Überschreitung von Gustispitz und Chrummfadenflue


Publiziert von Nik Brückner , 10. Oktober 2019 um 11:42.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:17 September 2019
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:12,5km

Oh Mann! Nüschlete, Allmegrat, Leissiggrat, Mont d'Or, Niesengrat - das hört ja gar nicht mehr auf! Und das sollte es auch gar nicht.... Nur wollte ich nach dem Neuneinhalbstünder am Niesengrat etwas Kurzes machen, schön, gemütlich - und dennoch möglichst scharf! Für so eine Gelegenheit hatte ich gleich ein paar Ideen in meinen Tourenordner, und meine Wahl fiel auf den Grat zwischen Schwalmeren und Homadsattel, auf dem der Gustispitz und die Chrummfadenflue die spannendsten Gipfel sind.


Und so dübelte ich eines schönen Morgens, angetrieben von Joey Frevolas Album "Gone", hinauf auf den großen Parkplatz an der Wasserscheide (1584m), wo meine Tour begann. Ein breiter Weg brachte mich zur Alp Obernünene (1689m).

Parkplatz an der Wasserscheide - Alp Obernünene: markierter Fahrweg, T1, 15 Minuten


Dort beginnt der Wanderweg hinauf in den Leiterepass (1905m), der ebenfalls schnell erreicht ist. Ich wechselte auf die andere Seite, und wandte mich nach links. Etwa 150 Meter weiter nahm ich den oberen Weg, und querte die Südflanke der Nüneneflue hinüber zum nächsten Pass, der den Namen Schwalmere (1934m) trägt.

Alp Obernünene - Leiterepass - Schwalmere: markierte Wanderwege, T2, 45 Minuten


Hier beginnt die Gratüberschreitung, und damit der weglose Teil der Tour. Man verlässt also den Weg, und wandert auf dem zunächst noch grasigen Grat nach Osten. Hier finden sich deutliche Wegspuren, die Route ist nicht zu verfehlen. Allerdings wird der Grat schon nach kurzer Zeit sehr schmal, und erfordert sehr umsichtiges Gehen. Einige Zacken werden überstiegen, oder links, knapp unterhalb der Gratkante umgangen. Dann steht man auf einem steilen Zahn, von dem es augenscheinlich nicht runtergeht....

Der erste Schritt ist der gruseligste: Es geht äußerst luftig hinunter in die rechte Flanke des Zackens, auf seine scheinbar bodenlose Südseite. Danach schwenkt man zurück zum Grat und steigt hier in einer schmalen, steilen Schrofenrinne ab (T5/II).

Hat man den Abstieg gemeistert, geht es noch ein Stück weiter hinunter, in einen Sattel vor Pt. 2042.

Wer an dem steilen Zahl ausgepsycht ist, hat hier die Möglichkeit, nach links abzusteigen. Eine Weidefläche kommt hier bis fast an die Grathöhe herauf, sie ermöglicht einen einfachen Abstieg zur Alp Gustiberg oder eine Rückkehr zu den Schwalmeren.

Wer am Grat bleiben will, steig nun steil, aber unschwierig bis zu einer senkrechten Felswand auf. Dieser folgt man nach rechts, auf ein ziemlich ausgesetztes, ansteigendes Band. Dort geht man ein ganzes Weilchen, bis zu einem großen Baum. Hier tut sich links eine Schwachstelle in der Felswand auf, ein Kamin, durch den man hinaufklettern kann (II).

Oben wird es dann ein wenig leichter. Der Grat ist ziemlich unübersichtlich, aber überraschend gut zu begehen (T4), und nach einer weiteren Viertelstunde steht man auf dem Gustispitz (2074m).

Schwalmere - Gustispitz: unmarkierte Gratüberschreitung, Weg- und Trittspuren, T5, Stellen II, 1h


Weiter geht's auf dem kurzzeitig einfacher zu begehenden Grat. Die nächste markante Stelle ist die, an der von links ein deutlicher Grasrücken heraufkommt. Bis dort hin wird es nochmal ein bisschen felsiger: Der Grat schnürt sich zusammen, und mit Hilfe einer Kette geht es eine kleine Stufe im Fels hinunter. Dann wieder einfacher hinauf bis zu der Stelle, an der von links der Grasrücken heraufkommt.

Über diesen Grasrücken könnte man auch nochmal zur Alp Gustiberg absteigen.

Nach diesem Punkt bleibt der Grat unübersichtlich. Weiter geht's über einige Gras- und Schrofengüpfe, und meist kann man sich aussuchen, wie man sie nehmen will. Einen etwas weiteren Abstieg habe ich bequem im Gras gemacht, ein direkter Abstieg über Fels (vermutlich I) wäre auch möglich gewesen.

Vor einer markanten Scharte, hinter der ein deutlicher Schrofenkopf aufragt, wird es noch einmal unübersichtlich: Auf dem teils überwucherten Grat geht es weiter bis zu einem deutlichen Felsspitz - eine (machbare, aber schwierigere) Abstiegsmöglichkeit vorher halbrechts ignoriert man. Links von dem Felsspitz ist ein Seil um einen Brocken gebunden, welches im hier etwas leichteren Abstieg helfen soll. Steil geht es über brüchige Schrofen hinunter, und zuletzt auf einem schmalen Band hinüber in die Scharte (T5, I-II).

Aus der Scharte führen mehrere Routen, am einfachsten ist es links: Über steiles Gras steigt man dort hinauf auf den Schrofenkopf.

