Aufräumen im Alpstein, Teil I: Bogartenfirst und K3


Publiziert von pagi , 17. Juni 2012 um 17:05.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum:15 Juni 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG   Alpstein   CH-AI 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:Wasserauen - Obere Mans - Jägersteig - Bogartenfirst - Alp Bogarten - Bollenwees - Saxerlücke - Roslenalp - Kreuzberg III - Saxerlücke - Stauberenkanzel - Staubern
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit den Appenzellerbahnen nach cff logo Wasserauen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit der Seilbahn von Staubern nach Frümsen (fährt stündlich bis 22.00 Uhr, CHF 15.-); www.staubern.ch. Ab cff logo Frümsen, Holengasse etwas umständlich mit dem Bus über Sennwald nach Buchs zum Zug.

Vor einigen Jahren machte ich mich erstmals alleine auf in die Berge, der Alpstein war das Ziel, und fünf Tage dauerte die sehr empfehlenswerte Route, bei der ich weitgehend dem "Alpsteiner Rondom" aus dem Führer von Kundert/Volken folgte. Spätestens am letzten Morgen, als ich als erster aus dem Gasthaus am Rotsteinpass aufbrach, den Altmann zum zweiten Mal erstürmte und die herrliche Morgenstimmung in völliger Ruhe und Einsamkeit geniessen konnte, wurde ich vollends zum Alpsteinsüchtigen (eine Krankheit, die ja hier auf Hikr recht weit verbreitet zu sein scheint). Nach dieser Tour dachte ich allerdings auch, den Alpstein weitgehend "gesehen" zu haben, und auf allen möglichen Wandergipfeln "gestanden" zu sein. Denkste! Ein Blick auf Hikr genügte, um mir zu zeigen, dass da noch unzählige Routen und Gipfel auf meine Begehung warten. Seitdem bin ich am "Aufräumen", mit dem Fernziel, irgendwann nicht nur auf allen (Wander-)gipfeln des Alpsteins gestanden zu sein, sondern mit der nötigen Klettererfahrung und dem richtigen Partner auch die drei Ketten der Länge nach zu überschreiten...

Heute wollte ich nach einer mehreren Monate langen Berg- und Sportpause endlich wieder einmal an die Frische Luft. Die Idee war, den Bogartenfirst von Wasserauen zu besteigen, und dann "mal zu schauen", wobei ich schon einen Plan im Hinterkopf hatte, was ich noch anschauen könnte. 
Die Tour bzw. ihre Teile wurden hier schon oft beschrieben, für die Kreuzberge verwendete ich den ausführlichen *Bericht von Marmotta; für den Jägersteig brauchte ich AlpinRises Plan nicht, da meine Karte Jahrgang 1971 diesen noch verzeichnet.


Der Tag begann schlecht. Nämlich mit meinem Wecker. Beziehungsweise mit dessen Weckruf. Oder noch genauer: Mit dem Nicht-Vorhandensein von dessen Weckruf. Durch ein anderes Geräusch im Haushalt unsanft aus meinem Schlaf gerissen, erreichte ich Wasserauen aber dennoch nur 45 Minuten später als geplant (wovon eine Viertelstunde auf die Kappe der AB geht...). 
Der Aufstiegsweg durchs Hüttentobel ist wild, aber (zu breit), oben angekommen empfängt mich erstmal eine Schulklasse. Auf dem sehr angenehm angelegten Weg in Richtung Bogartenlücke habe ich aber schnell wieder meine Ruhe. Kurz vor Ober Mans kommen mir zwei Soldaten mit gut gepackten Pferden entgegen. Dabei dachte ich, dass diese Abteilung der besten Armee der Welt bereits aufgelöst wurde (hierher T2).

