Mystische Zyklopenmauern, uralte Hügelgräber, Quellheiligtümer: Die Heidenmauer auf dem Odilienberg


Publiziert von Nik Brückner , 31. Mai 2017 um 09:33. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum:25 Mai 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Aufstieg: 580 m
Abstieg: 580 m
Strecke:15km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Der Odilienberg ist durch mehrere Zufahrtsstraßen verkehrstechnisch gut erschlossen.
Unterkunftmöglichkeiten:Im Kloster, dazu zahlreiche mehr in den schönen Orten im Tal

Der Odilienberg erhebt sich in den Vogesen auf eine Höhe von 763m über der Oberrheinebene. Sein natürliches, bis zu 20 Metern hohes Felsplateau wurde vor Jahrtausenden mit der sogenannten „Heidenmauer“ befestigt, einer mehr als 10 km langen steinernen Schutzmauer, deren eindrucksvolle zyklopischen Reste bis heute zu sehen sind. Innerhalb dieser Mauer befindet sich auch das heutige Odilienkloster, in dem die Schutzpatronin des Elsass, die heilige Odilia, verehrt wird.

Bei unserer Tour auf den Spuren von Georg Büchner und Jakob Michael Reinhold Lenz kamen wir vor einigen Monaten hier vorbei (an Tag 2 und Tag 3), nun wollten die Waldelfe und ich dem gesamten Verlauf dieser vorgeschichtlichen Mauer folgen - und zusätzlich einige Highlights am Odilienberg einbauen.



Die Heidenmauer

Die ursprünglich drei bis fünf Meter hohe Mauer bestand aus schätzungsweise 300000 riesigen, grob behauenen Quadern von  60cm bis 1,50m Seitenlänge, die mit schwalbenschwanzförmigen Eichenholzklammern verbunden waren (s. Foto). Wer sie gebaut hat, ist unbekannt, ebenso wann sie entstand, aber ihr Zweck als Fliehburg ergibt sich auch dem Unkundigen auf den ersten Blick. Die Mauer verläuft um den gesamten oberen Teil des Bergs und nutzt dabei geschickt die natürlichen Felsbarrieren, die das Gipfelplateau umschließen. Sie umfasst damit einen unregelmäßigen Bereich, der von zwei kurzen Quermauern in drei Teile geteilt war: das mittlere, sowie das nördliche und das südliche Lager. Dem mittleren Lager schloss sich die Zitadelle an, ein auf unzugänglichen Felsen besonders exponierter und zusätzlich durch einen Halsgraben abgeschnürter Bereich, der der Verteidigung diente. Dort befinden sich heute die Klosterbauten. Diese Einteilung bot verschiedene Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten, was die Verteidigung der großen Anlage erheblich erleichterte.

Das Gebiet war schon in der Steinzeit besiedelt, vor allem zur Zeit der Urnenfelderkultur lebten hier sesshafte Bauern. Die Heidenmauer wurde lange für prähistorisch gehalten, einige Forscher datieren sie in die späte Bronzezeit (1200 bis 800 v. Chr.), andere in die Latènezeit um die Wende des 3. Jahrhunderts v. Chr., zu der viele Fliehburgen am Rhein entstanden sind, wieder andere vermuten ihre Entstehung ins dritte nachchristliche Jahrhundert, mit einer umfangreichen Wiederherstellung im 4. Jahrhundert. Jüngste Untersuchungen von einigen Eichenholzklammern datieren diese zweifelsfrei in das letzte Viertel des 7. oder das beginnende 8. Jahrhundert n. Chr., sie könnten aber auch aus einer Reparaturphase stammen: Die Römer hatten die Anlage übernommen und ausgebessert, ebenso später die Merowinger. Neue Forschungen sollen nun weitere Erkenntnisse zu Ursprung und militärischer, ziviler oder kultischer Funktion der Heidenmauer bringen.
 

Die Heidenmauer ist durch einen Wanderweg erschlossen (gelbes X). Wer ein Buch mitführt, kann sich an Ort und Stelle über die einzelnen archäologisch erschlossenen Stellen informieren.


