Nadelgrat via Selle - Akklimatisierung von Vorteil
Vorbetrachtung
Wer in dem folgenden Bericht eine detaillierte Wegbeschreibung zum Nadelgrat sucht, wird sie leider nicht finden. Das ist auch gar nicht nötig. In der Fachliteratur ist der Weg recht genau beschrieben und man wird vor Ort wenig Möglichkeiten finden sich zu verlaufen. Wir waren überrascht wie offensichtlich sich die Wegfindung gestaltet. Das schmälert kaum den Anspruch dieser Tour, es ist eher schön auch mal positiv überrascht zu werden. Als "Westalpen-Klassiker" wird die Tour gepriesen und wir können da nur zustimmen. Hier bekommt man klassischen Alpinismus in einer herausragend schönen Umgebung an einem Grat der wirklich nicht mit Genuss geizt!
Das sind wir auch schon bei den, für uns, einschränkenden Kriterien. In einem Bericht über den Nadelgrat ab dem Galenjoch fiel das Wort "episch". Als besonders lohnend wurde diese epische Verlängerung aber nie beschrieben - eher als Lustsenker. Daher war ich nie motiviert mir diese Tour anzutun. Auch der Zustieg ins Dürrenjoch ist schlicht undiskutabel. Eine Begehung vom Nadelhorn zum Dürrenhorn kam auch nie in Frage. Die Höhe und die Eindrücke würden nachlassen, der brüchigste Teil würde zum Mittag begangen und der Abstieg wäre wieder nur über das Galenjoch möglich. Also bleibt die Selle übrig und mit ihr das Warten auf gute Bedingungen.
Planungschaos
Nach unserer Aufwärmtour durch die genussreiche aber völlig überbewertete "Eisenzeit" an der Nordwand der Zugspitze wollten wir in Val d´Herens fahren um über die Aiguille de la Tsa, die Bertolhütte und die Dent Blanche Hütte auf die Dent Blanche zu steigen. So wären wir optimal akklimatisiert gewesen. Ja wäre...
Damit das Konstrukt realisierbar ist, müssen natürlich auf den Hütten Plätze frei sein. Leider sind das aber sehr beliebte Hütten, die erste Jahreshälfte hatte eher schlechtes Wetter und nun waren sehr viele Bergsteiger unterwegs. Wie es kommen musste, verwehrte man uns Lager in der Bertolhütte. Nun lag ja für August noch recht viel Schnee, was wieder den Nadelgrat auf den Plan rief. Ein erster Anruf auf der Bordierhütte brachte zwar die Information über den guten Zustand der Selle, aber auch die Info über eine auf Tage ausgebuchte Hütte. Wir mussten wohl das Gipfelziel nach freien Hüttenplätzen wählen...
Eine Stunde später rief die Bordierhütte zurück. Eine Seilschaft hätte für HEUTE abgesagt und wir könnten kommen. Heute? Wir waren gerade noch in Österreich und es war vormittag. Akklimatisiert waren wir vielleicht auf 1000m, aber sicher nicht für den Nadelgrat. Puh! Aber das Angebot konnten wir uns nicht entgehen lassen, zumal das Wetter traumhafte Tage versprach.
Die Tour
Gegen Mittag kamen wir in Gasenried an und waren zu dieser Zeit nicht die einzige Seilschaft, die hier ihren Rucksack packten um das Abenteuer Nadelgrat anzugehen. Schnell noch was gegessen und schon zogen wir in der Mittagshitze gen Bordierhütte. Wie das immer so ist, sind die ersten Schritte die schwersten und der Schweiß ran in Strömen. Es wollte einfach nicht locker von der Hand gehen. Auch unsere Bergstiefel machten wiedermal Zicken. Schnell rieben sich Blasen an den Fersen. Unsere Steifel sind nicht neu, meine sogar durchaus schon an die 15 Jahre alt. Für den Hüttenzustieg, so dachte ich, kann ich die Damensöckchen unter den Bergsocken ja weglassen. So konnten wir den landschaftlich herrlichen Aufstieg kaum genießen. Die Blasen schmerzten höllisch. Das ist ja nun wirklich nicht unsere erste Tour, aber so ein Mist passiert eben dann leider doch immer mal wieder. Eilig hatten wir es nicht. Irgendwann zeigt sich, dass die 4,5h bis zur Hütte wohl eher reichlich bemessen sind. So blieb Zeit für Pausen, die aber neben viel trinken nur dazu dienten die vermeindlich nicht vorhandene Fitness zu vertuschen. Dennoch holten wir andere Seilschaften ein. Ging es denen noch schlechter oder wollten die einfach nicht? Ich werde bis heute daraus nicht schlau. Irgendwann kamen wir zwei Schildkröten am Abzweig zum Galenjoch an. Als ich das sah, was mir klar diesen Wege niemals zu gehen. Schon der Absteig von der ja nun nicht gerade sehr hoch gelegenen Hütte bis hier her muss doch erniedrigend sein. ...und dann noch dieser Bruch im Hang zum Galenjoch... Gut, dass die Selle Schnee haben soll. Vergnüglich geht es ab hier über den kläglichen Gletscherrest und bald über einen ausgebauten Steig in den Schliffplatten zur Hütte. Kurze Anmeldung und schon durften die geschundenen Füße mit ihren beachtlichen Blasen in den Sonne trocknen und wir genossen nette Unterhaltungen bei Rivella und Bier.
