Girenspitz Nordostwand - Grüner Geier und Bocksweg


Publiziert von jfk , 14. Mai 2014 um 00:07.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:10 Mai 2014
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: S-
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-AI   CH-SG 
Aufstieg: 1560 m
Abstieg: 1560 m
Strecke:17.5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Wildhaus, Post
Unterkunftmöglichkeiten:Zwinglipasshütte SAC
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Der Girenspitz - Matterhornvorlage und Traumgipfel ambitionierter Alpinwanderer und Kletterer. Von fast allen Seiten wurde dieser Gipfel in der ersten Hälfte des letzten Jarhunderts erstiegen. Heute werden nur noch der *Ostgrat und die *Toblerone ab und zu begangen. Alle anderen Routen werden kaum mehr gemacht oder sind gar komplett in Vergessenheit geraten. Zusammen mit 560 wollte ich nun eine dieser Routen wiederentdecken. Die Nordostwand schien uns am geeignetsten für diesen Zweck. Natürlich gab es dazu weder in der Führerliteratur noch im Netz irgendwelche Informationen zu finden und so mussten wir die Route halt selbst erkunden. Eine erste Reko meinerseits im Rahmen *dieser Tour zeigte, dass zumindest der untere Wandteil problemlos zu Bezwingen sein müsste. Zum oberen Teil gab es aber noch ein paar Fragezeichen. Als mir dann 560 letzten Montag nach seiner Feierabendtour über den Ostgrat bestätigte, dass der fragliche Abschnitt wohl tatsächlich über den von mir entdeckten Graskamin zu durchsteigen sei und notfalls auch eine Querung auf den Ostgrat möglich sein müsste, gab es kein Halten mehr und wir machten uns an diesem Samstag auf, das Projekt zu verwirklichen.

Der altbekannte Weg von Wildhaus auf die Chreialp ist schnell zurückgelegt und so stehen wir schon bald am Einstieg. Hier trennen wir uns von Jenny, die während unserer Kletterei im Gebiet der Chreialp eine kleine Rundtour machen will. Ich gebe ihr meine Kamera mit, damit sie unterwegs das ein oder andere Foto von uns in der Wand machen kann.

Der untere Wandteil stellt uns wie erwartet vor keine grösseren Probleme und wir erreichen bald die steilsten Wandpassagen. Zu unserer Überraschung lässt sich hier ein solider Stand einrichten. Da Damian im Vorstieg zwar auf anspruchsvolles aber von uns beiden sicher beherrschtes Gelände trifft und mit Keilen und Friends solide Zwischensicherungen legen kann, klettern wir aber schon bald mit Tibloc gemeinsam am laufenden Seil. Das gesicherte und ausgesetzte Steil(st)grasklettern ist ein absoluter Genuss und so lässt uns die Freude auf dem Gipfel so laut  Juchzen, dass man es wohl im ganzen Alpstein hört. Ein Jungadler der dabei über unseren Köpfen schwebt lässt sich davon allerdings nicht beeindrucken. 

Nach längerer Gipfelrast machen wir uns über den Ostgrat an den Abstieg. Wir wollen eine neue Abstiegsvariante ausprobieren und steigen so nach dem ersten Gratdrittel über einen schwach ausgeprägten und brüchigen Steinbockspfad in die Nordostwand, wo wir unterhalb der oberen Steilpassagen wieder unsere Aufstiegsroute erreichen. Dieser folgen wir aus der Wand und so können wir mit Jenny, die unterdessen per Zufall eine JO-Kollegin von Damian getroffen hat, schon bald auf der Zwinglipasshütte auf unsere Tour anstossen.

Vor dem Abstieg nach Wildhaus überschreiten wir noch Chreialpfirst, Roselenfirst und Mutschen. Auf eine Besteigung des Gätterifirsts müssen wir dann leider wegen einsetzendem Regen verzichten - aber das tut nach dieser grossartigen Tour nichts zur Sache.

Da wir über beide von uns begangenen Routen keinerlei Informationen fanden, auf beiden mit ziemlicher Sicherheit seit Jahrzehnten niemand mehr unterwegs war oder diese teilweise evtl. sogar Erstbegehungen waren und wir finden, dass eine so schöne Steilgrasroute einen Namen verdient, haben wir sie auf den Namen Grüner Geier (Gir = Geier) und die Abstiegsvariante nach den "Erstbegehern" Bocksweg getauft.   

Routen Girenspitz NO-Wand: Auf markiertem Wanderweg via Flürentobel, Teselalp und die Schnüer auf die Chreialp (T2). Man folgt dem Weg weiter bis Schere (ca. 1900 Meter), wo man ihn verlässt und nordwestlich querend zum Fuss der Nordostwand gelangt (T3).

