Nächste 5-Gipfel-Runde: Kleine Höfats Nordostgrat und Höfats Zweiter Gipfel Nordostgrat


Publiziert von quacamozza , 22. September 2023 um 13:17. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:17 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1650 m
Strecke:30 km (davon 20 km Bike)
Kartennummer:AV-Karte BY 4

Es ist bereits einige Jahre her, dass ich diese wunderschöne, aus meiner Sicht nach wie vor schönste Steilgrasrunde des Allgäus gedreht habe. Mit der Zeit wurde daher mein Wunsch sukzessive stärker, endlich wieder über die Nordostgrate auf die Höfats zu steigen. Doch es kam immer etwas dazwischen: andere Ziele, Rückenschmerzen, familiäre Verpflichtungen...außerdem braucht es eine bombenfeste stabile Psyche. Allzu oft sind auch die Verhältnisse in der düsteren Nordseite der Höfats nicht so gut, dass man eine derart anspruchsvolle Tour mit ihren vielfältigen Risiken vertretbar durchführen kann. Nicht zuletzt muss das Wetter passen. Wenn der Berg im Laufe des Tages einnebelt, man dann nichts mehr sieht und das Gras nicht gescheit abtrocknen kann, wie es gerade in diesem Sommer und noch letzte Woche häufig der Fall war, dann macht das Ganze nicht mal halb so viel Spaß und ist zudem unnötig gefährlich.
Jetzt hat es also endlich mit meiner 5. großen Runde geklappt, und das wie bei den bisherigen Begehungen in netter Begleitung, diesmal mit "jungen Wilden". Tatsächlich ist es aber für mich eine ganz neue Situation, denn ich habe zum ersten Mal keinen Profi an meiner Seite, der mir im Zweifelsfall hilft, und daher kommt es heute in besonderem Maße auf meine Skills an. Am Ende der Tour kann ich sagen: Man lernt auch bei vielen Wiederholungen immer wieder etwas dazu, und: Ich freue mich auf die nächste Runde.




Ja, sicherlich hat auch der vor zwei Monaten hier auf hikr publizierte Bericht über die Tour für eine zusätzliche Motivationsspritze gesorgt. Ein paar Dinge kurz zur Erinnerung:
-Ein Tourenbericht, in dem die Leser schon in der Einleitung in großer Schrift angeschrieen werden, ist hier glücklicherweise nicht der Standard.
-Der Autor wehrt sich mit Rundumschlägen und Diffamierungen (Gebiets-Hausmeister, Tourenberichte würden angeblich aus Gründen der Abschreckung geschrieben, manche User würden regelmäßig "solche" Kommentare abgeben, neue Berichte seien nicht erwünscht und anderes Geschwurbel), gegen kritische Kommentare, die sowohl von der Form als auch inhaltlich berechtigt, jedenfalls objektiv nachvollziehbar und mitnichten bösartige "Spott- und Hohnkommentare" sind.
-Wenn ein Autor behauptet, dass es allein ihm obliege, ob er mit einer Drohne fotografiert oder nicht, obwohl nahezu die gesamten deutschen Allgäuer Hochalpen als Naturschutzgebiet ausgewiesen sind und damit dem Drohnenverbot unterliegen, sagt diese Aussage einiges über den Charakter einer Person aus. Auch wenn es mittlerweile tatsächlich schon Drohnen-Videos von der Höfats im Netz gibt: Problematisch ist generell, wenn das Hochgebirge als rechtsfreier Raum angesehen wird, in dem Social-Media-Fanatiker glauben, sich alles leisten zu können.
-Das Ziel des Autors, die "in diversen Reports gestreuten Infos zu ergänzen und damit zu einem vollständigeren Bild beizutragen", wird nicht durch Einzeichnen von 80 Grad-Routenvarianten, die wohl kein Mensch bisher gegangen ist und auch von keinem vernünftigen Bergsteiger ins Auge gefasst wird, erreicht. Eine nicht vorhandene T 6+-Fraktion muss nicht befriedigt, andere nicht zu derart riskanten Manövern animiert werden. Wir halten solche "Tipps" für nicht zielführend und verantwortungslos.  
Fakt ist jedenfalls, dass sämtliche relevanten Informationen über die Tour längst zur Verfügung standen. Da gibt es inhaltlich kaum etwas Sinnvolles hinzuzufügen. Selbst die generell ganz nette Messung der Steilheit bestätigt ja nur das, was vorher schon bekannt war. Ich habe jedenfalls keinen Tourenbericht gefunden, in dem die Tour mit 70 oder 80 Grad Hangneigung erwähnt wurde. 
-Im Originalbericht und im Gipfelbuch der Kleinen Höfats wird der Höfats ein männlicher Artikel verpasst. Das fällt vielen nicht auf bzw. ist vielen gleichgültig, aber jedem wahren Höfatsfan dreht sich da der Magen um. Mit einem kleinen Detail zeigt der Autor einerseits, dass er keine Ahnung von Bergnamen hat, andererseits, dass ihm der Berg generell nicht wichtig ist. Wir nennen es mangelnden Respekt vor dem Berg. Aber wie es bereits ein Kommentator zutreffend feststellte: Es geht ja dem Autor auch nicht um den Berg, sondern um Selbstdarstellung. Und das hat dieser charaktervolle Berg nicht verdient, auch wenn es sich hier bloß um einen Einzelfall handelt. 



