WÄGITALER RUNDTOUR
Die Wägitaler Rundtour darf getrost als Mutter aller Voralpentouren bezeichnet werden. In bestechender Linienführung überschreitet man den gesamten Gipfelkranz um den Wägitalersee. Ein Höhepunkt jagt den nächsten: prächtige Gipfel, scharfe Grate, anspruchsvolle Kraxeleien, luftige Tiefblicke. Und das Auge kann sich gar nicht satt sehen am herrlichen Panorama.
Obschon kein Anhänger von Monstertouren träume ich deshalb seit langem von diesem Nonplusultra in meinen Alpinstammlanden. Doch fast droht sich das Projekt um ein weiteres Jahr zu verzögern. Einerseits belastet der durchzogene ST-Frühling meinen Formstand, andererseits fehlt im Juni - dem idealen Monat - das nötige Wetterglück. Dank perfekten Verhältnissen vergangenen Samstag komme ich unverhofft doch noch zum Zug: stabile Schönwetterlage, nicht zu heiss, leichter Wind, null Gewitterneigung.
Ohne Zögern entscheide ich mich für die abgespeckte Rundvariante von
mde. Sie überzeugt im Gegensatz zu den historischen Routen durch ihre Abgeschlossenheit und hydrografische Logik und hält mit der Brennaroute früh einen besonderen Leckerbissen bereit. Nicht zuletzt verkürzt sich das Pensum, was angesichts meines Formstandes sinnvoll erscheint.
Für eine detaillierte Routenbeschreibung verweise ich auf meinen GPS-Track und den
Bericht von
mde.
Deltas Berichte gehören ohnehin zu einer seriösen Vorbereitung. Hinzufügen möchte ich einige subjektive Eindrücke.
Brennaroute (T6-/II): Der Entscheid, das Bockmattli für die legendäre Brennaroute zu opfern, fiel mir leicht. Von unten scheint die NW-Flanke des Schibergs kaum begehbar. Doch geschickt windet sich die Route durch das griffige, teils verwachsene Gelände. Vereinzelt weisen blaue Punkte den Weg. Technisch erreicht man wohl knapp die T6- (z.B. beim Einstieg), doch die gefühlte Schwierigkeit liegt tiefer, denn man spürt die Ausgesetztheit kaum. Das gilt nicht für diesen Felsaufschwung, den die originale Brennaroute aber südlich umgeht.
Überschreitung Brünnelistock (T5): Der Gipfel steht sinnbildlich für die Schönheit des Wägitals. Man bewegt sich über schmale Grate und geniesst luftige Tiefblicke, ohne gleich Todesängste ausstehen zu müssen. Der trittsichere Bergwanderer wählt den attraktiven Pfad über den Südwestgrat (T4). Einsamer geht's am Nordostgrat zu und her (T5). In leichter Kletterei erreicht man vom Mürli den Grat (mehrere Varianten möglich) und folgt ihm zum Hauptgipfel: Tiefblicke - vor allem Richtung Oberseetal - sind garantiert!
Zindlenspitz Ostflanke (T5+): Ein Direktaufstieg ab Wanderweg durch die steile Ostflanke ist möglich. Doch man spart weder Zeit und kaum Höhenmeter, somit vor allem für Überschreitungsfreaks geeignet.
Lachenstock - Redertengrat (T2-3): Hier braucht's Nehmerqualitäten. In ständigem Auf und Ab quält man sich über schwache Wegspuren und Karrenfelder. Meine Motivation erreicht hier den Tagestiefpunkt. Und streckenmässig befindet man sich noch nirgends. Den Sonnenuntergang auf dem Aubrig kann ich bereits abschreiben. Erst eine SMS meiner Liebsten und der lohnenswerte Aufstieg auf den Redertenstock vermögen meine Laune aufzuheitern.
Redertenstock-Mutteristock (T6-/II): Die Überschreitung des Wägitaler Königspaars bietet Alpinkraxeleien vom Feinsten. Den Nordaufstieg auf den Rederten kann ich jedem geübten Alpinwanderer empfehlen (T5+/II). Der Tiefblick bei der Querung durchs Südband in die Scharte vor dem Mutteri hingegen dürfte nicht nach jedermanns Geschmack sein (T5+). Bei Nässe ist von einer Begehung dringend abzuraten.