Grüner Geier: Ein markantes Couloir vermittelt die einzige Möglichkeit den unteren Wandteil zu bezwingen. Zuerst in diesem und später in den linken Begrenzungsfelsen durchsteigt man diesen Abschnitt und gelangt auf eine breite Schulter, die das Ende eines schwach ausgeprägten, stumpfen Sporns bildet (T6) (Foto). Auf diesem immer steiler weiter, bis er sich langsam in der Wand verliert und man unter einer äusserst steilen Grasrampe steht. Hier hat man die Möglichkeit an einem für Girenspitzverhältnisse soliden Zacken linkerhand einen Stand einzurichten (T5/T6) (Foto). Über die Rampe (Foto) bis es fast nicht mehr weiter geht. Hier ein paar Querschritte in einen über kurze Passagen fast senkrechten Graskamin. Diesen durchsteigt man und gelangt anschliessend über eine letzte, steile Wiese zum Gipfelbuch auf dem Vorgipfel (T6+(S-)) (Foto). Wer noch nicht genug hat, kann noch über einen schmalen Grat zum Hauptgipfel balancieren.
Der Grüne Geier entspricht mit seinem stark grasigen Charakter nicht mehr dem heutigen Zeitgeist und so ist es nicht verwunderlich, dass die Route komplett in Vergessenheit geraten ist. Der abenteuerliche Steilgrasfreund findet hier aber ein wahres Eldorado. Der Girenspitz ist ein brüchiger Berg und das zeigt sich auch in der Nordostwand. Wenn man aber die Tritte, Griffe und Sicherungsmöglichkeiten sorgfältig prüft, ist das kein grösseres Problem. Auch von erhöhter Steinschlaggefahr muss deswegen nicht ausgegangen werden.

Bocksweg: Vom Vorgipfel steigt man über den ersten Drittel des Ostgrates ab (T6). Ein schwach ausgeprägter Wildwechsel bietet danach die erste (und einzige?) Möglichkeit horizontal in die Nordostwand zu queren. Diese Möglichkeit nutzt man und gelangt so unterhalb der steilen Grasrampe auf den Grünen Geier (T6+, brüchig). Weiterer Abstieg über diesen bis zum Wandfuss.
Der Bocksweg bietet zusammen mit der Abseilerei über die Toblerone den schnellsten Abstieg vom Girenspitz. Von den Schwierigkeiten bewegt er sich im gleichen Rahmen wie der komplette Ostgrat, ist aber wegen des brüchigen Gesteins im Wildwechsel kurz etwas heikel. In Kombination mit der Normalroute bietet er die einfachste Art diesen formschönen Gipfel ohne Abzuseilen zu überschreiten. 

-->TOPO GIRENSPITZ NO-WAND I
-->TOPO GIRENSPITZ NO-WAND II


Material: 
  • Normale Hochtourenausrüstung (Steigeisen, Pickel, Helm, Schlingen etc. - evtl. ein Eisgerät statt Pickel)
  • 2-3 kleine Friends
  • 2-3 kleine Keile
  • 50m Halbseil (so im Grünen Geier eine SL vom Standplatz bis zum Gipfel & danach Abseilen über *Toblerone möglich)

Tourengänger: damiangoeldi.ch, jfk


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Kommentare (21)


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Alpinist hat gesagt:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 08:19
Super Tour, Gratuliere, sehr gut Beschrieben.

Gruess

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 13:10
Danke der ond Gruess zrogg! Esch wörkli es geils Tüürli.

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 09:45
Hui! Ganz schön krass :-)

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 13:12
Zum Glück kann in der Schlüsselstelle ja gesichert werden ;)

Nic hat gesagt:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 11:14
Gratuliere! Feine Tour. Muss endlich auch mal in die Schweiz. Die Berge und Routen sehen toll aus. Allerdings auch ziemlich luftig. :-)

VG

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 13:15
Ein Besuch in der Schweiz und lohnt sich immer! Es sind allerdings nicht alle Berge so luftig wie der Girenspitz.

Grüsse aus CH

TeamMoomin hat gesagt: Also
Gesendet am 14. Mai 2014 um 12:49
was Ihr zwei da so in letzter Zeit macht, da kann ein Amatuerberggänger wie ich nur noch staunen. Super Bericht tolle Bilder und wahsinns Tour. Freue mich sehr über die tollen Berichte von euch vorallem die aus dem Alpstein, auch wenn diese Routen sicherlich nie zu meinem Beuteschema gehören werden, Klasse!

Merci und Lg

Oli und Moomin

jfk hat gesagt: RE:Also
Gesendet am 14. Mai 2014 um 13:24
Merci Oli. Auch wenn 560 und ich ebenfalls noch ganz klar zur Amateurfraktion zählen. Wir bewegen uns meistens nur etwas abseits von Modegipfeln und Touristenpfaden. Wie ich gesehen habe gehört ja der Girenspitz ebenfalls zu deinen Projekten?