Die Tour

Unsere Tour startete am Portal der Abbaye du Mont Sainte-Odile (763m). Unterwegs dorthin lief, passend, Mike Oldfields "Return to Ommadawn".

Das Kloster wurde im 7. Jahrhundert von Odilia, der Tochter eines fränkischen Herzogs, errichtet. Der Ort wurde bis ins Mittelalter als Frauenkloster genutzt und später nach der heiligen Odilia, der Klostergründerin und Schutzpatronin des Elsass, benannt. Weiteres dazu unten.

Aber die Aussicht! Der Grand Wintersberg ist im Norden zu sehen, Straßburg, der Nordschwarzwald mit Battert und Hornisgrinde, der Schliffkopf, das Bühlertal, und weiter im Süden der Kandel, der Feldberg und der Belchen. Und ist das dort hinten der Odenwald? Im Odenwald, im Odenwald.... Herrlich! Das sollte man unbedingt genießen.

Am Portal steht eine große Tafel, auf der sämtliche Wanderwege angeschrieben stehen. Es geht rechts einige Stufen hinunter, dann wendet sich das gelbe X rechtswärts. Man folgt den senkrechten Felsen, die auf dieser Seite des Bergs eine natürliche Barriere nach oben bilden. Entsprechend wurde das Plateau, auf dem heute das Kloster steht, zu früheren Zeiten als Zitadelle genutzt. Heute befindet sich in den Felswänden ein (leider ziemlich scheußlicher) Kreuzweg. Bald gelangt man zu einem deutlich erkennbar künstlichen Halsgraben, und damit in die vorchristliche Zeit.

Der Fossé artificiel ist ein künstlich in den Fels gehauener Halsgraben, der die Zitadelle der Anlage, also den Bereich, in dem sich heute das Kloster befindet, vom Rest abschnüren und separat sichern sollte. Der einzige Zugang zu dieser Zeit war das vorgeschichtliche Obere Tor. Später entstand unmittelbar daneben das Römertor, durch das einst die Römerstraße von Ottrott heraufführte, und durch das heute die moderne Zufahrtsstraße verläuft. An den Felsen sind bis heute rostige Metallbeschläge einer alten Verriegelung zu sehen.

Zurück auf dem gelben X geht es im Uhrzeigersinn weiter. Die nächste Station ist der Beckenfels, auf dem Bergrücken, etwas oberhalb der Mauer.

Der Beckenfels ist ein berühmter Felsen hier oben. Vermutlich heißt er so nach dem  Becken, das sich auf seinem Plateau gebildet hat (steter Tropfen.... oder geile Blutopfer der wilden Heiden? Wer weiß?).

Nicht weit entfernt (einige Meter südlich, kurz roter Balken/GR5) ist das Eyertor.

Das Eyertor befindet sich ebenfalls auf dem Bergrücken. Es wurde 1943 von F. Eyer entdeckt. Durch dieses Tor gelangte man vom mittleren ins südliche Lager. Die heutigen Ruinen stammen von einem römischen Kammertor.

Vorbei am Abri du Rocher du Panorama (788m), einer kleinen Holzhütte, ging es wieder hinunter zur Mauer. Am Rocher du Panorama (780m) nahmen wir den X-Weg wieder auf. Es geht nun direkt an der Mauer entlang, bergauf und bergab weiter zum Aussichtsfelsen Maennelstein (814m), von wo aus man das gesamte Oberrheintal überblicken kann.

Hier wendet sich die Mauer dann nach Westen. Bald gelangt man an den Schafstein (800m), einen natürlichen Felsüberhang, der von den Erbauern in die Mauer eingebunden wurde. Aussicht hat man hier leider keine, der Fels ist heute tief im Wald eingewachsen. Kurz darauf steht unterhalb der Mauer der Rocher du Wachstein (797m), ein natürlicher "Wachturm", der über einen Stich mit der Heidenmauer verbunden ist. Ein paar Schritte weiter kann man ein paar Meter rechts hinauf in den Wald zu einer Gedenkstätte (810m) wandern.

