Pfaffenschneide (3498 m) - unterwegs im Hochstubai
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Was macht der findige Bergsteiger, wenn der höchste Berg völlig überlaufen ist, er das Gipfelerlebnis aber gerne alleine genießen möchte? Klar, er steigt auf den zweithöchsten Berg! So einfach ist das in einem vergletscherten Gebiet wie dem Hochstubai aber nicht. Nun bringt die Klimaerwärmung ja allerhand Ärger mit sich von dahinschmelzenden Eisbären bis hin zu spanischen Sanddünensurfern, aber wenn der Gletscher nun mal weg ist, dann ist er weg. Dann kann man da, wo er war, auch ohne Seil und doppelten Boden gehen. Alleine. Und ohne Eisbären. Im konkreten Fall bedeutet das Folgendes: Alleine auf die Pfaffenschneide? Klar, das geht!
Start an der Schranke der Versorgungsstraße, die von Sölden ins Windachtal führt. Mit dem Radl geht's auf der breiten Straße knackig bergauf, nach der Abzweigung zur Kleblealm wieder ein kleines Stück bergab und dann ziemlich eben an Lochlealm und Fieglhaus vorbei ins Tal hinein. Am Abzweig zur Hildesheimer Hütte ist das Radldepot erreicht und auch die Hämorrhoiden geben wieder Frieden.
Durch begrüntes Gletscherschliffgelände steigt der stets gut ausgetretene Steig in zahlreichen Kehren immer mehr oder weniger in der Trasse der Materialseilbahn an, bis die Hildesheimer Hütte erreicht ist. Die Gletscher des Hochstubai präsentieren sich hier immer noch eindrucksvoll und auch von schmelzenden Eisbären keine Spur.
Was ist ein glühender Alpinist ohne Gipfelerlebnis? Richtig, ein ausgebrannter Alpinist. Deswegen geht's nach dem Abendessen - pardon, nach dem Verkonsumieren der dreigängigen Halbpension - noch schnell auf den Schußgrubenkogel. Dass sich empfindliche Nasen im Sanitärbereich der Hütte entfernt an den Namen des Berges erinnert fühlen mögen, ist wohl Zufall, aber leider keine Einbildung. Man beachte schließlich die genaue Schreibweise! Auf dem Steig in Richtung Gaißkarferner geht's versichert auf den Rücken, der den Gletscher südlich begrenzt. Der begeisterte Betrachter sommerlicher Skigebiete kann sich hier an Seilbahnmasten, planierten Gletscherflächen, plasikverhüllten Schneehaufen und sonstigen wunderbaren Errungenschaften unserer großarigen Zivilisation erfreuen. Der Steig endet und führt als planierte Trasse über den Gletscher in Richtung Dresdner Hütte, auch eine herzerfrischende Destination für Skigebietswanderer.
Wer auf den Schußgrubenkogel will, bleibt am Rücken und folgt ihm bergauf, bis dieser einen Knick nach Süden macht. Meist ganz oben, ein Mal kurz nach links ausweichend, wird bald der Vorgipfel erreicht (bis I). Der Abstecher zum Gipfelkreuz (mit -buch) ist dann nur noch ein Katzensprung (I). Wie schade, dass man das Söldener Skigebiet von dort oben nicht sehen kann! Aber ein toller Sonnenuntergang mit einer hell erleuchteten Pfaffenschneide entschädigt wenigstens die Puristen. Auf dem Anstiegsweg geht's zurück zur Hütte.
Früh morgens geht's dann bestens ausgeschlafen und wohlgelaunt in einen neuen Tag. Dass man nachts das Lager mit geschätzten 30 Bergfreunden aus aller Herren Länder geteilt hat, macht ja nichts, die Verständigung fällt nachts leichter. Schnarchen schmelzende Eisbären eigentlich auch?!? Jedenfalls geht nichts über ein gutes Frühstück und nach den zwei gereichten Scheiben Brot darf der Verdauungsspaziergang auch ein wenig ausführlicher sein. Also auf zur Pfaffenschneide! Hinunter zum See, der der Hütte als Trinkwasserreservoir dient und auf dem Steig - versichert eine plattige Felsflanke querend - hinunter zum Bach, der den Gaißkarferner entwässert. Das Wasser ist arg kalt und so überlässt man ein morgendliches Bad besser den Eisbären. Die gute Nachricht: eine Holzbrücke ermöglicht die Überquerung des Bachs auf unproblematische Art und Weise. Der Steig leitet nun wieder aufwärts und durch Schutt und Geröll an den Beginn des Pfaffenferners.