Ich empfehle, anschliessend bei erster Gelegenheit in die Scharte hochzusteigen. Denn wer zuwartet, bezahlt dies nachher mit einer erschwerten Abkletterei in den Kessel (s. hier). Aus dem Kessel mit dem (beinahe) ewigen Schneefeld steige ich in die rechte Rinne hoch, welche sich anregend durchklettern lässt (T6-/II).
Ochsenchopf Ostgrat (T6/II): Eine der wenigen Passagen, welche ich vorher nicht rekognosziert habe. Nachdem ich den Torberg mitgenommen habe, umgehe ich die folgenden zwei Felsköpfe mit einem kurzen Abstieg auf der Nordseite (bis ca. 2030m). Eine Überschreitung der Köpfe scheint möglich, aber ich habe das nicht im Detail studiert. Nach dem Wiederaufstieg in den Sattel P. 2065 kommt's richtig dick: T6 in Reinkultur! Steile, schmale Grasgrate, Schrofengelände und verdammt viel Luft unter den Füssen. Den ersten Aufschwung kann ich noch geniessen (T5+). Doch bereits beim Zweiten heisst es, bloss nicht nach unten schauen (T6-). Und beim Dritten entfahren mir Stossgebete gen Himmel (T6). Wichtig: Den dritten Aufschwung könnte man einfach über eine Terrasse auf der Nordseite umgehen... Ebenfalls heikel, aber mit weniger Tiefblick präsentiert sich die Querung durchs Band in die Scharte zwischen zweitem und drittem Aufschwung. Von oben macht es den Eindruck, als könnte man auch vom unteren, breiteren Band die Scharte wieder gewinnen. Andere Begeher bestreiten dies. Hat das mal jemand probiert?
Ganthöchi (T6): Ungern denke ich an meinen ersten Ausflug in die Ostflanke der Ganthöchi zurück. Das Gelände ist heikel und mühsam: Felsschrofen bedeckt mit einer dünnen Schicht Dreck und Gras. Zweifellos die Schlüsselstelle der Tour, auch weil sie nicht umgangen werden kann. Keine Ganthöchi, keine Wägitaler Rundtour! Belastend auch, dass die Passage erst so spät kommt.
Angesichts meiner schlechten Erinnerungen probiere ich mal "was Neues"... Zuerst ziehe ich die Runse ganz links hoch, welche Richtung Wänifirst Nordgrat zieht. Sobald möglich traversiere ich heikel auf einen verwachsenen Sporn rüber. Und nun einfach den Sporn hoch. Dieser ist extrem steil, aber mit Bäumchen und Büschen verwachsen, welche als gute Griffe dienen. Konsequenterweise erfolgt fast der ganze Aufstieg aus den Armen, welche bald zu zittern beginnen. Zuoberst läuft der Sporn aus und ich erreiche über eine Runse - schlecht griffig, aber weniger steil - den Wänifirst Nordgrat.
Gantspitz-Turner (T5+, evtl. T6-): Der scharfe Grasgrat bietet dem schwindelfreien Berggänger Genuss pur. Die technischen Schwierigkeiten sind moderat. Die Ostseite bricht jäh ab, während das Steilgras in der Westflanke oft begehbar wäre. Der Grat besteht aus zahlreichen Aufschwüngen, welche nur vereinzelt sinnvoll umgangen werden können. Das ständige Auf und Ab und die benötigte Konzentration hängen an, zumal man bis zum Gantspitz bereits 3600Hm gefressen hat. Motivierend wirkt heute die schöne Abendstimmung, welche den Grat - und das gesamte Wägital - in ein rötliches Licht taucht. Auf dem Turner dann aufatmen, ab jetzt folgt nur noch laufen, laufen, laufen.
Marschgepäck: Prinzipiell bin ick kein Jünger des Ultralight. Doch bei über 100 Leistungskilometern gilt es eine Ausnahme zu machen. In den Rucksack kommen nur: Pickel, GPS, 1kg Verpflegung (Brot, etwas Käse & Wurst, Trockenfrüchte, Ovo-Sport, Riegel), 3l Wasser (reicht heute gut bis zum Brunnen vor dem Wannenstöckli). Dankbar gewesen wäre ich für ein paar trockene Ersatzsocken und -schuheinlagen, der Morgentau hinterliess (zu) schnell Spuren.
