Vrenelisgärtli, Ruchen und die Fürberge


Publiziert von Delta Pro , 5. August 2019 um 08:30.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 4 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Glärnischgruppe 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 2340 m

Ein Morgen im Glärnisch-Massiv

Die Glärnisch-Gipfel sehe ich von zu Hause aus jeden Tag (zumindest bei gutem Wetter). Während ich auf dem Vrenelisgärtli bis jetzt schon sieben Mal war, liegt mein letzter Besuch auf dem Ruchen mittlerweile 18 Jahre zurück. Ich hatte eigentlich geplant die Glärnisch-Trilogie (z.B. hier) zu machen - Ruchen, Vreneli, Bächistock. Aufgrund zwei Fakten musste ich aber umplanen: (1) beide Couloirs am Bächistock sehen schon sehr ungemütlich aus - das Vordere auf ca. 100m komplett schneefrei und plattig, das Hintere ebenfalls mit grösseren Felsstufen (wohl überwindbar). (2) Viele Leute schon früh morgens auf der Normalroute zum Vreneli. Da ich vor dem Trubel durch sein wollte, zog ich direkt dorthin. Trotz fliegender Änderung der Tourenplanung kam ich voll und ganz auf die Rechnung - super schöne Gipfel, trotz vielen Berggängern in der Region jede Menge Einsamkeit, und die abschliessende Besteigung der beiden, mir noch unbekannten, Fürberge war ein weiteres Highlight.

Ein Wort zu den Anforderungen: Trotz geringer Höhe ist das Vrenelisgärtli noch immer eine Hochtour. So waren heute alle, die ich getroffen habe, mit der kompletten Ausrüstung unterwegs (Pickel, Steigeisen, Seil, Helm). Mein Rucksack war da natürlich reduziert. Leichtsteigeisen und für einmal keine Trailrunners haben sich aber gelohnt. Ob man auf dem Glärnischfirn anseilen will, sei dahingestellt. Richtige Spalten dürfte es kaum mehr geben, aber im schneebedeckten oberen Teil sind sie nicht ganz auszuschliessen. Wenn man inmitten einer grösseren Gruppe unterwegs ist, wäre auch ein Helm nicht falsch.


Etwas nach 4 Uhr geht's hinter dem Klöntalersee mit dem e-bike los. Das ist natürlich eine massive Erleichterung für den ersten 550 Höhenmeter nach Wärben (nicht eingerechnet ins Höhenmeterbudget der Tour). Wieviel Zeit mit dem Umrüsten netto wirklich eingespart wird, weiss ich nicht, wohl weniger als eine halbe Stunde. Dennoch wären die immerhin fast 6km auf dem Fahrsträsschen wenig motivierend gewesen. Auf dem Hüttenweg purzeln die Höhenmeter dann und noch vor 5.20 Uhr bin ich bei der Glärnischhütte. Eigentlich hatte ich erwartet, dass für eine solche Tour nicht in aller Herrgottfrühe Tagwache ist und ich sauber vor den ersten Aspiranten gegen den Gipfel gehen kann. Weit gefehlt: Es tanzen Dutzende Stirnlampen vor mir. Ich hatte offenbar vergessen wie das auf Hochtouren läuft... Da ich absolut keine Lust habe, mich am Schwander Grat durchdrängeln zu müssen, plane ich um und strebe direkt das Vreneli an. Beim Gletscher sind die vordersten Berggänger eingeholt. Steigeisen leisten gute Dienste auf dem gefrorenen Schnee / dem Blankeis. Obwohl schon Teile des Gletschers ausgeapert sind, ist es erstaunlich, dass noch bis in eine Höhe von 2500 m.ü.M. eine zumindest dünne Schneedecke vorliegt. Nach genau zwei Stunden ab Wärben bin ich auf dem Schwander Grat, wo mich die Morgensonne begrüsst - eine wunderschöne Stimmung. Der Abstieg entlang der Ketten ist problemlos, wenn auch recht steil. Der Weiterweg aufs Vreneli ist komplett schneefrei. Punkt 7 Uhr erreiche ich den Gipfel - zu der Tageszeit natürlich noch absolut alleine.

