Den 20. ging Lenz durch's Gebirg. Tag zwei: 19. Januar.


Publiziert von Nik Brückner , 23. Januar 2017 um 14:11. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum:19 Januar 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 729 m
Abstieg: 141 m
Strecke:22km
Unterkunftmöglichkeiten:Molsheim, Mont Sainte-Odile und dazwischen

"Den 20. ging Lenz durch's Gebirg." - Mit diesen Worten beginnt eine Erzählung Georg Büchners (1813-1837), die postum 1839 unter dem Titel "Lenz" erschien. In ihr bearbeitete Büchner die wahre Geschichte des gemütskranken Schriftstellers Jakob Michael Reinhold Lenz, der sechzig Jahre zuvor, 1778, im elsässischen Waldersbach erschienen war und das kleine Bergdorf für einige Wochen in Aufregung versetzt hatte (mehr zum literaturgeschichtlichen Hintergrund hier).

Ursprünglich hatte ich geplant, Lenz' Reiseroute genau nachzuvollziehen. Leider ist das nicht möglich, da nicht bekannt ist, von wo aus er, aus der Schweiz kommend, die Vogesen überquerte. Deshalb plante ich nun einen Tour von Büchner zu Lenz, die Büchners Aufenthaltsorte in Straßburg mit Waldersbach im Steintal verbinden sollte. Und da nichts über Lenz' Route bekannt ist, konnten wir die unsrige frei wählen. Wir banden daher zahlreiche elsässische Highlights ein: den Dompeter in Avolsheim, Molsheim, die romanischen Bauten in Rosheim, den Mont Sainte-Odile mit seiner geheimnisvollen Heidenmauer und vieles andere mehr.


An Tag eins waren wir von Straßburg nach Molsheim gelaufen, nun sollte es hinauf auf den heiligen Berg Mont Sainte-Odile gehen. Ab ins Auto, mit Isildurs Banes "Off the Radar" im Player.

Start war also, erneut in Eiseskälte, in dem schnuckeligen Städtchen Molsheim (165m), das vor allem durch seine Jesuitenkirche und die Firma Bugatti bekannt ist. Unser Weg (gelbes Plus) führte uns südwärts aus der Stadt, über einen Bach und über karge Felder hinüber in den Nachbarort Dorlisheim (172m).

Molsheim - Dorlisheim: 15 Min.

Hier steht die Manufaktur, in der der Automobilhersteller Bugatti unter anderem den Veyron baut. Mit dem wir sicher schneller unterwegs gewesen wären. Für manch anderen interessanter mag die romanische Kirche Saint-Laurent sein, die um 1160 errichtet wurde, und durch bedeutende Bauplastik (Tiere, Drachen, ganze Jagdszenen) bekannt ist.

Unser Weg führte einmal komplett durch den ganzen Ort, durch die Grand Rue und die Rue Ettore Bugatti. Am Ortsausgang ging es dann hinter einem Wohngebiet hinaus auf die Äcker. Wir überquerten auf dem mit einem roten Punkt markierten Weg die Schnellstraße D1420, die von Straßburg ins Breuschtal führt, und wanderten in die Weinberge hinauf. Es galt, den Hügel zwischen Dorlisheim und Rosheim zu überwandern. Oben angekommen, wechselten wir auf den gelben Kreis, ein letzter Blick in die Ebene, zurück nach Molsheim, schon sieht man das schöne Örtchen Rosheim vor sich im Tal liegen. Man gelangt über die Rue de Molsheim in den Ort und betritt die historische Altstadt durch das mittelalterliche Lewertor, mit Dreieckerker und Pechnase.

Dorlisheim - Rosheim: 45 Min.