Fazit: Die Wägitaler Rundtour werde ich als einmaliges Erlebnis in Erinnerung behalten. Sie vereint alles, was das Alpinwandern so lohnenswert macht, in extremer Intensität. Weitere Monstertouren sind vorerst aber keine geplant, der Genuss kommt einfach zu kurz. Von Besuchen des Hammermanns blieb ich verschont, weil ich mir bewusst mehr Zeit liess als meine Vorgänger. Konsequenterweise musste ich die letzten Stunden im Dunkeln absolvieren.
Links des SAC Zindlenspitz:
Obschon kein Anhänger von Monstertouren träume ich deshalb seit langem von diesem Nonplusultra in meinen Alpinstammlanden. Doch fast droht sich das Projekt um ein weiteres Jahr zu verzögern. Einerseits belastet der durchzogene ST-Frühling meinen Formstand, andererseits fehlt im Juni - dem idealen Monat - das nötige Wetterglück. Dank perfekten Verhältnissen vergangenen Samstag komme ich unverhofft doch noch zum Zug: stabile Schönwetterlage, nicht zu heiss, leichter Wind, null Gewitterneigung.
Ohne Zögern entscheide ich mich für die abgespeckte Rundvariante von

Für eine detaillierte Routenbeschreibung verweise ich auf meinen GPS-Track und den



Brennaroute (T6-/II): Der Entscheid, das Bockmattli für die legendäre Brennaroute zu opfern, fiel mir leicht. Von unten scheint die NW-Flanke des Schibergs kaum begehbar. Doch geschickt windet sich die Route durch das griffige, teils verwachsene Gelände. Vereinzelt weisen blaue Punkte den Weg. Technisch erreicht man wohl knapp die T6- (z.B. beim Einstieg), doch die gefühlte Schwierigkeit liegt tiefer, denn man spürt die Ausgesetztheit kaum. Das gilt nicht für diesen Felsaufschwung, den die originale Brennaroute aber südlich umgeht.
Überschreitung Brünnelistock (T5): Der Gipfel steht sinnbildlich für die Schönheit des Wägitals. Man bewegt sich über schmale Grate und geniesst luftige Tiefblicke, ohne gleich Todesängste ausstehen zu müssen. Der trittsichere Bergwanderer wählt den attraktiven Pfad über den Südwestgrat (T4). Einsamer geht's am Nordostgrat zu und her (T5). In leichter Kletterei erreicht man vom Mürli den Grat (mehrere Varianten möglich) und folgt ihm zum Hauptgipfel: Tiefblicke - vor allem Richtung Oberseetal - sind garantiert!
Zindlenspitz Ostflanke (T5+): Ein Direktaufstieg ab Wanderweg durch die steile Ostflanke ist möglich. Doch man spart weder Zeit und kaum Höhenmeter, somit vor allem für Überschreitungsfreaks geeignet.
Lachenstock - Redertengrat (T2-3): Hier braucht's Nehmerqualitäten. In ständigem Auf und Ab quält man sich über schwache Wegspuren und Karrenfelder. Meine Motivation erreicht hier den Tagestiefpunkt. Und streckenmässig befindet man sich noch nirgends. Den Sonnenuntergang auf dem Aubrig kann ich bereits abschreiben. Erst eine SMS meiner Liebsten und der lohnenswerte Aufstieg auf den Redertenstock vermögen meine Laune aufzuheitern.
Redertenstock-Mutteristock (T6-/II): Die Überschreitung des Wägitaler Königspaars bietet Alpinkraxeleien vom Feinsten. Den Nordaufstieg auf den Rederten kann ich jedem geübten Alpinwanderer empfehlen (T5+/II). Der Tiefblick bei der Querung durchs Südband in die Scharte vor dem Mutteri hingegen dürfte nicht nach jedermanns Geschmack sein (T5+). Bei Nässe ist von einer Begehung dringend abzuraten.
Ich empfehle, anschliessend bei erster Gelegenheit in die Scharte hochzusteigen. Denn wer zuwartet, bezahlt dies nachher mit einer erschwerten Abkletterei in den Kessel (s. hier). Aus dem Kessel mit dem (beinahe) ewigen Schneefeld steige ich in die rechte Rinne hoch, welche sich anregend durchklettern lässt (T6-/II).