Der Einstieg in den Jägersteig ist mit einem grossen Steinmann markiert und nicht schwierig zu finden. Meine persönliche Schlüsselstelle war ein feuchter, überwucherter Hang, bei dem man den glitschigen Pfad unter dem vielen grün kaum erkennen konnte. Nachher folgen einige sehr hübsche Passagen über teilweise etwas exponierte Felsen (T4).
Unter der Alp Bogarten folge ich Wegspuren aufwärts, deponiere mein Rucksack und stosse etwas überraschend auf den "richtigen" Weg zum Bogartenfirst, der etwas weiter oben geht. Der deutliche Weg wird bald nach links auf einer steileren Spur verlassen, nach einem kleinen Geröllfeld folgt eine längere Querung (bei einer kleinen Höhle liess ich mich fälschlicherweise nach oben leiten), und führt dann problemlos auf die Gipfelwiese (T4). Um den eigentlichen Gipfel zu erreichen muss man noch etwas kraxeln (T5, II, viele Legföhren, Seil), aber auch am Rasenkamm gibt es ein Gipfelbuch.
Die Aussicht ist recht weitläufig und es ist erstaunlich sichtig, nur den Säntis sieht man vom Bogartenfirst nicht (was ihm aber ganz und gar nicht zum Nachteil gereicht). Die Hikr-Dichte im Gipfelbuch  ist übrigens erstaunlich gross. Hier drin finde ich auch einen Hinweis auf ein Felsenfenster "etwa 200 Meter nordöstlich von hier". Meine Neugierde ist natürlich geweckt, und so mache ich mich auf die Suche den Legföhrendschungel. Eher zufällig finde ich das Fenster, einfacher ist auf einer markierte Spur zu erreichen, die vom Gipfelweg abzweigt. In die andere Richtung führten mich die Markierungen zurück zum Hauptweg. Den Abzweig zu meinem "falschen" Weg erwische gut, aber am Rucksack gehe ich prompt vorbei, merke es aber zum Glück schnell.

Nun geht es wieder hinauf zur Alp Bogarten, wo ich erst einmal etwas überfordert bin, führt doch von hier kein ersichtlicher Pfad hinunter zum markierten Wanderweg (nur hinauf, und das will ich nicht). Ich entscheide mich nach einigem Hin- und Her einer  Spur direkt an der Felswand des kleinen Vorgipfels zu folgen, die sich eher als Geröllrinne entpuppt. Ich quere vorsichtig zum Wanderweg, und rutsche prompt  auf einem nassen Stein aus (T4). Zum Glück bekam ich ausser einer dicken Dreckschicht nichts ab. Mittlerweile war es bereits fast zwei, und ich begann meine Beine zu spüren. Ich schleppte mich geradezu hoch zum Fählensee, wo ich erstmal einen Mittagshalt einlegte, und ungefähr 5 von Silberhorns Regeln im Umgang mit Kühen brechen musste, um mein Sandwich vor einem besonders gefrässigen Exemplar zu retten.

Wieder etwas fitter gings über die Saxerlücke zur Roslenalp und zum grossen Stein unterhalb der Lücke KIII/KIV (bis hier T2), wo ich, angesichts meiner müden Beine und dem rumpelnden Magen (offenbar war der Frischkäse im Sandwich doch nicht mehr so frisch) eigentlich hätte umkehren müssen. Aber wo ich doch schon mal hier war...entschloss ich mich dennoch, Richtung KIII aufzubrechen. Nach einer längeren Pause im Sattel nahm ich die Rinne in Angriff. Der Aufstieg ist wirklich herrlich und wenig schwierig (T5, Stelle II), die Aussicht von oben fantastisch, obwohl man den Säntis wieder nicht sieht. Bereits auf dem KIII entschliesse ich mich angesichts der Exponiertheit und meines Zustandes den ursprünglich auch geplanten KIV auf ein ander Mal zu verschieben und den Rückzug anzutreten.