Hier stürzte am 20. Januar 1992 ein Airbus A320 der Air Inter ab. Dabei kamen 87 Menschen ums Leben, neun Personen überlebten das Unglück. Heute ist der Ort eine Gedenkstätte.

An der nächsten Ecke befindet sich die Grotte des Druides (790m) eine natürliche Grotte unterhalb der Heidenmauer - die leider, aber wenig überraschend nichts mit Druiden zu tun hat.

Wie viele der Felsen am Odilienberg ist auch hier einer den Hang hinunter und über zwei, drei andere gerutscht, wo er schließlich zum Stillstand kam.

Nach der "Druidengrotte" führt die Mauer bergab, hinunter zu einer der Zufahrtsstraßen des Klosters. Man überquert die Straße, und kurz darauf einen Hohlweg, der im Volksmund "Chemin des Gaulois" heißt, aber nichts mit den Galliern zu tun hat. Dann stößt man auf die Überreste des Zumstein-Tors.

Das Zumstein-Tor wurde nach seinem Entdecker Hans Zumstein benannt, wird aber auch "Porte de Barr" genannt. Auch dieses ist ein Kammertor, und auch dieses geht auf den Wiederaufbau der Mauer durch die Römer zurück.

Ein Schild weist von hier aus zu den nur wenige Meter entfernten Tumuli.

Zwei offene Hügelgräber (lat. Tumuli) sind hier zu sehen. Man erkennt noch die hochkant gestellten Steinplatten, zwischen denen die Leiche lag. Darüber waren einst Erde und Steine zu einem Hügel aufgehäuft worden. Die Gräber stammen aus der Merowingerzeit, begraben wurden hier wohl Angehörige des Klosters oder Mitglieder der Herzogsfamilie.

Zurück am Zumstein-Tor führt das gelbe X nun weiter nach Norden. Gleich darauf schwenkt die Mauer nach rechts. Man gelangt an den unteren Parkplatz des Klosters. Ein kurzer Abstecher führt oberhalb der Straße zum Johannisbrunnen (740m).

Die Fontaine Saint-Jean war einst vielleicht die einzige Quelle innerhalb der Heidenmauer. Wenn dem so war, hat es sicherlich Zisternen auf dem Berg gegeben, der Archäologe Robert Forrer hat eine auf der Bloss entdeckt. Wie viele heidnische Stätten wurde der Brunnen in christlicher Zeit Johannes dem Täufer geweiht.

Das gelbe X führt über den unteren Parkplatz und wieder in den Wald hinein. Bald gelangt man wieder an die Mauer und folgt dieser nun zum Forrerfelsen.

Der Rocher Forrer wurde nach dem Archäologen Robert Forrer benannt, der ihn entdeckt hat. Der Felsen ist für die Entstehung der Mauer von großer Bedeutung, da man hier Mauersteine gebrochen hat. Bis heute sind hier Sprengrinnen zu erkennen, und was aussieht wie Treppenstufen, blieb beim Heraussägen der Mauersteine zurück.

Es geht weiter entlang der Mauer zum so genannten Felsentor.

An der nächsten Ecke der Mauer befindet sich diese "Felsentor" ("Porte des Roches") genannte Stelle. Unter einem großen Brocken ist ein Teil des Bodens den steilen Hang hinunter abgebrochen. Nach einem planvoll angelegten Tor sieht das nicht aus, aber man liest das immer mal wieder.

Ein echtes Tor ist dagegen das Köberle-Tor (620m).

Die Porte Koeberle wurde 1870 von ebendiesem entdeckt. Der schmale Durchlass war wohl eher eine Ausfallpforte, lang nicht so aufwändig ausgebaut wie die anderen Tore. Vielleicht ist es aber auch nur das älteste (und deshalb einfachste) der Heidenmauertore. In dem noch aufrecht stehenden Torpfosten befindet sich eine Höhlung, die vielleicht der Verriegelung diente. Draußen vor der Mauer liegt der mächtige Türsturz.

Die nächste Station an der Mauer ist der Waldsberg, eine mächtige Felsbastion an ihrem nördlichsten Punkt. Hier stand einst das Hagelschloss (590m). An einem mit dem Wort "Danger" beschrifteten Baum vorbei kann man den Burgfelsen ersteigen.