Die schlechte Nachricht für den Einzelgänger: Der Gletscher ist noch da. Die gute Nachricht: Daneben kann man mittlerweile im Blockwerk ansteigen. Also entweder auf dem Gletscher (Achtung Spalten, Eisbären werden hingegen nur sehr selten gesehen) oder mühsam daneben im Blockwerk hinauf zum Pfaffenjoch, wo meist ein unangenehmer Wind bläst.
Der Plan ist klar: am Grat weiter nach Südosten, über den Pfaffenkogel zur Pfaffenschneide. An der Umsetzung hakt es aber zunächst, denn es stellen sich glatte Platten in den Weg. Tja, die Klimaerwärmung... es hilft alles nichts, links des Grats geht es am äußersten Gletscherrand - genau auf die Randkluft achtend - unter den Felsen entlang, bis man den Grat ohne Schwierigkeiten betreten kann. Dann ist man auch schon bald am Pfaffenkogel angekommen.
Weiter über Blockgelände ohne Schwierigkeiten hinauf zum Vorgipfel der Pfaffenschneide. Einen Aufschwung problemlos rechts (südseitig) umgehend, an den Gipfelaufbau heran. Dieser kann zwar direkt erklettert werden (III), eine nordseitige Umgehung (I) ist aber zweckmäßig. Und schon steht man oben auf der Pfaffenschneide... was für eine Aussicht... also zumindest, wenn nicht der Nebel wäre, der die Sichtweite auf knapp fünf Meter reduziert. Ob die Stirnlampe auch als Nebelscheinwerfer taugt?!? Die Erleuchtung lässt auf sich warten und bevor die Gletscher in der Zwischenzeit restlos schmelzen, geht's wieder hinunter. Bei besserem Wetter hätte man am Grat weiter zum Zuckerhütl steigen können, wo zwar weniger die Eisbären, als vielmehr die anderen Bergsteiger aus dem Nachtlager weilen.
Über den Anstiegsweg geht's wieder zur Hütte und nach einer herzlichen Verabschiedung vom überaus liebenswerten Hüttenwirt hinunter ins Windachtal, wo der Drahtesel wartet. Auf geliehenem Stadtrad aus den Sechzigerjahren mit kaputter Gangschaltung und Rücktrittbremse (!) geht's bergab, dass der Radkranz glüht. Macht aber nichts, denn unterwegs wird das rauchende und bestialisch stinkende Gefährt mit mitgeführtem Trinkwasser von der Hildesheimer Hütte gelöscht - die armen Eisbären! Nach zwei weiteren Löschpausen und diversen verstörten Augenzeugen ("Kann man Ihnen irgendwie helfen?" "Nein, das ist normal, das gehört so.") wird der Parkplatz wieder erreicht. Eine Tour, die in Erinnerung bleiben wird! Liebes Zuckerhütl, beim nächsten Mal werden die Karten wieder neu gemischt - sieh dich vor!
Schwierigkeiten:
Zur Materialseilbahn der Hildesheimer Hütte: L (alternativ T1; unbedingt mit dem Radl, da sehr weit!).
Weiter zur Hildesheimer Hütte: T2 (alternativ über Gaißkarsteig T3).
Abstecher zum Schußgrubenkogel: T4-, I.
Via Pfaffenjoch und Pfaffenkogel zur Pfaffenschneide: WS-, T4+, I (Hochtour, am Pfaffenjoch wird kurz der Gletscher betreten).
Fazit:
Bei entsprechenden Bedingungen eine abwechslungsreiche, eindrucksvolle 4*-Tour in alpinem Ambiente. Vom Schußgrubenkogel zeigt sich abends die Pfaffenschneide im Licht der untergehenden Sonne tiefrot erleuchtet. Auf der Pfaffenschneide bietet sich natürlich ein Übergang zum Zuckerhütl an.
Mit auf Tour: Katrin (nur Pfaffenkogel).
Anmerkung:
Der Anstieg über die Pfaffenschneide zum Zuckerhütl ist hier beschrieben:
Zuckerhütl (3505 m) - von Sölden über die Pfaffenschneide.
