Höfats 2.Gipfel-Nordostgrat und Kleine Höfats-Nordostgrat


Publiziert von quacamozza , 12. September 2012 um 19:58.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:11 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1650 m
Strecke:Oberstdorf Nebelhornbahn-Oytalhaus-Oberloch-Kleine Höfats-Schärtele-Höfats Nordostgrat-Höfats Westgipfel-Travers zum Ostgipfel-Älpelesattel-Käseralpe-Oberstdorf (28 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:B 19 nach Oberstdorf und zur Talstation der Nebelhornbahn, die Parkgebühr in Höhe von 6 € muss passend in Münzen bezahlt werden
Kartennummer:Topografische Karte Allgäuer Alpen 1:50 000

Die große Höfatsüberschreitung von der Stiege über die Kleine Höfats zum 2.Gipfel und anschließender Travers vom West- zum Ostgipfel-ein lange geträumtes Projekt ist verwirklicht.

Die Grate sind sehr wenig begangen, unheimlich ausgesetzt und mit ungehindertem Rundumblick sowie von einmaliger Schönheit. Das Kraxeln auf diesen Schneiden gehört landschaftlich zu den absoluten Allgäu-Highlights, für Steilgraskönner ein Traum, der sich allerdings nur bei guten Verhältnissen einigermaßen gefahrlos realisieren lässt. Den Nordostgrat der Kleinen Höfats bin ich ja schon vor 7 Wochen angeklettert, so dass sich jetzt eine Vollendung dieses Gratanstiegs geradezu anbot.


Zum 7.Mal war ich nun auf der Höfats. Dieser Berg ist wirklich ein ganz besonderes Ziel und zieht mich immer wieder magisch an. Auch nach meiner *aufregenden Ost-West-Travers vom vergangenen Jahr musste ich wieder hin. Zuvor hatte ich meiner Freundin versprochen, dieses Mal mit einem Profi zu gehen. An dieser Stelle nochmals vielen Dank, lieber Toni, für die souveräne Führung, die schönen Bilder und die unzähligen Tipps und Informationen.  


Zur Schwierigkeit:

Kleine Höfats-Nordostgrat:
Die Schlüsselstelle ist der senkrechte Abbruch kurz hinter der Stiege (III und sehr brüchiger Fels). Diese Passage kann mittels Abklettern über steiles Plattengelände links umgangen werden. Alternativ ist ein direkter Aufstieg aus dem Oberloch möglich (mein Weg vor 7 Wochen). Im Übrigen bewegen sich die klettertechnischen Schwierigkeiten bei II+. Aufgrund der großen Ausgesetztheit und des zuweilen brüchigen Gesteins sollte allerdings der III. Grad sicher beherrscht werden. Nach einem flacheren Mittelteil steilt der Grat auf den letzten 100 Höhenmetern wieder deutlich auf, im Gras T 6.

Abseilen von der Kleinen Höfats 30 Meter Richtung Schärtele (knapp unterhalb des Gipfels ist ein Haken vorhanden)

Höfats 2.Gipfel-Nordostgrat:
Unten Gras bis 60 Grad T 6 mit kurzen Kletterpassagen III, dann ausgesetzte, aber technisch nicht mehr so anspruchsvolle Gratkletterei. Vorsicht: viele lockere Steine. Wenn es die Verhältnisse zulassen, besser ins Gras ausweichen.

Höfats-Überschreitung vom West- zum Ostgipfel:
II+
am Ostgipfel, bei direkter Überkletterung des 2.Gipfels bis III-, in der Gesamtheit deutlich weniger anspruchsvoll und ernsthaft als der Nordostgrat. Die Travers wird von Kletterern, die über eine schwierigere Höfatsroute aufsteigen, aufgrund der vorhandenen Trittspuren gerne mal "Autobahn" genannt ;-). Dieser Maßstab gilt natürlich nur für Top-Kletterer, keineswegs für Normalbergsteiger.


Zur Ausrüstung:

60 Meter oder 2mal 30 Meter-Seil, Kletterhelm, Abseilausrüstung, einige Normal- und Gras-Haken. Aufgrund der spitzenmäßigen Verhältnisse war sogar das Eisbeil entbehrlich, aber dieses sollte in jedem Fall mit von der Partie sein. 


Zu den aktuellen Verhältnissen: 

Im Gegensatz zu Ende Juli herrschten dieses Mal optimale Bedingungen. Trotz der Niederschläge am Montag war das Gras gut griffig. Tags zuvor hatte ich noch große Bedenken und war ob des Regens ziemlich frustriert.



Die ersten gut 10 Kilometer zur Käseralpe (1406m) werden am besten mit dem Mountainbike zurückgelegt (etwas über 1 Std. Fahrzeit). Es gibt natürlích auch solche Leute wie mich, die sich hin und wieder den knapp 2-stündigen Fußmarsch (und vor allem den finalen Rückmarsch) genehmigen.

