Die schönste Tour im Schwarzwald


Publiziert von Nik Brückner , 23. Mai 2018 um 13:00. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:21 Mai 2018
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 950 m
Abstieg: 950 m
Strecke:18km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der L131 nach Neuenweg
Unterkunftmöglichkeiten:In Neuenweg. Auf dem Belchenhaus kann man aus Brandschutzgründen nicht mehr übernachten!

Diese Tour wollte ich schon lange mal posten. Es ist meiner Ansicht nach die schönste Tour im Schwarzwald - und ich bin viel dort gewandert. Zehn Jahre meines Lebens habe ich in Freiburg verbracht. Wir haben damals den Alpinen Pfad am Feldberg entdeckt, sind im Präger Gletscherkessel herumgestiegen, haben felsige Routen bei Simonswald, am Herzogenhorn, im St.-Wilhelmer-Tal und am Silberberg ausgecheckt und mittelalterliche Bewässerungsgräben erkundet - aber diese Tour, von Neuenweg über den Nonnenmattweiher auf den Belchen, war und blieb die schönste von allen. Sie führt am schönen Schwarzwaldhöfen vorbei, durch grüne Wiesentäler, um einen der schönsten Seen der Gegend herum, auf den Felsgipfel der Hohen Kelch, sowie auf den vierthöchsten Gipfel des Schwarzwalds, den Belchen.


Pfingsten 2018 war ich mit der Waldelfe nach langen Jahren mal wieder im Schwarzwald, und jetzt wollte ich diese Tour endlich mal wieder gehen. Also ab ins Auto, und "A Drop Of Light" von All Traps On Earth eingelegt. Losgez in Neuenweg (720m), einem schön im Südhang des Belchens (das Genitiv-s darf schon sein) eingebettet gelegenen Dörfchen (Wanderparkplatz im Ort). Erstes Etappenziel ist der wunderbar in einem Tälchen gelegene Weiler Vorderheubronn. Man folgt der Beschilderung zum Nonnenmattweiher westwärts aus dem Ort hinaus. Ein steiles Sträßchen führt gut 130 Hm bergauf, durch herrliche Wiesen auf den Sattel Auf dem Eck (847m). Drüben geht es auf schmalem Pfad wieder hinunter, kurz über die L 131 und weiter bergab nach Vorderheubronn (794m). Wir durchqueren den winzigen Ort und folgen dem Weiherbach hinauf zum Waldrand. Dort beginnt links ein Weglein, das uns zum ersten Highlight der Tour führt, zum Nonnenmattweiher (915m).

Der Nonnenmattweiher ist ein mit einem Damm aufgestauter Karsee. Sein Name geht auf die früher gebräuchliche Bezeichnung für zur Mast vorgesehene, verschnittene bzw. zur Begattung untauglich gemachte Kühe zurück. Sie wurden früher hier geweidet. Später erdichtete man ein versunkenes Nonnenkloster als Namensgeber, das der Sage nach durch ein Gottesgericht im See verschwunden sei...

Der Nonnenmattweiher ist ursprünglich als Karsee in der Eiszeit entstanden, war aber wohl schon im Mittelalter verlandet. Vermutlich befand sich damals hier ein Hochmoor. 1758 staute man den See an, als Mühlenweiher für talab gelegene Mühlen, und zur Forellen- und Karpfenzucht. Das Moor schwimmt heute großflächig auf und bildet eine Torfinsel.


Der See und das ihn umgebende Naturschutzgebiet sind ganz wunderbar anzusehen, und man sollte den Nonnenmattweiher unbedingt umrunden, bevor man hinauf zum Weiherfelsen steigt. Dazu wandert man zum Südende des Sees, und nimmt den linken Weg, der zunächst in einer Links- dann in einer Rechtskurve den Hang hinaufführt. Eine erste Abzweigung nach rechts ignoriert man, der hier in den Karten eingezeichnete Weg existiert nicht mehr, er wurde weiter vorn durch Geröll verwüstet. Man folgt also dem breiten Weg hinauf in den Sattel Pt. 1007 und wendet sich dort nach rechts, geradewegs dem Bergrücken folgend. Dieser steilt bald ordentlich auf. Man stößt weiter oben auf einen weiteren Fahrweg, der von links kommt und hier endet. Auf dessen anderer Seite führt ein Weglein weiter die Bergkante hinauf. Es geht über Felsen und um Felsen herum, bis man schließlich an den Weiherfelsen (1069m) gelangt, wo an einem Aussichtspunkt ein Tisch mit Bank steht. Hier hat man einen tollen Blick auf den See und hinüber zum Belchen.

