Die Folgen eines kleinen Ausrutschers…
|
||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
Geplant war eine intensive Gratwanderung vom Fluebrig über die berüchtigten hinteren Sihltaler-Grate bis zum Druesberg, via Südkante auf diesen Gipfel und weiter über den Forstberg immer der Gratkante entlang bis nach Moutathal. Alles schien perfekt zu stimmen und war bis ins kleinste Detail geplant. Sogar für das verdiente Abendessen in Moutathal holte ich mir vorgängig einen gastronomischen Rat von
MaeNi ein (Danke nochmals für den Tipp). Doch dann kam dieser kleine Ausrutscher dazwischen…
Mit der frühst möglichen Verbindung komme ich nach einer kleinen, fast zweieinhalbstündigen ÖV-Odyssee kurz von halb acht bei der Endstation
Studen SZ, Ochsenboden an. Zügig wandere ich zum Restaurant des Golfclubs, um dort auf der Forststrasse durch die Stafelwand an Höhe zu gewinnen. Es empfiehlt sich in diesem Abschnitt nicht zu sehr in Gedanken zu versinken und sich der eigenen Position auf der Karte immer gewahr zu sein. Denn der Einstieg des Pfades hoch zur Alp Unterwand lässt sich leicht übersehen. Die schwachen Spuren und die orange Markierung sind fast nur im Rückblick zu erkennen, wenn man schon fast daran vorbeigelaufen ist. Befindet man sich aber erst einmal auf der richtigen Spur, ist die Wegfindung kein Problem mehr: erbarmungslos geht es in unzähligen Kehren nach oben zu Alp Unterwand (1429m).
Von der oberen Alphütte führt ein schwach erkennbarer Pfad durch das hohe Gras nur leicht an Höhe gewinnend zur Leiter. Über diese und die darauf folgende Rampe erreiche ich auf ca. 1600m den Grat. Diesem folge ich nun aufwärts und wähne mich bei jeder auftauchenden Kuppe schon kurz vor dem Gipfel. Doch erst nach der dritten Täuschung stehe ich beim Gipfelkreuz des Wändlispitz (1971m).
Auf dem ausgeprägten Ostgrat folgt der ausgesetzte Abstieg, bei dem ich - ohne es zu merken - das im Gipfelbuch oft erwähnte Felsentor überklettere. Von oben hat der Abstieg furchterregend ausgesehen, im Rückblick wirkt er noch schlimmer. Nun geht es über Weiden weiter dem Grat entlang. Kurz nach Pt 1972 treffe ich auf den Bergwanderweg, auf dem ich nach einigen unschwierigen Klettereinlagen den Diethelm (2092m) und somit den höchsten Gipfel des Fluebrigs erreiche. Hier sehe ich mich intensiv am Panorama satt.
Auf dem gleichen Weg zurück erreiche ich Pt 2038, wo ich den markierten Pfad verlasse und auf dem Grat mit dem Turner (2069m) den nächsten Gipfel überschreite. Es folgt der erst ruppige Abstieg, bevor es in sanftem Auf und Ab über Heidekraut-Wiesen geht. Und dann, im Abstieg von Pt 1915 passiert es. Vielleicht eine kleine Unachtsamkeit, verursacht durch die wunderschöne Bergwelt, oder ein feuchter Erdtritt. Nur ein kleiner Ausrutscher, nicht weiter schlimm. Keine meterlange Rutschpartie, schon gar nicht ein Absturz. Mehr ein unkontrolliertes Absitzen, das ich mit den Händen versuche zu verhindern.
Die Schürfungen an der Hand desinfiziere ich kurz und decke sie mit einem improvisierten Verband aus der überalterten - da nie gebrauchten - Notfallapotheke ab. Der Arm und das Handgelenk beginnen zu schmerzen, doch dort ist alles in Ordnung. Allerdings scheint der Ringfinger gestaucht zu sein und das strahlt nun bis zu den Schultern hoch. Ich mach mich weiter auf den Weg, die kleinen Verletzungen sollten mich nicht behindern.