Eine detaillierte Routenbeschreibung ist nicht nötig, bei vorgegebenen Linien wie Graten auch kein GPX-Track. Wer in dieses Gelände geht, braucht ohnehin ein gutes Auge für den besten Weg und weiß oder sollte wissen, was er tut. Da die Tour zum Nachgehen nur für wenige Spezialisten interessant ist (an der Höfats sind es sowieso fast immer dieselben Verdächtigen), muss man auch nicht haufenweise Informationen für Zweifler bereitstellen, die darauf hoffen, dass sie mit möglichst vielen Infos vielleicht doch noch "irgendwie und irgendwann die Tour schaffen werden". Jenen Leuten sagen wir klipp und klar: Finger weg von diesem Projekt, solange man nicht über deutliche gras- und klettertechnische Reserven verfügt. Wer hinter der Kleinen Höfats im Niemandsland auspsycht, braucht zwangsläufig die Bergrettung.


Daher nur ein grober Überblick über unseren Tag: Mit E-Bike zur Käseralpe, die nach dem Viehscheid nur noch eingeschränkt bewirtet wird. Wir nehmen dieses Mal den längeren, aber bequemeren Weg über die Höfatshütte ins Oberloch. Dort treffen wir mit Lars einen ebenfalls stark Höfats-Infizierten, der die Überschreitung der Kleinen Höfats erst vergangene Woche gegangen ist und somit unser direkter Vorgänger ist. Den Nordostgrat, der im oberen Teil noch nicht ganz optimal abgetrocknet ist, hoch zur "Klui".
Oben dann mittels 60-Meter-Seil den steilsten Teil des Südwestgrates abseilen (viel nervenschonender als der 60 Grad-Abstieg und die anschließende Querung der Nordflanke) und im Steilgras hinab ins Schärtele, der letzte komfortable Rastplatz vor dem Zweiten Gipfel. Den Schärtelezacken überklettern (T 6 und II, heikel, weil brüchig, moosig und unten lose, schräg gestellte Felsen; wir hätten oben abgelassen) oder rechts umgehen (T 6, auch nicht ohne, aber heute bei passablen Verhältnissen in der Flanke für uns weniger zeitaufwändig). Dann die grastechnische Schlüsselstelle der Tour: von wegen Entwarnung geben. Wir sind nicht durch die nasse, abschüssig-erdige Wanne mit heute rutschigen Tritten, sondern nehmen die scharfe Variante und klettern im extremen Steilgras. Dabei kommt richtiges Wandfeeling auf. Die Steilheit hatte ich gar nicht als so heftig in Erinnerung (siehe letztes Foto unten). Pickel ist hier dringend nötig. Dann endlich trockenes, etwas weniger geneigtes, aber zunehmend felsdurchsetztes, forderndes Steilgras. "Hart, aber herzlich" habe ich es in vorherigen Tourenberichten genannt. Am Grat sehen wir Bergsteiger auf der Travers an der Höfatsscharte. Wir versuchen erstmals, einige Zähne am Nordostgrat zu überklettern. Dringender Ratschlag: Auf keinen Fall nachmachen! Die Kletterei ist kernig (III), hammer ausgesetzt, und selbst die größten und scheinbar zuverlässigsten Blöcke wackeln beim Belasten wie ein Kuhschwanz. Der AVF empfiehlt ebenfalls, einzelnen Zacken linksseitig auszuweichen. Also schnell wieder ins schrofige Gelände. Dieses Terrain ist bei weitem nicht so lebensgefährlich. Kurz darauf verliert Lars leider seinen Pickel, obwohl dieser am Gurt gesichert ist, während sich auch durch sonstigen Felskontakt kleinere Blessuren aufgrund vieler scharfkantiger Steine nicht komplett vermeiden lassen. Ich glaube, ganz unversehrt bin ich noch nie aus dieser Tour gekommen. Zu dem Zeitpunkt haben wir aber das Schlimmste bereits hinter uns, und bei meinen Freunden weicht die Anspannung einem Gefühl, das mit "Stolz" schon ganz gut bezeichnet ist. 