So verfliegt der Nachmittag und wir werden bald mit richtig gutem Essen verpflegt. Die Berichte über das sehr gute Essen und das überaus nette Hüttenpersonal stimmen also alle. Welche Hüttencrew ruft den Bergsteiger zurück wenn doch noch ein Lager frei wird? Wir waren also sehr begeistert. Beim Essen kamen wir mit einem sehr freundlichen rosenheimer Pärchen ins Gespräch. Natürlich wollten sie auch zum Nadelgrat und so ergaben sich die Gespräche über Ziele und Erreichtes, als schön Befundenes und gute Möglichkeiten für kapitale Bergunfälle. Auch die Lager waren gemütlich, der Kopf brummt nicht und es wurde auch nicht geschnarcht. Nur die Toilette war weit und so war ich dann doch froh, als der Wecker 2:00 klingelte.
Vor der Hütte spielten sich dann lustige Szenen ab. Jede Seilschaft kramte noch sinnlos im Rucksack um ja nicht als erste starten zu müssen, so auch wir. Irgendwann fand sich dann doch jemand und zeigte uns den gut markierten Weg duch die Gerölllandschaften bis zum Gletscher. Hypnotisch gleichmäßig stiegen wir bis zum Gletscher, seilten uns an nun ging es deutlich zügiger voran. Nur wohin? Es wurde immer steiler aber jede Spur verlor sich in Spaltenzonen. So wurde die Reihenfolge oft durcheinander gewürfelt und zwischenzeitlich dachten wir schon an der Selle zu sein - erste Höhensympthome?
Auf dem flacheren Teil des Riedgletschers gingen wir in der Nähe des rosenheimer Pärchens und machten die gleichen gefährlichen und nervigen Erfahrungen mit nicht tragenden Spaltenbrücken. Es hatte scheinbar nicht abgestrahlt und besonders kalt war es auch nicht. Falltüren gleich gab der Boden unter den Füßen nach ohne das man ahnen konnte wo das passiert.
Langsam näherten wir uns der Selle, die von hier ungeheuer steil aussah. Sie war zwar eingeschneit, aber im Mittelteil zeigte sich ein Felsriegel, der uns noch Sorgen bereiten sollte.
In einigen Berichten ließt man, die Selle würde bis oben allmälig an Steigung zulegen. Das war bei uns kaum zu spüren. Von unten an ist es halbwegs steil und war bei uns hier schon unangehm zu gehen. Wir hatten uns für Tourenpickel entscheiden und ließen die Eisgeräte im Auto, was ein grober Fehler war. Mit Eisgeräten bewaffnete Seilschaften waren deutlich schneller und sicherer unterwegs. Der Felsriegel machte uns etwas Probleme. Der Fels ist hier abwärts geschichtet und brüchig. Wir stiegen im Eis so hoch es ging und querten dann über die Felsen nach rechts wo wieder Eis einsetzte. Das war äußerst unangenehm und nicht wirklich sicherbar. Martin war zudem zum ersten Mal in diesem Gelände unterwegs. Das war auch der Grund warum ich ihn ans Seil nahm. Nicht weil ich ihn halten könnte, sondern weil es ihm schlicht ein Sicherheitsgefühl gab. Später erzählte er mir, wie ihm die Knie geschlottert haben in der Selle und er so manches Gebet gen Himmel richtete.
