Dirruhorn 4035m ab Randa (Dirrugrat)
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Vor einem Jahr habe ich das Brunegghorn in aufregender Manier von ganz unten aus dem Mattertal über eine vergessene Route erreicht (
klick). Heute eine Neuauflage dieses Konzepts keine 10km entfernt: Dirruhorn direkt ab Randa. Der Berg wird fast nur im Rahmen der Nadelgrat-Begehung mitgenommen. Mit Aufstieg (oder Abstieg) über den wilden Dirrugrat ergibt er in Kombination mit dem Nordgrat aber auch ein tolles eigenständiges Tourenziel. Und erlaubt erst noch den komplett gletscherfreien Besuch eines 4000ers mit überschaubaren Schwierigkeiten (max. 3a). Trotzdem richtet sich die Route aufgrund des wilden, teils brüchigen Geländes eher an Habitués.
Übernachtet habe ich für unschlagbare dreissig Stützli im Massenlager des Hotels Alpenrösli in Gasenried, als einziger Gast. Von hier konnte ich zudem die Verhältnisse auf der Nordseite des Dirruhorns gut einsehen: alles aper. Frühmorgens kurzer Transfer zum Ausgangspunkt Randa (1410m), wo ich etwas vor fünf Uhr loslaufe. Der Aufstieg via Chüebodmen zum (neuen) Europaweg ist selbst im Dunkeln problemlos zu absolvieren. Unmittelbar nach Überqueren des Birchbachs verlasse ich den Wanderweg und quere weglos zur Moräne rüber. Sie führt mich an den Fuss des Dirrufads, das ich unschwierig (T5) zum unteren Dirrugrat hochsteige, den ich wenig östlich von P. 2904 erreiche. Die Beschreibung im SAC-Führer erweist sich ein erstes Mal als akkurat - und wird es bis zum Gipfel bleiben.
Die nächsten drei Stunden werde ich auf diesem Grat verbringen - wunderbar! Dabei folge ich möglichst oft der Gratkante. Das macht am meisten Spass und der Fels ist hier ganz passabel. In den Flanken wird es schnell brüchig. Schwierigere Stellen (max. 3a) können bei Bedarf kleinräumig in der gutmütigen Südflanke umgangen werden. Bis P. 3176 gewinnt man nur wenig Höhe. Vom dortigen Sattel könnte sowohl nach Norden (Steintäli) wie auch Süden (Hobärgletscher!) abgestiegen werden, geschätzte T6.
Nun steilt der Grat deutlich auf und wird zunehmend wilder und zerrissener. Die ersten Schwierigkeiten können bei Bedarf erneut südseitig umgangen werden, anschliessend sollte man aber in Kantennähe verbleiben. Als erfahrener T6-Gänger bereitet mir der folgende Ritt grosse Freude. Plaisir-Hochalpinisten dürften etwas weniger begeistert sein. Es sind durchaus mobile Sicherungen möglich (Schlingen), aber das kann ich nur situativ empfehlen - man ist sonst ewig unterwegs. Die Kletterschwierigkeiten erreichen den oberen 2. Grad.
Je höher ich steige, desto frischer fühlt sich der kräftige Wind an. Zudem stecken die höheren 4000er alle in den Wolken. Das verleiht dem Unternehmen eine zusätzliche Prise Hochalpinismus. Bald montiere ich die Winterhandschuhe, entledige mich ihrer aber jeweils für die schwierigeren Passagen. Nächstes Etappenziel ist P. 3839 am Fuss eines vertikalen Aufschwungs gelegen. Der Führer empfiehlt, ihn zunächst links (NW) zu umgehen. Intuitiv wäre ich mit meinem T6-Hintergrund jedoch rechts rum, was sich von oben bestätigen wird. Man könnte so die 3a-Stelle umgehen. Auf dieser Höhe habe ich aber keine Lust auf Experimente. Also wie vorgegeben Querung über ein schwach ausgeprägtes, schuttiges Band (kurz T6, dann T5) nach links, um eine Ecke rum, dann bei erster Gelegenheit zurück zum Grat hochklettern. Das ist für einige Meter eine ausgesetzte 3a, in gutem Fels zwar, aber schwieriger muss es für mich nicht werden. Ich denke jedoch, man könnte weiter Richtung Selle queren, um eine einfachere Linie zu finden.
Zurück auf dem Grat zunächst der Blick die Südflanke runter. Ja, meine vorherige Vermutung bestätigt sich: Durch eine steile Schuttrinne käme man wohl auch von dieser Seite hoch (geschätzt T6-). Der kurze Rest bis zum Dirruhorn (4035m) bietet keine Schwierigkeiten, den Gipfel erreiche ich nach knapp 5:30 ab Randa. Erleichterung, Freude, Stolz. Betreffend Wetter habe ich Glück im Unglück: Es ist am Morgen zwar deutlich schlechter als prognostiziert, aber im Gegensatz zum weiteren Nadelgrat bleibt "mein" Gipfel unterhalb der Wolkendecke. Zur Belohnung gibt es nach der üblichen Verpflegung (Iso, Riegel) ein Käsesandwich - es sind die kleinen Vergnügen im Leben.