Und hier steht dann auch wieder ein Wanderwegschild vom Schwarzwaldverein. Man folgt dem Wegweiser Richtung Hinterheubronn, Haldenhof, Belchen. Der Weg quert in der Folge die steilen, felsigen Westhänge des Kars nordwärts. Ab und zu lässt der Wald einen Blick hinunter zum Nonnenmattweiher zu. An einer Stelle kommen Serpentinen herauf, das ist das andere Ende des vom Geröll verschütteten Wegs.

Wenn der Pfad durch die Westhänge endet, gelangt man an das nächste Schild. Man folgt der Richtung Haldenhof/Belchen, und steigt in bald östlicher Richtung ab. Ein vom Nonnenmattweiher kommender Weg wird gekreuzt, und es geht weiter hinunter. Bei der nächsten Möglichkeit nun nach links, heraus aus dem Wald, und durch herrliche Wiesen hinunter in das winzige Hinterheubronn (896m).

Von dort sind es nur wenige Meter hinauf zum Haldenhof (920m), wo man nun einkehren könnte. Wir aber überquerten die L131, und wanderten nun, immer dem Waldrand folgend, Richtung Belchen. Dabei passiert man die Dekan-Strohmeyer-Gedächtniskapelle (955m)

Diese Kapelle wurde zum Gedenken an Pfarrer und Dekan Willibald Strohmeyer errichtet.  Der Grundstein wurde am 22. Oktober 1946 gelegt. Strohmeyer war von 1910 bis 1945 Pfarrer in St. Trudpert in Münstertal. Darüber hinaus war er von 1924 bis 1931 Superior im gleichnamigen Kloster und ab 1939 Dekan im Dekanat Neuenburg. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er am 22. April 1945 ohne ersichtlichen Grund von einem SS-Kommando zunächst Richtung Münsterhalden verschleppt und anschließend durch Genickschüsse umgebracht. Erst zwei Wochen später fand man seine Leiche in der Nähe der heutigen Kapelle. Die letzte Ruhestätte fand Strohmeyer auf dem Friedhof von St. Trudpert. Er wird heute als katholischer Märtyrer verehrt.

Es geht nun südseitig um den Stuhlskopf herum in den Sattel Richtstatt (1063m), wo man auf die Nordseite des Bergrückens wechselt. Nächster Halt ist die Alte Grenzmauer (1090m), südlich der Hohen Kelch.

Über den Gipfel des Belchens führt eine Kette gut erhaltener Grenzsteine aus dem Jahr 1790. Diese markierte seinerzeit die Grenze zwischen dem habsburgischen Vorderösterreich im Norden und der Markgrafschaft Baden im Süden des Bergs. An dieser Stelle sind Reste der alten Grenzmauer und ein schön gearbeiteter Grenzstein zu sehen.

Einige Meter weiter verlässt man nun den breiten Weg und wandert auf einem gesichterten Felsensteig um die Hohe Kelch herum. Es geht, stellenweise dem Sentier des Roches gegenüber in den Vogesen vergleichbar, durch steile Felswände. Bald erricht man den Lünzmann-Platz (1158m), eine Felsenkanzel, von der aus man eine schöne Aussicht nach Westen hat, zum Blauen, ins Rheintal und hinüber in die Vogesen.