Diesmal ging's nicht über die Obere Gutenalpe, sondern noch vor der Käseralpe direkt über teils sehr steiles Schrofengelände hinauf ins Oberloch. Aus diesem rechts in die Einsattelung der Stiege (1792m; 45 min von der Käseralpe; hier Anseilplatz). Auf der anderen Seite faszinieren die Tiefblicke zur Höfatsnadel und zur Rauhenhalsalpe. Beeindruckend präsentiert sich in der Draufsicht der Nordostgrat der Kleinen Höfats.

Sehr ausgesetzt geht es waagrecht über eine erste scharfe Schneide. Den folgenden senkrechten Abbruch kann man abklettern (III, sehr brüchig, schlechte Sicherungsmöglichkeiten). Es empfiehlt sich aber, wenn man den Grat an der Stiege beginnt, dieser Stelle knapp unterhalb in der linken Flanke auszuweichen.

Ab hier immer dem Grat folgen. Der untere Teil ist steil, aber für versierte Graskletterer gut machbar. Oft trifft man auf Edelweißbestände. Schwierige Kletterstellen hat der Grat nicht in petto, dafür tun sich schwindelerregende Abgründe zu allen Seiten auf. Bald wird der Grat grasiger und breiter. Der Gipfelhang hat eine Neigung von 60 Grad und erfordert unbedingt gute Verhältnisse. Auf der Kleinen Höfats (2073m; 1 Std. von der Stiege) genießt man ein beeindruckendes Panorama.


Etwas unterhalb des Gipfels befindet sich ein Haken, der schon seit langer Zeit fürs Abseilen benutzt wird. Das Setzen weiterer Haken an dieser Stelle gestaltet sich schwierig bis unmöglich. Nach kurzer Zeit kommt eine Schlinge, weiter unten können dann Haken in der Wand gesetzt werden. Also auf ins "Niemandsland".
Nach der 30 Meter langen Abseilfahrt und kurzem Abstieg im steilen Gras wird das Schärtele (1974m; 30 Min von der Kleinen Höfats) erreicht. Genau genommen sind es zwei Einschartungen, die durch einen Zacken getrennt sind. Den Zacken umgeht man auf der rechten Seite in abschüssigem Steilgras auf einem schmalen Band. In den Scharten werden sehr instruktive Einblicke in die beiden Kamine geboten, die aus dem Roten Loch heraufkommen. Eine Welt aus Schutt und grasdurchsetztem Bruchfels.


Der Nordostgrat der Höfats beginnt mit guten 100 Höhenmetern Steilgras, bevor der Grat erstmals ausgeprägt ist. Die Neigung beträgt dabei zwischen 50 und 60 Grad, einzelne steile, teils felsdurchsetzte Abschnitte erfordern schon mal ordentliches Zugreifen. Später legt sich der Grat zurück, wartet aber mit höfatstypischer Ausgesetztheit auf. Tendenziell hält man sich links in der Flanke. Nach einer Stunde ab dem Schärtele ist der ganze Spaß auf dem 2.Gipfel schon wieder vorbei. Kaum zu glauben, dass der längste der Höfatsgrate gerade vollständig überklettert wurde. Man fühlt sich wieder in der Zivilisation angekommen. 


Auf der Umgehungsroute haben wir den Westgipfel besucht und anschließend in für meine Verhältnisse rekordverdächtigen 20 Minuten die Travers zum Ostgipfel durchgeführt. Nach der Mittagspause dann zügig auf dem Normalweg hinunter zum Älpelesattel (1778m) und zur Käseralpe (1405m; 1 Std vom Ostgipfel). Nur ein Katzensprung entfernt befindet sich unser Fahrraddepot. Dann folgt zum Abschluss die rasante Talfahrt bis Oberstdorf.  


Fazit: Eine Steilgrastour der absoluten Extraklasse über faszinierende Grate, natürlich NUR für langjährig erfahrene Spezialisten. Die Tour wird sehr selten, vielleicht zweimal im Jahr, begangen.
 
 


Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (11)


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83_Stefan hat gesagt: Wow,...
Gesendet am 12. September 2012 um 20:20
...du machst vielleicht Sachen! Sieht sehr interessant und spannend aus. Klasse Unternehmung, ich gratuliere!

quacamozza hat gesagt: RE:Wow,...
Gesendet am 12. September 2012 um 21:17
Hallo Stefan,

ja, endlich durfte ich auch mal ne schöne Tour dieses Jahr unternehmen...sonst verlerne ich noch das Bergsteigen...;-)

Ich habe Dich übrigens mit der Höfats nicht vergessen, aber das war jetzt mein Special-Wunsch...für die Höfats bin ich jederzeit bereit, der Berg macht so süchtig...