Etwas weiter oben wurde es dann firniger und in guten Trittstufen stiegen wir in die Scharte. Hier zeigte sich aber die fehlende Höhenanpassung. Es ging quälend langsam voran, alle 50 Stufen machte ich kurz Pause. Es nahm kein Ende... Pünktlich an der Scharte ging die Sonne hinter den östlichen Bergen auf und auch die Lebensgeister kehrten zurück. Was für eine Wohltat!
Nach einer kurzen Pause ging es hochmotiviert an die Kraxelei. Klettern muss man an diesem Grat nur selten und auch die Wegfindung ist meist offensichtlich und/oder beliebig. Man kann sich wunderbar an Steigeisenkratzern orientieren. Unerwartet für uns war der doch nicht zu kurze Weg von der Selle auf das Dürrenhorn und weiter zum Hohbärghorn. Das hätten wir uns kürzer vorgestellt. Hier merkte ich die Höhe doch sehr deutlich. Immerwieder brauchte ich kurze Pausen im Aufstieg. Das Wetter sollte an diesem Tag aber absolut stabil sein und so drängte uns wenig. Prinzipiell halte ich von dieser Herangehensweise sehr wenig, aber was wären die Alternativen gewesen? Auf den ganzen Grat verzichten? So drückten wir auf´s Tempo soweit es ging. Komischerweise verbesserte sich mein Zustand ab den Gipfelfelsen am Hohbärghorn etwas. Die schneedurchsetzten Felsen machten hier nicht den vertrauenswürdigsten Eindruck. Wirklich schlecht oder besonders brüchig waren sie aber am ganzen Grat nicht. Wir waren zumindest sehr begeistert von der nie schweren Kletterei und hätten sie viel anspruchsvoller erwartet. So geht es dahin - mal über Firngrate, mal über Felsen, nie schwer, immer recht vergnüglich.
Lang ist der Weg vom Dürrenjoch zum Hohbärghorn, oder lag das an meinem Schleichgang? Später erfuhren wir, dass sich eine Seilschaft abseits für eine Pause fast versteckt hatte um dem Tempo und dem vermeindlichen Druck der anderen Seilschaften zu entgehen. Das ist wirklich lustig, da die wirklich schnellen Seilschaften zu dem Zeitpunkt schon lange über alle Berge waren und es eher gemütlich, freundlich und genussorientiert zuging.
Nach der schönen Kletterei am Gipfelaufbau des Honbärghorns sind vorerst wirklich alle Sorgen vorbei. Leicht geht es über Firn ins Hohbärgjoch und später in schöner Kraxelei zum Stecknadelhorn.
Dort beschlossen wir das Nadelhorn auszulassen. Diesen Gipfel besuchen wir bei der Überschreitung der Lenzspitze in der Zukunft. So stiegen wir in die Scharte ab und querten auf einer guten Spur zum Nadelhorn Normalweg der uns zum Windjoch führte. Die Somme tat ihr Bestes um den weiteren Abstieg in tiefen, schweren Schneematsch zu verwandeln und die Freuden zu minimieren.
Endlich auf den Michabelhütten angekommen baten wir um ein Lager für die Nacht. Zu abgekämpft waren wir für den weiteren Abstieg und die Balsen schmerzten. Die überaus freundliche Hüttencrew erfüllte uns diesen Wunsch und wir hatten endlich Ruhe und konnten ausruhen.
Alles war super, bis die Nacht kam. Im Lager machte sich die fehlende Akklimatisierung bemerkbar. Der Kopf dröhnte, ich war sehr kurzatmig und beim Einatmen schmerzten die Lungen. Ich prüfte immer weider meinen Zustand und die Uhr um zu schauen ob ich bis zum Frühstück um 7:00 gehen würde. Es war eine elende Quälerei die immer mehr in ernste Bedenken überging. Als wir nach den Frühstück endlich absteigen konnten, wurde mein Zustand zunehmend besser und ich war sehr erleichtert. Wir beschlossen uns die Bahnfahrt von der Hannig zu gönnen. In Saas Fee stießen wir mit Rivella auf die Tour an. Endlich machte sich der Stolz über das Geleistete breit. Die Fahrt mit dem ÖV nach Gasenried gestaltete sich herrlich problemlos. Wenn man den ÖV in Deutschland gewöhnt ist, weiß man die Pünktlichkeit hier sehr zu schätzen!
Am Auto trafen wir das rosenheimer Pärchen wieder und obwohl wir die gleiche Tour gingen, gab es natürlich viel zu erzählen.
Danke für´s Lesen und mit mir gedanklich noch mal auf Tour sein. Entschuldigt die Länge - sie hätte eher zum Galengrat gepasst.
