Paternkofel


Publiziert von Nik Brückner , 3. Januar 2022 um 14:21.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:12 August 1992
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   Monte Paterno   Paternkofel 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:17km
Unterkunftmöglichkeiten:Dreizinnenhütte, Büllelejochhütte

Der Paternkofel! Betonung auf dem ersten -e-: Patèrnkofel. Wer der Berg bis dato noch nicht kannte - na, es dürfte wohl kaum einen Fan von südtiroler Klettersteigen geben, der dort noch nicht oben war. Der Berg ist für's Schlangestehen berüchtigt.

Aber selbst die zwei, drei, die dort noch nicht oben warn, dürften den Berg kennen. Entweder aus dem (leider vergessenen) Fantasy-Klassiker KRULL (Colwyn hat das Glaive in einer Höhle im Paternkofel gefunden; am Gran Sasso wurde auch gedreht), oder aus "Solo: A Star Wars Story". Der Berg featurte in der Szenenfolge mit dem Güterzug. Was? Den Film hat keiner gesehen? Ja, ich weiß, aber so übel war der nicht. "Solo" nicht zu sehen, bloß weil "The last Jedi" so abgrundtief blöd war - damit gesteht man VIII mehr Wirkung zu, als er verdient hat. 

Aber zurück zu diesem Tourenbericht.



Mit Mike Oldfields "Tubular Bells II" im Player fuhren wir ins Fischleintal. Start unserer Wanderung war auf dem Parkplatz Fischleintal (1454m), an der Fischleinbodenhütte/Rifugio Piano Fiscalino (1454m).

Der Name hat nichts mir kleinen Fischen zu tun. Das Fischleintal ist schon im 10. Jahrhundert als Hochalpe des Klosters Innichen urkundlich bezeugt, und zwar unter der Bezeichnung "Uiscalina", später zu "Fischlein" eingedeutscht wurde.

Von hier aus wanderten wir taleinwärts zur Talschlusshütte/Rifugio Fondovalle (1548m). Dort stiegen wir ca. 900 Höhenmeter hinauf zur Drei-Zinnen-Hütte/Rifugio Locatelli (2420m), wo der Anstieg auf den Paternkofel startet.

Der Einstieg in die Aufstiegsroute befindet sich am Nordgrat des Paternkofels, beim Frankfurter Würstl/Salsiccia di Francoforte (2435m), einer auffälligen Felssäule südlich der Hütte.

Hier isst man am Besten ein - genau, denn bei dem Stau auf der Tour will man niemanden mit Rucksackkramereien aufhalten.

Und hier geht's auch gleich los mit - nein, nicht mit der Kraxelei, sondern mit einem Spaziergang durch einen ca. 400 Meter langen Stollen, die Galleria Paterna.

Im Ersten Weltkrieg war der Paternkofel zwischen österreichischen und italienischen Soldaten heftig umkämpft, wovon noch heute Stellungen, Steiganlagen, und nicht zuletzt dieser Tunnel zeugen. 1974/75 wurden diese Steiganlagen wieder instandgesetzt, seither dienen sie als Klettersteig.

Die Galleria Paterna ist anfangs noch hin und wieder durchbrochen, Der Hauptstollen ist allerdings stockdunkel. Hier gibt's kein Licht mehr, lediglich hin und wieder ein Fenster, man braucht für diese Tour deshalb unbedingt eine Taschen- oder Stirnlampe. Im Tunnel geht es teils über Stufen aufwärts, bis man am vierten Felsfenster endlich ins Freie tritt, an der Ostseite des Grats.

An dieser Stelle, also am Beginn des eigentlichen Klettersteigs, könnte man links unschwierig (A) zu einer Geröllhalde und dem Weg 101 hinuntersteigen (Notabstieg). 

Für Klettersteigfreunde beginnt hier der Kraxelspaß auf der Via Ferrata De-Luca-Innerkofler.

Am 4. Juli 1915 kam der bekannte Sextener Kletterer und Bergführer Sepp Innerkofler in unmittelbarer Nähe des Gipfels ums Leben, beim Versuch, den Paternkofel von den italienischen Alpini zu erobern. Der Klettersteig wurde zu Ehren Innerkoflers und seines italienischen Kontrahenten Piero de Luca benannt. Ein Topo (PDF) gibt's hier.

Der Klettersteig führt zunächst eine kleine Wand/Rippe (A/B) steil hinauf. Dann geht's in einfacherem Gehgelände zu einer längeren schluchtartigen Rampe, die zur Gamsscharte hinaufführt. Auf der Rampe ist's zunächst einfach (A), je weiter hinauf man kommt, umso schwieriger wird's. Zuletzt, knapp unter der
Gamsscharte/Forcella del Camoscio (2650m) ist es kurz B.

In der Gamsscharte angekommen, teilt sich der Weg: Geradeaus geht's auf dem Passportensteig zur Passportenscharten und weiter zum Paternsattel/Forcella Lavaredo. Ein paar Meter weiter auf diesem Weg zweigt nach links der Sentiero delle Forcelle (Schartenweg) Richtung Forcella dei Laghi und Büllelejojch ab. Zum Gipfel des Paternkofels geht's rechts hinauf.