Doch da habe ich die Rechnung ohne die Psyche gemacht. Denn dieser scheint der kleine Vorfall mehr zu schaffen zu machen, als dem Körper. Die Knie fühlen sich in der Folge ungewohnt weich an, die Schritte sind nicht mehr so sicher und die Tritte werden nicht so souverän wie gewohnt getroffen. Solche Gefühle sind mir bisher fremd gewesen, fühle ich mich doch auch im exponierten Gelände sicher. Zwei kleinere Stolperer zeigen mir definitiv, dass ich einen Gang runterschalten muss und der Sicherheit willen langsamer und kontrollierter gehen muss. Denn bis zum Gantspitz (1970m) müssen noch einige heikle Passagen überwunden werden. Erst allmählich werden die Bewegungen wieder etwas fliessender und sicherer.
In der Ganthöchi (1824m) treffe ich auf einen Wanderer, der ebenfalls weglos unterwegs ist. Wie sich im Gespräch herausstellt, ist er zwar keine Hikr, aber ein eifriger Leser der Seite. Hikr-Grössen wie
Delta und
ossi kennt er, doch meine Wenigkeit ist ihm kein Begriff. Da muss ich wohl noch an meiner Popularität arbeiten…
Der folgende Aufstieg auf den Wänifirst (2004m) geht schon wieder zügiger vonstatten, die Sicherheit kommt langsam wieder zurück. Dies ist auch nötig, denn es gilt immer wieder heikle Passagen zu überwinden. Der nächste Gipfel irritiert. Der Fulberg scheint gemäss Karte der sich fast nicht vom Grat abhebende Pt 1935 zu sein. Wieso nicht der prominentere Pt 2034? Ich wähle die goldene Mitte und besteige keine der beiden Punkte. So ist der Fläschenspitz (2073m) bald erreicht.
Der folgende Abstieg beginnt gemütlich, doch vor Pt 1918 muss über unvorteilhaft geschichtete Felsen abgestiegen werden. Ich versuche elegant und sicher zu wirken, werde ich doch von rund 25 Steinböcken misstrauisch aus nächster Nähe begutachtet. Der Biet (1968m) ist bald überschritten und der Saaspass (1685m) wird erreicht. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass der kleine Ausrutscher nicht nur mich aus dem Tritt geworfen hat, sondern auch den Zeitplan. Auch der Finger ist nun bereits ziemlich geschwollen. Soll ich nun schon tatsächlich die Tour abbrechen, mir noch eine längere Pause am einladenden Sihlseeli gönnen und wieder nach Ochsenboden absteigen? Nein, für einen Abbruch ist es noch zu früh.
So folge ich weiter dem Grat. Im Gipfelbuch auf dem Lauiberg (2057m) entdecke ich als letzter Eintrag einen Namen, den ich in jedem der heute angetroffenen Gipfelbücher auf fast jeder Seite mindestens dreimal gelesen habe: Tschäss. Meine Blicke wandern dem Grat entlang und erspähen tatsächlich eine Silhouette im Abstieg vom Mieserenstock. Ist das der mysteriöse Tschäss?
Die Aussicht, herauszufinden wer sich hinter diesem mysteriösen Namen verbirgt, verleiht mir wieder Auftrieb. Mental bin ich nun wieder voll da und kann den anspruchsvollen Aufstieg zum Mieserenstock (2199m) wieder richtig geniessen! Oben angekommen sehe ich den anderen Bergsteiger im Aufstieg zu Pt 2150. Da habe ich aber mächtig aufgeholt, ich sollte bald bei ihm sein.
Doch weit gefehlt. So sehr ich mich auch bemühe, der Abstand wird nicht kleiner. Von Pt 2202 winkt er mir vom Höch Hund (2215m) entgegen und als ich kurz darauf selber auf dem Gipfel stehe, befindet er sich schon im rasanten Aufstieg zu den Chläbdächer. Ich gebe die Jagd auf. Endlich darf ich mich ins legendäre Gipfelbuch von
Delta eintragen. Wegen des lädierten Fingers leider nicht in meiner schönsten Schrift.