Epilog:
Wer meint, der Autor hätte beim Schreiben des Berichts ein wenig geflunkert, dem sei versichert: ja! Die verstörten Augenzeugen waren frei erfunden. Aber der Rest ist wahr, ganz großes Eisbären-... äääh, Indianer-Ehrenwort! Die ironische Berichterstattung wird übrigens nicht zur Gewohnheit werden... versprochen ;-) !
Kategorien: Stubaier Alpen, Mehrtagestour, Hochtour, bike and hike, 4*-Tour, 3400er, T4.
Start an der Schranke der Versorgungsstraße, die von Sölden ins Windachtal führt. Mit dem Radl geht's auf der breiten Straße knackig bergauf, nach der Abzweigung zur Kleblealm wieder ein kleines Stück bergab und dann ziemlich eben an Lochlealm und Fieglhaus vorbei ins Tal hinein. Am Abzweig zur Hildesheimer Hütte ist das Radldepot erreicht und auch die Hämorrhoiden geben wieder Frieden.
Durch begrüntes Gletscherschliffgelände steigt der stets gut ausgetretene Steig in zahlreichen Kehren immer mehr oder weniger in der Trasse der Materialseilbahn an, bis die Hildesheimer Hütte erreicht ist. Die Gletscher des Hochstubai präsentieren sich hier immer noch eindrucksvoll und auch von schmelzenden Eisbären keine Spur.
Was ist ein glühender Alpinist ohne Gipfelerlebnis? Richtig, ein ausgebrannter Alpinist. Deswegen geht's nach dem Abendessen - pardon, nach dem Verkonsumieren der dreigängigen Halbpension - noch schnell auf den Schußgrubenkogel. Dass sich empfindliche Nasen im Sanitärbereich der Hütte entfernt an den Namen des Berges erinnert fühlen mögen, ist wohl Zufall, aber leider keine Einbildung. Man beachte schließlich die genaue Schreibweise! Auf dem Steig in Richtung Gaißkarferner geht's versichert auf den Rücken, der den Gletscher südlich begrenzt. Der begeisterte Betrachter sommerlicher Skigebiete kann sich hier an Seilbahnmasten, planierten Gletscherflächen, plasikverhüllten Schneehaufen und sonstigen wunderbaren Errungenschaften unserer großarigen Zivilisation erfreuen. Der Steig endet und führt als planierte Trasse über den Gletscher in Richtung Dresdner Hütte, auch eine herzerfrischende Destination für Skigebietswanderer.
Wer auf den Schußgrubenkogel will, bleibt am Rücken und folgt ihm bergauf, bis dieser einen Knick nach Süden macht. Meist ganz oben, ein Mal kurz nach links ausweichend, wird bald der Vorgipfel erreicht (bis I). Der Abstecher zum Gipfelkreuz (mit -buch) ist dann nur noch ein Katzensprung (I). Wie schade, dass man das Söldener Skigebiet von dort oben nicht sehen kann! Aber ein toller Sonnenuntergang mit einer hell erleuchteten Pfaffenschneide entschädigt wenigstens die Puristen. Auf dem Anstiegsweg geht's zurück zur Hütte.
Früh morgens geht's dann bestens ausgeschlafen und wohlgelaunt in einen neuen Tag. Dass man nachts das Lager mit geschätzten 30 Bergfreunden aus aller Herren Länder geteilt hat, macht ja nichts, die Verständigung fällt nachts leichter. Schnarchen schmelzende Eisbären eigentlich auch?!? Jedenfalls geht nichts über ein gutes Frühstück und nach den zwei gereichten Scheiben Brot darf der Verdauungsspaziergang auch ein wenig ausführlicher sein. Also auf zur Pfaffenschneide! Hinunter zum See, der der Hütte als Trinkwasserreservoir dient und auf dem Steig - versichert eine plattige Felsflanke querend - hinunter zum Bach, der den Gaißkarferner entwässert. Das Wasser ist arg kalt und so überlässt man ein morgendliches Bad besser den Eisbären. Die gute Nachricht: eine Holzbrücke ermöglicht die Überquerung des Bachs auf unproblematische Art und Weise. Der Steig leitet nun wieder aufwärts und durch Schutt und Geröll an den Beginn des Pfaffenferners.
Die schlechte Nachricht für den Einzelgänger: Der Gletscher ist noch da. Die gute Nachricht: Daneben kann man mittlerweile im Blockwerk ansteigen. Also entweder auf dem Gletscher (Achtung Spalten, Eisbären werden hingegen nur sehr selten gesehen) oder mühsam daneben im Blockwerk hinauf zum Pfaffenjoch, wo meist ein unangenehmer Wind bläst.
