Kinhorn; Schutt I stay or Schutt I go
|
||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
Eines schon mal vorweg! An alle Liebhaber von pottöden Geröllhängen und nicht enden wollenden Schuttfeldern sowie brüchigen Flanken und herausbrechenden Gestein: Hier ist er, der optimale Berg fürs Stillen all dieser Gelüste!!
Der Schweizhutträger ist mittlerweile 30 Jahre in den Schweizbergen unterwegs, aber solch einen Berg hat auch er noch nicht erlebt.
Begonnen hat alles mit einer Diskussion auf Hikr, ob das Kinhorn womöglich noch als Wanderberg gezählt werden könnte oder doch eher als Hochtourenberg?! Neugierig geworden, versuchte ich daraufhin, Informationen übers Kinhorn einzuholen und siehe da: es gab so gut wie keine. Hätte mich eigentlich schon stutzig werden lassen müssen. Aber ist man erst einmal blind auf einem Auge, sieht man auf dem anderen auch so gut wie nix mehr. Oder anders gesagt: ich Schlaufuchs dachte, auf der Spur eines neuen Geheimtips zu sein; eine Perle im Wallis entdecken zu dürfen oder ganz profan, eine neue Hikr-Erstbegehung schreiben zu können (dies gehört zwar nicht zu meiner allerersten Prioritäten, macht aber zugegebenermaßen trotzdem riesig Spaß!!!)
"Ein Berg, der selten bestiegen wird", stand im Tourenführer des SAC.. noch ein Indiz, dass sich vielleicht ein Haar in der Suppe befindet könnte. Das es ne ganze Perücke sein würde, haben wir dann am eigenen Leib erfahren dürfen... "Schutt" happens!!
Schweißtropfen fielen bächeweise zu Boden, als wir am 20.08.14 zur Kinhütte aufstiegen. Die

Die Hütte selbst liegt, wie in anderen Berichten schon beschrieben, wirklich fantastisch. Toller Ausblick von Breit- über Matter-, Mettel- bis zum Weisshorn sind garantiert. Oben angekommen wurden wir zudem per Handschlag begrüßt - schöne Geste, die es nicht an vielen Hütten gibt. Ok, die Zahl der Hüttenübernachtungsgäste an diesem Tag ließ sich auch an einer Hand plus einem zusätzlichen Finger abzählen.. da ufert solch ein Handschlag auch nicht aus!! (Auf der Britaniahütte müßte man hierfür wahrscheinlich eine zusätzliche Kraft einstellen... nur fürs begrüßen mit Handschlag.. :-)
Nach einer kleinen Erfrischung mit Weizenanteil gingen wir nachmittags noch den Aufstiegsweg für den folgenden Morgen inspizieren. Bis zu den Wasserleitungen auf 2700m führt ein Weglein hinauf, anfangs recht deutlich sichtbar und nach einer ersten steileren Passage mit Steinmännern gekennzeichnet. Ab dort ist es vorbei mit der "Komfortzone". Nun beginnt ein buntes Potpourri aus Moränenschutt, Geröllhang, losen Steinen, noch mehr Schutt, Gerölltal, Moränengeröll und last but not least steilen Schuttrücken.
Wie schon erwähnt hatte ich als einzige Info die Tourenbeschreibung des SAC-Führers. Sieben mal mehr, mal weniger lange Sätze beinhaltet diese Beschreibung. In 4 Sätzen kommen eben genannte Worte wie Geröll, Schutt, lose Steine, etc vor. Im 5. Satz steht noch etwas von dachziegelartigen Platten!
Wenn man, wie der Mann mit rotem Hut, Kinhorn-infiziert und blind für all die negativen Details, diese Beschreibung mehr als lustiges Volkslied denn als ernsthafte Tourenanalyse liest, so wird man wie ER die nachfolgenden Erfahrungen machen müssen.
Wir gingen noch bis zu den Wasserleitungen und waren guter Dinge, die kommende Tour zu schaffen.
Der Abend verlief ruhig und der Lockruf des Lagers erfolgte ausgesprochen früh.
......
02.50 Uhr klingelte der Wecker. "Überraschenderweise" waren wir die einzigen, die heute aufs Kinhorn gehen wollten. Trotz dieser überschaubaren Anzahl an Aspiranten stand der Hüttenwirt in der Küche und hatte uns ein echt gutes Frühstück bereitet. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass er insgeheim Mitleid mit uns hatte... denn, WER will schon aufs Kinhorn gehen???