In etwas gemütlicheren Tempo klettere ich herunter und statte im Abstieg noch einen kurzen Besuch beim kleinen Bruder des vorher besuchten Gipfels ab: der Teuf Hund (2126m). Von hier sehe ich den anderen Berggänger, oder besser gesagt Bergrenner, bei Pt 2188, dann verliere ich ihn aus den Augen. Es folgt der Aufstieg auf die Chläbdächer (2177m), wo ich mir einen Besuch des höchsten Punktes auf dem Gratturm natürlich nicht verkneifen kann.
Punkt vier Uhr stehe ich bei Pt 2188 vor dem imposanten Bug des Druesberg. Genau der Zeitpunkt, an dem ich spätestens hier sein wollte, um diese Tour noch vernünftig über die Bühne zu bringen. Doch meine Wasserreserven sind fast aufgebraucht. Und ob ich diese bei den Bergrestaurants auf dem First auftanken kann, ist ziemlich ungewiss, da ich dort wohl erst kurz von sechs Uhr vorbeikommen würde. Und kann ich überhaupt die Kletterpassagen auf der Druesberg-Südkante mit meiner verletzten Hand meistern? Ich entschied mich für den Abbruch.
Ich steige zur Twäriberglücke (2029m) ab. Dort entdecke ich wieder den mysteriösen Bergsteiger, der in der Zwischenzeit über die Südkante auf den Druesberg gesprintet ist. Ich folge weiter dem blau-weiss markierten Bergweg zur Druesberghütte (1582m).
Ich sitze keine fünf Minuten auf der gemütlichen Sonnenterrasse, da taucht der rätselhafte Gipfelstürmer auf. Während meiner Aufholjagd habe ich mich gefragt, was der für ein seltsames Shirt trägt und wo sein Rucksack ist. Und da kommt er nun, mit nacktem Oberkörper, kurzen Läufershorts, Trailschuhen und einem Hüftgurt mit kleinem Bidon um die Ecke gelaufen. Braun gebrannt und mit langem gekraustem Haar. Kein Zweifel, dies muss der legendäre Tschäss sein! Während ich durstig meine eineinhalb Liter Apfelschorle herunterstürze, begnügt er sich mit einem Kaffee Nature. Wir kommen sofort ins Gespräch und tauschen unzählige und auch unglaubliche Gipfelgeschichten aus. Er ist übrigens immer so ausgerüstet unterwegs, ein Rucksack würde ihn nur einengen. So erfahre ich auch, wieso ich ihn am Mieserenstock fast aufgeholt habe: er hat sich ein halbstündiges Nickerchen gegönnt!
Es ist bereits nach fünf Uhr, als ich mir so langsam Gedanken über meine Heimreise mache. Da ich mit einem Abstieg ins vom ÖV bestens erschlossene Moutathal geplant habe, sind mir die Fahrpläne des Sihltales unbekannt. Auch Tschäss weiss noch nicht, wie er nach Hause kommt. Er fragt kurzerhand einen Einheimischen und so kommen wir in den Genuss eines Privattaxis, das uns hinunter nach Weglosen (1035m) bringt. Beim Überqueren des riesigen Parkplatzes können wir gerade noch das letzte Postauto abfahren sehen. So geniessen wir alle zusammen noch einen Café im dortigen Restaurant.
Zusammen mit Tschäss marschiere ich anschliessend auf der Hauptstrasse Richtung Unteriberg. Doch weit kommen wir nicht, schon bald nehmen uns zwei nette Einheimische mit dem Auto mit. So erreiche ich noch rechtzeitig das nächste Postauto in Unteriberg.
Zuhause wird der gestauchte Finger gekühlt und gesalbt. Am nächsten Morgen suche ich dann auf Anraten meines Physiotherapeuten doch noch einen Arzt auf. Diagnose: Das Aussenband am Ringfinger wurde mit einem kleinen Stück Knochen herausgerissen. So muss ich nun eine Schiene tragen und kann statt im gewohnten Zehnfingersystem nur noch im 5.1 System (fünf Finger rechts, Einer links) tippen…
Fazit: Das hintere Sihltal hat wahrlich schöne Grate zu bieten! Leider konnte ich diese nach meinem Ausrutscher nicht mehr in der gewünschten Form geniessen. Aber zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. An anderer Stelle hätte so ein Missgeschick fataler, wenn nicht gar finaler enden können!
