WÄGITAL RUNDTOUR „SPEED“
Wiederholung der Wägital Rundtour mit einem neuen Geschwindigkeitsrekord: 13 Stunden 13 Minuten – 4800 Höhenmeter und 41 Kilometer, grösstenteils T4-T6 Gelände!
Die Wägital Rundtour ist eines der ganz grossen Alpin-Wanderprojekte der Voralpen! Seit 1958 sind insgesamt (inkl. dieser) 7 Begehungen der Tour bekannt. Zwischen Beginn der 90er Jahre und 2006 wird von keinen Wiederholungen berichtet. Meine Wägital Rundtour vom 15.6.2006 inspirierte 3614adrian, sich ebenfalls ans Projekt zu wagen. Am 1.7.2007 gelang ihm die Überschreitung mit teilweise interessanten und anspruchsvollen Direktaufstiegen. Als ich im Verlauf dieses Frühlings die Durchgangszeiten der früheren bekannten Wägital-Begehungen analysierte, wuchs in mir die Idee, das Projekt von der „Speed“-Seite her anzugehen: Leichtes Gepäck, optimierte Routen, Beschränkung auf das Wesentliche. Am 22.6.2008 ist es mir gelungen, diesen Traum zu verwirklichen und die Wägitaler-Runde in gut 13 Stunden durchzuziehen – ein unvergesslicher Tag!
Die meisten der bisherigen Rundtouren schlossen Chöpfenberg und Tierberg mitein. Ich entschloss mich, diese beiden Gipfel, die ausserhalb der Bergketten liegen, die den Wägitaler See umgeben, nicht zu berücksichtigen – und mich damit auf die „wesentlichen“ Gipfel zu beschränken. Im Vergleich zu 2006 trug ich viel weniger Gepäck mit (dünne Windstopper-Jacke, 2 Liter Getränk und Esswaren). Dazu legte ich an der Strecke verschiedene Depots an – Wasser am Schiberg und die Turnschuhe am Fuss des Fluebrigs. Zumindest das zweite Depot erwies sich als sehr nützlich. Insgesamt gelang es mir, die Zeiten meiner 2006-Begehung um knapp 20% zu drücken und zusätzlich dank besserer Routenwahl eine totale Zeitersparnis von fast 9 (!) Stunden herauszuholen.
Das Resultat ist die erste Wägital Rundtour SPEED (13 Stunden, 4800 Höhenmeter, 42 Kilometer). Dabei muss folgendes betont werden: Auch bei schnellen Begehungen muss die Sicherheit immer an oberster Stelle stehen! Die Wägital-Rundtour weist verschiedene Passagen im T6-Bereich auf, die heikel sind, volle Konzentration erfordern und Gewandtheit und Erfahrung im voralpinen Gelände voraussetzen. Die Kombination von schnellem und sicherem Gehen auf diesen Routen ist die eigentliche Herausforderung einer solchen Unternehmung!
Streckenprofil und Marschroute sind dargestellt. Die Geschwindigkeit in den einzelnen Abschnitten ist in Leistungskilometer pro Stunde angegeben (Leistungskilometer (LK) berechne ich folgendermassen: 1 km Strecke = 1 LK; 100 Höhenmeter Aufstieg = 1 LK; 250 Höhenmeter Abstieg = 1 LK). Insgesamt konnte ich die Geschwindigkeit von etwas über 8 LK/h über die ganzen 13 Stunden halten. In technisch schwierigeren Abschnitten (z.B. Mutteristock, Ochsenchopf) ist sie etwas geringer. Die Geschwindigkeiten beinhalten die Pausen (20min bei der Oberalp, je 10min auf Mutteristock und Fläschlihöchi, und einige kürzere).
Die einzelnen Abschnitte und die Schlüsselstellen der Wägital Rundtour sind in meinem letzten Bericht vollständig beschrieben. Hier möchte ich noch einmal vier Passagen aufgreifen, die potentiellen Nachahmern der Tour bekannt sein sollten:
- Redertenstock – Mutteristock: Am einfachsten geht’s durch die Rinne. Kurze ausgesetzte Kletterstelle (II), dann einfacher (I) bis zum Gipfel. Im Frühsommer teils schneegefüllt. Über den Grat kann ebenfalls aufgestiegen werden (Stelle IV).