Wer in dem folgenden Bericht eine detaillierte Wegbeschreibung zum Nadelgrat sucht, wird sie leider nicht finden. Das ist auch gar nicht nötig. In der Fachliteratur ist der Weg recht genau beschrieben und man wird vor Ort wenig Möglichkeiten finden sich zu verlaufen. Wir waren überrascht wie offensichtlich sich die Wegfindung gestaltet. Das schmälert kaum den Anspruch dieser Tour, es ist eher schön auch mal positiv überrascht zu werden. Als "Westalpen-Klassiker" wird die Tour gepriesen und wir können da nur zustimmen. Hier bekommt man klassischen Alpinismus in einer herausragend schönen Umgebung an einem Grat der wirklich nicht mit Genuss geizt!
Das sind wir auch schon bei den, für uns, einschränkenden Kriterien. In einem Bericht über den Nadelgrat ab dem Galenjoch fiel das Wort "episch". Als besonders lohnend wurde diese epische Verlängerung aber nie beschrieben - eher als Lustsenker. Daher war ich nie motiviert mir diese Tour anzutun. Auch der Zustieg ins Dürrenjoch ist schlicht undiskutabel. Eine Begehung vom Nadelhorn zum Dürrenhorn kam auch nie in Frage. Die Höhe und die Eindrücke würden nachlassen, der brüchigste Teil würde zum Mittag begangen und der Abstieg wäre wieder nur über das Galenjoch möglich. Also bleibt die Selle übrig und mit ihr das Warten auf gute Bedingungen.
Planungschaos
Nach unserer Aufwärmtour durch die genussreiche aber völlig überbewertete "Eisenzeit" an der Nordwand der Zugspitze wollten wir in Val d´Herens fahren um über die Aiguille de la Tsa, die Bertolhütte und die Dent Blanche Hütte auf die Dent Blanche zu steigen. So wären wir optimal akklimatisiert gewesen. Ja wäre...
Damit das Konstrukt realisierbar ist, müssen natürlich auf den Hütten Plätze frei sein. Leider sind das aber sehr beliebte Hütten, die erste Jahreshälfte hatte eher schlechtes Wetter und nun waren sehr viele Bergsteiger unterwegs. Wie es kommen musste, verwehrte man uns Lager in der Bertolhütte. Nun lag ja für August noch recht viel Schnee, was wieder den Nadelgrat auf den Plan rief. Ein erster Anruf auf der Bordierhütte brachte zwar die Information über den guten Zustand der Selle, aber auch die Info über eine auf Tage ausgebuchte Hütte. Wir mussten wohl das Gipfelziel nach freien Hüttenplätzen wählen...
Eine Stunde später rief die Bordierhütte zurück. Eine Seilschaft hätte für HEUTE abgesagt und wir könnten kommen. Heute? Wir waren gerade noch in Österreich und es war vormittag. Akklimatisiert waren wir vielleicht auf 1000m, aber sicher nicht für den Nadelgrat. Puh! Aber das Angebot konnten wir uns nicht entgehen lassen, zumal das Wetter traumhafte Tage versprach.
Die Tour
Gegen Mittag kamen wir in Gasenried an und waren zu dieser Zeit nicht die einzige Seilschaft, die hier ihren Rucksack packten um das Abenteuer Nadelgrat anzugehen. Schnell noch was gegessen und schon zogen wir in der Mittagshitze gen Bordierhütte. Wie das immer so ist, sind die ersten Schritte die schwersten und der Schweiß ran in Strömen. Es wollte einfach nicht locker von der Hand gehen. Auch unsere Bergstiefel machten wiedermal Zicken. Schnell rieben sich Blasen an den Fersen. Unsere Steifel sind nicht neu, meine sogar durchaus schon an die 15 Jahre alt. Für den Hüttenzustieg, so dachte ich, kann ich die Damensöckchen unter den Bergsocken ja weglassen. So konnten wir den landschaftlich herrlichen Aufstieg kaum genießen. Die Blasen schmerzten höllisch. Das ist ja nun wirklich nicht unsere erste Tour, aber so ein Mist passiert eben dann leider doch immer mal wieder. Eilig hatten wir es nicht. Irgendwann zeigt sich, dass die 4,5h bis zur Hütte wohl eher reichlich bemessen sind. So blieb Zeit für Pausen, die aber neben viel trinken nur dazu dienten die vermeindlich nicht vorhandene Fitness zu vertuschen. Dennoch holten wir andere Seilschaften ein. Ging es denen noch schlechter oder wollten die einfach nicht? Ich werde bis heute daraus nicht schlau. Irgendwann kamen wir zwei Schildkröten am Abzweig zum Galenjoch an. Als ich das sah, was mir klar diesen Wege niemals zu gehen. Schon der Absteig von der ja nun nicht gerade sehr hoch gelegenen Hütte bis hier her muss doch erniedrigend sein. ...und dann noch dieser Bruch im Hang zum Galenjoch... Gut, dass die Selle Schnee haben soll. Vergnüglich geht es ab hier über den kläglichen Gletscherrest und bald über einen ausgebauten Steig in den Schliffplatten zur Hütte. Kurze Anmeldung und schon durften die geschundenen Füße mit ihren beachtlichen Blasen in den Sonne trocknen und wir genossen nette Unterhaltungen bei Rivella und Bier.