TeamMoomin hat gesagt: RE:Also
Gesendet am 14. Mai 2014 um 21:25
Ja ich möchte irgendwann auch noch auf diesen tollen Gipfel, werde es aber über die "Normalroute" machen, das reicht mir vom Schwierigkeitsgrat und der Luftigkeit.

Hampi hat gesagt:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 13:40
Vielen Dank für die tolle Beschreibung. Ich habe den Girenspitz schon länger im Visier (gehört ja auch zu den "Höhepunkten" im Alpstein) und habe dabei auch eine "neue" Route in Planung. Mit eurer Beschreibung habt ihr mir sehr geholfen.
Liebe Grüsse
Hampi

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Mai 2014 um 13:54
Etwa der Nordgrat? Falls du da noch Infos brauchst, wüsste 560 evtl. weiter. Der hat die Route mit einem Kollegen einmal im Winter versucht, ist aber schon kurz nach dem Einstieg gescheitert. Vor allem der Gipfelaufschwung sieht recht übel aus und ist wohl brüchige Kletterei im V.Grad. Wir wollen uns das Ding vielleicht im Herbst noch einmal genauer ansehen.

Bin auf jeden Fall gespannt auf deinen Bericht (hoffentlich) zur neuen Route!¨

ä Gruess, Jonas

ossi hat gesagt: Grossartig
Gesendet am 14. Mai 2014 um 21:00
Etwas vom Allerbesten, was ich je gesehen habe auf hikr!

Dolmar hat gesagt: Aber Hallo
Gesendet am 14. Mai 2014 um 21:11
Gratuliere zur gelungenen Umsetzung.
sicherlich nicht jedermanns Sache.
Ziehe den Hut vor Euch.
Gruß
Dolmar

jfk hat gesagt: RE:Aber Hallo
Gesendet am 15. Mai 2014 um 10:45
Merci Markus. Und ja, da würde bestimmt nicht jeder hoch. Man muss wohl etwas verrückt sein um solche Route zu mögen. G. Jonas

Alpin_Rise hat gesagt: Welch ein Highlight!
Gesendet am 14. Mai 2014 um 22:31
2 schöne Linien, die ihre Namen verdienen! Da steckt einiges dahinter - danke dass ihr uns in dem Topbericht miterleben lässt.
Eine andere Steinbockrallie wäre der Südwestgrat - wir sahen einen Steinbock dort hinunterrasen.
G, Rise

G, Rise

jfk hat gesagt: Rise is back
Gesendet am 15. Mai 2014 um 11:05
Hey Rise, hoffe du hattest eine tolle Zeit in SA!

Der Südwestgrat ist dann schon noch ein ganz anderes Kaliber. Hatte in der Moor SO-Flanke beste Gelegenheit diese Route zu studieren. Sieht nach einer satten IV bis V aus und wer den Geier kennt, ahnt, dass da wohl der ein oder ander rolling stone unterwegs ist. Solche Routen überlasse ich vorläufig lieber noch den wahren Profis wie dir oder eben den Steinböcken ;-). LG

Felix hat gesagt:
Gesendet am 16. Mai 2014 um 10:01
"grauslich" - doch gewaltig; gratuliere!

lg Felix

pboehi hat gesagt: Danke für diese Variante
Gesendet am 15. Juni 2014 um 19:48
Vielen Dank für die Beschreibung für diese Variante, ich habe diese gleich mal ausprobiert und als Ausgangspunkt für eine anschliessende Tour genommen, ging danke trittfestem Schneefeld ohne Probleme. Das (neue) Gipfelbuch war klatschnass, die Gamelle sollte mal anders montiert werden, sie steht auf dem Kopf und lässt das Wasser eindringen.

jfk hat gesagt: RE:Danke für diese Variante
Gesendet am 17. Juni 2014 um 13:47
Gern geschehen! Welche Route hast du gemacht, den Grünen Geier oder den Bocksweg? Was meinst du zu unserer Bewertung?

LG, Jonas

pboehi hat gesagt: RE:Danke für diese Variante
Gesendet am 17. Juni 2014 um 18:01
Wir haben den "Grünen Geier" im Aufstieg gemacht, das ging erstaunlich problemlos, T6 darf man aufgrund der Steilheit ruhig geben (das gilt ja auch für den Ostgrat).

damiangoeldi.ch hat gesagt: RE:Danke für diese Variante
Gesendet am 1. Juli 2014 um 19:00
also wenn man beachtet das der Ostgrat vom Girenspitz mit T6 zT auch mit T6+ bewertet wirt und diesen dann mit dem "Grünen Geier" vergleicht kann man sicher nicht mehr behaupten das es sich ebenfalls um T6 gelände handelt. den müsste meiner meinung nach der Ostgrat T4-T5 sein um dem "Grünen Geier" ein T6 zu geben!!! also manchmal frage ich mich schon wiso das alles einfach T6 ist sobald T5 zu milde ist... also aus meiner sicht ist der ostgrat um einiges einfacher zu bewältigen wie der "Grüne Geier"


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