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Ochsenchopf Ostgrat: Aufgrund eines Tipps von
3614adrian wagte ich mich erstmals an den Ochsenchopf Ostgrat – und wurde überrascht. Der SAC-Führer rät zu Unrecht von einer Begehung ab! Ein richtiger Wägital-Geheimtip! Der Grat weist drei Aufschwünge auf, die alle direkt auf der Kante erklettert werden können (T6, II). Die Aufstiege sind ausgesetzt und steil (vor allem der letzte Aufschwung), werden aber durch einen guten Gämswechsel erleichtert. Die heikelste Stelle ist die Traverse einer Scharte zwischen zweitem und drittem Aufschwung. Rund 10 Meter vor der Scharte führt ein Gämspfad auf einem nordseitigen Band in diese herab.
- Schwialppass – Gantspitz: In der letzten Beschreibung habe ich den Aufstieg noch als T5/T6 bewertet. Meiner Einschätzung nach ist dieser Abschnitt, wenn auch vielleicht nicht der schwierigste, dann doch der heikelste Teil der Wägital Rundtour und eindeutig T6. Die ungemütliche, ca. 45° steile Flanke besteht aus einem undefinierbaren Gemisch aus Gras, Erde und abwärts geschichteten Platten. Am besten folgt man immer dem Fels. Der erste Aufschwung ist am steilsten und wird am einfachsten auf einem schwach ausgeprägten Sporn überwunden. Die Griffe sind fein und müssen geprüft werden. Das Gras ist durch abrutschenden Schnee nach unten gepresst und bietet kaum Halt.
- Gantspitz – Turner: Die Überschreitung ist ein Genuss. Über den ganzen Grat führt ein passabler Gemspfad. Am ersten Gipfel nach dem Turner gibt es zwei ungemütliche und ausgesetzte Traversen in erdigem und brüchigem Gelände. Dort ist besonders Vorsicht geboten!
Ganz ohne Pannen lief die Tour natürlich nicht ab: Als ich mich am Fuss des Schibergs auf eine Getränk-Sintflut freute (Wasserdepot eingerichtet am 8.6.2008), musste ich feststellen, dass meine Flaschen nicht mehr auffindbar waren – entweder zu gut versteckt, oder zu schlecht, so dass sie jemand anders mitgenommen hat… Jetzt heisst es durchbeissen bis zur Oberalp, wo es einen Brunnen gibt! Der weitere Verlauf der Tour lief bis fast am Schluss bestens ab. Am Gantspitz musste ich gegen die Hitze kämpfen – doch das ist normal. Leider gönnte ich mir nach dem Fluebrig zu wenige Pausen, weshalb ich am Gross Aubrig arg unterzuckert ankam. Man merke sich also: Auch wenn es einem nicht nach essen zumute ist, „hau rein“! Im Vergleich zu 2006 bin ich diesmal einiges weniger lädiert aus der Wägital Rundtour gekommen. Dank geschicktem Wechsel von Socken und Schuhen hatte ich keine Blasen zu beklagen und der Muskelkater – und selbst die müden Beine am nächsten Tag – blieben aus. Trotz sehr hohen Temperaturen waren die Verhältnisse ideal für eine schnelle Begehung. Schneefelder sind unabdingbar für schnelle Abstiege vom Mutteristock, dem Wannenstöckli und dem Fluebrig, erlauben wohl eine Zeitersparnis von rund einer halben Stunde und bewirken gute Moral und geschonte Gelenke.
Wägital Rundtour „Speed“ – ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist!
P.S.: Jakob Schuler vom SAC Zindlenspitz, Begeher der Rundtour im Jahr 1990, hat zum 50-jährigen Jubiläum der ersten Umrundung eine sehr lesenswerte "Geschichte der Wägitaler Überschreitung" verfasst, wo alle sieben nachgewiesenen Rundtouren zusammengestellt sind.
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