So verfliegt der Nachmittag und wir werden bald mit richtig gutem Essen verpflegt. Die Berichte über das sehr gute Essen und das überaus nette Hüttenpersonal stimmen also alle. Welche Hüttencrew ruft den Bergsteiger zurück wenn doch noch ein Lager frei wird? Wir waren also sehr begeistert. Beim Essen kamen wir mit einem sehr freundlichen rosenheimer Pärchen ins Gespräch. Natürlich wollten sie auch zum Nadelgrat und so ergaben sich die Gespräche über Ziele und Erreichtes, als schön Befundenes und gute Möglichkeiten für kapitale Bergunfälle. Auch die Lager waren gemütlich, der Kopf brummt nicht und es wurde auch nicht geschnarcht. Nur die Toilette war weit und so war ich dann doch froh, als der Wecker 2:00 klingelte.
Vor der Hütte spielten sich dann lustige Szenen ab. Jede Seilschaft kramte noch sinnlos im Rucksack um ja nicht als erste starten zu müssen, so auch wir. Irgendwann fand sich dann doch jemand und zeigte uns den gut markierten Weg duch die Gerölllandschaften bis zum Gletscher. Hypnotisch gleichmäßig stiegen wir bis zum Gletscher, seilten uns an nun ging es deutlich zügiger voran. Nur wohin? Es wurde immer steiler aber jede Spur verlor sich in Spaltenzonen. So wurde die Reihenfolge oft durcheinander gewürfelt und zwischenzeitlich dachten wir schon an der Selle zu sein - erste Höhensympthome?
Auf dem flacheren Teil des Riedgletschers gingen wir in der Nähe des rosenheimer Pärchens und machten die gleichen gefährlichen und nervigen Erfahrungen mit nicht tragenden Spaltenbrücken. Es hatte scheinbar nicht abgestrahlt und besonders kalt war es auch nicht. Falltüren gleich gab der Boden unter den Füßen nach ohne das man ahnen konnte wo das passiert.
Langsam näherten wir uns der Selle, die von hier ungeheuer steil aussah. Sie war zwar eingeschneit, aber im Mittelteil zeigte sich ein Felsriegel, der uns noch Sorgen bereiten sollte.
In einigen Berichten ließt man, die Selle würde bis oben allmälig an Steigung zulegen. Das war bei uns kaum zu spüren. Von unten an ist es halbwegs steil und war bei uns hier schon unangehm zu gehen. Wir hatten uns für Tourenpickel entscheiden und ließen die Eisgeräte im Auto, was ein grober Fehler war. Mit Eisgeräten bewaffnete Seilschaften waren deutlich schneller und sicherer unterwegs. Der Felsriegel machte uns etwas Probleme. Der Fels ist hier abwärts geschichtet und brüchig. Wir stiegen im Eis so hoch es ging und querten dann über die Felsen nach rechts wo wieder Eis einsetzte. Das war äußerst unangenehm und nicht wirklich sicherbar. Martin war zudem zum ersten Mal in diesem Gelände unterwegs. Das war auch der Grund warum ich ihn ans Seil nahm. Nicht weil ich ihn halten könnte, sondern weil es ihm schlicht ein Sicherheitsgefühl gab. Später erzählte er mir, wie ihm die Knie geschlottert haben in der Selle und er so manches Gebet gen Himmel richtete.
Etwas weiter oben wurde es dann firniger und in guten Trittstufen stiegen wir in die Scharte. Hier zeigte sich aber die fehlende Höhenanpassung. Es ging quälend langsam voran, alle 50 Stufen machte ich kurz Pause. Es nahm kein Ende... Pünktlich an der Scharte ging die Sonne hinter den östlichen Bergen auf und auch die Lebensgeister kehrten zurück. Was für eine Wohltat!
