(Tierwis -) Girenspitz 2446 m - Säntis 2502 m - Nasenlöcher


Publiziert von basodino , 10. September 2020 um 15:00.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum: 5 September 2020
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-AR   CH-SG   CH-AI 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 680 m
Abstieg: 1415 m
Strecke:13,5 km
Zufahrt zum Ankunftspunkt:mit dem Auto oder Bus zur Schwägalp, großer, kostenfreier Parkplatz, in der Hochsaison gut besucht
Unterkunftmöglichkeiten:Berggasthof Tierwis 2085 m, privat, 1 Doppelzimmer, Matratzenlager, Halbpension, Berghaus Alter Säntis 2480 m, 12 Doppelzimmer, Matratzenlager, Halbpension

Am frühen Morgen wurden wir durch den sehr pflichtbeflissenen Hahn geweckt und durch sich laut unterhaltenden Tagesgäste vor der Hütte am Weiterschlafen gehindert. Es war schon überraschend, wie viele Wanderer bereits um 6 Uhr morgens von der Schwägalp heraufgestiegen kamen. So waren wir zwar trotzdem etwas besser ausgeschlafen als die Frühaufsteiger, aber so ganz gemütlich waren die ersten Minuten des Tages nicht.

Auch das Frühstück fand nur halb in entspannter Atmosphäre statt, denn spätestens ab 7.30 Uhr wurde es im Gastraum richtig voll. Hier prallten wirtschaftliche Interessen und Hygienekonzept schrill aufeinander. Es wundert mich auch, wie wenig die anderen Wanderer Angst vor einer Ansteckung in einer engen Berghütte haben. Uns war schnell unwohl und wir machten uns auf die Socken.

Der erste Anstieg bis unweit der Blauschneelücke liegt im September zwischen 8 und 9 Uhr im Schatten. Insofern war es heute doch etwas kühl, zumal der Wind stetig zunahm, je höher wir kamen. Der Weg bleibt zunächst einfach, überwindet einen ersten Aufschwung auf der rechten Seite und führt in eine Traverse, die im leichten Auf- und Ab über beeindruckende Leisten und Bänder in einen Geröllkessel führt. Unweit des Seilbahnmastens (an dem man auch ein- und aussteigen kann), führt der Weg durch eine Felsbank und dann hinüber in einen steilen Felshang, durch den der Weg klug hinaufgeführt wird - steil, aber wenig schwierig. T3+, 1 h 00 min

Von der ersten Scharte bogen wir unmarkiert, aber über eine Spur nach links aufwärts ab und erstiegen in wenigen Minuten den Girenspitz, der ca. 50 m höher gelegen ist. Das befriedigt das alpine Herz insofern, da dies ein unverbauter, natürlicher Gipfel ist, wenngleich er sich deutlich im Schatten des monströsen Säntis befindet. T3, 15 min für den Abstecher

Nun ging es dem Grat entlang (bzw. rechts desselben) über einen teilweise aus dem Fels gehauenen Weg zu einer zweiten Scharte (ein paar Meter leicht kraxelig im Abstieg, I), wo die "Himmelsleiter" ansetzt. Diese bestens abgesicherte Passage ist dann auch viel leichter (höchstens I) als von weitem zu erahnen. Nur sind Abschnitte nicht so sehr für den Gegenverkehr geeignet, obgleich es Ausweichstellen gibt, die extra deshalb eingerichtet wurden. Im Aufstieg war das aber nicht so sehr das Problem, obwohl ich mich schon etwas gedrängt gefühlt habe. Manch einer scheint den Berg nicht ersteigen zu wollen, sondern erstürmen wäre das bessere Wort (und ich meine hier nicht Mountainrunner, sondern meine Wandergenossen, die es wohl mehrheitlich sehr eilig hatten).
Die Ketten und Sicherungen enden auf einem kleinen Plateau, wo es für den Bergwanderer dann skuril wird. Ein Schutztunnel führt bis an die Felsen heran. Im Fels kommt man in einem Stollen an eine Kreuzung. Nach rechts geht es die Wendeltreppe hinauf und man kommt auf dem Stockwerk der Bergbahn im Gebäude unweit des Shops heraus. Nun kann man im oder außerhalb des Gebäudes über ausladende Treppen zum Gipfel aufsteigen, der nur mehr wenige Zentimeter aus einer Plattform herausragt. Für jeden Naturliebhaber ist das ein Trauerspiel. Dank des heftigen Windes und der frühen Uhrzeit waren hier aber wenigstens keine Menschenmassen unterwegs. T3+, I, 25 min