Ich pausiere nicht allzu lange, sondern möchte die Schlüsselstelle (3b) am Nordgrat zügig hinter mich bringen, welche wenig unterhalb des Gipfels wartet. Wenn ich gewusst hätte, wie trivial sie ist... Zum Abklettern ist sie mir zwar einen Hauch zu schwierig, obschon nur kurz und wenig ausgesetzt. Im Aufstieg wäre ich sie wohl geklettert. Ich könnte mich am Seil ablassen (Schlinge vorhanden). Aber hey, links rum gibt es eine gute Umgehung, T6, kurz, kaum ausgesetzt. Warum erwähnt nie jemand diese Möglichkeit? Ich hätte das Dirruhorn schon vor Jahren besucht. Anschliessend zügig den Grat runter. Eine weitere, sehr kurze Steilstufe direkt vor dem Chli Dirruhorn (welches ich auslasse) klettere ich ab, weil mit perfekten Griffen ausgestattet. Auch hier läge eine Schlinge. Dann sind die Schwierigkeiten meines Erachtens geschafft. Naja... Unfälle passieren oft im einfachen Gelände: Ich bleibe mit dem Schuh in der angerissenen Hose hängen, stürze kopfvoran und mit voller Wucht auf einen Felszahn. Zum Glück habe ich den Helm (noch) auf, sonst läge ich wohl heute noch dort. Der Aufprall ist so heftig, dass mir der Schädel richtig brummt inklusive Lücken im Kurzzeitgedächtnis... irgendwie erschreckend.
Oberhalb des Galenjochs (3302m) wird der Grat nochmals eine Spur "klettriger", dann ist aber definitiv (gehobenes) Gehgelände erreicht. Ursprünglich wollte ich nun nach Gasenried absteigen; wie man das halt so macht. Doch am Vorabend der Geistesblitz: via Gugla - oder noch schneller via Steintälli - zum Galenberg und zurück ins Mattertal. Das ist direkter, schöner und natürlich öv-technisch um Meilen besser. Also kurzer Gegenanstieg zur Gugla (3377m) und von dort den SW-Kamm zum Galenberg runter. Harmlos, aber etwas rau für die mittlerweile müden (und aufgeschürften) Beine. Den Europaweg kreuze ich nur und folge stattdessen dem wildromantischen Pfad zum Geisstrift (1670m) runter. Obschon durchgehend rot-weiss markiert, ist er auf Swisstopo nicht als Wanderweg ausgeschieden. Zuletzt Spaziergang durch den Weiler Herbriggen (1260m) bis zum Bahnhof. Zurück in Randa lasse ich die gelungene Überschreitung im sympathischen Treff 494 bei Waldbeerkuchen ausklingen.
Zeiten (kum)
2:30 Dirrugrat (P. 2905)
5:30 Dirruhorn
7:20 Gugla
9:40 Herbriggen SBB

Übernachtet habe ich für unschlagbare dreissig Stützli im Massenlager des Hotels Alpenrösli in Gasenried, als einziger Gast. Von hier konnte ich zudem die Verhältnisse auf der Nordseite des Dirruhorns gut einsehen: alles aper. Frühmorgens kurzer Transfer zum Ausgangspunkt Randa (1410m), wo ich etwas vor fünf Uhr loslaufe. Der Aufstieg via Chüebodmen zum (neuen) Europaweg ist selbst im Dunkeln problemlos zu absolvieren. Unmittelbar nach Überqueren des Birchbachs verlasse ich den Wanderweg und quere weglos zur Moräne rüber. Sie führt mich an den Fuss des Dirrufads, das ich unschwierig (T5) zum unteren Dirrugrat hochsteige, den ich wenig östlich von P. 2904 erreiche. Die Beschreibung im SAC-Führer erweist sich ein erstes Mal als akkurat - und wird es bis zum Gipfel bleiben.
Die nächsten drei Stunden werde ich auf diesem Grat verbringen - wunderbar! Dabei folge ich möglichst oft der Gratkante. Das macht am meisten Spass und der Fels ist hier ganz passabel. In den Flanken wird es schnell brüchig. Schwierigere Stellen (max. 3a) können bei Bedarf kleinräumig in der gutmütigen Südflanke umgangen werden. Bis P. 3176 gewinnt man nur wenig Höhe. Vom dortigen Sattel könnte sowohl nach Norden (Steintäli) wie auch Süden (Hobärgletscher!) abgestiegen werden, geschätzte T6.
Nun steilt der Grat deutlich auf und wird zunehmend wilder und zerrissener. Die ersten Schwierigkeiten können bei Bedarf erneut südseitig umgangen werden, anschliessend sollte man aber in Kantennähe verbleiben. Als erfahrener T6-Gänger bereitet mir der folgende Ritt grosse Freude. Plaisir-Hochalpinisten dürften etwas weniger begeistert sein. Es sind durchaus mobile Sicherungen möglich (Schlingen), aber das kann ich nur situativ empfehlen - man ist sonst ewig unterwegs. Die Kletterschwierigkeiten erreichen den oberen 2. Grad.