Nach der Rast am Zweiten Gipfel wählen meine Freunde die "Autobahn" zum Westgipfel, während ich über den Überhang (III) abklettere und nach dem Reitgrat am zweiten Gratzacken wieder auf die anderen treffe, denen die Umgehung wohl doch etwas zu leicht war ;-) Aber gut, angeblich sind wir ja hier nur auf einem T 4+-Wanderweg unterwegs. Spaß beiseite. Ab Westgipfel wieder über den Grat zurück zum Zweiten und über die von uns zigfach begangene Travers zum Ostgipfel. Wir genießen den sonst häufig besuchten Gipfel allein, und das an diesem schönen Sonntag. Zum Vergleich: Vor drei Jahren waren an jenem September-Wochenende 25 Leute oben. Nach dem Vorgipfel treffen wir am Älpelesattel auf die vier Begeher der Travers. Kurzer Austausch, dann geht's zurück zur Käseralpe, während Lars nochmal ins Oberloch steigt, um sein dort deponiertes Seil abzuholen. 
Auch an der Käseralpe ist tote Hose, kein Vergleich zu meinem Besuch vorletzte Woche, als unzählige Biker lautstark die Alpe frequentierten. Am Oytalhaus sind wir wieder zu dritt, bevor es an die Schlussabfahrt nach Oberstdorf geht. 



Ein paar Punkte noch zur Ausrüstung. Ob man mit oder ohne Steigeisen / Grödeln geht, entscheiden die Verhältnisse und die persönliche Vorliebe. Ich selber bin heute zum zweiten Mal die komplette Tour ohne Hilfsmittel an den Schuhen gegangen. Meine Freunde haben es teils anders gemacht. Der Pickel ist allerdings im Steilgras unverzichtbar. Wie oben erwähnt, empfehlen wir das Abseilen an der Kleinen Höfats, also: zwei Halbseile oder 60 Meter Einfachseil. Mit einem richtig guten Seil und nur 3 Kilo Zusatzgewicht macht das viel Spaß. Wer hingegen krangelige oder zu schwere Seile verwendet, macht sich das Leben unnötig schwer. Gerade auf anspruchsvollen Touren gilt es ja sowieso, den Stresspegel möglichst niedrig zu halten. Den Helm sollte man ab dem Oberloch aufsetzen und bis zum Vorgipfel auf dem Kopf belassen. 


Bleibt noch zu erwähnen, dass die große Höfatsrunde wie erwartet und oft erwähnt selten unternommen wird. Bisher sind (mit unserer) vier Begehungen in 2023 zu verzeichnen. Die Kleine Höfats wird dagegen etwas häufiger bestiegen und auch via Nordost- und Ostgrat überschritten, da sie als alleiniges Ziel einfacher, kürzer und weniger ernsthaft ist als die Fortsetzung zur Höfats.
Auf jeden Fall sind alle Aufstiege aus dem Oberloch oder Roten Loch zu den Gipfeln anspruchsvoller als die übliche Travers. Und selbst wer auf dem Gipfel der Kleinen Höfats glaubt, dass es auf dem bisher absolvierten Level weitergeht, wird schnell eines Besseren belehrt, denn Abstiege und Querungen im knackigen, stark verhältnisabhängigen T 6-Gelände sind nochmal klar fordernder als der Aufstieg.