Nach einer Pause im Gebäude (Erholung vom Wind) stiegen wir den gleichen Weg zur Scharte vor dem Girenspitz zurück. Dank massivem Gegenverkehr war das schon weniger lustig, aber gerade noch handlebar. T3+, I, 20 min

Auch in der Scharte warteten wir ein wenig ab, um in der gesicherten Passage im Abstieg nicht so viele Nah-Begegnungen zu haben. Der Abstieg zu dem verbliebenen kleinen Schneefeld ist nicht weiter schwierig, da bestens abgesichert. Dann querten wir nach links weiter hinab, eine weitere Felsflanke wurde massiv bearbeitet, um hier einen leichten Weg zu ermöglichen und kamen über eine Geröllhalde auf die steinigen Wiesen des Rossegg, wo wir eine längere Mittagspause einlegten. T3+, 35 min

Das Gebiet des Rossegg ist nicht sonderlich übersichtlich. Nach einer Weile verzweigt sich der Weg und wir nahmen die linke Variante. Dies führt zu einem kleinen Gegenanstieg und einer Querung hinüber zum Höchnideri-Sattel. Hier nicht rechts abbiegen, sondern weiter links queren zum Öhrlisattel. T3+, 40 min

Am Öhrlisattel ganz kurz über den Rücken, dann links hinab über ein Band eine Stufe hinab zu einer Abzweigung. Hier beginnt die blau markierte Route zu den "Nasenlöchern". Im oberen Teil erschließt sich die blaue Markierung noch nicht, obwohl man zweimal durch einen Spalt absteigen muss (bestenfalls eine I). So erreicht man eine Senke, bevor der spannende Teil beginnt. Die Spur windet sich durch eine Wiese zu einem steilen Abfall, den man kettengesichert zu überwinden beginnt (I). Nun über eine sehr schmale Spur oftmals in Querungen nach links, wobei schnell eine zweiten Kraxelstelle kommt, die durch Ketten gesichert ist. Dies ist die Schlüsselstelle.
Ich weiß nicht, ob man im Abstieg eine andere Bewertung geben darf, als dass man dies im Aufstieg tun würde, aber mein subjektives Empfinden dieser Passage ist dann doch eher eine II- als eine I. Die Stufe ist sehr steil, die Trittmöglichkeiten sind teilweise abgespeckt (rutschig) und man sollte sich schon gut (mit beiden Händen) festhalten. Auch ist der Weiterweg nicht so ganz trivial, vor allem auch, weil das zu durchquerende Gelände sehr steil ist und man einige Minuten mit größter Konzentration vorgehen sollte. Nach der "Schweizer Art", die Kletterstelle in die T-Skala einzupreisen, wäre das für mich eher ein T5 als ein T4. Nach der "Deutschen Art" gebe ich ein T4+, II-. Im Aufstieg mögen einem die Schwierigkeiten geringer vorkommen.

Der Weg bleibt lange schmal und führt durch Gelände, welches Fehler evtl. nicht verzeihen würde. Die Nasenlöcher selbst haben wir nicht wahrgenommen, sondern erst von unten gesehen. Wenn man aus den Felsen heraus ist, muss man noch einige Höhenmeter in steilen Wiesen zurücklegen, wobei die Spur hier problemlos ist und den Abstieg deutlich entspannter wird. T4+, II-, 1 h 30 min

Der Rest ist schnell beschrieben. Man trifft auf eine Alpstraße, der man immer weiter nach links die Hänge im leichten Auf- und Ab querend folgt, bis man zurück an der Schwägalp ist. T1, 55 min

Insgesamt ist das eine wirklich tolle Tour durch teilweise atemberaubende Landschaften. Man trifft aber viele, viele Leute, was mein Bild vom Alpstein leider eher bestätigt hat: schön, aber überlaufen. Gerade in Corona-Zeiten würde ich diese Tour nicht so schnell wiederholen und vor allem würden wir bei weiteren Touren im Alpstein dann wohl eher die weniger bekannten Gipfel dort ansteuern.

Tourengänger: basodino, tourinette


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

alpstein hat gesagt:
Gesendet am 10. September 2020 um 15:10
Sehr schön beschriebene und bebilderte Berichte aus dem Alpstein. Obwohl alles bestens bekannt, nie langweilig.

Beste Grüße
Hanspeter

basodino hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. September 2020 um 16:41
Danke Hanspeter für den netten Kommentar. Ich schreibe die Berichte auch dann so ausführlich, wenn sie bereits dutzendfach beschrieben sind, da ich mich gerne später an meine eigenen Touren erinnere. Und oft ist jede noch so häufig gegangene Tour auch jedes Mal wieder anders.

Viele Grüße
Marcel


Kommentar hinzufügen»