Der Steig schraubt sich weiter hoch, an einer weiteren Aussichtskanzel vorbei und über Felsen, bis man in die Nordflanke des Bergs gelangt. Hier wendet sich der Weg nach Osten, und bald steht man auf dem  Hohkelchsattel (1252m), einem der schönsten Flecken im ganzen Schwarzwald. Recht plötzlich tritt man hier aus dem Wald, und wird von einem fantastischen Panoramablick überrascht: über den ganzen Südschwarzwald, hinein in die Schweiz und, an guten Tagen, direkt in die Nordwand des Eigers. Ein Muss, hier Pause zu machen.

Man kann noch kurz die Hohkelch (1264m) besuchen, der Gipfel selbst ist aber weit weniger spektakulär als seine felsigen Flanken. Zurück im Hohkelchsattel (1252m) nimmt man nun schnell die letzten Höhenmeter zum Belchen in Angriff.

Es geht kurz in den Wald, dann wieder südwärts, bis man sich in der Südwestflanke des Bergs wiederfindet. Bald passiert man den Rapsfelsen (1328m), einen beliebten Rastplatz mit  herrlicher Aussicht nach Süden. Die Beschilderung des Schwarzwaldvereins führt den Wanderer dann (ein wenig umständlich) auf den Gipfel des Belchens (1414m).

Den Titel des schönsten Schwarzwaldgipfels muss sich der Belchen mit dem Herzogenhorn teilen - der spektakulärste Aussichtsberg ist er allemal. Anders als auf dem Feldberg, wo sich einem ständig der Feldberg in den Weg stellt, hat man hier einen 360°-Blick, der große Teile des Schwarzwalds umfasst, bis hinauf zur Hornisgrinde, (bei entsprechendem Wetter) die Alpen (Sehnsucht!) vom Mont Blanc bis zur Zugspitze, den Schüra, und natürlich die Vogesen mit Grand Ballon, Hohneck und Tanet, weiter im Norden den Donon und die niedrigeren Nordvogesen. Daneben erlaubt der Belchen weite Tiefblicke in die Oberrheinebene bis ins Elsass.

Da fällt mir etwas ein: Das so genannte "Belchen-System". Nach dieser Theorie ist der Schwarzwälder Belchen Teil eines Netzes von Bergen am Oberrhein, die allesamt nicht zufällig den gleichen Namen tragen. Dazu gehören der Kleine Belchen (Petit Ballon), der Großen Belchen (Grand Ballon) und der Elsässer Belchen (Ballon d'Alsace, Welscher Belchen) in den Vogesen, und der Belchen in der Schweiz. Zusammen bilden diese Berge das besagte "Belchen-System", nach dem diese Gipfel den Kelten als Sonnenkalender gedient haben sollen. Das ist allerdings reine Spekulation. Aber gut klingen tut es schon:
 
Das Zentrum des Belchen-Systems befindet sich dieser These zufolge auf dem Ballon d'Alsace, dem Elsässer Belchen. Von hier aus liegt der 73 Kilometer entfernte Schwarzwälder Belchen genau im Osten. Damit geht die Sonne an den Tagen der Tagundnachtgleiche, also am Frühlingsanfang und am Herbstanfang, direkt über dem Schwarzwälder Belchen auf. Umgekehrt, also vom Schwarzwälder Belchen aus gesehen, geht die Sonne an diesen beiden Tagen über dem Elsässer Belchen unter.   
 
Zur Sommersonnenwende dann geht die Sonne vom Elsässer Belchen aus gesehen über dem 27 Kilometer nordöstlich gelegenen Kleinen Belchen, und zur Wintersonnenwende über dem 88 Kilometer entfernten südöstlich gelegenen Schweizer Belchen auf. Womit die Anfänge aller vier astronomischen Jahreszeiten vom Elsässer Belchen aus bestimmt werden können. 
 
Und schließlich geht die Sonne am 1. Mai, dem Feiertag Beltane des keltischen Lichtgottes Belenus, über dem 21 Kilometer nordöstlich gelegenen Großen Belchen auf, was zeitlich mit dem Tag übereinstimmt, an dem die Plejaden für vierzig Tage im Sonnenlicht verschwinden.