In Rosheim (164m) befinden sich zwei Kleinode der oberrheinischen Romanik:

Zunächst gelangt man zur Église Saints-Pierre-et-Paul (Peter- und Paulskirche). Der Bau wurde ca. 1170 bis 1190 in drei Etappen errichtet. Man begann mit dem Chor, dann folgte die Schiffsnordseite, bevor man nach einem heute noch sichtbaren Planwechsel mit der Nordseite und dem Gewölbe den Bau vollendete. Die kreuzförmige Basilika mit Stützenwechsel trägt einen 1385 begonnenen Vierungsturm, der 1454 erhöht wurde. Wölbungstechnik, Steinbearbeitung und vor allem die dekorative Plastik, die am gesamten Bau zu finden ist, sind von höchster Qualität. Berühmt ist das „Köpfekapitell“, das 21 verschiedene Gesichter aufweist. Eine Besonderheit ist auch die Orgel: Sie wurde 1733 von Andreas Silbermann erbaut.

Weiter ging's entlang der Hauptstraße nach Westen. Dort steht ein romanisches Wohnhaus.

Das wegen seines hohen Alters Maison païenne („Heidenhaus“) genannte Gebäude stammt aus dem 12. Jahrhundert und war vermutlich der Sitz eines Adligen, vielleicht eines Ritters vom Odilienberg.

Am Ortsausgang verließen wir die Straße nach Grendelbruch und wandten uns südwestwärts, einer stillgelegten Bahnlinie folgend, Richtung Bœrsch. Bald geht es, dem grünen X folgend, den nächsten Hügel hinauf, und durch die nächsten Weingärten. Hat man den höchsten Punkt vor dem Wald erreicht, stößt man auf das gelbe Dreieck, wendet sich nach links, und es geht in kurzen 10 Minuten hinunter in das schnuckelige Örtchen Bœrsch (211m).

Rosheim - Bœrsch: 45 Min.

Dort gibt es ein Renaissance-Rathaus, das aus dem 16. Jahrhundert stammt. Ein für das Elsass typischer Sechs-Eimer-Brunnen wurde 1617 errichtet. Drei Stadttore sind von der mittelalterlichen Befestigung übriggeblieben.

Wir durchquerten den Ort südwärts und verließen ihn gen Südwest durch eines dieser Stadttore und ein Wohngebiet. Bald steht man vor dem burgähnlichen St. Leonhard, einem ehemaligen Kloster, das später zur Künstlerkolonie umfunktioniert wurde. Es ging, nun dem blauen Punkt folgend, ein paar Schritte die D35 entlang und dann bei der ersten Möglichkeit, an einer Kapelle, links hinunter zu einer Pferdekoppel. Hier nach rechts, einem Mühlbach folgend, bis hinüber zum Tal der Ehn, das wir nun durchquerten, um nach Roedel zu gelangen.

Bœrsch - Roedel: 30 Min.

In den Ort hinein und die Rue du Schliffweg hinauf bis zur nächsten Kreuzung. Hier bogen wir hinter einigen Häusern rechts ab und wanderten, dem gelben Kreis folgend, in einem tief eingeschnitteten Hohlweg in Richtung der Chateaux d'Ottrott, zweier eng benachbarter Burgen. Wir überquerten den Verbindungsweg von Ottrott nach Kupferhammer und folgten weiter der (nun rot-weiß-roten) Beschilderung Richtung Chateaux d'Ottrott. Es geht im Wald hinauf und in einem kurzen Zickzack hinüber zu den Burgen.

Roedel - Chateaux d'Ottrott: 30 Min.

Die beiden Anlagen gehören zu einer Gruppe von insgesamt neun Burgen rund um den Odilienberg, die wohl als Wehrgürtel für den heiligen Berg diente. Die beiden ersten von fünf dieser Burgen, die wir an diesem Tag anwanderten, sind das Château de Lutzelbourg (490m) aus dem 13. bis 15. Jahrhundert, eine gut erhaltene Ruine mit rundem Bergfried und Schildmauer, und das etwas ältere Château de Rathsamhausen (491m) aus dem 12. bis 15. Jahrhundert, eine eindrucksvolle romanische Burganlage auf einem inselartigen Felsblock, mit Turmpalas und rundem Bergfried. Beide Anlagen sind seit langen Jahren für Besucher gesperrt, da sie einsturzgefährdet sind.

Direkt auf der Nordseite des Jagdhauses ging es weiter nach Westen, dem blauen X nach, hinüber zum Château de Koepfel (518m).