Je höher ich steige, desto frischer fühlt sich der kräftige Wind an. Zudem stecken die höheren 4000er alle in den Wolken. Das verleiht dem Unternehmen eine zusätzliche Prise Hochalpinismus. Bald montiere ich die Winterhandschuhe, entledige mich ihrer aber jeweils für die schwierigeren Passagen. Nächstes Etappenziel ist P. 3839 am Fuss eines vertikalen Aufschwungs gelegen. Der Führer empfiehlt, ihn zunächst links (NW) zu umgehen. Intuitiv wäre ich mit meinem T6-Hintergrund jedoch rechts rum, was sich von oben bestätigen wird. Man könnte so die 3a-Stelle umgehen. Auf dieser Höhe habe ich aber keine Lust auf Experimente. Also wie vorgegeben Querung über ein schwach ausgeprägtes, schuttiges Band (kurz T6, dann T5) nach links, um eine Ecke rum, dann bei erster Gelegenheit zurück zum Grat hochklettern. Das ist für einige Meter eine ausgesetzte 3a, in gutem Fels zwar, aber schwieriger muss es für mich nicht werden. Ich denke jedoch, man könnte weiter Richtung Selle queren, um eine einfachere Linie zu finden.
Zurück auf dem Grat zunächst der Blick die Südflanke runter. Ja, meine vorherige Vermutung bestätigt sich: Durch eine steile Schuttrinne käme man wohl auch von dieser Seite hoch (geschätzt T6-). Der kurze Rest bis zum Dirruhorn (4035m) bietet keine Schwierigkeiten, den Gipfel erreiche ich nach knapp 5:30 ab Randa. Erleichterung, Freude, Stolz. Betreffend Wetter habe ich Glück im Unglück: Es ist am Morgen zwar deutlich schlechter als prognostiziert, aber im Gegensatz zum weiteren Nadelgrat bleibt "mein" Gipfel unterhalb der Wolkendecke. Zur Belohnung gibt es nach der üblichen Verpflegung (Iso, Riegel) ein Käsesandwich - es sind die kleinen Vergnügen im Leben.
Ich pausiere nicht allzu lange, sondern möchte die Schlüsselstelle (3b) am Nordgrat zügig hinter mich bringen, welche wenig unterhalb des Gipfels wartet. Wenn ich gewusst hätte, wie trivial sie ist... Zum Abklettern ist sie mir zwar einen Hauch zu schwierig, obschon nur kurz und wenig ausgesetzt. Im Aufstieg wäre ich sie wohl geklettert. Ich könnte mich am Seil ablassen (Schlinge vorhanden). Aber hey, links rum gibt es eine gute Umgehung, T6, kurz, kaum ausgesetzt. Warum erwähnt nie jemand diese Möglichkeit? Ich hätte das Dirruhorn schon vor Jahren besucht. Anschliessend zügig den Grat runter. Eine weitere, sehr kurze Steilstufe direkt vor dem Chli Dirruhorn (welches ich auslasse) klettere ich ab, weil mit perfekten Griffen ausgestattet. Auch hier läge eine Schlinge. Dann sind die Schwierigkeiten meines Erachtens geschafft. Naja... Unfälle passieren oft im einfachen Gelände: Ich bleibe mit dem Schuh in der angerissenen Hose hängen, stürze kopfvoran und mit voller Wucht auf einen Felszahn. Zum Glück habe ich den Helm (noch) auf, sonst läge ich wohl heute noch dort. Der Aufprall ist so heftig, dass mir der Schädel richtig brummt inklusive Lücken im Kurzzeitgedächtnis... irgendwie erschreckend.
Oberhalb des Galenjochs (3302m) wird der Grat nochmals eine Spur "klettriger", dann ist aber definitiv (gehobenes) Gehgelände erreicht. Ursprünglich wollte ich nun nach Gasenried absteigen; wie man das halt so macht. Doch am Vorabend der Geistesblitz: via Gugla - oder noch schneller via Steintälli - zum Galenberg und zurück ins Mattertal. Das ist direkter, schöner und natürlich öv-technisch um Meilen besser. Also kurzer Gegenanstieg zur Gugla (3377m) und von dort den SW-Kamm zum Galenberg runter. Harmlos, aber etwas rau für die mittlerweile müden (und aufgeschürften) Beine. Den Europaweg kreuze ich nur und folge stattdessen dem wildromantischen Pfad zum Geisstrift (1670m) runter. Obschon durchgehend rot-weiss markiert, ist er auf Swisstopo nicht als Wanderweg ausgeschieden. Zuletzt Spaziergang durch den Weiler Herbriggen (1260m) bis zum Bahnhof. Zurück in Randa lasse ich die gelungene Überschreitung im sympathischen Treff 494 bei Waldbeerkuchen ausklingen.
Zeiten (kum)
2:30 Dirrugrat (P. 2905)
5:30 Dirruhorn
7:20 Gugla
9:40 Herbriggen SBB
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