Zwei Schluchten und ein Grat
Also los! Man startet diese Tour am Besten in Ottenhöfen (327m), auf dem Parkplatz am Steinbruch im Gottschlägbachtal (377 m). Schweres Wort.
Der Weg führt nach dem Kieswerk am Gottschlägbach entlang in die Schlucht des Gottschlägbachs, vorbei an der Auskolkungshöhle Edelfrauengrab (420m), zu der es auf einer Tafel eine schöne Sage zu lesen gibt:
"Ritter Wolf von Bosenstein war während der Zeit der Kreuzzüge zusammen mit dem kaiserlichen Heer ins Heilige Land gezogen, um dieses aus der Hand der Sarazenen zu befreien. Seine Frau, die er zurücklassen musste, nahm es allerdings mit der ehelichen Treue nicht so genau und lebte mit ihrem Liebhaber in Saus und Braus. Also, eigentlich lebte sie im Schloss Bosenstein...
Eines Tages klopfte eine Bettlerin mit sieben halbverhungerten Kindern am Schloss Bosenstein an und bat um eine milde Gabe. Angesichts ihrer sieben Kinder wurde sie von der hochmütigen Schlossherrin verspottet und schroff vertrieben, so dass sie Frau von Bosenstein mit folgendem Fluch bedachte: "Sieben Kinder sollst du auf einmal zur Welt bringen, alle so elend wie die, welche du verhöhnst." Der Fluch wurde wahr. Eine Tages brachte die Schlossherrin sieben Kinder zur Welt. In ihrer Not sah sie keinen anderen Ausweg, als ihre Dienerin zu beauftragen, die Kinder in einen Sack zu stecken und im Schlossweiher zu ertränken.
Gerade zu diesem Zeitpunkt traf die Dienerin den vom Kreuzzug zurückkehrenden Schlossherrn. Der stellte sie zur Rede, und nachdem ihm die Dienerin glaubhaft machen wollte, kleine Hunde ertränken zu wollen, nahm der Schlossherr den Inhalt des Sacks in Augenschein. Wutentbrannt befahl der Ritter die Dienerin zurück ins Schloss und trug ihr auf, der Herrin die Ausführung ihres Befehls zu berichten. Wolf selbst brachte die Kinder zu Verwandten auf die Burg Hohenfels im Elsass und ließ sie dort unter anderem im Harfespiel erziehen.
Sieben Jahre später ließ Wolf die sieben Kinder zu einem Fest auf die Burg Bosenstein bringen. In ärmlicher Kleidung spielten sie auf ihren Harfen und sangen von ihrem traurigen Schicksal. Auf die Frage aus den Reihen der Gäste, was solch eine unmenschliche Mutter wohl verdiene, antwortete die Schlossherrin: "Diese sollte bei einem Laib Brot und einem Krug Wasser lebendig eingemauert werden." Daraufhin erwiderte ihr von Zorn erfüllter Gatte: "So sei's, du hast dein eigenes Urteil gesprochen. Es soll an dir vollzogen werden!" Und so geschah es. Wolf ließ seine Gattin bei Wasser und Brot in eine von Wasser bespülte Höhle im Gottschlägtal lebendig einmauern. Letztendlich befahl er, den Bach in die Höhle hineinzuleiten, um seine Frau von ihren Qualen zu erlösen. Seit dieser Zeit heißt die Felsenhöhle das "Edelfrauengrab"."
Heimatland! Rauhe Sitten, da im Nordschwarzwald...
Wir wanderten die Schlucht weiter hinauf, an zahlreichen Wasserfällen vorbei, immer auf der im Sinne des Aufstiegs linken Hangseite. Weiter hinten im Gottschlägbachtal zweigt man dann von einem breiten Holzabfuhrweg in spitzem Winkel nach links ab und steigt zum Grat hinauf. Oben gelangt man dann an eine Felsenkanzel, den Aussichtspunkt Herrenschrofen (635 m), von dem aus man eine tolle Aussicht hinüber ins Rheintal hat.
Von hier folgt man dem dem Weg hinauf zum Bergrücken, der bald den felsigen Grat ausbildet.
Beim Karlsruher Grat handelt es sich nicht um einen Klettersteig. Auf dem Grat selbst verlaufen keine Drahtseile, Leitern oder Farbmarkierungen, weswegen die genaue Route jeweils frei gewählt werden kann. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowie gutes Schuhwerk sollten unbedingt vorhanden sein. Auch sollte man den Grat nach Regen aufgrund der Rutschgefahr meiden. Die Kletterei an dem etwa 400 Meter langen Porphyrgrat (II) nimmt je nach Können etwa eine halbe bis eine Stunde in Anspruch. Die Schlüsselstelle bildet ein kleines Wandl, das dem Begeher Kletterfertigkeiten im unteren zweiten Grad abverlangt.