Wobei, HALT, eine kleine Geschichte zwischendurch! Oliver, der wirklich nette Hüttenwart, hatte uns am Abend zuvor erzählt, dass ein Gast 1!! (in Worten "EINE") Woche lang versucht hatte, dieses Kinhorn zu besteigen. Zwischen 02.00-04.00 Uhr stand er Tag um Tag auf, um den Gipfel endlich zu erreichen. Wußte ich vor unseren Besteigunsversuch noch nicht, was es heißt 5 mal durch diese öde Steinwüste zu marschieren, ziehe ich im nachhinein sämtliche in der Schweiz vorhandenen Schweizhüte vor diesem Willen und dieser Geduld!! Dem gebührt der komplette WoPo Respekt... ernsthaft!!
So, nun aber zurück zu unserer Geschichte. Wir sitzen immer noch in der kleinen Gaststube der Kinhütte, erfreuen uns am wirklich guten Frühstück und wollen gar nicht in die Finsternis.
Sind dann selbstredend doch gegangen und stolperten noch ungelenk den kleinen und teilweise ausgesetzten Steig entlang.
Natürlich verpassten wir schon am Beginn der Steinmänner den richtigen Weiterweg und stolperten noch ungelenker am gerölligen Hang entlang. Fein, dass wir uns am Nachmittag zuvor extra kundig gemacht hatten.
Aber tagsüber sieht es, wie die Fanta(stischen)4 mit Grönemeyer zu singen wissen, soo einfach aus... isses aber nicht..nachts!!
Die

Und nun fingen die Leckerbissen erst so richtig an. Im Dunklen bzw Stirnlampenlicht einen Geröllhang leicht absteigend queren, macht allergrößte Freude. Überall in deiner näheren Umgebung setzt sich alles mögliche an kleinen und mittleren Steinen in Bewegung, sobald du es wagst,einen Fuß vor den anderen zu setzen..yeah, wie schnell man dabei ins Rutschen kommt. Wie sagt der Mann auf dem Rummelplatz, "steigen Sie ein, eine neue Rutschpartie"!!
Ein Moränenkamm musste dann desweiteren überquert werden, um bei ca 2800m in ein Gerölltal zu gelangen. Übrigens: NEIN, wir übertreiben nicht, es klingt furchtbar und es ist auch so!! Und wer nicht glauben will, darf gerne selber fühlen gehen!
Dieses Geröltal wird auch Chessi genannt und befindet sich zwischen den Leiterspitzen und dem Kinhorn. Dort steigt man hinauf, liest man im SAC-Führer. Mir persönlich fehlen dort in der Beschreibung ein paar Adjektive wie "unangenehm" oder "anstrengend" oder auch "unschön".
Aber was jammer ich herum? Hatten wir doch 2 kleine Firnfelder vorgefunden und durften ca 200m NICHT auf losen Steinen und Geröll balancieren. Welch Wohltat und Balsam für`s (geröllige) WoPo-Seelchen!!
Spätestens am Ende des "Chessi" dachten wir, käme möglicherweise eine festere Unterlage. Was für ein amateurhafter und törrichter Gedanke!! Wie steht`s geschrieben?? "Über Geröll und leichte Felsen" geht es aufi. Und ein SAC-Führer lügt nicht!!!!!
Als wir uns in der gerölligen Flanke hinauf Richtung WNW-Grat befanden, keimte naiverweise Hoffnung auf, am genannten WNW-Grat kann es doch nur bester und fester werden. Tatsächlich bekamen wir am Grat den Hauch von Gefühl, hier nun festeres Gestein unter unseren Füßen zu spüren.
Wären dort nicht kleine, von weitem kaum erkennbare, Gendarme, die von Nahen betrachtet uns leider zu einem Ausweichen in die Westflanke zwangen. Und schon wieder wurden wir dort von Bruch und Schutt begrüßt.. wer den Schutt hat, braucht sich um Bruch nicht zu sorgen... heißt doch ein Sprichwort, oder?!