Chateaux d'Ottrott - Château de Koepfel: 30 Min.

Die Burg stammt vermutlich aus dem 11. Jahrhundert, leider stehen hier nur noch geringe Reste zweier Mauern aufrecht. DIe Anlage ist dennoch den winzigen Abstecher vom Weg weg wert, weil man von hier aus einen schönen Blick auf die Ottrotter Schlösser hat.

Vom Château de Koepfel aus folgten wir weiter dem blauen X, einem breiten Waldweg, der bald nach Südwesten, dann nach Süden führte, bis die Wanderwegbeschilderung einige Stufen hinauf zum Hagelschloss wies, unserer nächsten Station. Über ein schönes Weglein ging es in einen Tobel hinein und drüben wieder hinaus. Bald sieht man links oben einen eindrucksvollen, in der Mitte senkrecht gespaltenen Felsen, den ein gemauerter Bogen überspannt. Es ist das Château de Hagelschloss (590m).

Château de Koepfel - Château de Hagelschloss: 45 Min.

Die dürftigen Reste, die hier im Wald zu erkennen sind, stammen vom Château de Hagelschloss, einer Anlage des 12./13. Jahrhunderts, die zum Teil aus Steinen der Heidenmauer errichtet wurde. Die zweiteilige Anlage gehört wie Landsberg und Dreistein zu einer Gruppe von insgesamt neun Burgen rund um den Odilienberg, die die staufischen Besitzungen am Berg schützen sollten. Der ursprüngliche Name der Burg lautete "Waldsberg"  - doch er geriet über die Jahrhunderte in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert konnte man die im Volksmund inzwischen "Hagelschloss" genannte Ruine mit der urkundlich belegten Burg Waldsberg identifizieren.

Das Hagelschloss steht als Spornburg auf einem Buntsandsteinfelsen hoch über dem Hageltal. Die Anlage kann ins späte 12. Jahrhundert datiert werden, und dürfte damit etwa gleichzeitig mit der Burg Landsberg von staufischen Ministerialen errichtet worden sein. 1256 ist ein Rüdiger von Waldisberc genannt, und damit implizit auch die Burg. Vielleicht schon 1260/62, auf jeden Fall aber 1359 gehörte Waldsberg den miteinander verwandten Familien Beger und Murnhart. Um 1400 besaßen dann die Famililen Rathsamhausen und Erbe je eine Hälfte der Burg. Walter Erbe, der heftige Streitereien mit den Straßburgern hatte, überfiel 1405 Vertreter der Stadt und hielt sie auf Burg Waldsberg fest. Daraufhin eroberten die Straßburger die Burg, und zerstörten sie. Die Ruine wurde danach nicht wieder aufgebaut. Heute befindet sie sich in Privatbesitz.

Vom Hagelschloss steht leider nicht mehr viel aufrecht. Zu erkennen ist noch, dass sie einst aus zwei selbstständigen Anlagen bestand: Ein erster Halsgraben trennt die eine Teilanlage vom Bergmassiv. Über eine Rampe war der Eingang zu erreichen. Hier steht noch ein Mauerrest aus dem späten 13. oder frühen 14. Jahrhundert. Abgesehen davon ist von der Ringmauer dieser Teilanlage wenig erhalten.

Ein weiterer, breiter Graben trennt schließlich die erste Teilanlage von der Hauptburg. Auf der Ostseite, unter der Spitze des Felssporns, vermittelt eine Vorburg den Zugang zur Hauptburg. Hier stand hinter einer Ringmauer des späten 12. Jahrhunderts einst ein langgestreckter Wohnbau.

Auch von der Hauptburg ist nicht mehr viel zu sehen. Umso imposanter ist aber ein hoher Mauerbogen, der eine Felsspalte überbrückt. Den man aber besser nicht überschreitet. Oder vielleicht doch? Angeblich locken einen böse Geister in den tiefen Abgrund...


An einem mit dem Wort "Danger" beschrifteten Baum vorbei kann man den Burgfelsen ersteigen. Bei Schnee und Eis keine ganz ungefährliche Angelegenheit.