Nach einer kurzen Pause ging es hochmotiviert an die Kraxelei. Klettern muss man an diesem Grat nur selten und auch die Wegfindung ist meist offensichtlich und/oder beliebig. Man kann sich wunderbar an Steigeisenkratzern orientieren. Unerwartet für uns war der doch nicht zu kurze Weg von der Selle auf das Dürrenhorn und weiter zum Hohbärghorn. Das hätten wir uns kürzer vorgestellt. Hier merkte ich die Höhe doch sehr deutlich. Immerwieder brauchte ich kurze Pausen im Aufstieg. Das Wetter sollte an diesem Tag aber absolut stabil sein und so drängte uns wenig. Prinzipiell halte ich von dieser Herangehensweise sehr wenig, aber was wären die Alternativen gewesen? Auf den ganzen Grat verzichten? So drückten wir auf´s Tempo soweit es ging. Komischerweise verbesserte sich mein Zustand ab den Gipfelfelsen am Hohbärghorn etwas. Die schneedurchsetzten Felsen machten hier nicht den vertrauenswürdigsten Eindruck. Wirklich schlecht oder besonders brüchig waren sie aber am ganzen Grat nicht. Wir waren zumindest sehr begeistert von der nie schweren Kletterei und hätten sie viel anspruchsvoller erwartet. So geht es dahin - mal über Firngrate, mal über Felsen, nie schwer, immer recht vergnüglich.
Lang ist der Weg vom Dürrenjoch zum Hohbärghorn, oder lag das an meinem Schleichgang? Später erfuhren wir, dass sich eine Seilschaft abseits für eine Pause fast versteckt hatte um dem Tempo und dem vermeindlichen Druck der anderen Seilschaften zu entgehen. Das ist wirklich lustig, da die wirklich schnellen Seilschaften zu dem Zeitpunkt schon lange über alle Berge waren und es eher gemütlich, freundlich und genussorientiert zuging.
Nach der schönen Kletterei am Gipfelaufbau des Honbärghorns sind vorerst wirklich alle Sorgen vorbei. Leicht geht es über Firn ins Hohbärgjoch und später in schöner Kraxelei zum Stecknadelhorn.
Dort beschlossen wir das Nadelhorn auszulassen. Diesen Gipfel besuchen wir bei der Überschreitung der Lenzspitze in der Zukunft. So stiegen wir in die Scharte ab und querten auf einer guten Spur zum Nadelhorn Normalweg der uns zum Windjoch führte. Die Somme tat ihr Bestes um den weiteren Abstieg in tiefen, schweren Schneematsch zu verwandeln und die Freuden zu minimieren.
Endlich auf den Michabelhütten angekommen baten wir um ein Lager für die Nacht. Zu abgekämpft waren wir für den weiteren Abstieg und die Balsen schmerzten. Die überaus freundliche Hüttencrew erfüllte uns diesen Wunsch und wir hatten endlich Ruhe und konnten ausruhen.
Alles war super, bis die Nacht kam. Im Lager machte sich die fehlende Akklimatisierung bemerkbar. Der Kopf dröhnte, ich war sehr kurzatmig und beim Einatmen schmerzten die Lungen. Ich prüfte immer weider meinen Zustand und die Uhr um zu schauen ob ich bis zum Frühstück um 7:00 gehen würde. Es war eine elende Quälerei die immer mehr in ernste Bedenken überging. Als wir nach den Frühstück endlich absteigen konnten, wurde mein Zustand zunehmend besser und ich war sehr erleichtert. Wir beschlossen uns die Bahnfahrt von der Hannig zu gönnen. In Saas Fee stießen wir mit Rivella auf die Tour an. Endlich machte sich der Stolz über das Geleistete breit. Die Fahrt mit dem ÖV nach Gasenried gestaltete sich herrlich problemlos. Wenn man den ÖV in Deutschland gewöhnt ist, weiß man die Pünktlichkeit hier sehr zu schätzen!
Am Auto trafen wir das rosenheimer Pärchen wieder und obwohl wir die gleiche Tour gingen, gab es natürlich viel zu erzählen.
Danke für´s Lesen und mit mir gedanklich noch mal auf Tour sein. Entschuldigt die Länge - sie hätte eher zum Galengrat gepasst.
Tourengänger:
Stefan_F

Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
Kommentare (8)