Der Plan ist klar: am Grat weiter nach Südosten, über den Pfaffenkogel zur Pfaffenschneide. An der Umsetzung hakt es aber zunächst, denn es stellen sich glatte Platten in den Weg. Tja, die Klimaerwärmung... es hilft alles nichts, links des Grats geht es am äußersten Gletscherrand - genau auf die Randkluft achtend - unter den Felsen entlang, bis man den Grat ohne Schwierigkeiten betreten kann. Dann ist man auch schon bald am Pfaffenkogel angekommen.
Weiter über Blockgelände ohne Schwierigkeiten hinauf zum Vorgipfel der Pfaffenschneide. Einen Aufschwung problemlos rechts (südseitig) umgehend, an den Gipfelaufbau heran. Dieser kann zwar direkt erklettert werden (III), eine nordseitige Umgehung (I) ist aber zweckmäßig. Und schon steht man oben auf der Pfaffenschneide... was für eine Aussicht... also zumindest, wenn nicht der Nebel wäre, der die Sichtweite auf knapp fünf Meter reduziert. Ob die Stirnlampe auch als Nebelscheinwerfer taugt?!? Die Erleuchtung lässt auf sich warten und bevor die Gletscher in der Zwischenzeit restlos schmelzen, geht's wieder hinunter. Bei besserem Wetter hätte man am Grat weiter zum Zuckerhütl steigen können, wo zwar weniger die Eisbären, als vielmehr die anderen Bergsteiger aus dem Nachtlager weilen.
Über den Anstiegsweg geht's wieder zur Hütte und nach einer herzlichen Verabschiedung vom überaus liebenswerten Hüttenwirt hinunter ins Windachtal, wo der Drahtesel wartet. Auf geliehenem Stadtrad aus den Sechzigerjahren mit kaputter Gangschaltung und Rücktrittbremse (!) geht's bergab, dass der Radkranz glüht. Macht aber nichts, denn unterwegs wird das rauchende und bestialisch stinkende Gefährt mit mitgeführtem Trinkwasser von der Hildesheimer Hütte gelöscht - die armen Eisbären! Nach zwei weiteren Löschpausen und diversen verstörten Augenzeugen ("Kann man Ihnen irgendwie helfen?" "Nein, das ist normal, das gehört so.") wird der Parkplatz wieder erreicht. Eine Tour, die in Erinnerung bleiben wird! Liebes Zuckerhütl, beim nächsten Mal werden die Karten wieder neu gemischt - sieh dich vor!
Schwierigkeiten:
Zur Materialseilbahn der Hildesheimer Hütte: L (alternativ T1; unbedingt mit dem Radl, da sehr weit!).
Weiter zur Hildesheimer Hütte: T2 (alternativ über Gaißkarsteig T3).
Abstecher zum Schußgrubenkogel: T4-, I.
Via Pfaffenjoch und Pfaffenkogel zur Pfaffenschneide: WS-, T4+, I (Hochtour, am Pfaffenjoch wird kurz der Gletscher betreten).
Fazit:
Bei entsprechenden Bedingungen eine abwechslungsreiche, eindrucksvolle 4*-Tour in alpinem Ambiente. Vom Schußgrubenkogel zeigt sich abends die Pfaffenschneide im Licht der untergehenden Sonne tiefrot erleuchtet. Auf der Pfaffenschneide bietet sich natürlich ein Übergang zum Zuckerhütl an.
Mit auf Tour: Katrin (nur Pfaffenkogel).
Anmerkung:
Der Anstieg über die Pfaffenschneide zum Zuckerhütl ist hier beschrieben:

Epilog:
Wer meint, der Autor hätte beim Schreiben des Berichts ein wenig geflunkert, dem sei versichert: ja! Die verstörten Augenzeugen waren frei erfunden. Aber der Rest ist wahr, ganz großes Eisbären-... äääh, Indianer-Ehrenwort! Die ironische Berichterstattung wird übrigens nicht zur Gewohnheit werden... versprochen ;-) !
Kategorien: Stubaier Alpen, Mehrtagestour, Hochtour, bike and hike, 4*-Tour, 3400er, T4.
Tourengänger:
83_Stefan

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