Glärnisch-Trilogie als Überschreitung
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Selbst wenn sich die höchsten Gipfel anderswo finden, der Glärnisch bildet das unbestrittene Zentrum der Glarner Alpen. Jeder Zürcher kennt das Vrenelisgärtli und bewundert seinen Schneehut von der Quaibrücke oder dem Uetliberg aus. Eine der lohnendsten Touren im Gebiet - ja in den Glarner Alpen überhaupt - bildet die sogenannte Glärnisch-Trilogie, welche Vrenelisgrätli, Ruchen und Bächistock kombiniert. Diese kann mit Übernachtung auch ab Glärnischhütte durchgeführt werden, eines der empfohlenen Highlights im neuen Alpinführer. Doch wer die konditionellen Voraussetzungen mitbringt, dem kann ich von dieser Variante nur abraten. Der wahre Geniesser wählt den Aufstieg über den Guppengrat und macht die Glärnisch-Trilogie so zur echten Überschreitung. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass dies meine schönste Bergtour überhaupt war.
Punkt 5:30 parkieren wir etwas oberhalb von Schwändi bei P. 738. Das spart einige Höhenmeter. Aber was ist das schon angesichts des happigen Tagesprogramms... Wir wählen die Variante via Mittler Guppen (1233m), alternativ könnte auch über Leuggelenberg aufgestiegen werden. Im Schein der Stirnlampen absolvieren wir den Pflichtteil bis zum Einstieg auf Guppen Oberstafel (1658m), wo sich erstmals der Blick öffnet auf die Glärnisch SE-Flanke, welche wir in den kommenden Stunden durchsteigen. Wenn das Wetter mitspielt, erkennt das scharfe Auge gar schon das Vreneli.
Gute Wegspuren führen an den Fuss des Mittelstocks. Generell sind bis ganz zum Gipfel immer wieder Trittspuren ersichtlich, weshalb ich die Orientierung in dieser Route als geringes Problem erachte (bei guter Sicht). An geeigneter Stelle erklimmt man den Rücken des Mittelstocks und peilt die Rinne links vom markanten Turm an, welche durchs erste Felsband führt. Aufgrund der Steinschlaggefahr wird die Rinne heute linkerhand über Grasplanggen umgangen. Wer (wie ich) am liebsten in steilem Mischgelände aus Gras, Fels und Schotter unterwegs ist, kommt bis hierher voll auf seine Rechnung. Schwierigkeit: max. T5+. Reine Felspassagen - nicht meine Spezialität - sind die Ausnahme in der Guppenroute.
Eine erste knifflige Stelle markiert die bereits mehrfach erwähnte Platte mit dem vertikalen Riss. Zuoberst (wo der Riss endet) fehlt ein einziger Griff für ein schönes Durchkommen. Mit etwas Würgen (oder einer helfenden Hand oder einem Pickel) geht's trotzdem. Das nächste Mal würde ich die Stelle linkerhand umgehen. Anschliessend weiter durch typisches T5-Gelände zum Firnfeld unterhalb der Chanzle. Man geniesst von hier einen wunderbaren Blick auf Nidfurner Turm, Guppenfirn, Höchtor und Guppengrat. Und die verschiedenen Gesteinsschichten funkeln in allen Farben.
Der Aufstieg zur Chanzle (2604m) - nach Überquerung des kurzen Firnfelds - markiert die mühsamste Stelle des Tages: feuchter, plattiger Fels mit schlechten Griffen (T6). Dafür muss beim Einstieg im Moment keine Randkluft überwunden werden. Anschliessend folgt der Guppengrat selber, welchen man meist in Nähe der Schneide begeht. Schwierigkeit: oft T5, max. T6-. Und dann sind die 2170m Aufstieg geschafft. Auf dem Vrenelisgärtli (2904m) rastet bereits ein junges Pärchen. Und wenig später trifft Frigg Hauser mit drei Gästen über die Normalroute ein. Es werden die einzigen Seilschaften bleiben heute.
Hüllt sich der Gipfel bei unserer Ankunft noch in Wolken, drücken nach wenigen Minuten bereits die Sonnenstrahlen durch. Für den Rest des Tages geniessen wir bestes Berg- und Fotowetter. Vom Schwandergrat peilen wir in direkter Linie den nahen Ruchen (2901m) an, mögliche Varianten durch die harmlosen Felsaufschwünge gibt es viele, T4. Der Tiefblick ist gigantisch: 2000m unter uns liegt der Klöntalersee, gar 2400m das Glarner Unterland.