Ochsenchopf Ostgrat (T6/II): Eine der wenigen Passagen, welche ich vorher nicht rekognosziert habe. Nachdem ich den Torberg mitgenommen habe, umgehe ich die folgenden zwei Felsköpfe mit einem kurzen Abstieg auf der Nordseite (bis ca. 2030m). Eine Überschreitung der Köpfe scheint möglich, aber ich habe das nicht im Detail studiert. Nach dem Wiederaufstieg in den Sattel P. 2065 kommt's richtig dick: T6 in Reinkultur! Steile, schmale Grasgrate, Schrofengelände und verdammt viel Luft unter den Füssen. Den ersten Aufschwung kann ich noch geniessen (T5+). Doch bereits beim Zweiten heisst es, bloss nicht nach unten schauen (T6-). Und beim Dritten entfahren mir Stossgebete gen Himmel (T6). Wichtig: Den dritten Aufschwung könnte man einfach über eine Terrasse auf der Nordseite umgehen... Ebenfalls heikel, aber mit weniger Tiefblick präsentiert sich die Querung durchs Band in die Scharte zwischen zweitem und drittem Aufschwung. Von oben macht es den Eindruck, als könnte man auch vom unteren, breiteren Band die Scharte wieder gewinnen. Andere Begeher bestreiten dies. Hat das mal jemand probiert?
Ganthöchi (T6): Ungern denke ich an meinen ersten Ausflug in die Ostflanke der Ganthöchi zurück. Das Gelände ist heikel und mühsam: Felsschrofen bedeckt mit einer dünnen Schicht Dreck und Gras. Zweifellos die Schlüsselstelle der Tour, auch weil sie nicht umgangen werden kann. Keine Ganthöchi, keine Wägitaler Rundtour! Belastend auch, dass die Passage erst so spät kommt.
Angesichts meiner schlechten Erinnerungen probiere ich mal "was Neues"... Zuerst ziehe ich die Runse ganz links hoch, welche Richtung Wänifirst Nordgrat zieht. Sobald möglich traversiere ich heikel auf einen verwachsenen Sporn rüber. Und nun einfach den Sporn hoch. Dieser ist extrem steil, aber mit Bäumchen und Büschen verwachsen, welche als gute Griffe dienen. Konsequenterweise erfolgt fast der ganze Aufstieg aus den Armen, welche bald zu zittern beginnen. Zuoberst läuft der Sporn aus und ich erreiche über eine Runse - schlecht griffig, aber weniger steil - den Wänifirst Nordgrat.
Gantspitz-Turner (T5+, evtl. T6-): Der scharfe Grasgrat bietet dem schwindelfreien Berggänger Genuss pur. Die technischen Schwierigkeiten sind moderat. Die Ostseite bricht jäh ab, während das Steilgras in der Westflanke oft begehbar wäre. Der Grat besteht aus zahlreichen Aufschwüngen, welche nur vereinzelt sinnvoll umgangen werden können. Das ständige Auf und Ab und die benötigte Konzentration hängen an, zumal man bis zum Gantspitz bereits 3600Hm gefressen hat. Motivierend wirkt heute die schöne Abendstimmung, welche den Grat - und das gesamte Wägital - in ein rötliches Licht taucht. Auf dem Turner dann aufatmen, ab jetzt folgt nur noch laufen, laufen, laufen.
Marschgepäck: Prinzipiell bin ick kein Jünger des Ultralight. Doch bei über 100 Leistungskilometern gilt es eine Ausnahme zu machen. In den Rucksack kommen nur: Pickel, GPS, 1kg Verpflegung (Brot, etwas Käse & Wurst, Trockenfrüchte, Ovo-Sport, Riegel), 3l Wasser (reicht heute gut bis zum Brunnen vor dem Wannenstöckli). Dankbar gewesen wäre ich für ein paar trockene Ersatzsocken und -schuheinlagen, der Morgentau hinterliess (zu) schnell Spuren.
Fazit: Die Wägitaler Rundtour werde ich als einmaliges Erlebnis in Erinnerung behalten. Sie vereint alles, was das Alpinwandern so lohnenswert macht, in extremer Intensität. Weitere Monstertouren sind vorerst aber keine geplant, der Genuss kommt einfach zu kurz. Von Besuchen des Hammermanns blieb ich verschont, weil ich mir bewusst mehr Zeit liess als meine Vorgänger. Konsequenterweise musste ich die letzten Stunden im Dunkeln absolvieren.
Links des SAC Zindlenspitz:
- Geschichte der "Wägitaler Überschreitung"
- Schematische Übersicht
Tourengänger:
Bergamotte

Communities: T6, Monstertouren
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