Über den Stieregrat gepiazt


Publiziert von Nik Brückner , 28. Dezember 2021 um 19:21.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Simmental
Tour Datum:16 Oktober 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR   CH-BE 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 1450 m
Strecke:14,5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Reidenbach hinauf in die Chlus.
Unterkunftmöglichkeiten:Im Tal

Die Waloprunde ist eine der bekannteren Grattouren in dieser Gegend. Aber weil ich mich hier nicht auskannte, hatte ich entschieden, diese große Tour in zwei Teile zerlegen: Am Tag zuvor hatte ich bereits die Grattour vom Rotenchaste über den Schafberg gemacht, nun wollte ich die Nordkette noch überschreiten.


Dazu fuhr ich eines frühen Morgens mit Yes' "Tales from Topographic Oceans" im Player von Reidenbach hinauf in die Chlus (1181m), wo sich ein überraschend großer Wanderparkplatz befindet. Von hier aus führt ein markierter Wanderweg steil hinauf ufs Egg (1664m), kurz vor dem Walopsee. Der Weg passiert diesen auf seiner rechten Seite. Hier muss man aufpassen, damit man einen kleinen Abzweig rechts hinauf zur Alp Buufel nicht verpasst.

Chlus - Abzweig: markierter Wanderweg, T2, 1h


Und auch in der Folge heißt es: Augen auf, denn der Weg ist nicht immer gut zu sehen. Markierungen helfen dann aber, und bald langt man an der Alp Buufel (1760m) an.

Hier geht's nun rechts hinauf, auf wieder besserem Steig zur Alp Vortel (1939m).

Abzweig - Vortel: unmarkierter Weg, T2, 45 Minuten


Dort angekommen, hält man sich weiter geradeaus, bis kurz unterhalb der Sattelhöhe. An einer Quelle auf ca. 2040 Metern (wo selbst um diese Jahreszeit noch einiges an Ausrüstung liegt), wendet man sich dann nach links, und wandert, auf gleicher Höhe bleibend, weglos durch den Grashang. Bald nähert man sich einem Weidezaun. Dort, bei einem Schild, beginnt die Route. Dahinter wächst zwar hohes Kraut, aber man muss nur für 40, 50 Meter einfach ganz fest daran glauben, dass hier ein Weg verläuft, dann findet man ihn auch. Auf dem Weg zur Widdergalm umgeht dieser Weg dann einige Graszacken auf deren linker Seite, spätestens hier ist er dann gut zu erkennen. Und so geht es ohne weitere Schwierigkeiten hinauf auf die Widdergalm (2174m).

Vortel - Widdergalm: unmarkierter Weg, T2, 30 Minuten


Am Gipfel habe ich mich nicht lange aufgehalten. Zu verlockend ist die nun folgende Gratwanderung. Stattdessen machte ich mich gleich an den Abstieg über den Nordwestgrat, der auch Gemschgrätli genannt wird. Zunächst geht es auf dem breiten Grasgrat an der Kante entlang hinunter, dann wenden sich die Spuren ein wenig nach links, vom Grat weg. Hier quert man an einer geeigneten Stelle nach rechts zum Hauptgrat. Auf diesem geht's dann weiter hinunter, zu einem markanten Turm. Den steigt man geradewegs hinauf.

Abgestiegen wird rechtsseitig auf großen Tritten. Eigentlich kein Problem, liegt heute hier Schnee, und ich muss mit großer Vorsicht Schritt für Schritt hinuntersteigen. Denn weiter unten lauert unter einer Geländekante ein senkrechter Abbruch... Für mich heute die Schlüsselstelle der Tour.

Unten angekommen, wird's dann leichter. Auf dem Grat wandert man in ein kleines Schartl beim nächsten, viel kleineren Turm. Es geht durch das Schartl hindurch, und zuletzt hinunter in einen grasigen Sattel. Damit sind die ersten Schwierigkeiten überwunden. Von hier aus steigt man einfach über Gras hinauf zum Gipfel der Schwarzen Fluh (Pt. 2105m).

Der Weiterweg von der Schwarzen Fluh zum Stieregrat ist ein wunderbarer Spaziergang über einen unproblematischen Grasgrat. Die Pfadspuren finden sich meist etwas links der Grathöhe, und wer ihnen folgt, kommt schnell über Pt. 2095 hinüber zum Stieregrat Ostgipfel (2148m) und weiter, einen felsigen Abschnitt überkletternd (I) zum West- oder Hauptgipfel (2160m).

Widdergalm - Stieregrat: weglose Gratwanderung, T5, 1:30h


Die Gipfel können aber auch umgangen werden, eine fast noch deutlichere Spur führt links unterhalb dieser Gipfelchen vorbei.

Vom Westgipfel aus geht es nun über den Grasgrat hinunter. Schon im Abstieg kann man dabei die Schlüsselpassage der Tour in Augenschein nehmen. Diese wird nahezu durchgängig auf der Grathöhe genommen, ein kleinräumiges Ausweichen in die Flanken ist nicht möglich.