Die dürftigen Reste, die hier im Wald zu erkennen sind, stammen vom Château de Hagelschloss, einer Anlage des 12./13. Jahrhunderts, die zum Teil aus Steinen der Heidenmauer errichtet wurde. Die zweiteilige Anlage gehört wie Landsberg und Dreistein zu einer Gruppe von insgesamt neun Burgen rund um den Odilienberg, die die staufischen Besitzungen am Berg schützen sollten. Der ursprüngliche Name der Burg lautete "Waldsberg"  - doch er geriet über die Jahrhunderte in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert konnte man die im Volksmund inzwischen "Hagelschloss" genannte Ruine mit der urkundlich belegten Burg Waldsberg identifizieren.

Das Hagelschloss steht als Spornburg auf einem Buntsandsteinfelsen hoch über dem Hageltal. Die Anlage kann ins späte 12. Jahrhundert datiert werden, und dürfte damit etwa gleichzeitig mit der Burg Landsberg von staufischen Ministerialen errichtet worden sein. 1256 ist ein Rüdiger von Waldisberc genannt, und damit implizit auch die Burg. Vielleicht schon 1260/62, auf jeden Fall aber 1359 gehörte Waldsberg den miteinander verwandten Familien Beger und Murnhart. Um 1400 besaßen dann die Famililen Rathsamhausen und Erbe je eine Hälfte der Burg. Walter Erbe, der heftige Streitereien mit den Straßburgern hatte, überfiel 1405 Vertreter der Stadt und hielt sie auf Burg Waldsberg fest. Daraufhin eroberten die Straßburger die Burg, und zerstörten sie. Die Ruine wurde danach nicht wieder aufgebaut. Heute befindet sie sich in Privatbesitz.

Vom Hagelschloss steht leider nicht mehr viel aufrecht. Zu erkennen ist noch, dass sie einst aus zwei selbstständigen Anlagen bestand: Ein erster Halsgraben trennt die eine Teilanlage vom Bergmassiv. Über eine Rampe war der Eingang zu erreichen. Hier steht noch ein Mauerrest aus dem späten 13. oder frühen 14. Jahrhundert. Abgesehen davon ist von der Ringmauer dieser Teilanlage wenig erhalten.

Ein weiterer, breiter Graben trennt schließlich die erste Teilanlage von der Hauptburg. Auf der Ostseite, unter der Spitze des Felssporns, vermittelt eine Vorburg den Zugang zur Hauptburg. Hier stand hinter einer Ringmauer des späten 12. Jahrhunderts einst ein langgestreckter Wohnbau.

Auch von der Hauptburg ist nicht mehr viel zu sehen. Umso imposanter ist aber ein hoher Mauerbogen, der eine Felsspalte überbrückt. Den man aber besser nicht überschreitet. Oder vielleicht doch? Angeblich locken einen böse Geister in den tiefen Abgrund...


Direkt oberhalb des Hagelschlosses ist die Mauer eine Zeit lang nicht mehr zu erkennen. Es geht nach Südosten, hinauf zum Nordtor (670m), das auch Stollbergtor genannt wird.

Die Porte Stollberg führt hinaus zum Hohenburgerberg und zum Elsberg. Vielleicht steht es in Verbindung mit einer kleinen Bastion auf den Koepfel, vielleicht aber besteht auch eine Verbindung zu einer Viehtränke außerhalb der schützenden Mauern.

An dieser Stelle verließen wir kurz die Mauer, um den Hohenburgerberg (720m) und das Feenplateau zu besuchen - für die Waldelfe ein Muss! Von hier aus hat man eine tolle Aussicht auf das Kloster. Das gelbe Dreieck führt über den Bergrücken, zurück zur Mauer wandert man am schönsten auf dem Sentier des Merveilles, vorbei an den wilden Rochers des Géants (710m) und vielen geschnitzten Tierfiguren, die hier im Wald stehen. Bald gelangt man wieder zur Heidenmauer, und kurz darauf steht man unterhalb der Etichogrotte (Grotte d'Etichon, 666m!).