Wieder unten queren wir den Glärnischfirn am obersten Ende Richtung P. 2755, vorbei am Windkessel. (Hinweis: Man halte sich hier wirklich möglichst hoch. Gemäss Hüttenwart sind kürzlich drei Begeher in diesem Bereich hüfttief eingesunken). Ab hier bis zum Bächistock kann mehr oder weniger direkt dem Grat gefolgt werden (s. Karte). Am anspruchvollsten der erste Aufschwung gleich nach dem Windkessel: brüchiger Fels, durchgehend T5 bis T6, einen Tick schwieriger als der Guppengrat, aber weniger exponiert. Anschliessend genussvoll über Gehgelände zum Bächistockfirn und zuletzt über den Ostgrat (kurz T5-) auf den Bächistock (2914m). Schade, dass dieser lohnende Gipfel im Vergleich zur berühmten Nachbarin so wenig Besuch erhält. Das (bald volle) Gipfelbuch stammt noch aus dem Jahr 2002.
Für den Abstieg wählen wir das nahe untere Couloir, zu welchem knieschonend abgerutscht werden kann. Das Couloir selber ist momentan bis weit runter aper, was mühsames Plattengelände zum Vorschein bringt (T5+). Im unteren Teil liegt ewiger Schnee. Man nehme doch den Pickel rechtzeitig zur Hand. Glaubt mir, ich weiss wovon ich spreche... Diese Variante erlaubt dem glaziophoben Alleingänger eine sichere Umgehung der Spaltenzone (R. 230a statt 230). Denn im Gegensatz zur LK besteht der Glärnischfirn unterhalb des Couloirs nur aus einer mickrigen, mit Steinen durchsetzten Eisschicht. Im weiteren Abstieg bekommt man einen ersten Eindruck einer Vrenelibegehung in dreissig Jahren: kilometerlange Quälerei über mühselige Geröllhalden. Die Zukunft gehört dem Guppengrat.
Wegen der Tourengruppe ist die Glärnischhütte (1990m) glücklicherweise geöffnet. Ein Bier und eine Nussstange später folgt der Gwaggel Rossmatter Tal abwärts. 90 Minuten später haben wir es bereits hinter uns gebracht, im Laufschritt würde man es auch in einer Stunde schaffen.
Zeiten
5:05 Vrenelisgärtli
0:55 Ruchen
1:40 Bächistock
1:05 Glärnischhütte
1:30 Klöntal Plätz
10:15 Marschzeit
12:15 Gesamtzeit
Saisonfazit: Auch wenn im Idealfall noch bis Ende November weitergewandert werden kann, bildet diese Tour doch den perfekten Saisonabschluss. Alles was jetzt noch kommt, ist für mich bloss Zugabe. Nach dem verregneten Frühling war uns der Wettergott an den Wochenenden meist hold gesinnt, so dass ich eine Vielzahl von Projekten umsetzen konnte. In Erinnerung bleiben mir insbesondere folgende Höhepunkte: Wägitaler Rundtour, Überschreitung Bös Fulen, Gross Chärpf, mein erster 4000er (Lagginhorn), Überschreitung Hausstock, Rad via Gassenfurggel. Ein so erfolgreicher Tourensommer (ohne Zwischenfälle) ist nicht selbstverständlich. Guten Gewissens kann ich deshalb sagen: Winter Du darfst kommen!
Punkt 5:30 parkieren wir etwas oberhalb von Schwändi bei P. 738. Das spart einige Höhenmeter. Aber was ist das schon angesichts des happigen Tagesprogramms... Wir wählen die Variante via Mittler Guppen (1233m), alternativ könnte auch über Leuggelenberg aufgestiegen werden. Im Schein der Stirnlampen absolvieren wir den Pflichtteil bis zum Einstieg auf Guppen Oberstafel (1658m), wo sich erstmals der Blick öffnet auf die Glärnisch SE-Flanke, welche wir in den kommenden Stunden durchsteigen. Wenn das Wetter mitspielt, erkennt das scharfe Auge gar schon das Vreneli.
Gute Wegspuren führen an den Fuss des Mittelstocks. Generell sind bis ganz zum Gipfel immer wieder Trittspuren ersichtlich, weshalb ich die Orientierung in dieser Route als geringes Problem erachte (bei guter Sicht). An geeigneter Stelle erklimmt man den Rücken des Mittelstocks und peilt die Rinne links vom markanten Turm an, welche durchs erste Felsband führt. Aufgrund der Steinschlaggefahr wird die Rinne heute linkerhand über Grasplanggen umgangen. Wer (wie ich) am liebsten in steilem Mischgelände aus Gras, Fels und Schotter unterwegs ist, kommt bis hierher voll auf seine Rechnung. Schwierigkeit: max. T5+. Reine Felspassagen - nicht meine Spezialität - sind die Ausnahme in der Guppenroute.
Eine erste knifflige Stelle markiert die bereits mehrfach erwähnte Platte mit dem vertikalen Riss. Zuoberst (wo der Riss endet) fehlt ein einziger Griff für ein schönes Durchkommen. Mit etwas Würgen (oder einer helfenden Hand oder einem Pickel) geht's trotzdem. Das nächste Mal würde ich die Stelle linkerhand umgehen. Anschliessend weiter durch typisches T5-Gelände zum Firnfeld unterhalb der Chanzle. Man geniesst von hier einen wunderbaren Blick auf Nidfurner Turm, Guppenfirn, Höchtor und Guppengrat. Und die verschiedenen Gesteinsschichten funkeln in allen Farben.
