Auf dem "Otto-Erich"-Klettersteig zur Tschenglser Hochwand


Publiziert von Nik Brückner , 21. März 2024 um 17:31.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:27 Juli 1990
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 1050 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:13,5 Kilometer
Unterkunftmöglichkeiten:Düsseldorfer Hütte

Lang ist's her....

Zum 18. schenkte mir mein Onkel drei Tage Sulden, und vier Dreitausender. Mit großer Begeisterung ging's hinunter (in den Süden) und hinauf (eben nach Sulden). Mit dabei: mein Onkel, mein Cousin und der Klaus. Unsere erste gemeinsame Tour war der damals noch existente Otto-Erich-Steig an der Tschenglser Hochwand.


Damals führte der Otto-Erich-Groll- (oder kurz Otto-Erich-) Klettersteig den Südwestgrat der Tschenglser Hochwand hinauf. Der ist heute gesperrt, die Sicherungen sind demontiert. Seit 2002 existiert als Ersatz ein neuer Klettersteig, der offenbar den Namen Neuer Klettersteig trägt. Nun ja. Der knapp einen Kilometer lange Steig war einer der höchst gelegenen Klettersteige der Alpen - heute ist das der Neue Klettersteig. Im oberen Teil sind die Routenführungen der beiden Wege identisch.


Eines schönen Julimorgens baumelten wir also mit dem Kanzellift hinauf zur Kanzel (2351 m), der Bergstation des Lifts. Auf dem markierten, leicht ansteigendem Weg wanderten wir in einer guten Stunde hinüber zur Düsseldorfer Hütte/Rifugio Serristori (2721 m). Dort legten wir eine erste Pause ein, bevor es dann ins Zaytal hinein ging. Wir nahmen den Weg Nummer 5 (an Abzweigen immer links), der direkt zum Fuß der Tschenglser Hochwand führt. Beim letzten Wegweiser, am Unteren Seelin (2889 m), bogen wir links ab, hinauf zum Wandfuß.

Kanzel - Unteres Seelin: markierte Wanderwege, T2, 2,5h


Über einen Schuttkegel ging es dann, gelben Markierungen folgend, steil hinauf. Zuerst an einer Felswand entlang bis zum Fuß des markanten Felsgrats, der direkt nach Norden zum Gipfel führt.

Hier, auf ca. 3000 Metern Höhe, trennten sich die Wege. Der Normalweg führt (heute noch) nach links durch die Geröllrinne hinauf zu einer deutlich erkennbaren Scharte am Südwestgrat und über diesen zum Gipfel. Der "Otto-Erich"-Klettersteig führte rechts davon direkt über den markanten Felsgrat hoch. Der Neue Steig, den es damals noch nicht gab und der den "Otto-Erich"-Klettersteig ersetzt hat, führt heute noch weiter rechts durch die Südwand.

Der so genannte "Otto-Erich"-Klettersteig zog nun direkt über den markanten Felsgrat hoch. Der mit Leitern und Drahtseilen versehene Steig war steil und erforderte Schwindelfreiheit und Trittsicherheit; er war mit Kategorie B aber um einiges leichter als der Neue Klettersteig (der ist C). Eine gelbe Plakette markierte den Einstieg. In moderater Schwierigkeit folgten wir nun dem Steig aufwärts, der an schwierigen oder ausgesetzten Stellen mit Fixseilen versehen war - in geschickter Routenführung schuttig-blockigen Bereiche weitgehend vermied und vorwiegend durch festen Gestein aufwärts führte. Vielfach ging's auf Reibung über Platten in erstaunlich zuverlässigem Fels den Südwestgrat hinauf. Weiter oben, etwa ab der Stelle, an der heute der Neue Klettersteig aus der Flanke auf den Grat heraufkommt, wurde es ein wenig einfacher. Über einen Absatz ging es durch blockiges Gehgelände (A/B) zu einer plattigen Rampe (B) und weiter auf einen nächsten Absatz. Eine letzte Leiter (A/B) führt auf den Grat (B), wo man schließlich auf den von links heraufkommenden Normalweg traf. Über die unangenehmen Platten, die auch heute noch jeder überwinden muss (A/B) - na, wir hatten damals zum Glück Schneeauflage - und einen mit Klammern gesicherten Block (A/B) ging es nach einer Rechtsquerung (A) zum Ausstieg (A/B) unterhalb des Gipfels der Tschenglser Hochwand / Croda di Cengles (3375 m).

 "Otto-Erich"-Klettersteig: B/I, 1h


Die Tschenglser Hochwand war damals der höchste Punkt, auf dem ich je war, und das für eine lange Zeit. Und wir hatten auch noch eine fantastische Aussicht! Der Blick schweift hinüber zum Hohen Angelus, dann weiter zur Vertainspitze, und natürlich zu Cevedale, Königspitze, Zebrù und Ortler - dazwischen der Pizzo Tresero. Im Westen dann Piz Palü, Bernina, ganz hinten das Finsteraarhorn, Galenstock, Glärnisch, Piz Linard, Piz Buin, Fluchthorn, im Verwall Patteriol, Kuchenspitze und Hoher Riffler, dahinter die Vorderseespitze, die  Freispitze und die Parseierspitze in den Lechtalern, dann der Glockturm, die Weißkugel, die Wildspitze, der Olperer, Großvenediger und Großglockner, Hochgall, davor Hirzer und Ifinger, in den Villgratener Bergen Kugelwand und Hochgrabe,, in den Dolos die Fanesgruppe, die Drei Zinnen, der Monte Cristallo, die Tofanen, Langkofel und Plattkofel, dahinter der Piz Boe, davor der Schlern, dann Rosengarten und Latemar, dahinter die Marmolada. Fantastisch!

...und ich besah mir dabei auch den Westgrat. Ob ich den wohl begehen könnte?


Der Abstieg über den Normalweg war dann auch nicht ganz ohne. Es ging - wie heute - drahtseilgesichert über die unangenehmen Platten wieder hinunter. Wie gesagt, bei uns damals: Schnee, deshalb leichter zu gehen. Und dann rechts haltend hinunter in die Scharte und rein in die Steilrinne. Über unangenehm rutschiges, feines Geröll dann die Rinne hinunter, bis der Weg nach links hinüberzieht.

Hochwand - Unteres Seelin: markierter Weg, T4/I, 1h


Unten im Zaytal ging es dann wieder raus zur Düsseldorfer Hütte (2721m) und weiter zur Kanzel (2351 m).

Unteres Seelin - Kanzel: markierte Wanderwege, T2, 1:45h


Ausrüstung:
 
Klettersteigset, Helm


Fazit:

Ganz ehrlich, wenn ich die Fotos nicht hätte.... So recht erinnern kann ich mich nicht mehr. Ich weiß nur noch, wie überrascht ich war, dass der Klettersteig gar nicht schwierig war. Nützt nur niemandem mehr was, weil's ihn ja nicht mehr gibt... Und dann der Tiefblick hinunter in den Vinschgau! 2500 Höhenmeter hinunter. Das war schon krass, und ist es noch. Und ich war natürlich stolz drauf, einen Dreitausender bestiegen zu haben. Das war toll!

Na, und nur zwei Tage später bestiegen wir dann gleich zwei Dreitausender auf einmal: die beiden Schöntaufspitzen.

In diesen Tagen entstand übrigens der Traum, einmal auf der Königspitze zu stehen. Der schönste Berg, den ich bis dahin gesehen hatte. Im Jahr 2014 konnte ich mir diesen Traum erfüllen. Schauzer hier.

Tourengänger: Nik Brückner


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»