Widdersgrind - Galiteflue - Schibe - Märe


Publiziert von Nik Brückner , 28. Dezember 2021 um 19:21.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:18 Oktober 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-FR 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:11,5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Aus der Hengstkurve über eine gute Schotterstraße in wenigen Minuten nach Süden hinauf zur Parkmöglichkeit beim Fahrverbot (ca. 1334m).

Eine gute Mischung aus Plan und Spontaneität ist für mich genau das Richtige. Am Vortag war ich wie geplant über den Nordgrat zum Vanil Noir und weiter zur Pointe de Paray gegangen, nun war Zeit für eine spontane Idee. Bei einer Tour über den Stieregrat einige Tage zuvor hatte ich links der Schibe die Galiteflue gesehen. Ihr schmaler Grat lugte recht verführerisch zu mir herüber. In meiner Unterkunft gugelte ich den Gipfel, stellte fest, dass er selbst auf Hikr bis dato nur vier Besuche verzeichnete, und entschloss mich gleich darauf, diesen einsamen Berg mal zu besuchen.


Und so fuhr ich eines Morgens in den Hengstschlund, erneut Dream Theaters neues Album "A View from the Top of the World" im Player und stellte mein Auto auf der kleinen Parkmöglichkeit beim Fahrverbot (ca. 1334m) ab. Von dort aus wanderte ich auf dem Fahrweg noch bis zu der kleinen Hütte 555a auf etwa 1380 Metern Höhe. Dort verließ ich den Fahrweg und wanderte halblinks einen alten Weg hinauf zur Alp Grencheberg. Der Weg ist nur im unteren Teil gut zu sehen, verläuft sich dann in der Nähe eines Bachlaufs, und ist im flacheren Gelände darüber auch nicht wirklich deutlicher. Aber bei guter Sicht gelangt man problemlos hinauf zur Alp Grencheberg (1546m).

Eigentlich wollte ich von hier aus direkt nach Süden in den Galitepass aufsteigen, aber die Runde über Widdersgind, Galiteflue, Schibe und Märe bietet sich hier derart an, dass ich spontan entschied. Widdersgind und Märe noch in meine Tour aufzunehmen. Die Gipfel schienen schön zu sein - und die Verlängerung auf 11,5 Kilometer (und 1300 Höhenmeter) würde die Tour nun auch nicht wirklich zu einer Monstertour machen.

Also blieb ich nun geradeaus, Richtung Grenchegalm. An der Alp Grencheberg hat man die Wahl: Links von Bach im Zickzack auf nicht immer guten Wegspuren hinauf, oder rechts vom Bach auf einer schmalen Fahrspur. Ich tat im unteren Teil das eine, im oberen das andere, und gelangte schnell hinauf zur einsamen Grenchegalm (1884m). Hier pauste ich erst einmal ausgiebig.

Parkmöglichkeit beim Fahrverbot - Grenchegalm: unmarkierte Wegspuren, T1 und T2, 1h


Dann los! Nächster Halt: Widdersgrind. Ein guter, markierter Wanderweg führt dort hinauf. Es geht zunächst über Wiesen, dann kurz an einem Abgrund rechter Hand entlang, und schließlich über Schrofen zum Gipfel. Schwierig ist es nicht, steil auch nicht, und so steht man bald auf dem Widdersgrind (2103m).

Grenchegalm - Widdersgrind: markierter Wanderweg, T2, 30 Minuten


Wer sich von hier aus die Aufstiegsflanke zur Galiteflue zu genau ansieht, kann das Gruseln bekommen. Im unteren Teil unklar, im oberen sausteil - das soll begehbar sein? Lieber nicht zu genau hinschauen. Es ist einfacher, als es aussieht.

Kurze Pause, weiter geht's. Der Abstieg ist überraschend schwierig und teils ausgesetzt. Insgesamt aber doch noch im Bereich irgendwo zwischen T3 und T4. Besonders im obersten Teil muss man aufpassen, der Abstieg ist steil und übersät von Schotter, weiter unten ist's kurz ziemlich luftig. Dann wird ein schmaler Zacken überstiegen, und man gelangt in einfacheres Gelände. Zum Mätteberg hinauf ist nun linker Hand ein zahmer verbuschter Hang, nur rechts geht es noch senkrecht hinunter. Die Wegspur führt zwischen Gebüsch und Abgrund entlang hinauf zum Mätteberg (2000m). Drüben geht es auf dem nun schmaleren und schrofigeren Grat hinunter zum Galitepass (Stand, 1884m).

Widdersgrind - Galitepass: unmarkierte Wegspuren, T4 und leichter, 40 Minuten


Von hier aus sieht die Aufstiegsflanke zur Galiteflue schon nicht mehr so gruselig aus. Der Anstieg ist unten T2, dann nach einem plötzlichen Aufsteilen des Geländes T3, dann T4, schließlich noch T5 - und...

...dann kann man diskutieren. Der Hang ist hervorragend gestuft, bis oben hin, aber er kommt der 60°-Marke auch so nah, dass ich schon wegen der 6 in 60 ein T6 ziehen möchte.

Die steilsten Stufen werden allerdings auf stets überraschend sich anbietenden Rampen glücklich überwunden. Schon weit oben landet man schließlich am unteren Ende eines Trichters, von hier aus stieg ich nach rechts auf den Grat hinaus.

Hier kann man einen Moment durchschnaufen. Auf dem Grat zum Gipfel ist's nun deutlich einfacher, T3, T4, sowas. Dann ist der höchste Punkt der Galiteflue (2113m) erreicht.