Ca. auf 3250m war dann plötzlich Ende im Gelände. Auf dem Grat ging es auf Grund eines Gendarmen nicht weiter. Ein mögliches Abklettern auf der anderen bzw steilen Seite konnte ich nicht erkennen. Eine vermeintliche Querung trieb uns dann zu Felsen, die kletterbar schienen. Erst als ich mich dort, ca einige Meter weiter oben, anfing unwohl zu fühlen, weil die Schwierigkeiten über das normale Maß hinaus gingen, kamen mir erste Zweifel, ob dies wirklich der einzig richtige "Pfad" hinauf wäre. Ein güldener Gedanke war dann im Nachhinein, dass ich die liebste

Endlich machte es nun klick und klack beim Schweizhutträger und es kosenquenzte förmlich aus Ihm heraus. "Feierabend" und "Schicht im Schacht" waren die ersten Worte, die er fand. Wobei er zunäxt einmal wieder einen Kletterweg hinab finden mußte... und DAS hat dann auch sehr lange gedauert.
Ich will die Beschreibung des Abstiegs nicht künstlich in die Länge ziehen, es würden sowieso die Worte Geröll, schuttiger Moränenkamm, lose Steine...etc, mehrfach vorkommen. Also: Abstieg wie vorheriger Aufstieg. Im Hellen jedoch etwas einfacher zu finden.
Während meine geliebte Begleiterin von Minute zu Minute froher wurde, bald endlich wieder festeres Geläuf unter ihre Füße zu bekommen und Sonnenschein ins Gesicht und auf die angefrorenen Finger, wurde ich umso stiller und nachdenklicher.
Die Geschichte, die mir der Vater am Gipfel des Mallich erzählte, kam wieder in meine Erinnerung (siehe auch http://www.hikr.org/tour/post84897.html hier). Wie nah Glück und Unglück bei einander liegen können, wurde mir heute besonders vor Augen geführt. Vielleicht war es ein klein wenig Erfahrung, vielleicht eine leichte Prise Intuition, aber mit Sicherheit auch eine große Portion Glück, dass wir gesund und heile wieder zur Kinhütte zurück kommen durften!!!
Obwohl wir die Tour zum Kinhorn auf dem WNW-Grat in CA. 3250m Höhe abgebrochen haben, möchte ich trotzdem einige allgemeine und hilfreiche Infos anführen.
Hüttenaufstieg:
Der Weg ist von Randa gut ausgeschildert. Einzig an einer Abzweigung fehlt die Beschilderung zur Kinhütte. Dort nicht in Richtung Domhütte abzweigen, sondern weiter geradeaus! Nach guten 2 Std trifft man auf den Europaweg. Dort hat man die Wahl direkt weiter hinauf (Beschilderung) zu steigen, oder ca 15-20 Minuten den Europaweg Richtung Ottavan benutzen, um dann über den Edelweissweg die Kinhütte zu erreichen. Dauert insgesamt etwas länger, ist aber auch landschaftlich etwas reizvoller!
3-3,5 Std ab Randa
Kinhorn:
Zunäxt über einen schmalen Steig, später über eine Moräne hinauf zu den Wasserleitungen auf ca 2700m . Hier quert man weiter im Moränengeröll zu einem Moränenkamm. Dieser wird überquert um dann auf den folgenden Geröllhang zu gelangen. Den Geröllhang hinauf ins Gerölltal, auch Chessi genannt. Hat man die Leiterspitzen (linksseitig) passiert und ist am Ende des Chessi, geht's es nördlich über Geröll und leichte Felsen hinauf zum WNW-Grat. Laut SAC-Führer steigt man über diesen Grat direkt auf den Gipfel. Wobei sich dieser später in einen steilen Schuttrücken verwandelt. Schon von der Kinhütte kann man den markanten Felszacken auf 3655m erkennen. Diesen Felszacken läßt man östlich liegen und steigt durch den kleinen Sattel zwischen Felszacken und Gipfel durch. Zum Gipfel geht es dann (sehr sympathisch) noch über dachziegelartige Platten.
Wie man die kleinen Gendarme umgeht, wird leider im SAC Führer nicht beschrieben!
Wir sind gespannt, ob und wann das "Geheimnis" des Kinhorns tatsächlich und komplett gelüftet wird. Vielleicht eine Aufgabe für den berühmten

Ein Besuch dieser tollen und schönen Hütte lohnt sich allemal. Das fand wohl auch das Fernsehteam der Sendereihe "bi de Lüt"/Hüttengeschichten. Diese drehten bei unserer Wiederkehr einige Szenen in und um der Kinhütte. Und wer weiß, vielleicht läuft im November ja sogar eine kleine Filmsequenz im Fernsehen, wo eine tolle Frau etwas ins Hüttenbuch zeichnet und ein ziemlich debil dreinschauender Herr im roten Schweizhut ihr dabei etwas erzählt, was ER heute schon längst wieder vergessen hat.
Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
Kommentare (13)