Der Weiterweg von hier aus ist nun bedeutend einfacher: Bis zur Chrummfadenflue ist's gerade mal noch T3. Allerdings ist der Grat hier immer noch schmal, umsichtiges Gehen bleibt also angeraten. Und so wandert man über einige Gras- und Schrofenköpfe in wenigen Minuten hinüber zur Chrummfadenflue (2079m).

Gustispitz - Chrummfadenflue: unmarkierte Gratüberschreitung, Weg- und Trittspuren, T5, Stellen II, 45 Minuten


Einen herrlichen Rundblick hat man von hier, dem höchsten Punkt meiner Tour. Im Norden sieht man Jura, Vogesen (mit dem Grand Ballon) und Schwarzwald (mit Belchen und Feldberg), dann folgt Richtung Osten der Alpenrand, wo der Titlis wohl die prominenteste Erhebung ist. Es folgen Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau, davor das viel nähere Stockhorn (und links daneben sogar die Nüschlete). Richtung Südosten folgen dann die Gipfel des Niesengrats, dahinter Breithorn, Blüemlisalphorn, Doldenhorn und Balmhorn. Richtung Süden dominieren Aiguilles, Diablerets und Sex in verschiedenen Varianten. Im Süden sind Dent de Savigny und Dent de Ruth die markanten Spitzen der Gastlosen, danaben ragen Vanil Noir und Dent de Brenleire auf. Und im Westen, ganz in der Nähe, Ochse, Gantrisch und Nüneneflue.

Der kurze Abstieg vom Gipfel erfolgt über schütteres, schotteriges und deshalb unangenehm zu begehendes Gras. Man gelangt hinunter auf einen gemütlichen Gratrücken. Die Stubenflue (2004m) kann optional mitgenommen, oder rechts auf einem gut sichtbaren Weglein umgangen werden - dabei müsste allerdings ein Weidezaun überstiegen werden. Beide Varianten kommen schließlich am Homadsattel (1960m) wieder zusammen.

Chrummfadenflue - Homadsattel: Steiles Gras, Tritt- und Wegspuren, T3 und leichter, 15 Minuten


Hier entspannte ich mich erst ein mal ein Weilchen und genoss den schönen Tag. Dann überlegte ich, was ich jetzt noch machen sollte. Die Homad turnte mich nicht besonders an, auch der Weiterweg Richtung Stockhorn nicht. Ich entschloss mich endlich, auf dem Wanderweg nach Süden abzusteigen und zu den Schwalmeren zurückzukehren. Dort hatte ich am Morgen einen aufwändig angelegten Weg entdeckt, der aber nicht ausgeschildert ist. Den wollte ich mir ansehen.

Ich stieg also auf der Südseite hinunter, wanderte am Waldrand nach Westen, und sah dabei immer wieder zu dem eben überschrittenen Grat hinauf. Einen Gipfel konnte ich allerdings nicht identifizieren - zu klein sind die einzelnen Köpfe dort oben. Kurz vor dem Pass achtete ich dannn auf die erst weiter oben im Hang deutlich zu erkennende Wegspur, die dort offenbar mit schwerem Gerät in den Hang gefräst worden ist. Im unteren Teil zeichnet sie sich nur sehr undeutlich ab, und so brauchte es ein wenig Gespür, die richtige Route zu verfolgen. Dann aber wird der Geländeeinschnitt klarer, und zu meiner Überraschung stieß ich an den ausgesetzten Passagen entlang der Felsen weiter oben sogar auf aufwändige Seilversicherungen. Und die sehen nicht einmal besonders antik aus. Ein Metallschild gibt an: "Erbaut 1984, Luftschutz RS 277". Ich folgte den Seilversicherungen, und zickzackte hinauf. Man gelangt auf den Grat zwischen dem Schwalmerepass und den ersten schmalen Passagen Richtung Gustispitz. Ich erinnerte mich sogar an die Stelle, allerdings ist die hier heraufkommende Wegspur derart schwach ausgeprägt, dass sie mir nicht weiter aufgefallen war.

Schön! Eine nette Entdeckung. Ich lief die paar Meter zu den Schwalmeren (1934m) hinunter....


Homadsattel - Schwalmeren: markierte und unmarkierte Wege, im Aufstieg T4, sonst leichter, 50 Minuten


...und folgte dann dem Weg nordwärts, zur Alp Gustiberg (1726m). Dabei warf ich nochmal einen sehr genauen Blick auf die Nüneneflue. Ist schon ein geiles Teil...

An der Alp hielt ich mich links, und wanderte auf dem bald breiten Weg hinüber nach Obernünene (1689m). Von hier aus gelangte ich in einer Viertelstunde zurück zum Parkplatz Wasserscheide (1584m).

Schwalmeren - Wasserscheide: markierte Wanderwege T2, dann T1, 45 Minuten


Ausrüstung:

Stecken haben ausgereicht.


Fazit:

Was soll ich sagen? Ein herrlicher, wenn auch kurzer Grasgrat im T5-Bereich, leicht zu erreichen - genau das, was ich an diesem Tag brauchte. Wer sich einen bewegteren Eindruck von der Tour verschaffen möchte, kann das z. B. mit diesem Video tun. Die Tour war zudem genau richtig, um diese (nebenbei bemerkt: herrliche!) Gegend mal kennenzulernen: Gantrisch Nordgrat, Nüneneflue - diese Gipfel haben mich nicht das letzte Mal gesehen.... Ich brauchte jetzt aber zur Abwechslung etwas ganz anderes: Einen Viertausender.

Tourengänger: Nik Brückner


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