Wer ein aufschlussreiches Video vom Karlsruher Grat sucht, kann sich das hier mal anschauen. Wem das nicht gefällt: Für Ungeübte bietet sich ein schmaler Waldpfad auf der Nordseite des Grates zur, je nach Laune und Können, vollständigen oder teilweisen Umgehung der Kletterpassagen an.
Die Waldelfe und ihre Boys hatten einen Riesenspaß! Wir kraxelten neben, auf und über den Grat durch sämtliche Einser- und Zweierstellen, und gerade Julian, der die wenigste Erfahrung in solchem Gelände mitbrachte, stellte sich sehr gut an, und zeigte dem Prophyr die Wade.
Am Ende des Grats steigt man in den Wald hinunter, und gegenüber am Rücken wieder hinauf, bis man die Straße (K5370) erreicht.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stiegen wir weiter hinauf in die Hänge des Melkereikopfes. Der Gipfel (1024m) kann mitgenommen werden, muss aber nicht. Wir haben nicht. Stattdessen querten wir den Hang auf halber Höhe, und hatten nochmal einen schöpnen Blick hinunter auf "unseren" Grat.
Beim Abstieg nach Süden, Richtung Klosterruine Allerheiligen, überquerten wir an einem kleinen Parkplatz (792 m) in einer Kurve die K5370 erneut. Hier steht auch die kleine Karl-Friedrich-Hütte, die bei schlechtem Wetter Schutz bieten könnte.
Von der Straße aus ging's weiter nach Süden und hinunter zum Kloster Allerheiligen (620m), das wir nicht erreichen, ohne vorher noch zwei mal die K5370 zu überqueren.
Allerheiligen ist ein heute noch als Ruine erhaltenes ehemaliges Prämonstratenser-Chorherrenstift, das um 1195 gegründet wurde. Die Reste der gotischen Kirche sind bis heute ein Anziehungspunkt für Kunstinteressierte und Ausflügler. Dementsprechend gibt es hier die übliche Infrastruktur: Parkplätze, Schautafeln, Einkehrmöglichkeiten.
Wir verlassen das Kloster mit oder ohne Einkehr und gehen den Talweg entlang hinunter zu den Allerheiligen-Wasserfällen.
Diese wurden um 1840 durch einen Steig mit vielen Treppen begehbar gemacht. Berühmt geworden sind sie unter anderem durch Mark Twain, der auf seiner Europareise 1878 Schlucht, Wasserfälle und Kloster besuchte, und seine Eindrucke in seinem Buch "A Tramp Abroad" festhielt.
Am Ende der Schlucht angekommen (hier an der - Überraschung - K5370 ist noch ein Parkplatz (512 m), von dem aus man Zugang zum unteren Teil der Schlucht hat) wandten wir uns nach rechts und stiegen wieder hinauf in den Wald. Oben wieder rechts und hoch über den Wasserfällen, mit spektakulären Tiefblicken vom Aussichtspunkt Engelskanzel (594 m) wieder zurück zum Kloster.
Hinter dem Kloster geht es nun über eine Wiese hinauf zum Wald, wo wir uns nach links wandten. Dort treffen sich an einer Y-Kreuzung im Wald, wo auch ein Parkplatz ist, die Straßen K5370 und K5371. Wir queren hier die K5370 und wählten den Weg, der uns ins Kolbenloch, den Talschluss der Unterwasser, führte. Über diesen breiten Waldweg (die einzige unschöne Passage der Tour), vorbei an der Strittwaldhütte (676 m), ging es hinüber zu den Häusern am hübschen Blöchereck (600 m), von wo aus wir auf kleinen Pfaden nach rechts ins Gottschlägbachtal abstiegen. Dort angekommen, ging es durch die Schlucht und am Edelfrauengrab vorbei zum Ausgangpunkt im Steinbruch Ottenhöfen (377 m) zurück.
Fazit:
Eine herrliche Tour, eine der schönsten im Nordschwarzwald! Zwei Schluchten, ein Grat, steile Hänge, wurzelige Wege, eine Höhle mit einer grausamen Geschichte - und wie zum Ausgleich eine gotische Klosterruine -.mehr kann man als Romant nicht von einer Tour verlangen! Umso schöner, wenn man so nette Begleiter dabei hat! Leute, sowas mammer wieder mal!
P. S.: Auch wenn viele das tun, würde ich den Karlsruher Grat nicht zu den Klettersteigen zählen. Er ist zwar ein Steig, und man muss da auch klettern, aber es handelt sich nicht um eine eisengesicherte Via Ferrata im eigentlichen Sinne. Eine Tourenbeschreibung zu den Schwarzwälder Klettersteigen findet sich unter Alle Schwarzwälder Klettersteige - an einem Tag!


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