Als eingefleischter Höfatsfan gibt es auch nach vielen Begehungen noch diskussionswürdige Themen. Interessant ist zum Beispiel, wo denn genau der Nordostgrat der Kleinen Höfats beginnt, an der Stiege oder doch erst am ersten Grataufschwung. Im Netz findet sich zum Thema "Beginn eines Berggrates" nichts Zielführendes. Die alte Höfats-Literatur aus längst vergangenen Zeiten spricht von der Stiege als Scharte, die "zwischen dem Seilhenker und dem Fußpunkt des Nordostgrates" liege. Außerdem beginnt die Beschreibung der Route im alten AVF von der "tiefsten Scharte" und nicht von der Stiege. Daher spricht einiges dafür, den Beginn des Nordostgrates erst nach der vermeintlichen Schlüsselstelle des Grates festzusetzen, so dass die anspruchsvollsten Stellen (nur) zwischen II. und III. Grad liegen. 

In diesem Jahr blüht das Edelweiß besonders stark, so dass man viele bekannte Fotomotive mit den pelzigen Sternen "garnieren" kann. Die reiche Botanik ist aber so oder so immer wieder eine Freude an diesem Berg. 


Abschließender Hinweis: Wir behalten uns vor, unsachliche, provozierende, bösartige, sonstige unseriöse oder generell sich auf unseren zweiten Textblock beziehende Kommentare ohne weitere Vorwarnung zu löschen. Wir bitten Euch um Verständnis, dass wir nicht mehr bereit sind, ausdiskutierte Dinge endlos in die Länge zu ziehen bzw. uns in jenem (auch gegen uns gerichteten) Stil weiterhin behandeln zu lassen. Für uns ist das Thema mit dem heutigen Tag abgeschlossen. Ansonsten nehmen wir Euch gerne auf ein Neues mit auf unseren Lieblingsberg, den schönsten Berg des Allgäus. 









Tourengänger: quacamozza, McGrozy, ElJay90


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Kommentare (3)


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Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 22. September 2023 um 15:10
Echt ne schöne Tour und tolle Bilder. Vielleicht muss ich die Tour doch auch mal wieder machen. :-)

Aber ich bin schon echt sehr enttäuscht von deinem Bericht. Ich hab jetzt wirklich mit einer komplett ausführlichen Topo gerechnet, in der jede Stelle markiert, bildlich dargestellt und mit Fotos, GPX und Drohnenaufnahmen kenntlich gemacht wird.
Bitte markiere doch beim nächsten Mal die Griffe, welche Griffe gut sind, und welche schlecht.
Grün = Hält
Gelb = geht, aber mit Vorsicht
Rot = Lieber nicht

Sowas erwarte ich vom Höfatshausmeister schon.
Außerdem könntest da oben mal wieder Unkraut jäten und den Weg ausschneiden, damit man ihn auch findet. Sonst müssen die Nachsteiger ja noch selbst überlegen wie sie gehen müssen.
Sonst kommt da doch niemand mehr hoch, wenn solch wichtige Informationen fehlen. ;-)

Vielen Lieben Dank.
:-)

Tuppie hat gesagt: großartig
Gesendet am 23. September 2023 um 17:49
Ein informativer, ehrlicher Bericht, den DU geschrieben hast. Umwerfend sind die grandiosen Bilder, die mir einen tollen Einblick in eine Tour geben, die ich nie werde gehen können. Ist nicht schlimm ;-)
Schön, dass das Jahr 2023 für Dich wieder die Höfats bereit hielt.

quacamozza hat gesagt: RE:großartig
Gesendet am 24. September 2023 um 20:57
Hallo Thomas,

lieben Dank.
Wenn Tourenerlebnisse körperliche Gegenstände wären, würde ich Dir gerne eine von den fünf Runden abgeben. Dieses intensive Naturerlebnis kann man ja mit Text und Fotos nur ansatzweise vermitteln.
Und natürlich ist mir klar, dass es ein Privileg ist, einen solchen Ausflug mit nahezu perfekten Rahmenbedingungen genießen zu dürfen. Die Zeit vor Ort ging so schnell rum...

Viel Erfolg bei den Herbstläufen!

Grüße
Ulf



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