Spitzeren: Ein Rigi-Gipfel mit Überraschung


Publiziert von Tobi , 9. Mai 2012 um 21:48.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum: 2 Mai 2012
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SZ   Rigigebiet 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 800 m
Strecke:6.5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Brunnen, Seilbahn Urmiberg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Brunnen, Seilbahn Urmiberg
Kartennummer:1151 Rigi

In den letzten Tagen scheiterten namhafte Hikr an dem mir bis dato unbekannten Rigi-Gipfel „Spitzeren“. Dies hat natürlich mein Interesse, meine Neugierde und auch meinen Ehrgeiz geweckt. Und ich wurde nicht enttäuscht…

Von der Talstation der Urmibergbahn (436m) hüllt sich das heutige Ziel noch in Wolken und gibt keine Einblicke in seine (Un-)Zugänglichkeit. Auf dem Wanderweg gewinne ich rasch an Höhe. Die Aussicht über den Urnersee ist schon bald nach dem Start fantastisch. Kurz vor der Bergbeiz Bärfallen  - nach dem Überqueren des Fallenbach - zweige ich ab und folge noch einige Meter dem Bergweg nach Egg. Der Bach wird nun nicht mehr überquert, einige Meter davor beginnt ein gut sichtbarer Sporn. Dies ist das markante auf der Karte eingezeichnete Felsband, das sich zum Gipfel hochzieht.

Anfänglich ist der Sporn mässig steil (ca. 40 Grad). Der Waldboden ist allerdings erdig-rutschig und auch die Steine sind alles andere als fest. Nur auf die Wurzeln ist einigermassen Verlass. Nach einem angenehm gestuften Grasrücken, wird es zunehmend steiler. Das Gelände neigt sich nun über die 60 Grad Marke, die Bewertung geht von einem T5 Richtung T6. Aber eventuell ist dies auch übertrieben, denn vielleicht bin ich nach der Winterpause und dem vielen TuTen auch etwas verweichlicht.

Nach dieser steilen Passage neigt sich der Sporn wieder zurück und das Gras nimmt überhand. Bald ist der Vorgipfel der Spitzeren erreicht. Über einen schmalen Sattel wird schliesslich der Hauptgipfel der Spitzeren (1260m) erwandert.

Wie schon während dem gesamten Aufstieg sind auch auf dem Gipfel zunächst keine menschlichen Spuren zu entdecken. Voller Stolz, der seltenen Spezies der Spitzeren-Bezwinger anzugehören, beginne ich euphorisch mit dem Bau eines Gipfelsteinmanns. Nach getaner Arbeit und einer kleinen Stärkung will ich aufbrechen, als ich zu meinem Erstaunen etwas abseits des höchsten Punktes ein an einen Baum geschraubtes Holzkreuz entdecke. Daran befestigt ein Gipfelbuch! Wie der erste Eintrag darin berichtet, sind sowohl das Kreuz wie auch das Buch am 14. Januar dieses Jahres erneuert worden. Dies ist zugleich auch der einzige Eintrag im Gipfelbuch. Ich habe also die Ehre, mich als Zweiter einzutragen. Weitere Hikr werden nun wohl folgen…

Es ist noch vor dem Mittag, also noch genügend Zeit für weitere Herausforderungen. Die Südwand der Rigi-Hochflue sieht von hier ziemlich machbar aus. Doch der direkte Abstieg nach Norden macht einen mehr als abenteuerlichen Eindruck. Zwar bieten Wurzel und Bäume in der über 70 Grad steilen Nordflanke etwas halt, doch je weiter ich absteige, desto mehr neigt sich die Wand gegen senkrecht bis überhängend. Also Abbruch der Übung und wieder hoch zum Gipfel.

Für den nächsten Abstiegsversuch wähle ich den Sporn, der direkt vom Gipfel nach Osten zeigt. Dieser verläuft fast parallel zum Aufstiegsgrat, dazwischen liegt die Rinne, in welcher Zaza seinen *Versuch abgebrochen hat. Dieser Grat ist fast durchgängig grasig und gut gestuft. Nach über 250 Höhenmeter Abstieg habe ich auch die Gewissheit, dass er durchgängig begehbar ist. Die Schwierigkeit erreicht hier meines Erachtens nie ein T6, aber ein T5 ist wohl gerechtfertigt.

Nun wandle ich auf 360s und Omega3s *Spuren und steige nördlich neben dem Abstiegssporn wieder auf. In der Rinne liegen immer noch Altschnee und viel Laub. Wieder oben auf dem Grat angekommen, kann ich die Feststellung der beiden Vorsteiger bestätigen: Für ein direktes Durchsteigen der Spitzeren-Nordwand sind mehr als Steinbock-Qualitäten nötig. Denn bevor man seine Fingernägel in die steile Waldbodenflanke graben kann, muss ein fast durchgängig meist über drei Meter hohes Felsband überwunden werden. Eventuell gäbe es östlich vom Grat eine Schwachstelle, aber beim Abstieg dorthin müsste zunächst eine über 60 Grad steilen Rille durchquert werden. Und der folgende Aufstieg durch die fast senkrechte bewaldete Nordflanke dürfte die Bewertung T6 arg überstrapazieren. So mache ich mich auf nach Norden, um die Südflanke der Rigi-Hochflue zu erkunden.