Nach einer ausgiebigen, aber im kalten Wind recht kühlen Rast (ich bin froh um die zusätzliche Schicht und die Beinlinge) gehe ich wieder zurück und erreiche den Schwander Grat genau richtig vor den vielen anderen Seilschaften von der Hütte. Der SE-Grat zum Ruchen sieht steil aus, ist aber einfach. Auf Bändern kann man in netter Kraxelei (T4+, kurze Stellen II) zum Vorgipfel steigen und dann weiter zum Hauptgipfel. Während vor 18 Jahren Ende August fast vom Gipfel über Schneefelder abgerutscht werden konnte, ist der Abstieg auf den Gletscher nun beschwerlich und führt über unübersichtliche Karrenfelder, die Vorsicht und etwas Blick für die Route erfordern (T4). Ohne Steigeisen bis zur Gletscherzunge und zum Abzweiger ins Steintälli auf ca. 2230 m.ü.M. Dieser ist ausgeschildert, aber nicht direkt am Weg, sondern etwas oberhalb. Ein schmaler Pfad führt durch das eindrückliche Tal mit Unmengen an verschieden farbigem Geröll hinauf. Die Steilstufe wird rechts überwunden (T4). Bei einem grossen Steilmann halte ich links hinaus ins Karrenfeld und steige querend gegen den Usser Fürberg auf (einige kurze Kletterstellen II und oben steilere Grashänge). Vor Erreichen des Grates quert man links über ein Grasband in eine Verschneidung und steigt links von dieser hinauf (T5). Anschliessend in sehr schöner Kraxelei entlang des Grates zum selten besuchten, aber sehr aussichtsreichen Gipfel (T5, II). Der Übergang zum Inner Fürberg geht schnell. Nach dem Grasband kann man alles auf der Höhe queren und erreicht über einen schönen Kalkgrat das Weglein und auf diesem einfach den Gipfel. Der Abstieg bis zur Hütte erfordert Vorsicht und erlaubt kein schnelles Gehen, unten geht's dann besser. Natürlich bin ich ums Bike froh, das mich zurück an den Klöntalersee bringt.


Durchgangszeiten:
Klöntal Plätz (e-bike): 4.07
Wärben: 4.38
Glärnischhütte: 5.19
Vrenelisgärtli: 7.00
Ruchen: 7.51
Usser Fürberg: 9.30
Inner Fürberg: 9.53
Wärben: 10.55
Plätz (e-bike): 11.15

Tourengänger: Delta


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Kommentare (7)


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Primi59 hat gesagt:
Gesendet am 5. August 2019 um 13:21
Tolle Bilder und schöner Bericht, gut warst du mit dem E-Bike unterwegs, so um die Mittagszeit war Schluss mit zum Zeltplatz zu fahren, später am Nachmittag sogar ganz Aus für Klöntaler-Autofahrer, so war ich froh auch zu Fuss unterwegs gewesen zu sein, resp. war früh dran mit PP bei der Tobelbrücke

Gruss
Priska

schnafler hat gesagt: shame on e-bikers!
Gesendet am 13. August 2019 um 16:41
Motörlisportler aller Welt, vereinigt euch! Euch gehört die Zukunft des Lallpinismus - zu schlaff zum selber RICHTIG Hochmachen, zu mitteilungsbedürftig, um beschämt zu verschweigen, was ihr wieder UNGLAUBLICH VERRECKTES RUNTERGESCHRISSEN HABT DANK DES e-Bikes...

3614adrian hat gesagt: Null Verständnis...
Gesendet am 13. August 2019 um 21:13
Was ist bloss los?
Wo liegt nur die Motivation andere schlecht zumachen?
Es ist wohl ein egoistischer Grund...
Ich halte mich ja meist sehr zurück, doch das ging mir jetzt zuweit!
Hast du den Bericht überhaupt gelesen?