Galitepass - Galiteflue: wegloser Steilgrasanstieg, oben T6, sonst leichter, 25 Minuten


Nach dem Gipfel zieht der Grat deutlich an. Er wird felsig, und er wird scharf. Eine Reihe schmaler Passagen will mit großer Vorsicht überwunden werden, an einer Stelle habe ich sogar einen mannshohen Felszacken liebevoll in den Arm nehmen müssen, damit er mich vorbeilässt - spätestens das rechtfertigt in meinen Armen - äh, Augen - die Höchstwertung.

Dann wird es einfacher. Der Grat wird etwas breiter, und deutlich zahmer. Zum Sattel zwischen Galitefluh und Schibe steigt man schließlich am einfachsten links der Kante ab.

Galiteflue - Sattel: weglos, Grat, T6, 20 Minuten


Hier könnte man nach links eine grasige Rinne Richtung Galitepass absteigen.

Ich stieg von hier aus nun auf die Schibe. Das ist insgesamt deutlich einfacher als die Galiteflue, auf dem Grat steht dann aber eine schmale Felsscheibe, die bei besseren Verhältnissen wohl rechts umgangen werden kann. Ich tat das wegen der Schneeauflage nicht, und musste direkt oben rüber, weshalb... - ach, lassen wir's bei T4. Hat man diese Stelle hinter sich, ist der Gipfel der Schibe (2151m) schnell erreicht.

Sattel - Schibe: weglos, T4, 10 Minuten


Hier traf ich auf den einzigen Menschen an diesem Tag, einen knorrigen Einheimischen, mit dem ich mich - so gut es mit meinen dürftigen Kenntnissen des hiesigen Dialekt eben ging - unterhielt. Vor allem ging es - glaube ich - um die umliegenden Gipfel. Schließlich hat man hier eine herrliche Aussicht! Im Norden sieht man Jura, Vogesen (mit dem Grand Ballon) und Schwarzwald (mit Belchen und Feldberg), dann folgen Richtung Nordosten Ochse und Bürglen, Gantrisch und Nüneneflue, direkt daneben Gustispitz und Chrummfadenflue natürlich das Stockhorn. Richtung Osten folgen dann die Gipfel des Niesengrats, dahinter Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau, Aletschhorn, Breithorn, Blüemlisalphorn, Doldenhorn und Balmhorn. Im Süden ist sogar das Matterhorn zu erahnen. Richtung Süden dominieren Wildhorn, Diablerets und natürlich der Mont Blanc. Es folgen im Südwesten Dent de Savigny, Dent de Ruth und Zuckerspitz, die markantesten Spitzen der Gastlosen, daneben ragen Vanil Noir und Dent de Brenleire auf.

Dann setzte ich meinen Weg fort. Der Weiterweg zur Märe ist einfach, eine meist gute, aber unmarkierte Wegspur führt zu diesem Nachbargipfel hinüber. Dabei kann man die Hahne (2034m) überschreiten oder links im Gras umgehen. Danach geht es hinauf zur Märe (2091m).

Schibe - Märe: unmarkierte Wegspur, T2, 40 Minuten


Hier sah ich mir natürlich die Ruine am Gipfel und den Nordgrat an, aber das unübersichtliche Gelände und die Schneeauflage ließen mich für den Abstieg den Wanderweg wählen. Also hinunter nach Südwesten, zu Pt.1980m am Grat und von dort aus weiter auf dem Weg nordwärts den Westhang der Märe querend in den Sattel zwischen Märe und Wannelsgrat (Pt. 1768m). Schmierig ohne Ende, das Gelände...

Märe - Sattel: markierte Wanderwege, T2, 40 Minuten


Ich blieb auf dem Grat. Der Weg führt nun zum Wannelsgrat hinüber. Den ließ ich allerdings rechts liegen, und folgte Gehspuren an einem Weidezaun hinüber zum Sattel zwischen Wannelsgrat und Wannelschilchli. Hier endet die Wegspur.

In der Karte ist aber ein Weiterweg eingezeichnet, der nach Norden zur Alp Schön Wannels hinunterführt. Ich fand ihn einige Schritte weiter, direkt bei einer Baumgruppe. Und so war auch der Abstieg zur Alp Schön Wannels (1635m) kein Problem.

Von hier aus ist die Obere Chroneberg schon gut zu sehen, und ich wandere über Weiden hinunter. Die Obere Chroneberg (1515m) ist schnell erreicht, und auf guten, aber weiterhin nicht markierten Wegen steige ich nun weiter hinaub zur Alp Undere Chroneberg (1362m), von wo ich auf einem Fahrweg in den Talgrund hinuntergelange. Dort nach rechts, und mit wenigen Schritten hinauf zur Parkmöglichkeit beim Fahrverbot (1334m).

Sattel zwischen Märe und Wannelsgrat - Parkmöglichkeit beim Fahrverbot: unmarkiert, weglos, nur teils Wegspuren, ab Chroneberg dann unmarkierter Weg, T2, 1h


Fazit:

Wunderbare, abwechslungsreiche und darum sehr vergnügliche Runde, die mit Gras, Fels, Graten und Wiesen, weglosen Parts und schönen Wanderwegen alle Register zwischen T1 und T6 zieht. Toll, wenn man spontan so eine schöne RUnde gehen kann. Und spontan blieb's dann auch am nächsten Tag: Anders als geplant, stolperte ich nämlich über das Oldenhorn, meinen einzigen 3000er 2021.


Ausrüstung:

C-Schuhe, Stecken, Helm. Einen Pickel habe ich nicht gebraucht.

Tourengänger: Nik Brückner


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