Doch der Vorfall hatte auch positive Seiten: Ich weiss nun, wie sich Unsicherheit im heiklen Gelände anfühlt. Und ich durfte Bekanntschaft mit Tschäss machen, einer unglaublichen Persönlichkeit. Und da ich wegen der Verletzung vorläufig keine grossen Touren machen kann, hatte ich am letzten Wochenende genügend Zeit, um mich um andere Dinge zu kümmern…

Mit der frühst möglichen Verbindung komme ich nach einer kleinen, fast zweieinhalbstündigen ÖV-Odyssee kurz von halb acht bei der Endstation

Von der oberen Alphütte führt ein schwach erkennbarer Pfad durch das hohe Gras nur leicht an Höhe gewinnend zur Leiter. Über diese und die darauf folgende Rampe erreiche ich auf ca. 1600m den Grat. Diesem folge ich nun aufwärts und wähne mich bei jeder auftauchenden Kuppe schon kurz vor dem Gipfel. Doch erst nach der dritten Täuschung stehe ich beim Gipfelkreuz des Wändlispitz (1971m).
Auf dem ausgeprägten Ostgrat folgt der ausgesetzte Abstieg, bei dem ich - ohne es zu merken - das im Gipfelbuch oft erwähnte Felsentor überklettere. Von oben hat der Abstieg furchterregend ausgesehen, im Rückblick wirkt er noch schlimmer. Nun geht es über Weiden weiter dem Grat entlang. Kurz nach Pt 1972 treffe ich auf den Bergwanderweg, auf dem ich nach einigen unschwierigen Klettereinlagen den Diethelm (2092m) und somit den höchsten Gipfel des Fluebrigs erreiche. Hier sehe ich mich intensiv am Panorama satt.
Auf dem gleichen Weg zurück erreiche ich Pt 2038, wo ich den markierten Pfad verlasse und auf dem Grat mit dem Turner (2069m) den nächsten Gipfel überschreite. Es folgt der erst ruppige Abstieg, bevor es in sanftem Auf und Ab über Heidekraut-Wiesen geht. Und dann, im Abstieg von Pt 1915 passiert es. Vielleicht eine kleine Unachtsamkeit, verursacht durch die wunderschöne Bergwelt, oder ein feuchter Erdtritt. Nur ein kleiner Ausrutscher, nicht weiter schlimm. Keine meterlange Rutschpartie, schon gar nicht ein Absturz. Mehr ein unkontrolliertes Absitzen, das ich mit den Händen versuche zu verhindern.
Die Schürfungen an der Hand desinfiziere ich kurz und decke sie mit einem improvisierten Verband aus der überalterten - da nie gebrauchten - Notfallapotheke ab. Der Arm und das Handgelenk beginnen zu schmerzen, doch dort ist alles in Ordnung. Allerdings scheint der Ringfinger gestaucht zu sein und das strahlt nun bis zu den Schultern hoch. Ich mach mich weiter auf den Weg, die kleinen Verletzungen sollten mich nicht behindern.
Doch da habe ich die Rechnung ohne die Psyche gemacht. Denn dieser scheint der kleine Vorfall mehr zu schaffen zu machen, als dem Körper. Die Knie fühlen sich in der Folge ungewohnt weich an, die Schritte sind nicht mehr so sicher und die Tritte werden nicht so souverän wie gewohnt getroffen. Solche Gefühle sind mir bisher fremd gewesen, fühle ich mich doch auch im exponierten Gelände sicher. Zwei kleinere Stolperer zeigen mir definitiv, dass ich einen Gang runterschalten muss und der Sicherheit willen langsamer und kontrollierter gehen muss. Denn bis zum Gantspitz (1970m) müssen noch einige heikle Passagen überwunden werden. Erst allmählich werden die Bewegungen wieder etwas fliessender und sicherer.
