Gratrunde um die Walop-Alp


Publiziert von Bergamotte , 1. November 2020 um 16:59.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Simmental
Tour Datum:31 Oktober 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR   CH-BE 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PW bis Parkplatz Chlus
Kartennummer:1226 Boltigen

Der Herr Zaza hat bereits geschimpft mit mir: Wenn ich weiter derart Gas gäbe, hätte ich sein Führergebiet bald abgegrast. Touché! Aber nach dem verkorksten Sommer mit abgesagten Wettkämpfen und Übertraining besteht bei mir Nachholbedarf nach schönen Bergerlebnissen. Ein weiteres kommt heute hinzu, die grosse Rundtour um die Walop-Alp. Die Routenführung ist bestechend einfach - immer dem Grat nach - und technisch meist harmlos. So kann die Runde in vollem Flow absolviert werden.

Um 8:15 geht's los vom geräumigen Parkplatz Ende der Fahrstrasse in Chlus. Spontan entscheide ich, mit den Trailrunnern loszuziehen. Was für ein Glücksgriff, denn die Runde erweist sich als äusserst flowig und klobige Schuhe hätten den Spass empfindlich gestört. Die wenigen Schlüsselstelle befinden sich allesamt im Fels und erfordern vorab eine griffige Sohle (für den Habitué!). Vortags in der Früh hatte in der weiten Flanke des Schafbergs noch Schnee gelegen, wie mir auf dem Gipfel ein Einheimischer berichtete. Doch mein Gefühl bzw. die Webcams sollten mich nicht täuschen: Schon heute Morgen präsentierte sich die mehrheitlich nach Süden exponierte Walop-Runde in bestem Zustand. Nur in den NE-Flanken von Kaiseregg und Rotenchasten fanden sich noch Schneereste.

Vor dem Gratgenuss steht immer der Erstaufstieg, in diesem Fall die knapp 1000Hm über Walopsee zu den Hütten der Alp Vortel. Von dort lässt sich der Grat an beliebiger Stelle gewinnen, man braucht nicht zwingend dem Wanderweg bis zum Übergang folgen. Nach kurzer Felskraxelei treffe ich auf einen schwachen Pfad, dem ich bis zum Widdergalm (2174m) folge. Kurze Pause, um ein erstes Mal die exzellente Fernsicht an diesem Samstag zu geniessen. Der Weiterweg über den Kamm bis zum Stierengrat (2159m) lässt sich von hier prima einsehen und bietet kaum Schwierigkeiten, bloss beim Gipfelaufschwung braucht es kurz die Hände. Wer mag, sackt unterwegs noch die Koten P. 2105 und P. 2095 ein oder umgeht sie südlich. Unterwegs überhole ich einen jungen Freiburger mit dem gleichen Plan und Schuhwerk wie ich; wir sollten uns heute noch mehrere Male begegnen.

Nach dem kurzen Abstieg vom Stierengrat heisst es drei Gänge runterschalten, denn es gilt einen luftigen Grat aus Felszähnen und -platten zu überwinden (T6-, II). Der Kalk ist fest und griffig, ein richtiger Leckerbissen. Im anschliessenden Wiederaufstieg zur Kaiseregg (2185m) über deren NE-Grat liegen noch Schneereste. Doch das Gelände ist gut gestuft und man findet vereinzelt Trittspuren - recht gutmütiges Alpinwandergelände (max. T5). Oben ein kleiner Zivilisationsschock in Form von Touristenströmen, weshalb ich umgehend weiterziehe. Derart aufgeschreckt folge ich direkt dem Grat, bequemer wäre der offizielle Bergweg weiter unten.

Im Kaisereggpass (2073m) kann ich aufatmen und wechsle zurück auf den (ab hier) wbw-Wanderweg. Jetzt nach drei Stunden bin ich perfekt aufgewärmt und auf dem abwechslungsreichen Pfad gerate ich vollends in den Flow, es läuft sich wie von alleine. In solchen Momenten wird mein Appetit jeweils zügellos und ich beginne mit dem Gedanken zu spielen, noch das Chällihorn via Nordgrat mitzunehmen. Zum Glück habe ich es gelassen, es will so gar nicht in die gutgängige Walop-Runde passen.

Der Aufstieg zu den drei Schafberg-Gipfeln ab Teuschlismad (2094m) erfolgt - natürlich - in Gratnähe über einen passablen Weg (fehlt auf LK). Erstaunt nehme ich die zwei Gipfelkreuze (jeweils mit Buch) zur Kenntnis, welche sich auf den Vorgipfeln vom Schafberg (2238m) befinden. Aber als Ort für die ausgiebige Mittagsrast wird mir selbstredend nur die höchste Kote gerecht. Sie markiert übrigens auch den Tageshöhepunkt. Oben sitzt bereits ein sympathischer, aber schwatzhafter Zweisimmener, der unaufgefordert seine Geographiekenntnisse und Bergabenteuer feil bietet und allerhand Telefonate zu führen hat. Irgendwann dann darf ich mich doch noch ungestört meinem Proviant widmen.

Eine Stunde später geht's weiter - gefühlte zwei Kilogramm schwerer - über den Grat nach Osten bis zu den ersten Felsen. Diese lassen sich luftig, aber anregend überklettern (II). Der Schlussaufschwung zum Rotenchasten (2216m) hingegen würde kurze IIIer Kletterei erfordern. Ich schaue mir das Wändchen im Detail an, welches meine persönliche Risikoprüfung aber nicht übersteht, schon gar nicht in Trailrunnern. Die südseitige Umgehung gemäss Führer wäre mir aber zu umständlich, also steige ich aus der Scharte nur wenige Meter ab, um dann ausgesetzt in die Felsflanke reinzuqueren (T6). Nach wenigen Metern kann ich über Steilgras zum Gipfel hochsteigen.

Der Abstieg erfolgt auf der anderen Seite (NE) über die Normalroute. In der steilen Grasflanke liegen noch Schneereste: rutschig und recht heikel. Der Fels gleich nebenan hingegen ist bereits furztrocken und problemlos zu begehen. Anschliessend in beliebiger Linie die stellenweise raue Grasflanke runter zur Alp Gaasche (1966m). Von hier schaue ich der schönen Aussicht zum Widdergalm wegen noch rasch auf dem Weidegrat P. 2016 ("Küblisgrat"?) vorbei. Unten vom Walopsee sieht er übrigens wie ein richtiger kleiner Gipfel aus. Der Schlussabstieg zurück zu ebendiesem See und weiter nach Chlus zieht sich hin und beinhaltet einen kurzen Gegenanstieg. Glücklich, wer unten ein Auto stehen hat oder ein Taxi vermag: der Zustieg ab/von Boltigen würde den Genuss der bereits sehr langen Walop-Runde massgeblich trüben.


Zeiten (kum)
1:30  Widdergalm
2:10  Stierengrat
2:50  Kaiseregg
3:50  Schafberg
4:10  Rotenchasten
4:35  Küblisgrat
5:30  Chlus

Tourengänger: Bergamotte
Communities: Freiburg, T6


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Kommentare (3)


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Sidi hat gesagt:
Gesendet am 2. November 2020 um 08:02
Tolle Beschreibung, sehr aamächelig!

Martin Job Pro hat gesagt: Küblisgrat
Gesendet am 2. November 2020 um 22:36
Den Namen "Küblisgrat" konnte ich in der "Zeitreise" auftreiben, steht auf den "alten" Karten bis 1964 (mein Jahrgang!).
Martin

Felix hat gesagt:
Gesendet am 13. November 2020 um 16:21
sieht echt flowig aus ;-) - bergamottig halt ...


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