinen Fehltritt erlaubt, als geradezu einfach...
Kurz unter dem Gipfel wird es nochmal felsiger, dann ist der höchste Punkt erreicht: Die Kleine Höfats (2073m).
Seilhenker - Kleine Höfats: 1,5 Stunden, T6/III
Ein beeindruckendes Panorama! Hinter einem die Höfats, gegenüber der Schneck mit seinem Rädlergrat, und darunter der atemberaubende Nordostgrat der Kleinen Höfats. Mein Blick fiel zunächst auf den benachbarten Schattenberggrat und auf das Rubihorn, das Nebelhorn und den Großen Daumen direkt dahinter. Daran schließt sich der schöne Grat an, der vom Zeiger zum Laufbacher Eck hinüberzieht und von dort über die Rotköpfe weiter zum Schneck zieht, bevor er übers Himmelhorn und den Rädlergrat in die Tiefe stürzt. Dort hinten sind auch die mächtigen Wilden und die Höllhörner zu sehen.
Jenseits, im Westen, zeigt sich der Rauhenhalsgrat, dann schließt sich der Reigen mit den Hörnern und der Nagelfluhkette.
Ich sah mir vor allem den Gipfelbereich der Höfats genau an. Schließlich wollte ich die Überschreitung mal machen.
Mein Abstieg erfolgte über gleiche Route wie bei meiner ersten Begehung: über den Ostgrat. Das ist der Normalweg. Auch dieser Grat ist herrlich! Nicht ganz so schmal wie der Nordostgrat, aber schmal genug.... Dabei aber überraschend gut begehbar. Bis auf eine einzige, kurze Stufe gibt es keine Kletterstelle. Und so war ich schnell an der Stelle, wo ich auch im November schon in den Nordhang hinübergewechselt habe. Der ist zwar steil, aber super gestuft. Hier ist der Abstieg leichter - für T5/Steilgrasverhältnisse. Nur im unteren Teil, über einer Felsstufe, muss man ein wenig suchen, um einen Durchlass hinunter ins Oberloch zu finden. Es gibt aber mehrere, da besteht die Qual eher in der Wahl.
Nun stieg ich hinunter auf den kleinen Weg, der aus dem Oberloch bis zur Oberen Gutenalpe (1625m) führt. Von dort ging es auf der Aufstiegsroute in wenigen Minuten zur Käseralpe zurück.
Kleine Höfats - Käseralpe: T5 und leichter, 1,5 Stunden
Fazit:
Wilde, weitgehend weglose Tour über steile, extrem schmale und sehr elegante Grate in ausgesetztem, niemals leichten Gelände. Es braucht Kletterfertigkeit im Fels, Erfahrung im Steilgras, Balance auf schmalen Graten. Ein Pickel ist kein Fehler, ich bin mit Stöcken zurechtgekommen. Schuhe mit beinharter Sohle sind eine Selbstverständlichkeit, ebenso wie eine beinharte Psyche - siehe meinen mentalen Wackler. Man sollte es nicht erzwingen. Wenn man das alles beisammen hat, ist es eine grandiose Kurztour! Ein aufschlussreiches Video von Spikune gibt's hier.
Bemerkung zu den Zahlen und Daten:
Ich hab' nur die Gehzeit und die gegangene Strecke bzw. die gegangenen Höhenmeter angegeben. Die Radelstrecke von Oberstdorf zur Käseralpe (ca. 10,5km und 580Hm) und zurück ist nicht mit eingerechnet.
Tourengänger:
Nik Brückner

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