Hoffe auf ein in Zukunft wieder friedlicheres hikr-Klima.

Adrian

Delta Pro hat gesagt:
Gesendet am 14. August 2019 um 07:47
ähm, Dein Problem verstehe ich echt nicht... Wieso postest Du ähnliche Kommentare nicht bei JEDER Tour, wo der öV oder das Auto verwendet wurde um zum Ausgangspunkt zu gelangen? Ich nehme an, auch Du gehst nicht immer von der Haustür aus zu Fuss? Hier wurde nun halt das e-bike für die Anfahrt zum Startpunkt verwendet um Zeit zu sparen, ja und? Ich glaube 2300 Höhenmeter (ohne Motor) dürfen doch hier auf Hikr als Tour durchgehen? Ich denke, Du würdest Dich auch sehr wundern zu Deinen Hike&Fly Touren Vorwürfe zu lesen, dass Du zu schlapp wärst runterzulaufen ;-) (von mir kriegst Du sicher keine solchen, aber versetz Dich mal in die Situation)
Also, bitte, etwas mehr Respekt!
Ich lösche aus Prinzip keine Kommentare und lasse die Diskussion so stehen wie sie ist.
Gruss und weiterhin schöne Touren
Delta

schnafler hat gesagt: sorry!!!!!
Gesendet am 15. August 2019 um 14:39
Sorry, Delta, mein Kommentar ist mir wohl etwas zu angriffig geraten - verletzen wollte ich sicher nicht, bloss zum Denken anregen, und wenn ich da zu ruppig geworden bin, entschuldige ich mich darum jetzt ganz explizit. Dass ich den vermehrten, sich sogar viral vermehrenden und in keiner Weise irgendwie sinnvoll öffentlich diskutierten Einsatz von e-Bikes in den Bergen aber ein RICHTIGES Problem finde - das ist nach wie vor so (und ich bin mir in letzter Zeit, unterwegs mit dem normalen Bike, gegenüber den motorisierten jungen Fahrern mehrmals echt wie ein Trottel vorgekommen, jedenfalls so behandelt worden -- wie als peinlicher Vertreter einer aussterbenden Minderheit; als wäre ich ein unbelehrbarer Orthodoxer, ein Retro-Trampli, ein Zeuge Jehovas der nicht-motorisierten Aufstiegsquälerei. Ich hätte dir, Delta, gegenüber aber etwas mehr Milde walten lassen, ganz klar, und nochmals sorry, hast du dir dann auf den 2340 motorlosen Höhenmetern doch offenbar immerhin Mühe gegeben und ein paar gäche Gipfel runtergeschrissen zu Fuss und human-powered.

Noch was: Durchgangszeiten innerhalb der Gesamttour angeben, und zwar bis auf die Minute (!) genau, ist in Zeiten von Trackern etc. wohl sowas wie Standard geworden - für mich aber halt mitunter auch ein Grund zur Provokation: Wenn einer MIT e-Bike (das er immerhin bis Wärben benutzt) ab Klöntal Plätz hoch zum Vreneli 2.53 Minuten braucht UND DAS VERÖFFENTLICHT, so meint er wohl, dass das eine richtig coole Zeit sei, trotz des Motors fürs erste Viertel -- aber wenn du schon so genaue Zeiten angibst, musst du dir in Bezug auf eine solche Angabe halt auch bitzli ans Bein seichen lassen, selbst von einem ü-60er wie mir. Nun ja aber: peace, bro! Wir wollen hier ja keinen Krieg führen, weil wir doch lieben, was wir da tun. Und ich habe mich von diversen Berichten von dir und von Adrian ja echt inspirieren lassen.
Ach ja, noch was:in Sachen "Startpunkt" oder "Ausgangspunkt": Natürlich fahre ich nicht immer mit dem Velo ab Züri Stadt in die Höger (das Vreneli habe ich zwar auch schon ab Züri gemacht und retour in einem Tag, mit dem Velo bis See-Ende) - aber Ausgangspunkt für das Vreneli oder einen der anderen Glärnischgipfel ab Klöntal ist doch einfach quasi objektiv Klöntal Plätz bzw. der Autoparkplatz für die nicht ÖV-Nutzer - und nicht die Chäseren oder Wärben. Was meinst du, wie oft es mich angeschissen hat, die monotone Kiessstrasse ab See-Ende hochzulatschen bis Wärben... (oder dann auch runter, wenn nicht mit dem Gleitschirm unterwegs...). Aber nochmals: Ich weiss ja schon, dass du, Delta, coole Sachen machst und ebensolche Berichte hier hochlädst - und Adrian das Tier auch... also - sorry again. Hoffe, es komme rüber. Gruss von Roli

