Mutschen - Kreuzberge III+IV - Hüser: Von der Hitze weichgekocht


Publiziert von marmotta , 28. Juli 2012 um 20:34.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:27 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-SG   CH-AI 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:Wildhaus - Tesel - Alp Grueb - Mutschensattel - Mutschen - Kreuzberg IV - Kreuzberg III - Roslenalp - Saxerlücke - Bollenweeser Schafberg - Furgglenfirst - Hüser (P. 1951) - Stauberen
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Wildhaus, Post
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Frümsen, Holengass
Kartennummer:LK 1115 Säntis (1:25.000)

Die drei Ketten des Alpsteingebirges haben jede für sich ihren eigenen Reiz. Die südliche Kette ist zwischen dem Wildhuser Gulmen und dem Hohen Kasten geprägt von Gipfeln, die zuoberst nach beiden Seiten in schroffen, senkrechten Felswänden abfallen und mit ihren ausgedehnten Legföhrenbeständen südliches Flair vermitteln. Mit Ausnahme von Gulmen, Mutschen und Hohem Kasten ist keiner der Gipfel ganz leicht zu erwandern, das absolute Highlight bilden -nicht nur für begeisterte Kletterer- natürlich die einzigartigen Kreuzberge.
 
Mein Ziel an diesem überaus heissen Sommertag mit viel Sonne, aber mutmasslich wenig Fernsicht war schnell definiert: In den frühen Morgenstunden mit noch angenehmen Temperaturen im Schatten der aus dem Rheintal aufragenden Felswände möglichst schnell und viel Höhe gewinnen, dann in den Kreuzbergen das wilde Ambiente der zerissenen Kalkfelstürme geniessen und zum Schluss sich irgendwie in der Hitze über den "Geologischen Höhenweg" zur Bergstation der Stauberen-Seilbahn retten, um diese für eine (gelenk-)schonende Rückführung ins glutheisse Rheintal zu nutzen. Unterwegs sollte es mit der Roslenalphütte und dem Stauberen-Restaurant auch genügend Labestationen haben, um den Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht zu halten.
 
Da die einzelnen Abschnitte der Route auf Hikr.org bereits ausführlich und gut beschrieben sind, erlaube ich mir, lediglich einige persönliche Anmerkungen, Einschätzungen und Erfahrungen zu notieren:
 
Wildhaus - Tesel - Mutschen (T2 bis Mutschensattel, Aufstieg Mutschensattel-Mutschen T3)
 
Auf guten und (trotz des 2 Tage zuvor über dem Toggenburg niedergegangenen Unwetters) trockenen Wanderwegen gelange ich in weniger als 2 h auf den aussichtsreichen Mutschen-Gipfel (2120 m) hoch über dem Rheintal. Die Anstrengungen und vor allem die Schwitzerei halten sich (noch) in erträglichen Grenzen. Das sollte sich leider später ändern…
 
Aktuell sind noch immer 2 (pickelharte) Altschneefelder zu queren: Eines kurz hinter der Alp Grueb in der Querung der Gulmen-Nordflanke und das andere im kurzen Abstieg in die Mulde unmittelbar vor dem Schlussaufstieg zum Mutschensattel (lässt sich auch wenige Meter oberhalb über Schrofen umgehen).
 
Kreuzberg III (T5, I - Stelle II)
 
Kommt man -wie ich- vom Mutschensattel, muss man nicht erst auf dem Wanderweg bis zur Roslenalphütte absteigen, sondern kann durch das Tälchen direkt zur Rasenflanke unter K IV queren. Auf Schafpfaden lässt sich die steile Flanke unter dem IV. Kreuzberg gut und problemlos traversieren, das Zustiegsweglein zum Sattel K III/IV wird so auf halber Höhe gewonnen. Der anschliessende Aufstieg auf Trittspuren und leichte Felsen (T5) ist momentan knochentrocken, dies ist auch gut so, da die Kraxelei ansonsten schnell unangenehm werden könnte.
 
Die Felsschlucht, die nördlich des spektakulären "Schmalen Südrippli" die Westseite des III. Kreuzberg durchreisst, lässt sich erstaunlich leicht durchsteigen - die Steilheit ist freilich weit weniger "schlimm" als es die Draufsicht vortäuscht. Die einzige Stelle, die etwas Einsatz verlangt, ist kurz vor dem Ausstieg, wo ein Klemmblock mit einem kräftigem Armzug überwunden werden will (II). Wobei diese Stelle -vor allem auch im Abstieg- bedeutend weniger mühsam ist, wenn man weiss, dass sich unter dem überhängenden Block ein ganz passabler Tritt befindet… :-)
 
Ausweislich des Gipfelbuchs erfreut sich der III. Kreuzberg -sowohl bei Wanderern als auch Kletterern (via Schmales oder Breites Südrippli)- grosser Beliebtheit. Es dürfte mit Abstand der Kreuzberg mit der höchsten Besucherfrequenz sein.
 