Sportliche Grüße aus dem herbstlichen Ländle von Ulf

marvel hat gesagt: Wunderbar!
Gesendet am 12. September 2012 um 20:41
Wieder mal eine Super-Tour, die Du da gemacht hast! Frage: Wie habt ihr in den Graspassagen gesichert? Und was ist ein Gras-Haken?

quacamozza hat gesagt: RE:Wunderbar!
Gesendet am 12. September 2012 um 21:43
Hallo marvel,

danke vielmals...habe ja dieses Jahr noch nicht so viel gemacht, da war der Hunger nach Bergen schon groß...

Sicherung in den Graspassagen: Man versucht halt immer, ein stabiles Felsköpfl irgendwo zu finden. Sicherung mit Pickel, am Mann...Du kannst im Grunde kaum schulmäßig absichern, deswegen ist ja auch sicheres Gehen so wichtig. Und wohl genau deshalb reißt sich um die Höfats kein Bergführer drum...Du darfst einfach auch als Zweiter keine Probleme bekommen...

Ein tolles Foto (Grashaken inklusive Schlinge) findest Du z.B. auf der Seite rocksports.de. Die haben einen Bericht zum Höfats-Südwestgrat gepostet (Tour Nr. 31, alpines Felsklettern, Deutschland).

Sportliche Grüße von Ulf

Schneemann hat gesagt: böse sieht das aus...
Gesendet am 12. September 2012 um 20:59
...hast du bei solchen Steilhängen eigentlich Steigeisen an den Füssen?
Hoffentlich schaffs ich in zwei Wochen auch endlich auf die Höfats, wenn auch nur den Ostgipfel ;)

quacamozza hat gesagt: RE:böse sieht das aus...
Gesendet am 12. September 2012 um 21:10
Nein, Steigeisen habe ich bis auf ein einziges Mal bisher nie angeschnallt. Die haben ja auch Nachteile...

Ja, hab' gesehen, Dein D-Day übernächste Woche...aber heute war auf der Nebelhorn-Webcam erstmal Schnee zu sehen...Wahnsinn, gestern wie verrückt geschwitzt und heute Winter...
...aber es wird schon klappen, die Saison ist noch nicht zu Ende...

Sportliche Grüße von Ulf

Bene69 hat gesagt:
Gesendet am 12. September 2012 um 21:50
absolut genialer Steilgrasritt, Glückwunsch
Die Gschichte steht bei mir schon seit Jahren auf der Liste
und warscheinlich wird´s dieses Jahr auch nix mehr damit, die Zeit des guten Steilgras geht langsam aber sicher vorüber
Gruß
Bene

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. September 2012 um 22:00
Hallo Bene,

wir haben Deine GB-Einträge gesehen, also warst ja auch schon richtig aktiv...irgendwie sind es immer dieselben "Verdächtigen", denen man auf diesen Touren begegnet.

Hm, dieses Jahr könnt's knapp werden mit großen Grastouren, aber bei mir ist das Tourenprogramm dieses Jahr sicher dünner als bei Dir...

Sportliche Grüße ins schöne Allgäu von Ulf

Bene69 hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. September 2012 um 22:02
Servus Ulf,

ja der Personenkreis bleibt immer sehr überschaubar. Bin im August die jährliche"Pflicht-Überschreitung" West-Ost gegangen und nach 8 Jahren mal wieder auf der Kleinen Höfats gewesen. Aufstieg übers Rauhenhalstobel und Stiege, was auch sehr interessant war. Hab natürlich Deinen Juli Eintrag auch gelesen.
Hast es von den Verhältnissen wirklich nochmal perfekt erwischt. Heute hing noch Neuschnee bis am Grünten runter.
Beste Grüsse
Bene

ADI hat gesagt:
Gesendet am 20. September 2012 um 09:47
Hallo, ULF!

Große Anerkennung und Respekt für diese "heiße" Tour!
Sehr gut finde ich, daß Du sie mit einem echten Profi unternommen hast.
Manche Dinge sollte man eben in die Hand von echten Profis legen.....

Ich selbst bin vor 3 Jahren ja auch mit Christoph Hainz auf die Hohe Gaisl gegangen.

Beste Grüße aus München, G.

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. September 2012 um 10:24
Griaß Di ADI,

die Tour ist wirklich hammergeil. Man kann sie natürlich auch selbständig durchführen, aber in diesem Fall, ich kannte die Tour ja nicht, mit hohem Restrisiko...und nach dem Trittausbruch letztes Jahr an der Travers ist die Höfats bei meiner Freundin auf der "schwarzen Liste"...dabei gehe ich da so gerne hoch...

...die Sicherheit ist natürlich auf die Art maximal. Der größte Vorteil ist aber der, dass der Profi vor Ort die Verhältnisse tagtäglich genau kennt...und die kann ich von hier aus meist nur unzureichend beurteilen...

Viele Grüße aus dem Flachland von Ulf



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