Einen Kreuzungspunkt solcher Verbindungslinien gibt es auch bei Basel, wo sich einst eine keltische Siedlung befand.

Alles Spekulatius, wie gesagt, der Name "Belchen" hat wegen der Gipfelformen dieser Berge wohl mehr mit Bällchen als mit dem keltischen Gott Belenus zu tun, man muss aber zugestehen, dass es den Kelten vor über 2000 Jahren zumindest möglich gewesen wäre, dieses System zu entdecken und zur kalendarischen Bestimmung der Tagundnachtgleichen und der Sonnenwenden zu nutzen. Theoretisch. 

War unsere Tour bisher unter strahlend blauem Himmel verlaufen, so hatten uns hier am Gipfel die Gewitterwolken eingeholt - viel früher als vorhergesagt. Wir überliefen daher den höchsten Punkt und stiegen schnell zum Belchenhaus (1359m) hinunter. Hier eisten wir kurz ein, dann machten wir uns fix an den Abstieg. Der südseitige Abstieg nach Neuenweg ist ein landschaftliches Glanzlicht: Es geht durch lichte Buchenwälder, an Felsen verbei und über grüne Hochweiden. Ein Highlight ist der Hohfelsen (1190m), dessen linker Teil leicht zu begehen ist, dessen rechter Zahn dagegen erklettert werden will.

Es geht rechts hinauf zu einem Baum, dort über (allerdings festen) Bruch auf die Südseite, und hier unschwierig zum höchsten Punkt. Ist ein kurzer IIer.

Auf dem Zacken des Hohfelsens trafen mich dann die ersten Regentropfen. Ich stieg schnell herunter, sammelte die Waldelfe wieder ein, und wir flüchteten im Gewitterregen. Im Wald war es einigermaßen trocken, aber draußen wurden wir schon recht nass. Wir wurden schneller und schneller - die Waldelfe, die gerne draußen rennt, hatte ihren Spaß. Dann begann es zu hageln....

Erinnerung an meinen ersten Versuch am Ostgrat der Hochkünzelspitze kamen auf, dort hatten mich Hagelkörner mit einem Durchmesser von bis zu zwei Zentimetern vertrieben, diesmal ging es mit einem halben Zentimeter noch glimpflich ab. Oder so. Denn im Rennen glitsche ich aus und zog mir eine ziemliche Fleischwunde am linken Knie zu... Die Neuenweger haben ganz schön geschaut, als ich mein blutüberströmtes Schienbein in ihrem Dorfbrunnen wusch. Sogar die Unfallklinik in Bad Krozingen hab' ich von innen gesehen. Ergebnis: Eine Woche Bewegungsverbot. Wir sind jedenfalls noch gut über den Sattel  Pt. 979m zurück nach Neuenweg (720m) gekommen. Und am Ende stellte es sich dann doch als glimpflich heraus: Am daraufen Sams konnte ich schon wieder T6 gehen. Nur Hinknien war nicht...

Trotz des Gewitterregens und eines blutigen Knies: Die Wanderung war fantastisch - mal wieder! Ich kenne sämtliche Anstiege zum Belchen, und diese Runde ist und bleibt die schönste. Auch wenn's kein richtiger Geheimtipp ist: Meine Empfehlung an alle, die gern im Schwarzwald wandern!

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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Kommentare (2)


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ABoehlen hat gesagt: Gutte Besserung
Gesendet am 23. Mai 2018 um 13:13
Hallo Nik

Danke für diese tolle und reich bebilderte Schwarzwaldrunde! Schade, musste es in einem Unfall enden. Ich wünsch dir nun gute und rasche Genesung!

LG Adrian

Nik Brückner hat gesagt: RE:Gutte Besserung
Gesendet am 23. Mai 2018 um 13:33
Hallo Adrian!

Oh Mann, das tut gut, danke Dir. In den Bergen steht endlich eine längere Schönwetterphase bevor - und ausgerechnet jetzt knocke ich mich selbst aus. Kannst Dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich ärgere.

Grüße von dem Typ zwischen Couch (unter mir) und Coolpack (auf mir).


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