Und auch diese Route teilt sich nochmal: In eine Auf- und eine Abstiegsvariante. Rechts geht's aufwärts: Hier steigt man eine steile Wandstufe (B) hinauf, zu einem Band (A), das nun nach links zum Ende der Seilversicherungen führt. Von hier aus wandert man in zwei Kehren unschwierig zum Gipfel hinauf. Eine letzte Wandstufe kurz vor dem Gipfel ist unproblematisch (I-). Dann ist man am Paternkofel/Monte Paterno (2744m) angelangt.

Die Drei Zinnen, in unmittelbarer Nähe! Ein grandioser Anblick. Wir waren überwältigt. Und hätten damals nicht geglaubt, dass wir bald selbst auf der Großen Zinne stehen würden. Abgesehen davon ist es der Rundblick, der fasziniert: Rechts hinter den Zinnen der Monte Cristallo und die Tofanen, die Sellagruppe mit dem Piz Boe sowie die Fanesgruppe mit dem Heiligkreuzkofel. Im Westen dann die Hohe Gaisl, im Nordwesten der Schwalbenkofel, weit dahinter der Hohe Riffler. Es folgen der Haunold und der Steingrubenkogel. Im Norden, ganz nah, die Dreischusterspitze, dahinter der Alpenhauptkamm mit dem Großglockner. In den Villgratener Bergen sind der Deferegger Riegel, der Regenstein, und der Rappler zu sehen. Im Osten prominent die Sextener Rotwand, Elfer und Zwölfer, im Süden schließlich Cimon del Froppa und Antelao. 

Wir machten uns dann an den Abstieg. Die Felsstufe am Gipfel ist schnell abgeklettert, dann ging's auf dem Steig zurück an die Stelle, an der Auf- und Abstiegsvariante sich teilen. Rechts geht's nun hinunter, ein Tickerl schwieriger (B/C) als die Aufstiegsroute. Wieder in der Gamsscharte/Forcella del Camoscio (2650m) zurück, stiegen wir ein paar Meter südseitig ab, und zweigten dann links ab, auf den Sentiero delle Forcelle/Schartenweg.

Auch dieser Weg geht auf einen alten Kriegssteig zurück. Er verläuft vom Abzweig aus in der Südflanke der Gamsspitzen Richtung Osten, in stetigem Auf und Ab über reizvolle Bänder. Dabei stößt man immer wieder auf Reste aus dem Gebirgskrieg. Kleine Schluchten unterwegs werden mit Hilfe von Brücken überwunden. Kurze gesicherte Passagen, darunter eine steile Schlucht, in die man mit Hilfe von Leitern ab- und wieder aufsteigt, sind dabei maximal A/B. Schließlich gelangt man zu einem Militärunterstand, von dem aus man nun unschwierig über einen begrünten Rücken zur Forcella dei Laghi (2543m) hinuntersteigt.

Wir hatten überlegt, bis zur Büllelejochhütte weiterzugehen, nahmen dann aber die Abstiegsmöglichkeit aus der Forcella nach Norden. Dort geht es etwa 200 Höhenmeter hinunter zum Verbindungsweg Dreizinnenhütte - Büllelejochhütte. Wir folgten diesem Weg ein Stück ostwärts, und zweigten dann zum Unteren Bödensee (2207m) links ab. Der Weg führt von dort aus weiter nach Norden hinunter, trifft bald auf unsere Aufstiegroute, auf der wir nun zur Talschlusshütte/Rifugio Fondovalle (1548m) abstiegen. Schließlich wanderten wir von dort aus zurück zum Parkplatz Fischleintal (1454m) an der Fischleinbodenhütte/Rifugio Piano Fiscalino (1454m).


Fazit:

Ein Klassiker - was soll man dazu noch sagen. Die Tour ist eine grandiose (Fast-)Überschreitung auf einem berühmten Dolomitenklettersteig, der zudem eine lange Geschichte hat. Höhepunkte sind die mehrere hundert Meter lange "Galleria Paterna", die Rundsicht vom Gipfel, mit dem Blick hinüber zu den gewaltigen Nordwänden der Drei Zinnen, und der aussichtsreiche Schartenweg.


Ausrüstung:

Klettersteigset, Helm und Stirnlampe. Ohne die geht's auf dieser Route nicht.


Tourengänger: Nik Brückner, H. Brückner


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Kommentare (4)


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Wimpy hat gesagt: Cortina
Gesendet am 3. Januar 2022 um 17:08
Merci Nik für die coolen Bilder.
Diese Tour war bei mir schon in Planung für denn Sommer 2020. Jedoch wurde uns diese Ferienreise nach Cortina durch ein kleines Wesen zunichte gemacht. Aber ich wurde durch diesen historischen Beitrag wieder heiss auf Cortina. Mal sehn was das neue Jahr macht.
Grüsse von Wimpy

Nik Brückner hat gesagt: RE:Cortina
Gesendet am 4. Januar 2022 um 11:25
Dann wünsche ich ich uns allen, dass wir das Virus bald unterkriegen, und wir uns wieder auf schönere Dinge konzentrieren können!

Herzlichen Gruß,

Nik

Nyn hat gesagt: fast 30 Jahre
Gesendet am 3. Januar 2022 um 21:55
Toll, an was Du dich nach so langer Zeit noch alles erinnern kannst, Nik!

Nik Brückner hat gesagt: RE:fast 30 Jahre
Gesendet am 4. Januar 2022 um 11:26
;o} Das Internet hat ein bisschen geholfen!

Gruß,

Nik


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