Eticho (um 645 - 682/700) war Herzog im Elsass und Vater der heiligen Odilia. Er war ein ziemlich brutaler Kerl, ließ unter anderem den Abt Germanus von Granfelden und dessen Begleiter Randoald ermorden. Seine blind geborene Tochter Odilia wurde von ihm verstoßen und musste von ihrer Mutter Bereswinde (so ein schöner Name) ins Kloster von Baume-les-Dames übergeben werden. Angeblich zog sich Eticho später als Einsiedler hierher zurück, um seine zahlreichen Sünden zu büßen.

Vorbei am Felsen "Stollhafen" (670m) überquert man bald die Trasse der (nicht mehr sichtbaren) Römerstraße, die von Ottrott heraufkam.

Es ist diese Straße, die weiter oben durch das bereits erwähnte Römertor führte. Heute ist sie zugestrüppt, aber lange Zeit kamen hier die Pilger zur heiligen Odilia herauf.

Auf der anderen Seite des Tobels ist die Heidenmauer wieder zu sehen. Es geht nun zügig hinauf zum Kloster, das wir nun unten östlich umrundeten. Die senkrechten Felswände sind eindrucksvoll, und es wird klar, warum dieser Teil des Bergs einst als Zitadelle genutzt wurde.

Die Heidenmauer war damit abgelaufen, unsere Tour war aber noch nicht beendet. Wir wollten noch die Wunderquelle der heiligen Odilia und die Ruine des Klosters Niedermünster besuchen. Beide liegen weit unten auf der Ostseite des Odilienbergs. Zunächst aber legten wir ein Päuschen im Klosterhof ein. Und natürlich erinnerten wir uns an das im Januar gesammelte Wissen über die heilige Odilia...:

Die heilige Odilia war die Tochter des unsymapthischen Herzogs Eticho. Sie wurde um 660 geboren, und kam, wie gesagt, blind zur Welt. Aus diesem Grund wollte Eticho sie töten lassen, ihre Mutter Bereswinde rettete sie aber, indem sie das Kind in ein Kloster gab. Als Odilia im Alter von zwölf Jahren getauft wurde, erlangte sie das Augenlicht. Sie kehrte zu ihren Eltern zurück, musste aber wieder vor ihrem Vater fliehen und sich in einer Höhle (entweder in Arlesheim bei Basel oder im Musbachtal bei Freiburg i. Br.) verbergen. Später versöhnten sie sich, er wurde seiner Gewalttaten reuig und schenkte ihr ein Besitztum auf der "Hohenburg" - dem späteren Odilienberg. Hier gründete sie 690 ein Kloster. Heute ist der Odilienberg der wichtigste Wallfahrtsort des Elsass. Odilia wird als Schutzpatronin des Elsass und des Augenlichtes verehrt. Die erwähnte Quelle auf der Ostseite des Odilienbergs gilt als hilfreich bei Augenleiden.

Historisch bezeugt ist immerhin die Schenkung des Klosters Hohenburg durch Herzog Eticho an seine Tochter Odilia. Das Kloster wurde im 7. Jahrhundert errichtet und bis ins Mittelalter als Frauenkloster genutzt. Erst später wurde es nach der heiligen Odilia benannt. Bekannt ist vor allem die Äbtissin Herrad von Landsberg († 1195), die am Odilienberg die christliche Enzyklopädie "Hortus Deliciarum" verfasste. Später führten Prämonstratenser-Chorherren das Haus weiter, dann wurde das Kloster von Franziskanerinnen übernommen, heute lebt dort ein Konvent der Schwestern vom Heiligen Kreuz.

Von der im 12. Jahrhundert neu errichteten romanischen Klosteranlage haben sich leider nur wenige Reste erhalten. Dazu gehört die Kreuzkapelle und die Tränen- und Engelskapelle. Im Eingangsbereich steht noch ein Bildpfeiler aus dem 3. Viertel des 12. Jahrhunderts mit Darstellungen der Übergabe der Schenkungsurkunde durch Herzog Eticho an Odilia, der Klosterweihe durch die Äbtissinnen Relindis und Herrad und des hl. Bischofs Leodegar auf der Vorderseite.