Direkt oberhalb des Hagelschlosses trifft man auf die eindrucksvollen Reste der sogenannten „Heidenmauer“ (frz.: mur païen), einer mehr als 10 km lange steinerne Schutzmauer aus uralter Zeit, die das gesamte Gipfelplateau des Odilienbergs umgibt. Dieser folgten wir nun für einige Zeit (gelbes X).

Die ursprünglich drei bis fünf Meter hohe Mauer besteht aus riesigen, grob behauenen Quadern von  60cm bis 1,50m Seitenlänge. Wer sie gebaut hat, ist unklar, ebenso wann sie entstand, aber ihr Zweck als Fliehburg ergibt sich auch dem Unkundigen auf den ersten Blick. Sie wurde lange für prähistorisch gehalten, einige Forscher datieren sie in die späte Bronzezeit (1200 bis 800 v. Chr.), andere in die Latènezeit um die Wende des 3. Jahrhunderts v. Chr., wieder andere vermuten ihre Entstehung ins dritte nachchristliche Jahrhundert, mit einer umfangreichen Wiederherstellung im 4. Jahrhundert. Jüngste Untersuchungen von Eichenholzklammern, mit denen die Steine der Mauer verbunden waren, datieren diese aber zweifelsfrei in das letzte Viertel des 7. oder das beginnende 8. Jahrhundert n. Chr. Die Eichenholzklammern könnten aber auch aus einer Reparaturphase stammen. Neue Forschungen sollen nun weitere Erkenntnisse zu Ursprung und militärischer, ziviler oder kultischer Funktion der Heidenmauer bringen.

Einige Monate später, im warmen Monat Mai, kehrten wir nochmal hierher zurück, um die Heidenmauer komplett zu umwandern. Jetzt aber führte uns unsere Route grob nach Süden, in den Sattel zwischen Burg Dreistein und Etichogrotte. Beiden statteten wir einen Besuch ab. Zunächst ging es nach Westen hinunter (hin und zurück kurz rotes X) zum Château de Dreistein (628m).

Château de Hagelschloss - Château de Dreistein: 30 Min.

Auch Dreistein gehört zu der Gruppe von insgesamt neun Burgen rund um den Odilienberg, die als Wehrgürtel für den heiligen Berg dienten. Die sehenswerte dreiteilige Anlage stammt aus dem 13. Jahrhundert.

Die Ruinen der Burg Dreistein stehen auf 628 Meter Höhe und unter Denkmalschutz. Ihre Geschichte ist nur lückenhaft beleg, es sind kaum Quellen erhalten. Vermutlich ist Dreistein eine Gründung des 13. Jahrhunderts, die Burg wurde allerdings erst 1432 als „schloss zu den drey Steinen“ erstmals urkundlich erwähnt. Damals befand sie sich im Besitz der Familie von Rathsamhausen, als Lehen Kaiser Friedrichs IIII.

Möglicherweise wurde der östliche Teil von Dreistein schon um 1400 aufgegeben. Spätestens um 1670 war die gesamte Burganlage dann zerstört. Wie es dazu kam, ist unbekannt, vielleicht war es auch hier der Dreißigjährige Krieg. Allerdings blieb Dreistein bis zur Französischen Revolution Eigentum der Familie von Rathsamhausen. Später wurde die Burganlage mehrfach verkauft und kam schließlich an die Familie des Fabrikanten Schäfer aus Obernai. Auch heute noch befindet sich die Burgruine in Privatbesitz. Sie ist aber frei zugänglich. Seit 1866 werden immer wieder Sicherungsarbeiten an den Ruinen durchgeführt.

Die Ruinen der dreiteiligen Anlage stehen auf einem Felssporn, der durch zwei bis zu 20 Meter tiefe Gräben in zwei freistehende Abschnitte unterteilt wurde. Das Baumaterial stammte zum Teil aus diesen Gräben, zum Teil auch von der Heidenmauer.