Wem diese Passage zu unheimlich ist, kann sie südseitig umgehen: Ein Stück zurück, und auf einer Wegspur vom Stieregrat hinunter zu dem blauen Container auf dem Südrücken des Stieregrats, den man schon eine ganze Weile (z. B. von der Widdergalm aus) sehen konnte. Von hier aus führt ein Weg nach Westen durch ein felsiges Kar hinauf zum Metzgertrittenpass, wo er mit der schwierigeren Route über den Grat zusammentrifft.

Am Grat werden zunächst drei Schuppen überschritten, die durch schräg geschichteten, nicht wirklich zuverlässigen Fels gebildet werden. Dann geht es in ein erstes Schartl hinunter. Dahinter warten Zacken aus hartem Schrattenkalk. Hier hinauf, und oben über die Zacken rüber. Diese sind im Grunde anspruchsvoller als die berühmte, sich direkt anschließende Piaz-Platte. An einer Stelle half nur ein großer Spreizschritt auf der Nordseite eines Zackens, an dessen Spitze ich mich festhielt.

Die berühmte Piaz-Platte ist dann ausgesetzt, aber im Grunde leichter. Und sie ist zu klein! Es sind letztlich eigentlich nur fünf, sechs Schritte, die man auf Reibung geht. Schade! Das könnte für meinen Geschmack noch viel länger sein - macht nämlich viel Spaß!

Die letzte Kletterschwierigkeit besteht im Abstieg von der Piaz-Platte. Hier geht es etwa fünf Meter hinunter. Am Besten bleibt man an der Gratkante, dann ist's nur ein IIer. Erst ganz unten quert man schließlich in die nächste Scharte hinüber.

Ab hier wird es dann deutlich leichter. Weiter geht's auf auf dem teils noch felsigen, aber nun viel breiteren Grat über die beiden Hasensprungspitzen (2084m und 2074m). Hier hat man freie Routenwahl, schwieriger als T4/I wird's aber nicht mehr. Zuletzt folgt man wieder Pfadspuren auf dem grasigen Grat hinunter zum Metzgertrittenpass (2027m).

Stieregrat - Metzgertrittenpass: weglose Gratüberschreitung, T6/II, 45 Minuten


Bleibt der letzte Aufstieg der Tour: Es geht über den Nordostgrat auf die Kaiseregg. Auch hier finden sich wieder Pfadspuren, zum Teil sogar alte Markierungen. Einige Felsstufen im Ier-Bereich sind dabei schnell überwunden, und bald steht man auf der Kaiseregg (2185m).

Metzgertrittenpass - Kaiseregg: Pfadspuren, alte Markierungen, T3/I, 20 Minuten


Hier gönnte ich mir eine ausgiebige Pause. Schließlich bietet sich heroben eine herrliche Aussicht! Im Norden sieht man Jura, Vogesen (mit dem Grand Ballon) und Schwarzwald (mit Belchen und Feldberg), dann folgen Richtung Nordosten Ochse und Bürglen, Gantrisch und Nüneneflue, direkt daneben Widdersgrind, Schibe und Märe, und natürlich das Stockhorn. Richtung Osten folgen dann die Gipfel des Niesengrats, dahinter Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau, Aletschhorn, Breithorn, Blüemlisalphorn, Doldenhorn und Balmhorn im Südosten. Im Süden dominieren Wildstrubel, Weisshorn und Dent Blanche, im Südwesten natürlich der Mont Blanc. Es folgen Zuckerspitz, Dent de Ruth und Dent de Savigny, daneben ragen Vanil Noir und Dent de Brenleire auf. Schließlich, fast schon ganz im Westen, die Gipfel der Breccarunde.

Ich wanderte nun auf dem gemütlichen, weiß-rot markierten Wanderweg hinunter zum Kaisereggpass (2072m). Hier wandte ich mich nach links, und folgte dem schönen Weg hinunter zur Kaisereggalp (1799m),

Kaiseregg - Kaisereggalp: markierte Wanderwege, T2, 30 Minuten


von wo aus ich über Walop (1667m) und Vordere Walop (1664m) wieder hinunter zur Chlus (1181m) kam.

Allerdings nicht ohne an der Vorderen Walop zwei Landsfrauen aufzugabeln, die sich hier vertan hatten, auf der Suche nach einer nicht ausgeschilderten Tour. Ich nahm die beiden in Schlepptau, und gemeinsam wanderten wir gemächlich zurück zum Parkplatz.

Kaisereggalp - Chlus: markierte Wanderwege, T2, 1:30h



Fazit:

Herrliche, lange Grattour, die von einfachen Wiesen bis hin zu scharfen Felszacken sämtliche Register zieht. Höhepunkt ist natürlich die berühmte Piaz-Platte, die aber weder besonders schwierig, noch besonders groß ist. Sorgen muss man sich deswegen keine machen.

Am nächsten Tag ging's dann hoch hinaus: Über den Nordgrat zum Vanil Noir und weiter zur Pointe de Paray
.



Ausrüstung:

Ich kam mit C-Stiefeln, Stecken und einem Helm aus. Für Steigeisen wäre ich meinem Rucksack allerdings dankbar gewesen.

Tourengänger: Nik Brückner


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