Kreuzberg IV (T5+, II)
 
Ich gebe es zu: Das von Ivo66 vor gut einem Monat im Steinmann auf dem höchsten Punkt deponierte Gipfelbuch war einer der Gründe, weshalb ich meine Tour so wählte, dass ich einen Besuch des K IV einbauen konnte. War ich doch bei meiner ersten Besteigung dieses Gipfels im letzten Jahr einigermassen enttäuscht gewesen, als ich voller (Vor-)Freude die Schatulle aus dem Gipfelsteinmann zog, diese aber leer war. Leider tragen nicht alle Berggänger gleichermassen Sorge dafür, dass die Gipfelbücher über viele Jahre in gutem Zustand bzw. überhaupt vorhanden bleiben!
 
War es bei meinem ersten Besuch des K IV kühl, feucht und neblig gewesen, herrschten diesmal total umgekehrte Vorzeichen: Am Sattel K III/IV empfing mich eine flirrende Hitze, die mich auf der landschaftlich wunderschönen Route auf der Südseite entlang bzw. auf dem Ostgrat ordentlich ins Schwitzen brachte.
 
Der Normalweg über den Vorgipfel wird dem geübten Alpinwanderer viel Freude bereiten und ihn nirgends in Schwierigkeiten bringen. Vorsicht und Konzentration ist allerdings beim Abklettern vom Vorgipfel in Richtung Hauptgipfel geboten: Ich wählte, wie schon beim letzten Mal, nicht den Riss (von oben gesehen) ganz links, sondern den rechts daneben und turnte, nachdem nach wenigen Metern ein Absatz erreicht wird, ziemlich exponiert um die den Absatz bildende Felsnase herum (II), um so nach links in die breitere Rinne zu gelangen, in der man nun ohne irgendwelche Schwierigkeiten bis zur Scharte zwischen Vor- und Hauptgipfel absteigt.
 
Auch der weitere Aufstieg von der Scharte zum (Haupt-)Gipfel bietet technisch keinerlei Schwierigkeiten mehr, aus meiner Sicht erwähnenswert: 1. Das furchterregend tiefe Karstloch in der Scharte will ganz vorsichtig umgangen werden (der kleinste Rutscher oder Fehltritt würde hier in einer Tragödie enden). 2. Der Gipfelgrat hinüber zum höchsten Punkt mit Steinmann ist mindestens an einer Stelle ziemlich ausgesetzt. Bei starken Windböen oder Schwindelgefühlen wird es hier (lebens-)gefährlich.
 
Beim Blick in das schöne Gipfelbuch war ich dann überrascht: Seit der Eröffnung vor über einem Monat sind gerade mal 3 Einträge hinzugekommen, wobei 2 davon -wen wundert´s- von Maveric stammen. Mag sein, dass sich Kletterer gar nicht in das Gipfelbuch eintragen, da für sie ja eher die Wand das Ziel ist - aber dass der K IV so wenig Besuch von (Alpin-)Wanderern erhält, verwundert dann schon. Immerhin ist der K IV der zweithöchste Kreuzberg. Nur der K VII ist noch einige Meter höher, seine Besteigung auf dem "Normalweg" aber deutlich anspruchsvoller.
 
Eine Einkehr in der Roslenalphütte rundete den Besuch der Kreuzberge auch diesmal ab.
 
Hüser, P. 1951 (T3+)
 
Von der Saxer Lücke (1649 m) an wurde es nun sehr harzig. Und damit will ich nicht unbedingt auf die Absonderungen der hier allgegenwärtigen Legföhren anspielen - nein, die Sonne brannte nun um die Mittagszeit erbarmungslos vom wolkenlosen Himmel und bremste meinen Vortrieb gewaltig. Kaum ein Lüftchen vermochte für ein wenig Erfrischung zu sorgen und so schleppte ich mich ziemlich kraftlos über den "Geologischen Höhenweg", der momentan mit einem wahren Feuerwerk an farbigen Blumen aufwartet.
 
Auf dem Weg zum erlösenden Restaurant Staubern wollte ich dennoch den Hüsern einen Besuch abstatten, immerhin befindet sich auf deren Nordgipfel der mit 1951 m höchste Punkt dieses eigentümlichen, mit all den Legföhren und den hellen Kalkfelsen fast mediterran anmutenden Kamms zwischen Saxerlücke und dem Gasthaus Stauberen.
 