Die Burg Dreistein besteht eigentlich aus drei voneinander unabhängigen Komplexen, die jeweils ihren eigenen Eingang besaßen. Auf dem Westfelsen stehen zwei dieser drei Teilburgen. Dies ist vermutlich durch die Teilung einer Eigentümerfamilie in zwei Linien bedingt. Diese beiden Teile werden als Westburg und als Mittelburg bezeichnet. Die dritte Teilburg befindet sich auf dem Ostfelsen.

Der Zugang zur Westburg befand sich an deren Westseite. Das Tor ist heute zerstört. Von der Burg sind nur noch geringe Reste der Ringmauer erhalten, ebenso ein Wohnbau, der mindestens drei Geschosse besessen haben muss. Dessen Ostwand, die auch die Westburg von der Mittelburg trennte, fungierte als Schildmauer - die beiden Anlagen waren nicht miteinander verbunden. In der Südseite dieses Wohnbaus ist die fünf Meter breite Öffnung einer Fenstergruppe erhalten.

An der Nordost-Ecke der Burg steht ein Rundturm, der vom zweiten Obergeschoss des Wohnbaus aus zugänglich war. Heute kann der Turm durch einen Mauerausbruch von der Mittelburgseite aus betreten werden. Der Turm ist noch bis zu einer Höhe von etwa 12 Metern erhalten. In seinem Inneren sind Reste einer Wendeltreppe und eines Kuppelgewölbes zu erkennen.

Die Mittelburg kann anhand dürftiger stilistischer Merkmale grob ins 13. Jahrhundert datiert werden. Die Anlage wurde wahrscheinlich zusammen mit der Westburg in einem Zug errichtet, war aber nicht mit dieser verbunden. Nach Osten hin war sie durch eine Schildmauer geschützt, die heute noch bis zu einer Höhe von sechs Metern erhalten ist. In einem höher gelegenen, nördlichen Teil stand früher ein Wohnbau, von dem heute nur noch wenige Reste erhalten sind. Im niedriger gelegenen Teil der Burg stand ein zweites Gebäude, dessen Südwand noch bis zu einer Höhe von acht Metern erhalten ist.

Die Ostburg kann aufgrund auch hier dürftiger Stilmerkmale nur grob ins dritte Viertel des 13. Jahrhunderts datiert werden. Sie steht etwa 30 Meter von der Mittelburg entfernt und umfasst eine Unter- und eine Oberburg. Von der Oberburg steht nur noch der Westteil eines dreigeschossigen Wohnbaus aufrecht, der mit einer Breite von nur drei bis sechs Metern ziemlich schmal war. Dessen Untergeschoss war durch eine Querwand in zwei Räume geteilt, von denen der größere einen Kamin besaß. Ein zweiter Kamin befand sich im ersten Obergeschoss (man beachte den Abort an der Nordwand!). Im zweiten Obergeschoss sind noch die Nischen eines spitzbogigen Doppelfensters mit Maßwerkdekoration erhalten. Hier befand sich einst wohl ein Saal.

Der Wohnbau war nach Westen durch eine zwei Meter dicke Mauer, zur Bergseite hin durch einen Bergfried geschützt. Der Turm wurde vermutlich gesprengt, nur noch das Fundament ist vorhanden.


Zurück am Sattel machten wir noch einen Abstecher zur Grotte d'Etichon (666m), einer natürlichen Felsgrotte, die mit Herzog Eticho sicher nichts zu tun hat. Enttäuschend ist sie zudem.

Château de Dreistein - Grotte d'Etichon: 15 Min.

Eticho (um 645 - 682/700) war Herzog im Elsass und Vater der heiligen Odilia. Er war ein ziemlich brutaler Kerl, ließ unter anderem den Abt Germanus von Granfelden und dessen Begleiter Randoald ermorden. Seine blind geborene Tochter Odilia musste von ihrer Mutter Bereswinde (so ein schöner Name) ins Kloster von Baume-les-Dames übergeben werden.

Wir folgten nun dem gelben X, weiter entlang der Heidenmauer, hinauf zum Kloster Mont Sainte-Odile (763m).