Die letzten 200 Höhenmeter nach der Saxerlücke gehen dann erstaunlich gut, und zum ersten Mal am heutigen Tag ist der Weg auch einmal ein Stück weit flach (T2). Zu guter Letzt entschliesse ich mich spontan, auch noch die Staubernkanzel mitzunehmen. Die Schlüsselstelle erfodert nochmals kräftiges Anpacken (II, Zustieg T4). Der ausgesprochen freundliche Wirt lässt mich mit der recht abenteuerlichen Seilbahn runter, und mit einer etwas komplizierten Bus- und Bahnfahrt endet mein Tag.

Tourengänger: pagi


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Kommentare (3)


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silberhorn hat gesagt: 5 Regeln im Umgang mit Kühen
Gesendet am 18. Juni 2012 um 23:42
Deinen Bericht habe ich genossen so wie paar Bilder ebenfalls.

Präzisieren muss ich, dass es nicht meine Regeln sind, sonder sie aus einer Broschüre abgeschrieben hatte!

Wie Du die Situation gemeistert hast vermisse ich
in Deinem Bericht. Wäre interessant und lehrreich es zu erfahren und für den einen oder anderen Hikr hilfreich.


pagi hat gesagt: RE:5 Regeln im Umgang mit Kühen
Gesendet am 20. Juni 2012 um 09:08
Ich bin ganz einfach mit erhobenen Armen und "gsch"-Lauten auf das Tier zugelaufen, bis es sich entschieden hat, den Rückzug anzutreten...Nicht dass mich die Kuh in irgendeiner Weise bedrohte, wahrscheinlich fühlte sie sich vor allem von meinem Schweiss- (bzw. Salz-)Gestank angezogen...
Das die Regeln nicht von Dir sind ist mir natürlich bewusst, ich erinnerte mich in dem Moment einfach an deine Community.

Übrigens habe ich am Fählensee auch beobachten können, wie eine Kuh "schwimmen" ging, das Wasser schien ihr nichts auszumachen. Das erinnerte mich an mein bisher unschönstes Erlebnis im Zusammenhang mit Kühen, als wir im Bündnerland eine ganze Herde dabei beobachteten, wie sie durch den Bergbach ihre Weide verliessen. Der Älpler verwünschte uns daraufhin mit den wildesten Flüchen, weil er glaubte, dass wir den Zaun geöffnet hatten, und nicht glauben konnte, dass die Kühe bereit waren, neben dem Zaun durchs Wasser zu gehen...

silberhorn hat gesagt: RE:5 Regeln im Umgang mit Kühen
Gesendet am 20. Juni 2012 um 21:54
Sehr fein, dass Du Dei Erfahrungen mitgeteilt hast. Vielen Dank.

Die Community hatte ich erstellt weil ich zuvor Berichte von zwei Hikr die Angst vor Kühen haben gelesen hatte. Sie flüchteten in Panik (meine Definition). Wenn mich die Erinnerung nicht im Stich lässt verletzte sich der eine Hikr dabei. Darum fände ich es sinnvoll, wenn Du so nett wärst und bei www.hikr.org/comm/weiden/ einen Link zu Deinem Bericht hinzufügen würdest.
In der Community schreibe ich auch noch von einer Kuhbegegnung.

Auch ich hatte eine in einem Bergbach stehende Kuh gesehen. www.hikr.org/tour/post48325.html
Wobei die Leute des Berggasthauses Bundalp in helle Aufregung gerieten. Vermutlich ist da die Ausrutschgefahr mit eventuellem Beinbruch vorhanden. Am Fälensee sind die Rinder durch den Tag über vermutlich, wie auf den meisten Alpstein Alpen, sich selbst überlassen. Eigentlich schade. Die Reaktion des Bauer oder Senns hätte mich interessiert.
Deine Erfahrung im Bündnerland war wirlich sehr negativ. Anderseits kann ich die Reaktion des Älplers gut verstehen, treffe ich doch immer wieder offene Gatter bei Rinder- und Pferdeweiden an. Sowohl Wanderer, Berggänger als auch Kletter futieren sich um die Regeln sei es aus Gedankenlosigkeit, Desinteresse, nicht Cool oder warum auch immer.

Gruess, silberhorn










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