Fletschhorn

Das Fletschhorn stand zugegebenermaßen nicht an oberster Stelle auf meinem Gipfelwunschzettel. Aber da es vor etlichen Jahren mal einen gescheiterten Versuch gab,  fehlte mir im Saas Grunder Dreigestirn eben dieser Gipfel. Damals scheuchte uns plötzlich aufkommendes Schlechtwetter vom Frühstückplatz und das (2.) Frühstück mußte später in der warmen Weissmieshüttenstube eingenommen werden.
DAS sollte uns diesmal nicht passieren, versprachen doch diverse Wetter-Apps ausgenommen schönes Wetter.
Als Flachhausener Jung bekam ich die große Ehre, in roger_h Dreierseilschaft der Vierte im Bunde sein zu dürfen. Wir trafen uns an der Seilbahnstation und fuhren nicht nur knie -, sondern auch Geldbörsenschonend hinauf zum Kreuzboden, denn in diesem Sommer sind alle Bergbahnen der Gemeinde Saas im Ferienwohnungs- oder Pensionspreis enthalten :-))
Am Vorabend sah das Wetter nicht wirklich vertrauenerweckend aus, so daß ich meine 3 Seilpartner/in in die hohen Künste meines ausgetüftelten Gutwetterprogramms (siehe auch hier ) einführte. Die Drei wiesen sich als ausgesprochen lernfähig aus, so daß wir 1. gut schlafen konnten und 2. das Wetter am näxten Morgen tatsächlich ausgesprochen herrlich war!! Die paar Wolken, die noch nichtsnutzig um die Hütte herumschwirrten, lösten sich alsbald auf.
Gutes Wetterprogramm, das!!
Von der Weissmieshütte mußten wir dem Weg auf die linke Moräne des Tälligletschers folgen.  Etwas skeptisch fragte ich unterwegs, ob roger_h sicher wäre, das wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Ich hatte das Gefühl, daß wir uns eher auf dem Weg Richtung Jegihorn befanden..... Ok, daß gerade ich diese Frage stellte, hatte schon fast groteske Züge, wie ich unlängst noch an der Roten Totz unter Beweis gestellt hatte (wer mag, siehe hier )
War natürlich total unbegründet und unterstrich nur wieder die Tatsache,den rot behüteten Mann vielleicht doch nicht als Vordersten gehen zu lassen :-)
Frei nach dem Motto, was intressiert mein Geschwätz vor 5 Minuten, lobte ich ab sofort den großen Wegfinder roger_h ob seines phantastischen Gespürs für den richtigen Weg.... selbstredend hätte ich natürlich denselben Weg eingeschlagen.. is klar :-)))
Am Ende der Moräne ging es kurz hinab und wir mußten über den Gletscher weiter hinauf. Wobei Gletscher jetzt mal etwas übertrieben ist, denn er hat soo viel Geröll und Schutt auf seinem "Rücken", daß weder Gurt noch Seil angelegt werden müssen. Wir passierten einige Firnfelder, die aber zunächst noch gut ohne Steigeisen zu gehen waren. Erst als es langsam steiler wurde und wir ein paar Felsen bewältigt hatten, zuppelten auch wir uns die "Zackenteilchen" unter die Bergschuhe.
Als etwas unangenehm empfanden wir den "Flaschenhals" - die enge Firn- bzw Felsstelle direkt unterhalb des großen Firnfeldes hinauf zum Frühstücksplatz. Teilweise mit Eis überzogen mußte hier sehr vorsichtig geklettert werden. Das darauf folgende große Firnfeld eignet sich dagegen für souveränes Hinauggezickzacke.
Ab Frühstücksplatz wird angeseilt, klar - geht es doch bald über den Grüebugletscher bis zum Nordwestgrat. Ein wenig den Firnrücken noch hoch, dann müssen wir den Gletscher queren bis zu einem Sattel des NW-Grates. Ungefähr in der Mitte der Querung gibt es eine unangenehme Stelle zu meistern, da recht ausgesetzt auf Frontalzacken einige Meter Blankeis zu bewältigen sind.
Kurze Zeit später erreichen wir den Sattel und folgen den Grat hinauf zum Gipfel.
Zum Gipfel???????
Am vermuteten Gipfel dann die Frage aller Fragen: sind wir nun auf dem Gipfel oder nicht?? Smartphones aller Gipfel vereinigt euch... nach diesem Motto wurden dann die entsprechenden Apps eingeschaltet und siehe da, wir standen nicht auf dem offiziellen Gipfel Was früher wochenlange Recherche zur Folge hatte, kann heute in wenigen Sekunden geklärt werden.. Also, nochmals kehrt-marsch einige Meter hinunter, andere Meter wieder hinauf, das App nochmals befragt und siehe, nun standen wir endlich richtig... auf dem Gipfel des Fletschhorns.
Natürlich gab es keinen gemütlichen Gipfelaufenthalt, viel zu kalt hat es mal wieder geblasen. Irgendwie hatte ich mich mittlerweile dran gewöhnt, daß der Wind die Worte "Gipfelrast" und dem Zusatz "gemütlich" aus dem Schweizervokabular anscheinend gepustet hat. Wie selbstverständlich dackeleten wir den Gipfelgrat zurück in den Sattel, denn dort konnten wir endlich das wohlverdiente Päuschen nachholen.
Wer jetzt immer noch auf die gewohnten Pleite, Pech und Pannen des Herrn W. wartet, den muss ich tatsächlich enttäuschen. Auch der weitere Abstieg verlief unspektakulär und pannenfrei. Mit etwas Obacht und der fixen Eisschraube als Fixpunkt beim Abstieg in der oberen "Schlüsselstelle" hackten wir lässig die Steigeisen ins Eis und waren alsbald wieder am ehemaligen Frühstücksplatz, jetzt spontan in "Mittags... umgetauft. Aber selbst mit neuem Namen taugte der Ort nicht für eine längere Pause, ar...kalt war es, außerdem hörten wir alle schon den Lockruf der "Kraft des Wassers".
Beenden möchte ich diesen Bericht mit einigen "Credits":
Lieber roger_h merci  vielmals und vielen Dank für`s mit-auf-Tour-nehmen. (hartelijk bedankt!! würde jetzt noch die weltbeste Begleiterin sagen, weil ihr den einsamen Rothutträger in eure Mitte genommen hattet!))
 Dein gekonntes Eisschraubensetzen und die souveräne Wegführung wird mir immer in bester Erinnerung bleiben :-)
Andre, falls du diese Zeilen tatsächlich lesen solltest: toll, daß ich dich kennenlernen durfte und klasse, wie du uns selbst durch diese knifflige Stelle auf dem  Grüebugletscher geführt hast... und natürlich für die oftmalige Simultanübersetzung :-)
Liebe Bethli, normalerweise werden die Damen ja immer zuerst "belobt", bei dir mache ich es deshalb zum Schluss, weil die letzte Lobhudelei immer die Nachhaltigste und manchmal auch die Netteste ist.
Also, dank dir, fürs geduldige Wiederholen so mancher Schweizdeutschsätze, die ich mal wieder nicht verstanden hatte. Für dein gutes, etwas gemäßigtere Tempo, das mir sooo gut tat (einige Tage später durfte ich dann am Stellihorn hinter roger_h her hecheln, da hast du definitiv gefehlt!!!
Und überhaupt, daß ich euch kennenlernen durfte!
Hoffe, es war nicht die letzte gemeinsame Tour!!