Grotte d'Etichon - Kloster Mont Sainte-Odile: 20 Min.

Die heilige Odilia war die Tochter des unsymapthischen Herzogs Eticho. Sie wurde um 660 geboren, und kam, wie gesagt, blind zur Welt. Aus diesem Grund wollte Eticho sie töten lassen, ihre Mutter Bereswinde rettete sie aber, indem sie das Kind in ein Kloster gab. Als Odilia im Alter von zwölf Jahren getauft wurde, erlangte sie das Augenlicht. Sie kehrte zu ihren Eltern zurück, musste aber wieder vor ihrem Vater fliehen und sich in einer Höhle (entweder in Arlesheim bei Basel oder im Musbachtal bei Freiburg i. Br.) verbergen. Später versöhnten sie sich, er wurde seiner Gewalttaten reuig und schenkte ihr ein Besitztum auf der "Hohenburg" - dem späteren Odilienberg. Hier gründete sie 690 ein Kloster. Heute ist der Odilienberg der wichtigste Wallfahrtsort des Elsass. Odilia wird als Schutzpatronin des Elsass und des Augenlichtes verehrt. Eine Quelle am Odilienberg gilt als hilfreich bei Augenleiden.

Historisch bezeugt ist immerhin die Schenkung des Klosters Hohenburg durch Herzog Eticho an seine Tochter Odilia.   Das Kloster   wurde im 7. Jahrhundert errichtet und bis ins Mittelalter als Frauenkloster genutzt. Erst später wurde es nach der heiligen Odilia benannt. Bekannt ist vor allem die Äbtissin Herrad von Landsberg († 1195), die am Odilienberg die christliche Enzyklopädie Hortus Deliciarum verfasste. Später führten Prämonstratenser-Chorherren das Haus weiter, dann wurde das Kloster von Franziskanerinnen übernommen, heute lebt dort ein Konvent der Schwestern vom Heiligen Kreuz.

Von der im 12. Jahrhundert neu errichteten romanischen Klosteranlage haben sich leider nur wenige Reste erhalten. Dazu gehört die Kreuzkapelle und die Tränen- und Engelskapelle. Im Eingangsbereich steht noch ein Bildpfeiler aus dem 3. Viertel des 12. Jahrhunderts mit Darstellungen der Übergabe der Schenkungsurkunde durch Herzog Eticho an die hl. Odilia, der Klosterweihe durch die Äbtissinnen Relindis und Herrad und des hl. Bischofs Leodegar auf der Vorderseite.

Aber die Aussicht! Der Grand Wintersberg ist im Norden zu sehen, Straßburg, der Nordschwarzwald mit Battert und Hornisgrinde, der Schliffkopf, das Bühlertal, und weiter im Süden der Kandel, der Feldberg und der Belchen. Und ist das dort hinten der Odenwald? Im Odenwald, im Odenwald.... Herrlich! Das sollte man unbedingt genießen. 

Mit dem Kloster Mont Sainte-Odile hatten wir unser zweites Etappenziel erreicht.

Ob Jakob Lenz oder Georg Büchner jemals hier waren, ist zwar nicht bekannt, aber zumindest ein Besuch Büchners dürfte im Bereich des Wahrscheinlichen liegen. Büchner unternahm mit Freunden und Studienkollegen zahlreiche Wanderungen in die Umgebung Straßburgs und in die Vogesen. Die Studentenverbindung „Eugenia“, der er eng verbunden war, organisierte ebenfalls Ausflüge in die Vogesen. Hierzu gehört eine dreitägige Tour, die über die Pfingsttage des Jahres 1832 stattfand und die zum Odilienberg und zu dem Wasserfall bei Niedeck führte.

Unser Weiterweg am folgenden Tag, dem 20., sollte nun vom Mont Sainte-Odile über den Champ du Feu nach Waldersbach führen, Wohnort und Wirkungsstätte des Pädagogen, Sozialreformers und Philanthropen Johann Friedrich Oberlin, der genau 239 Jahre zuvor dem kranken Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz für einige Wochen Unterkunft und Hilfe gewährte.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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