Der Einstieg in den Pfad, welcher vom Wanderweg zur Grathöhe zwischen den Hüser-Gipfeln leitet, ist mit einem Steinmann markiert und somit (auch für "Betriebsblinde" wie mich) nicht zu übersehen. Ich folgte dem Pfad, bis dieser sich im hohen Gras und in den Alpenrosenstauden etwas verliert. Und da ich nicht wusste (und auch nicht damit rechnete), dass der Pfad zunächst die gesamte Flanke unter dem kompakten Felsriegel nach Norden traversiert, steuerte ich die (falsche) Lücke an, die sich mehr oder weniger direkt oberhalb des Einstiegspunktes befindet. Der Weg dorthin (T4, mühsam) bescherte mir die eine oder andere botanische Einlage. In der Gratlücke angekommen, realisierte ich sofort, dass dies nicht der gesuchte Zugang zu den Gipfeln der Hüser sein konnte: Ich war umgeben von einem Meer aus Legföhren, links und rechts der Gratlücke türmten sich abweisende Felswände auf.
 
Nun wollte ich natürlich nicht mehr den gleichen (botanischen) "Weg" bis zum Wanderweg zurücksteigen. Also querte ich direkt unter den Felswänden auf brauchbarem Gamswechsel hindurch und traf (oh Wunder) nach einer längeren Querung in nördliche Richtung auch tatsächlich auf den gesuchten Pfad. Die Route zu den Hüser wird offenbar regelmässig begangen, denn es hat sich im oberen Teil ein deutliches Weglein herausgebildet. Ich folgte dem Pfad, bis sich die Hüser-Schlucht öffnet und man bequem zur Grathöhe aufsteigen kann. Von dort führen Wegspuren, welche das Legföhrengestrüpp geschickt umgehen, auf das Plateau, wo der höchste Punkt kaum auszumachen ist. Dies ist mir aber auch egal, ich peile den Steinmann mit dem Gipfelbuch an. Das Gipfelbuch von 1995 ist noch immer nicht voll und wartet auf weitere Einträge!
 
Wieder zurück am Wanderweg, mühe ich mich noch über das verbleibende, von vielen Touristen bevölkerte Stück bis zum Gasthaus unter der Stauberenkanzel, auf deren Besteigung ich diesmal verzichte. Dafür lasse ich einen trüben Saft vom Fass durch meine staubtrockene Kehle rinnen und schwebe anschliessend sanft mit der Seilbahn (CHF 15,00) nach Frümsen (448 m) im Rheintal hinunter.    

Tourengänger: marmotta
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Kommentare (4)


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WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2012 um 11:14
Da "isser wieda", der marmotta, den wir kennen!! 2 Std bis Mutschen ist jetzt mal nicht gerade ne "Schlenderzeit". Freut mich sehr, das es dir wieder einigermaßen gut geht.
Und irgendetwas werden wir Beiden schon finden, als gemeinsame Tour... zur Not hab ich noch ne Geheimtour in petto: die Kneipentour :-))
Grüße aus Flachlandhausen
WoPo

marmotta hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2012 um 20:39
Hallo Herr Matterhornbezwinger - und Leidensgenosse (wobei meine Malässen ja zum Glück langsam schwinden)!

Erstmal: was die Zeit von Wildhaus bis auf den Mutschen anbelangt - da ist ja wohl noch viiiiel Luft nach oben. :-)

Zweitens: Ich nehme die Herausforderung gerne an und bin gerüstet für die (geheime) Kneipentour! Ich fürchte, dies wird ein sehr ernsthaftes Unternehmen...

LG aus Kreuzlingen-Nord
marmotta

Seeger hat gesagt: Alpstein bei Affenhitze
Gesendet am 29. Juli 2012 um 12:23
Ciao marmotta
Da waren wir ja zur gleichen Zeit der Sonne ausgesetzt.
Sicht von der Alp Sigel-Bogarten-Marwees:
http://www.hikr.org/gallery/photo848309.html?post_id=53251#1
Der kleine Unterschied: Wir benützten die Sigel-Bahn und starteten auf 1597m :-))
Gruss
Andreas

marmotta hat gesagt: RE:Alpstein bei Affenhitze
Gesendet am 29. Juli 2012 um 20:44
Ciao Andreas,

ja, die Alp Sigel hatte ich lange im Blick. Der Aufstieg in den Morgenstunden war dank Schatten und kühlendem Lüftchen gar nicht schlimm. Viel mehr Mühe hatte ich ab dem Mittag auf dem "Geologischen Höhenweg". Dort stand die heisse Luft regelrecht.

G.
marmotta


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