In der Ganthöchi (1824m) treffe ich auf einen Wanderer, der ebenfalls weglos unterwegs ist. Wie sich im Gespräch herausstellt, ist er zwar keine Hikr, aber ein eifriger Leser der Seite. Hikr-Grössen wie


Der folgende Aufstieg auf den Wänifirst (2004m) geht schon wieder zügiger vonstatten, die Sicherheit kommt langsam wieder zurück. Dies ist auch nötig, denn es gilt immer wieder heikle Passagen zu überwinden. Der nächste Gipfel irritiert. Der Fulberg scheint gemäss Karte der sich fast nicht vom Grat abhebende Pt 1935 zu sein. Wieso nicht der prominentere Pt 2034? Ich wähle die goldene Mitte und besteige keine der beiden Punkte. So ist der Fläschenspitz (2073m) bald erreicht.
Der folgende Abstieg beginnt gemütlich, doch vor Pt 1918 muss über unvorteilhaft geschichtete Felsen abgestiegen werden. Ich versuche elegant und sicher zu wirken, werde ich doch von rund 25 Steinböcken misstrauisch aus nächster Nähe begutachtet. Der Biet (1968m) ist bald überschritten und der Saaspass (1685m) wird erreicht. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass der kleine Ausrutscher nicht nur mich aus dem Tritt geworfen hat, sondern auch den Zeitplan. Auch der Finger ist nun bereits ziemlich geschwollen. Soll ich nun schon tatsächlich die Tour abbrechen, mir noch eine längere Pause am einladenden Sihlseeli gönnen und wieder nach Ochsenboden absteigen? Nein, für einen Abbruch ist es noch zu früh.
So folge ich weiter dem Grat. Im Gipfelbuch auf dem Lauiberg (2057m) entdecke ich als letzter Eintrag einen Namen, den ich in jedem der heute angetroffenen Gipfelbücher auf fast jeder Seite mindestens dreimal gelesen habe: Tschäss. Meine Blicke wandern dem Grat entlang und erspähen tatsächlich eine Silhouette im Abstieg vom Mieserenstock. Ist das der mysteriöse Tschäss?
Die Aussicht, herauszufinden wer sich hinter diesem mysteriösen Namen verbirgt, verleiht mir wieder Auftrieb. Mental bin ich nun wieder voll da und kann den anspruchsvollen Aufstieg zum Mieserenstock (2199m) wieder richtig geniessen! Oben angekommen sehe ich den anderen Bergsteiger im Aufstieg zu Pt 2150. Da habe ich aber mächtig aufgeholt, ich sollte bald bei ihm sein.
Doch weit gefehlt. So sehr ich mich auch bemühe, der Abstand wird nicht kleiner. Von Pt 2202 winkt er mir vom Höch Hund (2215m) entgegen und als ich kurz darauf selber auf dem Gipfel stehe, befindet er sich schon im rasanten Aufstieg zu den Chläbdächer. Ich gebe die Jagd auf. Endlich darf ich mich ins legendäre Gipfelbuch von

In etwas gemütlicheren Tempo klettere ich herunter und statte im Abstieg noch einen kurzen Besuch beim kleinen Bruder des vorher besuchten Gipfels ab: der Teuf Hund (2126m). Von hier sehe ich den anderen Berggänger, oder besser gesagt Bergrenner, bei Pt 2188, dann verliere ich ihn aus den Augen. Es folgt der Aufstieg auf die Chläbdächer (2177m), wo ich mir einen Besuch des höchsten Punktes auf dem Gratturm natürlich nicht verkneifen kann.