Ein vorher vom Gipfel aufgenommenes Foto dirigiert mich zuverlässig den grasigen Schwachstellen entlang zwischen den Felsplatten hindurch. Schon bald erreiche ich zu meiner Überraschung einen gut erkennbaren Pfad. Offenbar folge ich nun auch noch den Spuren des *Mini-Hikr-Treffens vom vorherigen Wochenende. In angeregter Kraxelei erreiche ich auf diesen Pfadspuren den offiziellen, blau-weiss markierten Bergweg. Auf diesem steige ich wieder ab, den Gipfel der Rigi-Hochflue schenke ich mir.

Der weitere Abstieg auf dem alpinen Bergweg geht flott von statten. Die Stahlseile und der Weg sind aber vom Schnee und den Lawinen arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Die noch vorhandenen Schneefelder sind ziemlich aufgeweicht, dementsprechend sinke ich häufig bis zu den Knien ein. Ab 1500m liegt allerdings kein Schnee mehr.

Über die Egg (1288m) erreiche ich bald das Bergrestaurant Obertimpel (1135m). Bei Kaffee und Kuchen lässt sich hier die Aussicht gleich doppelt geniessen. Dasselbe gilt natürlich auch, wenn man für den Abstieg die Bahn wählt…


Fazit: Definitiv keine Erstbegehung der Spitzeren! Wohl aber der erste Hikr auf diesem unbekanntesten Rigi-Gipfel. Bisher hielt dieser Titel die Zünggelenflue, doch die Spitzeren dürfte definitiv noch seltener Besuch erhalten.
Auf beiden Spornen, welche sich von Osten bzw. Südosten zum höchsten Punkt hochziehen, lässt sich der Gipfel alpin erreichen. Der einfachste Zustieg dürfte aber eventuell von Süden her von Pt 946 her kommend zu finden sein.
Pech nun für alle diejenigen, welche eine komplette Überschreitung aller Rigi-Gipfel an einem Stück machen wollen. Die Routenwahl ist nun um einiges schwieriger geworden. Und auch maawaas bereits abgeschlossen geglaubtes *Rigi-Projekt muss wohl wieder geöffnet werden…Sorry ;-)

Tourengänger: Tobi


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Kommentare (6)


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Henrik hat gesagt: ...habe ich richtig gelesen..
Gesendet am 10. Mai 2012 um 08:24
> dem vielen TuTen auch etwas verweichlicht!

Öppe nid...

Hast Gämsen huschen sehen in diesen Flanken?

Gruess

Henrik

Tobi hat gesagt: RE:...habe ich richtig gelesen..
Gesendet am 10. Mai 2012 um 13:21
Nein Gemsen habe ich keine gesehen.
Trotzdem sind Tiramisu und Monster-Cremeschnitten keine Vorbereitung für eine T6-Tour.

Bis wieder mal, Gruss Tobi

ossi hat gesagt: Weichspüler
Gesendet am 10. Mai 2012 um 18:08
Musst aber schon kucken, dass Du es nicht übertreibst mit TuTen! Es gibt im Chulmchrachen noch eine zweite Variante...

Tobi hat gesagt: RE:Weichspüler
Gesendet am 12. Mai 2012 um 12:29
Du hast Recht!
Ab sofort esse ich beim Tafeln das Fleisch mitsamt Knochen, den Fisch mit den Gräten, die Beilagen samt Teller und zum Dessert gibt es nur noch harte Willisauer-Ringli oder scharfe Tobleronespitze. Das sollte genügend abhärten. Quasi T6 (Tafeln-6) nach dem Motto: Echte Männer essen keinen Honig, sie kauen Bienen!
;-)

Bis dann mal, Gruss Tobi

maawaa hat gesagt: Oh nein...
Gesendet am 11. Mai 2012 um 16:27
Tobi, Du machst mich fertig ! ;)

T6 / II - das, und Deine Bilder, treiben mir ehrlich gesagt den Schweiss auf die Stirn... Aber Du hast absolut Recht, ich werde wohl nochmals zur Rigi aufbrechen müssen...verdammt... :)

Grüsse & schon mal viel Glück an alle die auch auf diesen
Zacken kraxeln wollen !

Marco

Tobi hat gesagt: RE:Oh nein...
Gesendet am 12. Mai 2012 um 12:34
Wir sitzen doch im selben Boot. Meine *Rigi-Komplettüberschreitung ist nun auch nicht mehr so komplett... ;-)

Im Übrigen bin ich überzeugt, dass es von Süden her einen einfachen Zugang zu der Spitzeren geben muss. Dort wird man dann wohl keine Kletterstellen und auch kein T6 finden.

Viel Erfolg, Gruss Tobi


PS: Warnung an allfällige Spitzeren-Besteiger: Achtet auf Zecken, ich habe auch eine eingefangen.


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