Delta Pro hat gesagt: RE:sorry!!!!!
Gesendet am 15. August 2019 um 23:00
Gut, nun sind wir wieder Kollegen! ;-)
Sehe Deine Einwände. Kann Dir aber bestätigen, dass ich um 4 Uhr morgens keine keuchenden Biker ohne Motor überholt und geärgert habe.
Da ich unlautere Aufstiegs-Hilfen benutzt habe, ist das in den Durchgangszeiten (die ich übrigens primär für mich selbst / mein Tourenbuch hier aufschreibe) auch klar vermerkt, und die Gesamtzeit im Bericht nun gelöscht.
Wenn man eine solche Tour machen will, und mittags wieder zu Hause sein soll, muss man halt gewisse Abstriche machen - aus dem Grund die e-Unterstützung...
Vrenelisgärtli mit Velo ab Zürich ist aber eindrücklich! Dazu muss ich wohl noch etwas älter werden ;-)
Gruss Delta

schnafler hat gesagt: RE:sorry!!!!!
Gesendet am 16. August 2019 um 16:44
Freut mich, lieber Gamma, äh Delta, dass meine Entschuldigung rübergekommen ist.
Ich verstehe natürlich sehr wohl, dass man, wenn man mittags wieder zuhause zu sein hat und vorher eben trotzdem ein paar richtig kuule Beulen runterschreissen will, halt mal ein e-Bike einsetzt, um monotone und anspruchslose erste Aufstiegsteile zu verkürzen zugunsten spannender nachfolgender Überschreitungen - wie denn auch sollte ich das nicht verstehen. ICH mache das nur darum nicht, das gebe ich hiermit zu, weil ich natürlich auch Angst habe vor dem Kick, den mir das geben könnte - das heisst, dass ich das dann eben cool fände und wieder würde einsetzen wollen -- mit dem vermutlichen Endeffekt, dass ich halt monotone erste Teile von langen Touren (wo das überhaupt möglich ist, schon klar) mit dem e-Bike hinter mich brächte (oder überhaupt bequemer würde; Gift für einen alten Sack wie mich, I tell ya!). Zur Wärben hoch habe ich schon oft mein normales Bike geschoben - das meiste kannst du ja wegen der Steilheit eher nicht fahren als Normalo, zumal wenn du noch einen Rucksack hast; das war dann streng, zusätzlich streng natürlich hoch zu - dafür hat man nachher das geile Zückerli: zu wissen, dass ab der Wärben das Velo bereit steht... aber was red ich da im Zeug herum - Hauptsache doch, es gibt noch ein paar fitte Typen und findige Köpfe mit neuen Ideen und einschlägigen Skills, und vor allem mit Ausdauer, auf hikr.org, die uns immer wieder Touren- und Kombinationsmöglichkeiten vor Augen führen. Und wenn dann halt da und dort ein e-Bike für den ersten Aufstiegsteil der Tour - oder von Abstiegsfaulen peinlicherweise sogar ein Gleitschirm eingesetzt wird, um sich auf billige Weise um den ganzen ehrlichen Abstieg herumzubescheissen --- dann können wir glaubs damit trotzdem schon irgendwie leben. Wir machen ja alle unser Ding, je auf unsere Art - und gehören immerhin ein bisschen zu denen, die schon wissen, wovon sie reden...


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