Also weiter auf den Spuren der heiligen Odilia! Wir folgten ihr von dem Punkt an, an dem unsere Tour begonnen hatte, dem gelben Dreieck bergab. Nach wenigen Minuten gelangt man zur Fontaine Sainte-Odile.

Im Hang unterhalb des Klosters entspringt in einer Felsgrotte eine Quelle, deren Ursprung auf die heilige Odilia zurückgehen soll. Der Legende nach begegnete sie hier einem Leprakranken, der an dieser Stelle erschöpft ruhte. Um ihn mit ein wenig Wasser zu erfrischen, schlug sie mit einem Stab gegen den Felsen, woraufhin sich dieser öffnete und eine Quelle preisgab. Dem Wasser dieser Quelle wird bis heute nachgesagt, es könne Augenerkrankungen heilen.

Gelbes Dreieck und gelber Punkt führen nun, etwas umständlich, zu den eindrucksvollen Ruinen der Abtei Niedermünster weiter unten im Tal (502m).

Das ehemalige Benediktinerinnenkloster Niedermünster geht auf ein Krankenhospiz zurück, das Odilia zwischen 700 und 710 hier gegründet haben soll. Später wurde dieses Hospiz unter der Leitung einer Nichte von Odilia, der heiligen Gundelinde, zum Kloster ausgebaut. Bis 1017 war es ein Tochterkloster der Abtei Hohenburg (Odilienberg), dann wurde die Unabhängigkeit durch die freie Wahl der Äbtissin und eines Vogtes garantiert. Im 14. Jahrhundert schwand die Bedeutung Niedermünsters. Als 1542 die Abteigebäude niederbrannten, wurden sie nicht wieder aufgebaut.

Das Wappen des Klosters zeigt ein Kamel mit einem Kreuz. Dieses Wappen geht auf eine (leider ziemlich generische) Gründungslegende zurück, nach der Hugo von Tours eine Kreuzreliquie von Karl dem Großen geschenkt bekommen hatte, für die er ein kostbares kreuzförmiges Reliquiar anfertigen ließ. Um einen würdigen Ort dafür zu finden, lud er es einem Kamel auf. An der Stelle, an der das Tier Halt machte, gründete er das Kloster Niedermünster. Bis heute kennt jedes Kind die berühmten elsässischen Kame- .... äh, nein.

Von den Klostergebäuden sind nur noch Ruinen erhalten, die jedoch eine gute Vostellung davon vermitteln, wie es hier einst ausgesehen haben mag. Zwischen 1160 und 1180 wurde eine dreischiffige kreuzgratgewölbte Basilika errichtet. Den Westabschluss bildete eine Doppelturmfassade mit Vorhalle. Im Langhaus wechselten sich Kreuzpfeiler mit Säulen ab. Stilistisch besteht eine enge Verwandtschaft zur nahegelegenen Kirche St. Peter und Paul in Rosheim.


Wenige hundert Meter talabwärts befindet sich am Dachsbach das einschiffige, mit einem Chorturm ausgestattete, romanische Saalkirchlein Chapelle Saint-Nicolas (490m), das aus der zweiten Hälfte des 12. Jh. stammt und im 19. Jahrhundert von Emile Boeswillwald wiederaufgebaut wurde.

Von der schönen und einsam gelegenen Kapelle aus ging es dann wieder hinauf, nochmal an der Fontaine Sainte-Odile vorbei, zum Kloster du Mont Sainte-Odile (763m), wo wir die wunderschöne und hochinteressante Wanderung gediegen ausklingen ließen.


Fazit:

Eine historisch hochinteressante Tour, die zusätzlich für uns beide schöne Erinnerungen an die klirrend kalten Januartage weckte, an denen wir, auf den Spuren von Büchner und Lenz wandelnd, hier vorbeikamen. Die zyklopischen Reste der Mauer sind mehr als beeindruckend, und die Atmosphäre an diesem urtümlichen Steinring ist mit keiner der anderen Anlagen am Oberrhein vergleichbar, die ich kenne. Besonders im Mai, wenn's warm ist....

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»