Punkt vier Uhr stehe ich bei Pt 2188 vor dem imposanten Bug des Druesberg. Genau der Zeitpunkt, an dem ich spätestens hier sein wollte, um diese Tour noch vernünftig über die Bühne zu bringen. Doch meine Wasserreserven sind fast aufgebraucht. Und ob ich diese bei den Bergrestaurants auf dem First auftanken kann, ist ziemlich ungewiss, da ich dort wohl erst kurz von sechs Uhr vorbeikommen würde. Und kann ich überhaupt die Kletterpassagen auf der Druesberg-Südkante mit meiner verletzten Hand meistern? Ich entschied mich für den Abbruch.
Ich steige zur Twäriberglücke (2029m) ab. Dort entdecke ich wieder den mysteriösen Bergsteiger, der in der Zwischenzeit über die Südkante auf den Druesberg gesprintet ist. Ich folge weiter dem blau-weiss markierten Bergweg zur Druesberghütte (1582m).
Ich sitze keine fünf Minuten auf der gemütlichen Sonnenterrasse, da taucht der rätselhafte Gipfelstürmer auf. Während meiner Aufholjagd habe ich mich gefragt, was der für ein seltsames Shirt trägt und wo sein Rucksack ist. Und da kommt er nun, mit nacktem Oberkörper, kurzen Läufershorts, Trailschuhen und einem Hüftgurt mit kleinem Bidon um die Ecke gelaufen. Braun gebrannt und mit langem gekraustem Haar. Kein Zweifel, dies muss der legendäre Tschäss sein! Während ich durstig meine eineinhalb Liter Apfelschorle herunterstürze, begnügt er sich mit einem Kaffee Nature. Wir kommen sofort ins Gespräch und tauschen unzählige und auch unglaubliche Gipfelgeschichten aus. Er ist übrigens immer so ausgerüstet unterwegs, ein Rucksack würde ihn nur einengen. So erfahre ich auch, wieso ich ihn am Mieserenstock fast aufgeholt habe: er hat sich ein halbstündiges Nickerchen gegönnt!
Es ist bereits nach fünf Uhr, als ich mir so langsam Gedanken über meine Heimreise mache. Da ich mit einem Abstieg ins vom ÖV bestens erschlossene Moutathal geplant habe, sind mir die Fahrpläne des Sihltales unbekannt. Auch Tschäss weiss noch nicht, wie er nach Hause kommt. Er fragt kurzerhand einen Einheimischen und so kommen wir in den Genuss eines Privattaxis, das uns hinunter nach Weglosen (1035m) bringt. Beim Überqueren des riesigen Parkplatzes können wir gerade noch das letzte Postauto abfahren sehen. So geniessen wir alle zusammen noch einen Café im dortigen Restaurant.
Zusammen mit Tschäss marschiere ich anschliessend auf der Hauptstrasse Richtung Unteriberg. Doch weit kommen wir nicht, schon bald nehmen uns zwei nette Einheimische mit dem Auto mit. So erreiche ich noch rechtzeitig das nächste Postauto in Unteriberg.
Zuhause wird der gestauchte Finger gekühlt und gesalbt. Am nächsten Morgen suche ich dann auf Anraten meines Physiotherapeuten doch noch einen Arzt auf. Diagnose: Das Aussenband am Ringfinger wurde mit einem kleinen Stück Knochen herausgerissen. So muss ich nun eine Schiene tragen und kann statt im gewohnten Zehnfingersystem nur noch im 5.1 System (fünf Finger rechts, Einer links) tippen…
Fazit: Das hintere Sihltal hat wahrlich schöne Grate zu bieten! Leider konnte ich diese nach meinem Ausrutscher nicht mehr in der gewünschten Form geniessen. Aber zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. An anderer Stelle hätte so ein Missgeschick fataler, wenn nicht gar finaler enden können!
Doch der Vorfall hatte auch positive Seiten: Ich weiss nun, wie sich Unsicherheit im heiklen Gelände anfühlt. Und ich durfte Bekanntschaft mit Tschäss machen, einer unglaublichen Persönlichkeit. Und da ich wegen der Verletzung vorläufig keine grossen Touren machen kann, hatte ich am letzten Wochenende genügend Zeit, um mich um andere Dinge zu kümmern…
Tourengänger:
Tobi

Communities: T6
Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
Kommentare (21)