Der Aufstieg zur Chanzle (2604m) - nach Überquerung des kurzen Firnfelds - markiert die mühsamste Stelle des Tages: feuchter, plattiger Fels mit schlechten Griffen (T6). Dafür muss beim Einstieg im Moment keine Randkluft überwunden werden. Anschliessend folgt der Guppengrat selber, welchen man meist in Nähe der Schneide begeht. Schwierigkeit: oft T5, max. T6-. Und dann sind die 2170m Aufstieg geschafft. Auf dem Vrenelisgärtli (2904m) rastet bereits ein junges Pärchen. Und wenig später trifft Frigg Hauser mit drei Gästen über die Normalroute ein. Es werden die einzigen Seilschaften bleiben heute.
Hüllt sich der Gipfel bei unserer Ankunft noch in Wolken, drücken nach wenigen Minuten bereits die Sonnenstrahlen durch. Für den Rest des Tages geniessen wir bestes Berg- und Fotowetter. Vom Schwandergrat peilen wir in direkter Linie den nahen Ruchen (2901m) an, mögliche Varianten durch die harmlosen Felsaufschwünge gibt es viele, T4. Der Tiefblick ist gigantisch: 2000m unter uns liegt der Klöntalersee, gar 2400m das Glarner Unterland.
Wieder unten queren wir den Glärnischfirn am obersten Ende Richtung P. 2755, vorbei am Windkessel. (Hinweis: Man halte sich hier wirklich möglichst hoch. Gemäss Hüttenwart sind kürzlich drei Begeher in diesem Bereich hüfttief eingesunken). Ab hier bis zum Bächistock kann mehr oder weniger direkt dem Grat gefolgt werden (s. Karte). Am anspruchvollsten der erste Aufschwung gleich nach dem Windkessel: brüchiger Fels, durchgehend T5 bis T6, einen Tick schwieriger als der Guppengrat, aber weniger exponiert. Anschliessend genussvoll über Gehgelände zum Bächistockfirn und zuletzt über den Ostgrat (kurz T5-) auf den Bächistock (2914m). Schade, dass dieser lohnende Gipfel im Vergleich zur berühmten Nachbarin so wenig Besuch erhält. Das (bald volle) Gipfelbuch stammt noch aus dem Jahr 2002.
Für den Abstieg wählen wir das nahe untere Couloir, zu welchem knieschonend abgerutscht werden kann. Das Couloir selber ist momentan bis weit runter aper, was mühsames Plattengelände zum Vorschein bringt (T5+). Im unteren Teil liegt ewiger Schnee. Man nehme doch den Pickel rechtzeitig zur Hand. Glaubt mir, ich weiss wovon ich spreche... Diese Variante erlaubt dem glaziophoben Alleingänger eine sichere Umgehung der Spaltenzone (R. 230a statt 230). Denn im Gegensatz zur LK besteht der Glärnischfirn unterhalb des Couloirs nur aus einer mickrigen, mit Steinen durchsetzten Eisschicht. Im weiteren Abstieg bekommt man einen ersten Eindruck einer Vrenelibegehung in dreissig Jahren: kilometerlange Quälerei über mühselige Geröllhalden. Die Zukunft gehört dem Guppengrat.
Wegen der Tourengruppe ist die Glärnischhütte (1990m) glücklicherweise geöffnet. Ein Bier und eine Nussstange später folgt der Gwaggel Rossmatter Tal abwärts. 90 Minuten später haben wir es bereits hinter uns gebracht, im Laufschritt würde man es auch in einer Stunde schaffen.
Zeiten
5:05 Vrenelisgärtli
0:55 Ruchen
1:40 Bächistock
1:05 Glärnischhütte
1:30 Klöntal Plätz
10:15 Marschzeit
12:15 Gesamtzeit
Saisonfazit: Auch wenn im Idealfall noch bis Ende November weitergewandert werden kann, bildet diese Tour doch den perfekten Saisonabschluss. Alles was jetzt noch kommt, ist für mich bloss Zugabe. Nach dem verregneten Frühling war uns der Wettergott an den Wochenenden meist hold gesinnt, so dass ich eine Vielzahl von Projekten umsetzen konnte. In Erinnerung bleiben mir insbesondere folgende Höhepunkte: Wägitaler Rundtour, Überschreitung Bös Fulen, Gross Chärpf, mein erster 4000er (Lagginhorn), Überschreitung Hausstock, Rad via Gassenfurggel. Ein so erfolgreicher Tourensommer (ohne Zwischenfälle) ist nicht selbstverständlich. Guten Gewissens kann ich deshalb sagen: Winter Du darfst kommen!
Tourengänger:
Bergamotte

Communities: T6
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