Der durchschnittliche 08/15-Sprücheklopfer weidet sich an der Kampenwand - den altwährten Spruch über den übertrieben guten Ernährungszustand des potentiellen Gipfelstürmers in Verbindung mit der Bekundung dessen Besteigungswillens kennt hierzulande bekanntlich jedes Kind und trotzdem wird er jedes Mal aufs Neue zelebriert. Der Autor distanziert sich nachdrücklich von solch ausgelutschten, alten Kamellen und regt zur Fantasie an. Wie wäre es, wenn sich jeder zum Ziel setzen würde, die lieben Mitmenschen durch eigene Sprüche zu beglücken? Die Welt dadurch jeden Tag ein Stückchen besser zu machen? Den kleinen Bergsteigerkindern ein neckisches Lächeln auf die Lippen zu zaubern? Ach, wie schön wäre die Welt! Sprühend vor Einfallsreichtum könnte das zum Beispiel heißen "Kampenwand, oh Kampenwand, von oben schau ich weit ins Land". Oder "der Berg ist hoch, der Weg ist weit, ich beeile mich, denn ich hab' keine Zeit". Naja, zugegeben - schlechte Idee! Vielleicht sollte der Autor lieber wieder den Pferden das Denken überlassen, der größeren Köpfe wegen - und die zaubern zumindest den Mädels ein breites Grinsen ins Gesicht...
Die markante Gipfelkrone der Kampenwand ragt südlich des Chiemsee in den bayerischen Himmel und hat es zu einem der bekanntesten Berge Bayerns geschafft. Durch die Seilbahn kommt normalerweise auch die etwas fülligere Anwartschaft hinauf und so kommt es, dass es dort oben zugeht wie beim Starkbieranstich, nur eben ohne Bier und ohne Stich. Stark ist es aber trotzdem! Zum unvergesslichen Erlebnis wird die Kampenwand aber erst, wenn man ihr im Sonnenuntergang einen Besuch abstattet und alleine zusieht, wie die untergehende Sonne die Felsen in ein letztes Rot hüllt und der Chiemsee nachglüht - ein Erlebnis der Sonderklasse! "I gang so gern auf'd Kampenwand, denn weit reicht der Blick übers flache Land"!
An der Talstation der Kampenwandbahn in Hohenaschau beginnt die Tour. In nördlicher Richtung geht's an der Talstation vorbei zur Straße "Am Hofbichl", der man nach Osten aus dem Ort heraus folgt. Im Wald biegt das Sträßchen bald nach Süden ab; an einer Verzweigung links weiter und auf einer Schotterstraße bergan. Entweder man biegt bald nach rechts ab und steigt über eine Schneise aufwärts (beschildert), oder man bleibt auf der Straße, bis der beschilderte Reitweg abzweigt (Achtung - an der unbeschilderten Kreuzung davor rechts halten!), der nach oben zur Versorgungsstraße der weiter oben gelegenen Almen leitet.
Zunächst führt das Sträßchen durch Wald, später durch freies Gelände aufwärts. Das gewaltige Gipfelkreuz immer vor Augen, geht es an der Gorialm und der Schlechtenbergalm vorbei und schließlich wird die Steinlingalm unterhalb der Gipfelkrone erreicht, wo die Straße endet.
Hier beginnt der deutliche Steig zum Gipfel. Durch Latschengassen und Geröll hinauf, bis die Gipfelkrone erreicht ist. Der Steig biegt scharf nach links ab und leitet zwischen den himmelhohen Felsen hindurch - was für eine eindrucksvolle Kulisse in den sonst so lieblichen Chiemgauer Alpen! Ein paar Mal muss man kraxeln, bevor eine versicherte Querung um den Ostgipfel herum leitet und man von hinten hinauf steigen kann. Am riesigen Gipfelkreuz bietet sich eine fantastische Aussicht, der Hingucker schlechthin ist natürlich der Chiemsee im Norden. Wer hier unter der Woche zum Sonnenuntergang hinauf gestiegen ist, hat zumindest die Chance auf Einsamkeit, während dies am Tage meist illusorisch ist. Die untergehende Sonne färbt die Felswände leuchtend rot und der Chiemsee tief unten glüht dumpf nach. Der Sonnenuntergang auf der Kampenwand ist ein eindrucksvolles Erlebnis!
Der Abstieg verläuft auf der Anstiegsroute und lässt sich ab der Steinlingalm auch gut im Dunkeln machen.
Schwierigkeiten:
Zur Steinlingalm: T1 (keinerlei Schwierigkeiten).
Weiter zum Kampenwand-Ostgipfel: T4-, I (nur stellenweise).
Fazit:
Eine lohnende 4*-Sonnenuntergangstour hoch über dem Chiemsee. Der Anstieg bis zur Steinlingalm ist ein langweiliger Fahrweg-Hatsch, aber trotzdem recht aussichtsreich, der äußerst beeindruckende Gipfelbereich sorgt hingegen für eine spannende Szenerie. Unterhalb der Steinlingalm ist der Abstieg auch gut im Dunkeln zu machen.
Kategorien: Chiemgauer Alpen, Sonnenuntergangstour, 4*-Tour, 1600er, T4.
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